Prof. Dr. Jörg Knoblauch

In unserer heutigen Folge von HRM Hacks ist Professor Dr. Jörg Knoblauch zu Gast. Von ihm erfahren wir mehr über das Thema “Die besten Mitarbeiter finden und halten”. Zu den Lieblingsbereichen des Ingenieurs und Wirtschaftswissenschaftlers gehört in diesem Zusammenhang die Identifizierung von Top-Performern vs. Low-Performern im Unternehmen. Jörg Knoblauch spricht hierbei von ABC-Mitarbeitern. Wie diese definiert werden und wie mit diesen zu verfahren ist, das erklärt uns der erfolgreiche Unternehmer in diesem Podcast.

Alexander Petsch: Lieber Jörg, ich bin froh, dass Du bei uns bist und freue mich auf den Austausch mit Dir.

00:02:55
Professor Dr. Jörg Knoblauch: Ich danke für diese tolle Vorstellung. Ich habe mitgeschrieben. Danke.

00:03:01
Alexander Petsch: Ich sage ja auch immer, Mitarbeiter sind die wichtigsten Erfolgsfaktoren im Unternehmen. Das glaube ich seit Jahrzehnten. Aber wie mache ich das denn? Wie komme ich denn an die besten Mitarbeiter ran? Und wie kann ich sie erhalten?

00:03:17
Professor Dr. Jörg Knoblauch: Ja, also noch einen Satz vorneweg. Also ja, Mitarbeiter sind die wichtigsten Erfolgsfaktoren. Aber für den Unternehmer gibt es zwei Themen, die du klären musst. Das erste ist das Thema Geschäftsmodell. Wie will ich Geld verdienen? Ganz einfach. In Deinem Fall, Alexander, ist das geklärt. Du hast Dein Empire aufgebaut, europaweite Messen und so weiter. Bei der nächsten Frage geht’s um die Mitarbeiter, um die Qualität dieser Mitarbeiter. So, und wie bekomme ich die? Na ja, wenn das in einer Minute zu beantworten wäre, das wäre super. Lass uns erstmal etwas zur Basis sagen. Gallup, ein amerikanisches Meinungsforschungsinstitut, bemüht sich jedes Jahr herauszufinden, wieviel A´s, B´s und C´s gibt es? Die Zahlen gibt es dann jedes Jahr im Frühjahr. A heißt zieht den Karren, B heißt geht neben er, C heißt setzt sich oben drauf und bremst ein bisschen. Wenn also die Frage ist, wie komme ich an exzellente Mitarbeiter, dann sind damit diese A-Mitarbeiter gemeint. Diejenigen, die glänzende Augen haben, die die zweite Meile gehen und so weiter. Und aktuell gibt es davon laut Gallup 17 Prozent. Also 17 Prozent A, 68 Prozent B und 15 Prozent C. Das ändert sich nicht dramatisch jedes Jahr. Also, zum Merken vielleicht am einfachsten 15 Prozent, 70 Prozent , 15 Prozent – so wie eine Glockenkurve. Genau, und davon reden wir. Und wenn hier von Silicon Valley die Rede war, in den Firmen dort ist man ein Stückchen weiter wie bei uns. Larry Page, der Chef von Google, sagt, und jetzt genau hingehört: wenn es auch nur einem B-Mitarbeiter gelingen würde, in unsere Organisation einzudringen, dann wäre das, als wenn wir uns einen Virus eingefangen hätten, dessen zu entledigen uns unendlich schwerfällt. Also, zu Corona-Zeiten kann man sich das sehr gut vorstellen.

00:05:51
Alexander Petsch: Krasse Aussage.

00:05:52
Professor Dr. Jörg Knoblauch: Ja. Wir sind mit den B´s im Großen und Ganzen zufrieden. Wir sagen, er kann um neun Uhr kommen und um 17 Uhr kann er dann auch wieder pünktlich gehen. Wenn er dazwischen ordentlich seine Arbeit macht. Das wäre für die Googles, Apples, Microsofts, Airbnb‘s ein absolutes No-no, nicht vorstellbar. Es geht um A. Es geht um die 100; Null-null-Company, also Hundertprozent A, null Prozent B, null Prozent C MitarbeiterInnen. Alles andere wäre das Eingeständnis eines Versagens.

00:06:26
Alexander Petsch: Und glaubst Du, dass das möglich ist?

00:06:30
Professor Dr. Jörg Knoblauch: Es ist nicht nur unmöglich, sondern Google geht sogar noch weiter. Die sagen schon beim A-Mitarbeitern: eigentlich suchen wir die/ den AA MitarbeiterIn. Also, erst mal muss man wissen, Google hat 6000 Bewerber auf eine offene Stelle und der deutsche Unternehmer würde sagen, hätte ich 6000 Bewerber auf jede offene Stelle! Aber so einfach ist es nicht. Man muss schon ein Konzept haben für diese Dinge. Und das Konzept bei Google sieht so aus: man geht das mit dem Pareto Prinzip an, das ist ja die 80/20 Regel. Wenn man das jetzt mal auf unsere ABC-Geschichte anwendet, dann kann man ja sagen, aha, nehmen wir mal an, wir hätten 10 Mitarbeiter und wir würden 100 000 Euro verdienen. Da heißt mit 20/80, dass 20 Prozent, also zwei von den 10, die machen 80 Prozent des Gewinns, also die verdienen in der Tat 80 000. Das heißt, von denen verdient jeder 40 000. Für die anderen 80 Prozent, für die bleiben lächerliche 20 000 übrig. Das ist ein minimaler Betrag. Und jetzt kommen die Googles dieser Welt und sagen: wir tun einfach mal so, als hätten wir die A´s alle aussortiert, diese 20 Prozent, die haben wir jetzt vor uns. Und jetzt machen wir Pareto von Pareto. Also wir tun so, als wären diese 20 Prozent 100 und legen da wieder das Pareto-Prinzip an. So, jetzt werden das halt immer weniger und so kommen diese AAA´s. Und so kommt dann Larry Page zur Aussage, du, wir reden nicht von Mitarbeitern, die zwei-, drei- oder zehnmal so gut sind. Wir reden auch nicht von Mitarbeitern, die hundertmal so gut sind. Wir reden von Mitarbeitern, die Faktor tausend besser sind. Also, ich habe den Personalboss gefragt, hast du Gott persönlich beschäftigt oder was ist los bei euch? Nein, sagt er, es einfach nur das Pareto Prinzip konsequent angewendet und das machen wir unser Leben lang. Das ist also ein bisschen der Weg, den wir in Deutschland nicht gegangen sind. Aber Talente sind das neue Gold, das muss man einfach wissen.

00:09:08
Alexander Petsch: Der Auswahlprozess ist sozusagen einer der Hacks, wo Du sagen würdest, das ist key.

00:09:16
Professor Dr. Jörg Knoblauch: Herrgott, wenn wir als Berater in Firmen kommen, dann haben wir ganz genau die Gallup-Zahlen, die kann ich nur bestätigen. Vor uns die 15 Prozent A, die 70 Prozent B oder 15 Prozent C. Und unser Ziel als Berater ist es, daraus eine 80/20/0-Company zu machen, also 80 Prozent A, 20 Prozent B, 0 Prozent C. Der Unternehmer denkt, gut, das mache ich wie mit einer Fußballmannschaft. Ich werfe all die raus, die keine Tore geschossen haben und hole ein paar rein, die besser Tore schießen. Und ich gebe dir die nächsten drei Monate Zeit, und dann müssen wir das haben. Das ist nicht so. Das ist ein Prozess über drei bis fünf Jahre, der mit einer Kulturveränderung einhergeht. Heuern und Feuern ist nicht unser Thema, sondern wieder weiter entwickeln. Wenn man fragt, ist das der Auswahlprozess? Ja, es ist beides. Es ist der Auswahlprozess für neue Mitarbeiter und es geht darum, die bestehenden Mitarbeiter in Richtung A zu verändern. Und lass´ dir dafür drei, vier, fünf Jahre Zeit und du hast die 80/20/0-Unternehmung. Das wäre das Ziel.

00:10:34
Alexander Petsch: Wo würdest Du dann als Erstes ansetzen? Ich komme noch mal auf die Auswahl zurück, da handelt es sich um den geringsten Schmerz. Man hat offene Stellen, man hat Fluktuation, man möchte was Neues oder Weiteres aufbauen haben und braucht neue Mitarbeiter.

00:10:57
Professor Dr. Jörg Knoblauch: Wenn die Frage heißt, wo ansetzen, dann fange vielleicht mal mit den bestehenden Mitarbeitern an. Da würde ich einfach eine Mitarbeiterbeurteilung machen. Es gibt Formulare, da sind 14 Fragen drauf, kann man bei uns kostenlos herunterladen. Alles da. So, und dann mit jedem einzelnen Mitarbeiter eine Mitarbeiterbeurteilung. Und am Ende dieser 14 Fragen kommt raus, wer ist A, wer ist B, wer ist C. So, und dann geht’s darum, eben dafür eine Strategie zu entwickeln, wie komme ich weg von diesen C’s? Also, das ist eine Geschichte. Und die andere Geschichte für neue Mitarbeiter, da gilt jetzt natürlich, ich muss alles dransetzen, damit kein B´s oder C´s mehr zufällig in die Firma kommen. Also, wir haben dafür einen neunstufigen Auswahlprozess entwickelt. Stufe für Stufe arbeiten wir den durch, das hat mit harter Arbeit zu tun. Wenn ich den A-Mitarbeiter will, dann ist das die einzige Möglichkeit. Ich sag´ mal so, früher hat man einfach den Bewerber kommen lassen, und der saß mir gegenüber und eine halbe Stunde oder Stunde später waren wir uns halbwegs einig. Und dann haben wir uns die Hand gegeben. Also, das ist der direkte Weg in den Abgrund, weil die Trefferquote bei 20 oder 30 Prozent liegt. Aber unsere Erfahrung ist, wenn man mit so einem mehrstufigen Eignungsprozess rangeht, unserer geht wie gesagt bis neun, dann kann man die Trefferquote schon auf 80 Prozent hochkriegen. Und damit ist man natürlich schon ganz anders im Rennen. Also das wäre so meine Empfehlung,

00:13:07
Alexander Petsch: Jetzt frage ich mal ein bisschen ketzerisch: Ist das noch zeitgemäß? Google hat vielleicht noch 6000 Bewerber, aber wir kommen ja in eine Post-Coronazeit und vielfach zu der Erkenntnis, dass wir nicht genug Mitarbeiter haben oder finden, die überhaupt den Job machen. Glaubst Du, dass meine Bewerber einen neunstufigen Prozess in Zukunft überhaupt noch über sich ergehen lassen?

00:13:39
Professor Dr. Jörg Knoblauch: Also, die Jungs und Mädels, die Alexander Petsch in ihr Herz geschlossen haben und sagen, da will ich arbeiten, dieser Mann, Alexander Petsch, der ist für mich ein Stück Vorbild, der hat eine Leuchtturm-Funktion. Der hat Strahlkraft. Diese Jungs und Mädels füllen auch gerne paar Fragebögen aus. Das ist unsere Erfahrung. Also, wenn dein Leuchtturm strahlt, wenn du Bekanntheit hast. Also, diese Menschen sind alle geboren, nur sie kennen uns nicht. Also, lass den Ziel ist, mich mit A-Mitarbeitern zu umgeben. Also, ich bin aus dem letzten Unternehmen weggegangen, weil mich die B´s und C´s mich genervt haben. Danke, dass du für mich in diese Richtung denkst! Leuchtturm strahlen und Du kommst da solche Leute heran. Und dann gibt es überraschend viele dabei, die sagen, so ernsthaft, wie ihr das betreibt, das gefällt mir. Und ich bin ein A-Mitarbeiter. Und mein

00:14:55
Alexander Petsch: Ja, echte Formel-1-Teams, die wir hier gedanklich bauen.

00:15:29
Professor Dr. Jörg Knoblauch: Ja, das ist es, genau. Also, dieser Tage hat mich jemand in der Presse angegriffen und sagte, Knoblauch, du irrst wie immer, auch hier wieder. Natürlich braucht es diese AAA-Mitarbeiter. Er kam dann mit einem Beispiel aus dem Radsport, wo ich mich nicht sehr gut auskenne. Aber dieser Mensch, der alle Tour-de-France-Rennen gewinnt, sagte er in seinem Leserbrief, der hat halt auch ein paar Wasserträger an seiner Seite. Das sind Jungs, die keinen anderen Job haben, als die Wasserflasche rüber zu reichen, wenn der Star sie braucht. Und meine Antwort war, Achtung, Irrtum! Das sind nicht irgendwelche Jungs, die sind unter Tausenden ausgewählt. Das sind die Besten, die allerbesten. Also, Du kommst nicht umhin, um dieses Formel-1-Denken.

00:16:28
Alexander Petsch: Was ist denn so der erste Schritt in einem Auswahlprozess?

00:16:33
Professor Dr. Jörg Knoblauch: Na gut, der erste unserer neun-stufigen ist erst einmal das Anforderungsprofil und Ziele. Ein Anforderungsprofil hat das Unternehmen in aller Regel. Denn es ist ja nicht das erste Mal, dass sie eine Anzeige schalten oder bei Indeed oder irgendwo aufschlagen. Aber was sie nicht haben, ist in der Regel das Thema: Ziele. Und wenn man jetzt fragt, warum redest du vom Thema Ziele, also von Messbarkeit und Machbarkeit? Ja, du suchst einen Verkäufer für deinen Autohandel. Aber was genau müssen wir jetzt darüber diskutieren, wie viele Autos der im Monat verkaufen soll, wie viele Gebrauchtwagen, wieviel Zusatzumsatz und so weiter. Das ist aus zwei Gründen extrem wichtig. Erstens, der Mitarbeiter muss von Anfang an wissen, was von ihm erwartet wird, und zwar in Zahlen. Möglicherweise würde er sagen, den Weg hierher hätte ich mir sparen können. Das kriege ich nicht hin. Möglicherweise lehnt er sich auch ganz entspannt zurück und sagt, hey, suchst du jetzt einen Auszubildenden oder suchst du einen gestandenen Verkäufer? Was ist nun? Also, gleich ganz am Anfang müssen wir über Ziele Klarheit haben. Und dann vor allem bei unserer Stufe neun, das ist dann eben die Probezeit. Ich darf nicht sechs Wochen warten, bis sie vorbei ist. Was in Deutschland super ist, sechs Monate Probezeit. Ich muss von Anfang an klar haben, was sind meine Meilensteine? Was soll nach vier Wochen sein? Was nach acht Wochen, was nach zwölf Wochen? Wächst das zusammen oder nicht? Also, wenn ich mir nach sechs Monaten zum ersten Mal die Frage stelle, soll er bleiben oder nicht, dann ist das Ding schon völlig verkehrt. Weil dann heißt die Antwort ja in aller Regel, komm´, es ist nicht alles gut, aber auch nicht alles schlecht, wir machen weiter. Und das ist, wo bei uns nach zwei, drei Jahren das Telefon schellt: das hätten wir nie zulassen dürfen! Was tun wir jetzt mit einem Mitarbeiter, der nicht passt und so weiter. Also das zum Thema Stufe eins.

00:18:47
Alexander Petsch: Wie gehst Du weiter vor?

00:18:49
Professor Dr. Jörg Knoblauch: In der Stufe 2 ist klar, das Netzwerk muss jetzt aktiviert werden, es müssen Talente entdeckt werden. In der Stufe 3, bitte nicht erschrecken, da verschicken wir tatsächlich einen Personalfragebogen. Jetzt kann man sagen, der hat ja schon alles ausgefüllt. Nee, da sind Fragen drin, die kennt er bisher nicht. Wie viele Mitarbeiter hattest du in der Verantwortung? Wie viele davon waren A, wie viele B und wie viele C? Was hat sich in den Jahren, wo du in dem letzten Unternehmen warst, geändert? Sind die A´s mehr geworden oder weniger geworden? Und solche Sachen. In der vierten Stufe gehen wir dann weiter, da haben wir ein telefonisches Bewerberinterview. Das heißt einfach, da kommen vier Fragen, die wir in etwa 10 bis 15 Minuten den Bewerbern stellen. Und das telefonische Bewerberinterview ist einfach deshalb so wichtig, weil nicht passieren darf, dass der Bewerber zur Tür hereinkommt und im Bruchteil einer Sekunde ist mir klar, der oder die ist es nicht. Und ich stehe da, mit der Kaffeekanne in der Hand und bin gerade dabei Kaffee einzuschenken. Und jetzt ist mir klar, wie kriege ich die nächsten zwei Stunden rum? Das wird nichts Gutes hier. Deswegen also Telefoninterview, das ist unsere vierte Stufe. Zu fünften Stufe, das ist das echte Interview. Da geht’s dann auch um Persönlichkeitsprofile, wir arbeiten mit Disc und solchen Tools. Und dann die sechste Stufe, das ist Referenzen einholen. Ich weiß, nur noch 15 bis 20 Prozent aller Unternehmen holen Referenzen ein. Also, frühere Arbeitgeber anrufen. Und ich kann nur sagen, jeder, der das auslässt, muss sehr oft hinterher die Zeche bezahlen. Weil das hätte dir der frühere Arbeitgeber schon sagen können, was du jetzt mühsam in Erfahrung bringst. So, siebtens, jetzt werden wir eine Entscheidung treffen. Jetzt hast du ganz viele Daten, Fakten, Zahlen. Jetzt musst du mal zu Potte kommen. Also, der normale Bewerber wartet gern vierzehn Tage, aber er wartet keine sechs, acht Wochen. In zwei bis drei Wochen müsste das also klar sein. Und jetzt kommt noch, achtens, Bewerber gewinnen. Dieser A-Mitarbeiter, den ich jetzt herausfiltriert habe, der hat seine Eisen im Feuer, auch woanders, nicht nur bei mir. Also, jetzt hat sich das herumgedreht. Und neun ist dann die Probezeit. Und damit sind wir am Ende durch. Und ich kann nur sagen, ich habe früher gedacht, fünf, sechs, sieben Bewerber reichen, um den A-Mitarbeiter zu identifizieren. Heute sehe ich das ganz anders. Also, 50-60 Bewerbungen sollten es sein, denn der A steht nicht auf der Straße und wartet, bis ich daherkomme. Es sind B´s und C´s, die sich bewerben. Es sind nur wenige A´s. Deswegen in der hohen Anzahl, wenn irgendwie möglich.

00:22:04
Alexander Petsch: Du hast gesehen, ich habe den Mundwinkel nach oben verzogen und mir kam ein großes Fragezeichen auf die Stirn. Ich glaube, viele Personaler und Recruiter können sich nicht vorstellen, dass es möglich ist, auf eine Stelle heutzutage noch solche Schlagzahlen an Bewerbern zu bekommen. Ganz im Gegenteil, man ist eher in vielen Punkten der Meinung, es hat sich schon umgedreht. Und Prozessschritt 1 ist Dein Prozessschritt acht: Ich muss mich beim Bewerber bewerben, damit der überhaupt mit mir spricht.

00:22:45
Professor Dr. Jörg Knoblauch: Keine Frage, das ist so. Aber es halt auch so, und ich bin überrascht, dass sich mittlerweile etwa zwei Drittel der Bewerber schon mal kununu schlau machen. So, wenn da nicht mindestens eine 4 steht in der kununu-Bewertung, ja, du willst ja nicht vom Regen in die Traufe kommen, also schickst du schon keine Bewerbung weg und so weiter. Also, der Bewerber von heute ist in aller Regel ein schlauer Bewerber, der sich bestens vorbereitet hat. Und wir arbeiten hier mit Coveto, das ist eine Recruiting Software, mehrfach preisgekrönt und nicht sehr viel kostet, bereits für 2, 3 Einstellungen im Jahr, würde ich sagen. So und Coveto hat natürlich von Google bis zum Arbeitsamt und so weiter die Anbindungen. Also, wenn das Unternehmen in Richtung Leuchtturm unterwegs ist, Strahlkraft entwickelt hat, dann sind es durchaus Zahlen, die man erreichen kann.

00:23:48
Alexander Petsch: Also, ein Zusatz-Hack wäre, seine IT im Griff zu haben, um die Stellen auch gut verteilen und platzieren zu können.

00:24:07
Professor Dr. Jörg Knoblauch: Ja, absolut. Dann, die neuesten Zahlen, die ich gelesen habe zum Thema “Gute Leute kennen gute Leute”. Übrigens, Google holt die meisten Bewerber nicht aus den 6000 Bewerbungen heraus. Das ist ein Irrtum. Die meisten Bewerbungen kommen über diese Schiene “Gute Leute kennen gute Leute”. Da gab es jetzt einen großen Einbruch bei Google. Das ging auch durch die Presse. Also 42 Prozent ist die Zahl. Dort holt man Bewerber rein in ein festes Anstellungsverhältnis, die von anderen Mitarbeitern empfohlen wurden. Die Zahl ging ja jetzt gerade zurück bei Google und Google wurde dann ganz nervös und man hat statt 2000 Euro dann 4000 Euro bezahlt für die Empfehlung. Und dann ging die Zahl noch weiter runter und dann hat das Google-Management gesagt, Leute, was ist los? Ihr traut uns nicht mehr, mögt uns nicht mehr? Ihr seht keine Zukunft mehr im Unternehmen? Oder was ist los? Und die Google-Mitarbeiter waren empört, die sagten, hey, Larry, ich habe nur einen Nachbarn links und einen rechts wo ich wohne. Ich bin nur in einem Gesangsverein. Ich bin nur in einer Muckibude und so weiter. Also, ich habe beschränkte Kontakte. Ich bin stolz auf dieses Unternehmen und will nur die allerbesten, die auch vom Charakter her passen und so weiter. Also, es ist auf uns Verlass, aber wir können nicht zaubern. Dann hat sich das alles wieder beruhigt. Und dann ist man wieder bei den Prozentzahlen, die man hatte. Also, einfach auf allen Kanälen. Larry Page, Chef von Google, sagt, man wirft mir vor, ich würde 60 bis 80 Prozent meiner Zeit mit Personalfragen zubringen. Ich möchte an dieser Stelle betonen, Personal ist das Thema, mit dem ich mein Geld verdiene. Das sagt ein Mann, der Milliarden-Etats in Forschung und Entwicklung hat. Jemand hat ihm kürzlich im Fernsehen gefragt, fragen sie denn auch ab und zu ihre Kunden, was die wollen? Und dann hat er so gezögert und sich am Ohr gekratzt. Die Dame war ziemlich zornig und sagte, jedes gute Unternehmen fragt seine Kunden, was sie wollen. Dann sagte er, ich habe ihre Frage schon verstanden, aber wenn ich ihnen jetzt erzählen würde, an was wir forschen. Also, wenn wir unsere Kunden fragen würden, das wäre etwas für Henry Ford. Henry Ford hat seine Kunden gefragt, was wollt ihr? Und dann haben die gesagt, schnellere Pferde. Was ich an Autos baue und an besten Autos der Welt, das war erst mal nicht zu vermitteln. Also, wir wissen, was wir tun. Aber Personal ist die zentrale Geschichte.

00:27:03
Alexander Petsch: Ja, vielen Dank für deine Insights und Deine starke Meinung. Ich glaube, man kann Einiges mitnehmen von dem, was du sagst. Man kann auch bestimmt Einiges anders sehen und sagen, kann ich nicht verstehen. Aber es gibt halt nicht nur Formel-1-Teams, sondern die ganze Bandbreite.

00:27:32
Professor Dr. Jörg Knoblauch: (lacht)Danke, Alexander. Es gibt die ganze Bandbreite, da sind wir uns natürlich sofort einig. Aber die Frage wird ja sein, wie ist das in ein paar Jahren, in fünf Jahren, in zehn Jahren. Ich komme gerade gestern aus Albstadt von der Firma, wo wir Beratung machen, und ich fahre durch diese Stadt und ich denke, die besten Stricknadel der Welt sind dort gemacht worden und so. Und ich fahre an all den verrotteten Gebäuden vorbei und denke, ach Gott, und das in den wenigen Jahren. Also, ich glaube wir müssen uns auf die Formel-1 verständigen.

00:28:14
Alexander Petsch: Es bleibt spannend

00:28:45
Professor Dr. Jörg Knoblauch: Herzlichen Dank für Dich und hrm.de. Ich habe viel gelernt dort. Ihr seid eine Formel-1-Company. Glückwunsch!

00:28:51
Alexander Petsch: Wir arbeiten immer noch am Reifenwechsel während des Fahrens im Corona-Zeitalter. Wir haben es noch nicht ganz geschafft.

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