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Photo by Kaitlyn Baker

Die fortschreitende Digitalisierung aller Lebensbereiche macht auch vor dem modernen Arbeitsleben nicht Halt. Mit dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in vielen Bereichen wird eine neue Stufe des Arbeitens erreicht.

Diese Entwicklungen hat mittlerweile auch der europäische und deutsche Gesetzgeber aufgenommen, und erste Schritte initiiert, KI zu reglementieren. Auf europäischer Ebene handelt sich hierbei um den Entwurf einer europäischen KI-Verordnung. Im deutschen Recht ist hier insbesondere das Betriebsrätemodernisierungsgesetz zu nennen, das erstmals explizit den Begriff „Künstliche Intelligenz“ in verschiedenen Vorschriften aufnimmt. Eine einheitliche bzw. umfassende Regelung der rechtlichen Rahmenbedingungen des Einsatzes von KI bestehen jedoch weder auf europäischer noch auf deutscher Ebene.

Bis auf Weiteres sind rechtliche Fragestellungen also weiterhin im Einklang mit den bekannten arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen zu lösen.

Wo wird Künstliche Intelligenz eingesetzt?

Beispiele für den Einsatz von KI finden sich in vielen Bereichen des Arbeitslebens. Ganz allgemein gesagt, kommt KI überall dort zum Einsatz, wo es um die Sammlung von erheblichen Datenmengen und deren Auswertung und Nutzbarmachung für HR-relevante Entscheidungsprozesse geht. Hierzu gehören u. a.

  • Bewerbungsverfahren: Mithilfe von Chatbots finden automatisierte Vorauswahl-Entscheidungen statt.
  • Leistungsanalysen: KI kommt zudem im Zusammenhang mit Leistungsanalysen zum Einsatz. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Vorbereitung von Kündigungsentscheidungen.
  • Arbeitshilfen: Als weiteres aktuelles Beispiel ist der Einsatz von ChatGPT durch Mitarbeitende bei der Erfüllung ihrer Arbeitsaufgaben zu nennen.

Betriebsverfassungsrechtliche Rahmenbedingungen

Die durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz erfolgte Neufassung des Betriebsverfassungsrechts nimmt an mehreren Stellen ausdrücklich Bezug auf „Künstliche Intelligenz“.

Gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 BetrVG hat der Betriebsrat das Recht, bei der Beurteilung von KI-Lösungen einen Sachverständigen hinzuzuziehen. So klar, wie es scheint, ist die vorgenannte Regelung jedoch nicht. An dieser Stelle stellt man sich die z. B. spannende Fragen dahingehend, was denn eigentlich unter „Künstliche Intelligenz“ zu fassen ist. Denn: Es gibt keine allgemeingültige Definition von Künstlicher Intelligenz. Dass ChatGPT Künstliche Intelligenz in diesem Sinne darstellt, ist unstreitig, der Einsatz von schlichten Übersetzungsprogrammen, wie z. B. DeepL, ist jedoch nicht als Nutzung von KI anzusehen. Die Entwicklung von Abgrenzungskriterien bzw. einer (arbeitsrechtlichen) Definition von KI steht erst am Beginn.    

Gemäß § 90 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG hat der Betriebsrat zudem ausdrücklich Unterrichtungs- und Beratungsrechte beim Einsatz von KI eingeräumt bekommen. Die Reichweite dieser Rechte in Bezug zu KI ist ebenfalls noch nicht hinreichend geklärt. 

Mit der Einführung von § 95 Abs. 2a BetrVG wurde zudem klargestellt, dass Richtlinien über die personelle Auswahl bei Einstellungen, Versetzungen und Umgruppierungen sowie Kündigungen auch beim Einsatz von KI der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen.

Die Einführung von IT-Tools, die KI zum Gegenstand haben, unterliegt zudem der Zustimmung des Betriebsrates nach § 87 I Nr. 6 BetrVG. Regelmäßig sind KI-Tools dafür geeignet, um das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen.

Soweit durch KI zudem konkrete Entscheidungen getroffen oder unmittelbar vorbereitet werden, kommen weitere Mitbestimmungstatbestände ins Spiel, so z. B. Fragen der Ordnung des Betriebes (§ 87 I Nr. 1 BetrVG) oder Fragen des Beginns und des Endes der täglichen Arbeitszeit (§ 87 I Nr. 2 BetrVG). Auch bei der Aufstellung von Beurteilungsgrundsätzen kommt mittlerweile KI zum Einsatz; die Neufassung des § 94 Abs. 2 BetrVG stellt insoweit klar, dass auch dann diese Vorschrift zu beachten ist, also Beteiligungsrechte des Betriebsrates zu wahren sind.

Letztlich ist noch darauf hinzuweisen, dass der sehr weitreichende Einsatz von KI-Lösungen auch zu einer Betriebsänderung im Sinne von § 111 BetrVG und der damit verbundenen Verpflichtung zur Durchführung eines Interessenausgleichsverfahrens führen kann und ggf. eine Pflicht zur Vereinbarung eines Sozialplanes relevant wird.

Individualarbeitsrechtliche Rahmenbedingungen

Auch auf individualarbeitsrechtlicher Ebene stellen sich rechtliche Herausforderungen.

Antidiskriminierungsrecht: Der Einsatz von Chatbots im Bewerbungsverfahren soll zu einer Objektivierung des Auswahlprozesses beitragen. Aber auch KI ist fehlbar. Auch der Einsatz von Algorithmen kann also diskriminierend sein und zu Verstößen gegen das Antidiskriminierungsrecht (AGG) führen. Deshalb gilt: Der Einsatz von KI sollte immer kontrolliert werden. Die Ausgestaltung und der Einsatz von KI muss deshalb Teil des unternehmensinternen Compliance-Systems werden. Dies ist zudem aus ethischen Gründen heraus unverzichtbar.

Datenschutzrecht: Auch das Datenschutzrecht setzt dem Einsatz von KI rechtliche Grenzen. Beispielhaft sei hier auf Art. 22 DSGVO verwiesen, der es im Grundsatz verbietet, eine Person einer automatisierten Entscheidungsfindung zu unterwerfen.

Datenschutzrechtliche Fragestellungen werden auch beim Einsatz von ChatGPT im Arbeitsleben relevant. Allgemein bekannt dürfte sein, dass das hinter ChatGPT stehende Unternehmen (Open AI) seinen Sitz in den Vereinigten Staaten hat. Im Rahmen der Nutzung von ChatGPT werden auch personenbezogene Daten in die Vereinigten Staaten übermittelt. Bereits diese Übermittlung ist rechtlich kritisch zu betrachten; darüber hinaus herrscht nur wenig Transparenz darüber, wie von Mitarbeitenden getätigten Eingaben durch open AI weiter genutzt werden.

Der Einsatz von ChatGPT führt aber auch zu anderen Fragestellungen: Das Arbeitsverhältnis wird durch den Grundsatz der höchstpersönlichen Leistungserbringung gemäß § 613 Satz 1 BGB geprägt. Ist die Nutzung von ChatGPT einem Mitarbeitenden nicht erlaubt bzw. in Kenntnis der Nutzung geduldet worden, stellt sich ChatGPT als Verstoß gegen eben diese Pflicht zur höchstpersönlichen Leistungserbringung dar. Dies gilt zumindest dann, wenn Mitarbeitende ChatGPT eigenmächtig zur vollständigen Erledigung einer Arbeitsaufgaben nutzen.

Die hier beschriebenen arbeitsrechtlichen Implikationen sind nur als Beispiele zu verstehen. Die arbeitsrechtliche Auseinandersetzung mit Fragen des Einsatzes von KI steht, wie bereits ausgeführt, am Anfang. Die weitere Entwicklung sollte stets sorgsam begleitet und bei der Einführung, dem Einsatz und der Anpassung KI-relevanter Tools berücksichtigt werden.