Anders sieht es bei der gewünschten Arbeitszeitverteilung aus. Jedenfalls in Unternehmen mit signifikantem Frauenanteil ist eine Besonderheit zubeobachten: Die Arbeitnehmerinnen verlangen nach und nach Elternzeit und kehren – sei es während der Elternzeit, sei es im Anschluss daranunter Berufung auf § 8 TzBfG – in Teilzeit an den Arbeitsplatz zurück. DerKindesbetreuung geschuldet wird die Arbeitszeit dieser Beschäftigten i. d. R.auf die Vormittagszeit der einzelnen Wochentage verteilt.

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Foto von Alex Kotliarskyi

Die zutreffende Einschätzung des Arbeitgebers, mit zunehmender Dauer der Elternzeit verliere die Mitarbeiterin wichtige Kenntnisse ihres Arbeitsbereichs und damit an Wert für die betriebliche Organisation, wird vor den Gerichten wohl keine Beachtung finden. Schon beim Urteil des BAG zur Übertragbarkeit der Elternzeit auf die Zeit bis zur Vollendung des achten Lebensjahres (v. 21.4.2009, a. a. O.) fand diese Begründung keine Gnade.

Ein Unternehmen wird sich auch nur selten darauf berufen können, die um Verlängerung der Elternzeit bittende Beschäftigte sei nicht zu entbehren. Zum einen ist niemand unersetzlich und zum anderen hat der Arbeitgeber die Arbeitnehmerin schließlich schon für die erste Zeit der Elternzeit zu ersetzen vermocht.

Abgesehen von wenigen Sonderkonstellationen werden Unternehmen daher Mühe haben, eine (für die Gerichte) sachliche Begründung für eine Weigerung zu finden. In aller Regel überwiegen wohl die Interessen der Arbeitnehmerin an der Verlängerung – auch entsprechend der Bedeutung von Art. 6 GG.

Dies ist nicht endlos fortsetzbar. In den wenigsten Betrieben ist ein Arbeitskräfteeinsatz dergestalt möglich, dass der (gar überwiegende) Teilder Belegschaft nur vormittags und nachmittags nur eine „Notbesetzung“tätig ist. Den Mitarbeiterinnen, die bereits vormittags in Teilzeit arbeiten,ist eine Veränderung der Arbeitszeitverteilung ebenso wenig zumutbarwie der neu hinzukommenden Mutter. Die in Vollzeit tätigen Arbeitnehmerkönnen schlechterdings ihre Arbeit nicht im Laufe des Nachmittags„doppelt“ erbringen.

Eine Ablehnung der Teilzeittätigkeit als solcher kommt demnach i. d. R.nur dann in Betracht, wenn das Unternehmen schon anderweitigeDispositionen getroffen und eine Ersatz-Vollzeitkraft eingestellt hat.Dabei ist ihm aber zuzumuten, zunächst die Entscheidung der Mitarbeiterin über die Elternzeit und deren Ausgestaltung in den ersten beidenJahren abzuwarten.

Auch steht der Einsatz von Leiharbeitnehmern dem Teilzeitverlangen nicht entgegen; diese kann man schließlich leicht auf kürzere Arbeitszeiten verweisen. Wegen der Vielzahl der Leiharbeitnehmer in den heutigen Betrieben ist damit – auch über einen „Ringtausch“ – dem Arbeitgeber oft die Verweigerungsmöglichkeit genommen.

Verweigern darf er die Teilzeittätigkeit schließlich auch nicht, wenn er ohnehin schon einen Überhang an Arbeitsplätzen hat. Dem Teilzeitwunsch an sich kann ein Unternehmen also nur selten erfolgreich entgegentreten.

Eine Frist für die Geltendmachung der Verlängerung gibt es nicht, so das BAG in seiner Entscheidung vom 18.10.2011. Folglich kann auch das Nichteinhalten der Sieben-Wochen-Frist kein Ablehnungsgrund sein.

Für die Praxis bleibt aber die Entscheidung des BAG maßgebend. Der Arbeitgeber wird künftig also seine Ablehnungsentscheidung vernünftig begründen müssen. Dann ist seine Ablehnung – so das Regel-AusnahmeVerhältnis des § 16 BEEG – i. d. R. höher zu werten als das Verlängerungsinteresse der Arbeitnehmerin (vgl. BAG, Urt. v. 18.10.2011 – 9 AZR 315/10, Rdnr. 31).

Es bleibt abzuwarten, wie diese Auslegungsregel in der Praxis von den Gerichten gedeutet wird. In aller Regel verlangen Beschäftigte eine Verlängerung der Elternzeit nicht ohne Grund. Oft ist eine fehlende Betreuungsmöglichkeit für das Kind, eine Krankheit oder eine nachdrückliche Veränderung in der familiären Situation die Ursache für das Verlängerungsgesuch. Welche Gründe kann das Unternehmen – aus Sicht der Gerichte – dem entgegenhalten?

Gem. § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG muss die Arbeitnehmerin dem Arbeitgeber – spätestens sieben Wochen vor dem Beginn – mitteilen, ob sie Elternzeit nimmt und wie sie sich diese zeitlich und inhaltlich vorstellt. Hier muss die Mitarbeiterin sich festlegen, jedenfalls für die ersten beiden Jahre der Elternzeit. Das betrifft die Fragen, ob – für welche Zeiträume – Elternzeit genommen wird und ob und in welchem Umfang sowie in welchen Zeiträumen eine Teilzeittätigkeit während der Elternzeit gewünscht ist. Und hier fragen Arbeitgeber erstmals kritisch nach. Ist sich die (erstmalige) Mutter denn sicher, dass sie den Wiedereintritt in den Job schon nach zwölf Monaten schafft? Ist ab diesem Zeitraum die Kindesbetreuung sicher? Diese Fragen sollte sie gut abwägen; schließlich muss sie sich an ihrer Wahl festhalten lassen.

Wenn sie die Rückkehr nach zwölf Monaten wählt, es aber nicht schafft, dann – so erklären viele Arbeitgeber drohend – bleibe dem Unternehmen keine andere Wahl als die Kündigung. Eine Arbeitnehmerin, die entgegen ihrer eigenen Entscheidung nicht an den Arbeitsplatz zurückkehre, fehle schließlich unentschuldigt und werde daher unweigerlich gekündigt. Zugleich lockt so mancher Arbeitgeber – selbstverständlich nicht verbindlich – damit, eine verfrühte Rückkehr der Beschäftigten wohlwollend zu prüfen, wenn sie dies wünsche. Bei diesen Alternativen – entweder riskieren, das eigene Kind nicht ordentlich versorgen zu können und deshalb den Arbeitsplatz zu verlieren, oder notfalls ein Jahr länger auszusteigen – wählen viele Mitarbeiterinnen die sicherere Alternative: Sie votieren für zwei Jahre Elternzeit ohne Teilzeit.

Hier bietet sich vielen Arbeitgebern ein echter und unabwendbarer dringender Grund, der zwar nicht der Teilzeit als solcher, aber der gewünschten Arbeitszeitverteilung widerspricht. Dieser Argumentation ist regelmäßig mehr Erfolg beschieden als der Verweigerung von Teilzeittätigkeit an sich. Dies gilt nicht nur vor Gericht, sondern auch faktisch. Arbeitnehmerinnen können bei den gegebenen Kinderbetreuungsmöglichkeiten in Deutschland oft nur am Vormittag auf Krippen- und Kindergartenplätze zurückgreifen. Nur während dieser Zeit können sie demnach arbeiten. Mangels anderweitiger Betreuungsmöglichkeit ist ihnen das Arbeiten am Nachmittag häufig nicht möglich.

Die damit einhergehenden Auswirkungen auf die betrieblichen Gegebenheiten wiederum sprechen für das Unternehmen bei der Verteilung der Teilzeit – objektiv und „dringend“. Auch hier ergibt sich daher wieder ein Dilemma für die Beschäftigte. Sie kann ihren Teilzeitwunsch und die begehrte Arbeitszeitverteilung per einstweiliger Verfügung i. d. R. nicht durchsetzen. Folglich muss sie sich oft genug entscheiden – zwischen dem Risiko des Arbeitsplatzverlusts, wenn sie nicht der vom Arbeitgeber gewünschten Verteilung zustimmt, und der Kindessorge. Und so führt das Dilemma häufig wieder zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses der jungen Mutter.

In einem Urteil vom 18.10.2011 (9 AZR 315/10) hat das BAG dieser Möglichkeit einen starken Riegel vorgeschoben. Während das LAG Rheinland-Pfalz dem Arbeitgeber unter Hinweis auf den Wortlaut von § 16 Abs. 3 Satz 1 BEEG die Möglichkeit zur Verweigerung der Zustimmung zur Verlängerung der Elternzeit bis zur Grenze des Rechtsmissbrauchs noch gestattet hatte, entschied das BAG grundlegend anders. Es unterwarf die Zustimmungsentscheidung der Ermessenskontrolle des § 315 BGB. Die Entscheidung des Arbeitgebers soll also – überprüfbar für die Arbeitsgerichte – daran gemessen werden, ob sie einen angemessenen Ausgleich der Arbeitgeberinteressen an Planungssicherheit einerseits und der persönlichen Bedürfnisse der Arbeitnehmerin andererseits darstellt.

Dem Gesetzeswortlaut ist dies nicht zu entnehmen. Das BAG beruft sich zur Begründung seiner Auffassung darauf, es selbst habe § 15 Abs. 2 BEEG (Zustimmungserfordernis des Arbeitgebers zur Übertragung von bis zu zwölf Monaten der Elternzeit bis zur Vollendung des achten Lebensjahres) bereits ebenso ausgelegt (Urt. v. 21.4.2009 – 9 AZR 391/08, AuA 11/09, S. 677). Es sei nicht vertretbar, die (insoweit) identische Wortwahl innerhalb eines Gesetzes einmal so und einmal so auszulegen. Zudem fordere die Gesetzesbegründung eine solche Auslegung. Beide Begründungsstränge sind aber nicht zwingend und es ließe sich in beiden Fällen mindestens ebenso gut die entgegengesetzte Auslegung des LAG Rheinland-Pfalz begründen.

Ist dem BAG mit seiner Entscheidung vom 18.10.2011 der Befreiungsschlag für Arbeitnehmerinnen mit Kindern gelungen? Wohl nicht. Das Recht nach § 16 Abs. 3 Satz 1 BEEG auf Verlängerung der Elternzeit unterliegt auch weiterhin der Zustimmung des Arbeitgebers.

Der Mitarbeiterin wird die Durchsetzung der Verlängerung der Elternzeit daher in aller Regel wohl nicht im Wege einer einstweiligen Verfügung gelingen. Eine Entscheidung zu ihren Gunsten käme einer Vorwegnahme der Hauptsache gleich. Eine solche einstweilige Verfügung wird auch wegen des – zu Recht – vom BAG bestätigten Regel-Ausnahme-Verhältnisses, wonach das Verlängerungsinteresse nur in besonderen Fällen das Interesse des Unternehmens an der Planbarkeit überwiegen soll, eine Seltenheit bleiben.

Damit bleibt aber das Dilemma für die Beschäftigte: entweder die Elternzeit faktisch durch Fernbleiben vom Arbeitsplatz verlängern und den Arbeitsplatz riskieren oder arbeiten und die Kindessorge vernachlässigen. Dies ist nach wie vor ein guter Nährboden für Verhandlungen über Aufhebungsverträge.

Will man Arbeitnehmerinnen keine unbeschränkten Verlängerungs- und Verkürzungsmöglichkeiten für die Elternzeit durch Gesetz einräumen, wird wohl erst der Fachkräftemangel die Situation nachhaltig zu ihren Gunsten wenden.

Ist diese Situationsbeschreibung zutreffend? Die oben wiedergegebenen Alternativen fußen auf der Annahme, dass die von der Arbeitnehmerin vor Beginn der Elternzeit zu treffende Entscheidung endgültig bindet, zumindest für zwei Jahre.
§ 16 Abs. 3 BEEG regelt, ob und unter welchen Bedingungen Abweichungen von der ursprünglichen Wahl möglich sind und von den Arbeitnehmerinnen durchgesetzt werden können.

› Hier gibt es einen Fall, in dem ein echter, einklagbarer Anspruch auf Verlängerung oder Verkürzung der einmal gewählten Dauer der Elternzeit besteht: Nach § 16 Abs. 3 Satz 4 BEEG besteht ein Anspruch auf Verlängerung der Elternzeit, wenn ein ursprünglich von den Eltern vorgesehener Wechsel bei der Elternzeit nicht mehr realisiert werden kann.

› Für alle anderen Fälle bedarf die Arbeitnehmerin gem. § 16 Abs. 3 Satz 1 BEEG der Zustimmung des Arbeitgebers.

Nach dem klaren Wortlaut liegt es also einzig und allein beim Unternehmen, ob eine Abweichung von der einmal getroffenen Wahl, sprich die Verlängerung der Elternzeit, möglich ist. Gestützt auf diese – nach dem Gesetzeswortlaut unbeschränkte – Wahlmöglichkeit haben viele Arbeitgeber in der Vergangenheit die Trennung von Beschäftigten in Elternzeit vorbereitet und begründet. Durch die verweigerte Zustimmung zur Verlängerung der Elternzeit kamen die Mitarbeiterinnen in die Situation, entweder die elterlichen Pflichten gegenüber dem Kind – denn dies war und ist in aller Regel der Grund für das Verlängerungsbegehren – vernachlässigen zu müssen oder den Bestand des Arbeitsplatzes wegen unentschuldigten Fehlens zu riskieren. Dem Dilemma wurde und wird oft mit einem Aufhebungsvertrag abgeholfen; das Unternehmen verliert das „Problem“, eine aus der Elternzeit zurückkehrende Mutter (ohne entsprechende Headcount-Genehmigung) wieder eingliedern zu müssen, die Arbeitnehmerin ihren Arbeitsplatz.

Liegt das nur an individuellen Entscheidungen der Frauen? Oder gibt es andere Gründe? Auffällig viele Mitarbeiterinnen verlassen im zeitlichen Zusammenhang mit Schwangerschaften – trotz bestehenden Kündigungsschutzes – ihre Unternehmen. Was passiert in diesen Fällen? Die Arbeitnehmerin zeigt zunächst dem Arbeitgeber ihre Schwangerschaft an und steht recht kurz vor der Geburt vor einer wichtigen Entscheidung: Sie hat nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) Anspruch auf bis zu drei Jahre Elternzeit. Die motivierte Beschäftigte will alles andere als drei vollständige Jahre aussetzen; sie will nach der Geburt wieder in den Beruf einsteigen. Aber wann? Das Elterngeld kann die Arbeitnehmerin (die Vätermonate einmal ausgespart) nur für die Dauer von zwölf Monaten beziehen. Deshalb – und weil es in Deutschland (West) vielerorts unmöglich ist, einen (bezahlbaren) Krippenplatz für ein Kind unter einem Jahr Lebensalter zu finden – ist ein Jahr Elternzeit mit vollständigem Aussetzen von der Arbeit zumeist gesetzt. Und dann?

Noch stärker als durch die bloße Inanspruchnahme von Elternzeit fühlensich viele Unternehmen durch den Anspruch auf Teilzeittätigkeit währendder Elternzeit nach § 15 Abs. 7 BEEG belastet. Dabei handelt es sichschließlich um einen einklagbaren Anspruch, dem man nur „dringendebetriebliche Gründe“ entgegenhalten kann. „Dringend“ stehen betrieblicheGründe der Teilzeittätigkeit nur im Ausnahmefall entgegen. Hier ist nachder Rechtsprechung des BAG eine restriktive Auslegung gefordert.

Trotz gesetzlicher Ansprüche auf Elternzeit und Teilzeittätigkeit, trotz der Rechtsprechung des BAG zur Verlängerung der Elternzeit – ein Arbeitgeber ist den Wünschen der Arbeitnehmerinnen (die Väter machen ihre gleichen Rechte häufig nicht geltend) nicht hilflos ausgeliefert. Er kann den Wünschen der Mitarbeiterinnen oft erfolgreich entgegentreten und sich dabei auf berechtigte, dringende betriebliche Gründe sowie die auf Arbeitnehmerinnen wirkenden faktischen Zwänge verlassen.

Unternehmen ist insoweit aber zu raten, nicht in Fundamentalopposition zu verharren, sondern stattdessen die realen Gründe, die einer gewünschten Elternzeit/Teilzeittätigkeit widersprechen, offen zu benennen. Die gibt es nämlich und sie sind kein Beleg für diskriminierende Handlungen des Arbeitgebers, sondern Ausdruck betrieblicher und organisatorischer Zwänge. Diese wiederum können nur gesamtgesellschaftlich (Kinderbetreuung) gelöst werden. Ein einseitiges Abschieben auf die Unternehmen ist weder angezeigt noch gerechtfertigt.