Kürzung des Urlaubsanspruches bei Elternzeit nur im gesetzlich vorgesehenen Umfang zulässig

person using phone and laptop
Foto von Austin Distel

Arbeitgeber dürfen den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers in der Elternzeit nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG lediglich um ein Zwölftel für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit kürzen. Das heißt, hat der Arbeitnehmer die Elternzeit im bereits laufenden Monat begonnen oder beendet, scheidet für diese beiden Monate eine Urlaubskürzung aus, da es sich hierbei jeweils nicht um einen „vollen Kalendermonat“ im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG handelt.

BAG 17.05.2011 – 9 AZR 197/10

Gewerkschaften haben bei tarifwidrigen Betriebsvereinbarungen nur einen Unterlassungsanspruch

Weicht eine Betriebsvereinbarung im Betrieb eines tarifgebundenen Arbeitgebers zum Nachteil der Mitarbeiter von einer tariflichen Bestimmung ab, hat die tarifschließende Gewerkschaft gegenüber dem Arbeitgeber zwar einen Unterlassungsanspruch. Sie hat aber keinen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber Entgeltnachteile ausgleicht, die den Arbeitnehmern aufgrund der tarifwidrigen Betriebsvereinbarung entstanden sind.

BAG 17.05.2011 – 1 AZR 473/09

Verfall von Urlaubstagen bei Freistellung nach Kündigungsausspruch muss eindeutig formuliert sein

Kündigt ein Arbeitgeber und stellt er den Arbeitnehmer mit sofortiger Wirkung von der geschuldeten Arbeitsleistung unter Anrechnung von Urlaub frei, muss für den Arbeitnehmer eindeutig erkennbar sein, in welchem Umfang er die Urlaubsansprüche erfüllt. Zweifel gehen zu Lasten des Arbeitgebers. Erstreckt sich der Freistellungsanspruch über den Jahreswechsel hinaus, muss klar sein, ob der volle Urlaubsanspruch für das neue Jahr gewährt wird oder nur der auf die Zeit bis zum Ablauf der Kündigungsfrist entfallende Teilurlaubsanspruch.

BAG 17.05.2011 – 9 AZR 189/10

Lebenspartner haben Anspruch auf Zusatzversorgungsbezüge für Verheiratete

Zusätzlich Versorgungsbezüge für verheiratete Arbeitnehmer stehen auch Arbeitnehmern zu, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben. Ein Ausschluss „verpartnerter“ Arbeitnehmer verstößt gegen das Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung. Betroffene können für die Zeit ab dem 3. Dezember 2003 Nachzahlungen verlangen, da ab diesem Zeitpunkt die Umsetzungsfrist für die Richtlinie 2000/78 ablief.

EuGH 10.05.2010 – C-147/08

Heimliche Videoüberwachung setzt konkreten Tatverdacht voraus

Die heimliche Videoüberwachung eines Arbeitsplatzes ist nur dann möglich, wenn der Arbeitgeber tatsächliche, nachprüfbare und konkrete Anhaltspunkte für einen Straftatsverdacht bezüglich bestimmter Personen sowie einer bestimmte Tat hat. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, ist ein im Kündigungsschutzprozess eingeführter Videobeweis, der die Tat belegt, nicht verwertbar.

ArbG Düsseldorf 03.05.2011 – 11 Ca 7326/10

Mutterschutzzeiten sind bei der betrieblichen Zusatzversorgung zu berücksichtigen

Gewährt der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern erst nach Ablauf einer Wartezeit eine betriebliche Altersversorgung, sind Mutterschutzzeiten bei der Berechnung der Wartezeit voll zu berücksichtigen. Dies gilt jedenfalls für öffentliche Arbeitgeber, die unmittelbar an die Beachtung des Gleichheitsgrundrechts (Art. 3 GG) gebunden sind. Dabei ist es unerheblich, ob der Arbeitgeber für den Zeitraum des Mutterschutzes eine Umlage bezahlt hat oder nicht.

BVerfG 28.04.2011 – 1 BvR 1409/10

Abmahnung einer Straftat schließt Kündigung wegen derselben Pflichtverletzung aus

Mahnt der Arbeitgeber einen Mitarbeiter wegen einer Straftat (hier: Verletzung des Dienstgeheimnisses) ab, kann er, nachdem derArbeitnehmer veruteilt wurde, keine Kündigung wegen derselben Straftat mehr aussprechen. Dies gilt auch dann, wenn die Pflichtverletzung geeignet gewesen wäre, eine Kündigung zu rechtfertigen. Mit Ausspruch der Abmahnung verzichtet der Arbeitgeber auf ein diesbezügliches Kündigungsrecht.

LAG Berlin 28.04.2011 – 25 Sa 2684/10

Anspruch auf Entgeltumwandlung bei nichttarifgebundenen Arbeitnehmern nicht einfach abdingbar

Nach § 17 Abs. 3 BetrAVG kann ein Arbeitgeber von dem sich aus § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG ergebenden Anspruch auf Entgeltumwandlung durch Tarifvertrag auch zu Ungunsten der Arbeitnehmer abweichen. Sind die Arbeitsvertragsparteien nicht tarifgebunden, gilt dies nur, wenn sie die Anwendung der „einschlägigen“ tariflichen Bestimmungen vereinbart haben. Dies setzt voraus, dass der Tarifvertrag in Bezug genommen wird, der bei Tarifgebundenheit der Parteien räumlich, betrieblich, fachlich und persönlich gelten würde.

BAG 19.04.2011 – 3 AZR 154/09

Rechtsweg bei Klage auf Entschädigung im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung

Für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen einem Leiharbeitnehmer und einem Entleiher aus dem Leiharbeitsverhältnis, wie bei der Klage auf Entschädigung nach §§ 15 Abs. 2, 7 Abs. 1 AGG, ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 3a ArbGG der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet. Dies ergibt sich daraus, dass das Arbeitsgerichtsgesetz den Zweck verfolgt, alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die in greifbarer Beziehung zu einem Arbeitsverhältnis stehen, auch prozessual als Arbeitssachen zu erfassen. Der gespaltenen Arbeitgeberstellung bei der Arbeitnehmerüberlassung zwischen Vertragsarbeitgeber(Verleiher) und einem Beschäftigungsarbeitgeber(Entleiher) ist insoweit Rechnung zu tragen.

BAG 15.03.2011 – 10 AZB 49/10

Gleichbehandlung bei der Entgelterhöhung

Die Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ist unabhängig davon, ob der Arbeitgeber die Gründe der von ihm vorgenommenen Differenzierung dem Arbeitnehmer (vorprozessual) mitgeteilt hat. Die Tatsachenfeststellung ist entscheidend und nicht die Frage, ob der Arbeitgeber einen „nachgeschobenen“ Differenzierungsgrund nur „vorschiebt. Hat der Arbeitgeber bei der Gewährung einer freiwilligen Entgelterhöhung Gruppen von Arbeitnehmern unterschiedlich behandelt, ist er im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast verpflichtet, sowohl sämtliche Zwecke seiner freiwilligen Leistung als auch die Grundsätze ihrer Verteilung substantiiert offenzulegen.

BAG 23.02.2011 – 5 AZR 84/10

Stichtagsklausel bei Bonuszahlung kann unangemessen benachteiligen

Teilt der Arbeitgeber mit, dass Teile eines Bonus erst 18, 30 bzw. 42 Monate nach dem Ende der Bonusperiode ausbezahlt werden und knüpft er die Auszahlung zugleich an die Voraussetzung, dass das Arbeitsverhältnis im Auszahlungszeitpunkt noch besteht, stellt dies eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dar.

LAG München 10.02.2011 – 2 Sa 718/10

Pflicht zur Herausgabe des Dienstwagens bei Kündigung

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordentlich oder außerordentlich, ist der Arbeitnehmer unabhängig von der Frage, ob die Kündigung wirksam ist, auf Verlangen des Arbeitgebers zur Herausgabe des ihm überlassenen Pkw verpflichtet. Etwas anderes gilt in Anlehnung an den Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung nur dann, wenn die Kündigung offensichtlich unwirksam ist. Verweigert der Arbeitnehmer die Herausgabe des Fahrzeugs, kann dies einen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellen. Im Einzelfall kann jedoch eine vorherige Abmahnung geboten sein.

LAG Nürnberg 25.01.2011 – 7 Sa 521/10

Personenbedingte Kündigung bei mehrjähriger Freiheitsstrafe

Beruht die Arbeitsverhinderung des Arbeitnehmers auf einer zu verbüßenden Freiheitsstrafe, kann hierin ein personenbedingter Grund zur Kündigung des Arbeitnehmers zu sehen sein. Allerdings kann nicht jede Freiheitsstrafe ohne Rücksicht auf ihre Dauer und ihre Auswirkungen zum Verlust des Arbeitsplatzes führen. Da der Arbeitgeber im Fall der haftbedingten Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers typischerweise von der Pflicht zur Zahlung des Arbeitsentgelts befreit ist, hängt es von Art und Ausmaß der betrieblichen Auswirkungen ab, ob die Inhaftierung geeignet ist, eine Kündigung zu rechtfertigen. Wenn der Arbeitnehmer im Kündigungszeitpunkt noch eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren zu verbüßen hat und ein Freigängerstatus oder seine vorzeitige Entlassung aus der Haft vor Ablauf von zwei Jahren nicht sicher zu erwarten sind, braucht der Arbeitgeber den Arbeitsplatz für ihn nicht freizuhalten.

BAG 25.11.2010 – 2 AZR 984/08