1 Gesetzliche Höchstarbeitszeit

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Das ArbZG begrenzt zum Schutz der Arbeitnehmer die höchstzulässige Arbeitszeit. Aufgrund dieser Schutzfunktion sind die Vorschriften nicht zum Nachteil der Beschäftigten abdingbar, es sei denn, ein Tarifvertrag re- gelt für ausdrücklich genannte Fälle Abweichendes oder lässt abweichen- de Regelungen in Betriebs- oder Dienstvereinbarungen zu, § 7 ArbZG. Selbst diese Norm eröffnet jedoch nicht einmal den Tarifvertragsparteien die Möglichkeit, den Begriff „Arbeitszeit“ zu definieren.

Wichtig

Im Hinblick auf das öffentliche Arbeitszeitrecht besteht demnach keine individual- oder tarifvertragliche Möglichkeit – und damit auch keine Möglichkeit im Rahmen einer Betriebsvereinbarung –, optimierte Regelungen zu treffen.

2 Grundsätze der Rechtsprechung

Nach der Rechtsprechung gilt bzgl. des öffentlichen Arbeitszeitrechts Folgendes:

Die Wegezeiten des Mitarbeiters von der privaten Wohnung zur Betriebsstätte und zurück stellen keine Arbeitszeit i. S. d. öffentlichen Arbeitszeitrechts dar (vgl. bereits BAG, Urt. v. 8.12.1960 – 5 AZR 304/58).

Bei Dienstreisen unterscheidet das BAG beim öffentlichen Arbeitszeitrecht drei zeitliche Abschnitte:

– Die Wegezeiten für die Hin- und Rückreise,

– die Zeit der Erbringung der Arbeitsleistung im eigentlichen Sinne sowie

– Wartezeiten am Zielort vor und nach der Arbeitsleistung

(vgl. BAG, Urt. v. 11.7.2006 – 9 AZR 519/05, AuA 4/07, S. 246).

Einfach zu klären ist die Frage, ob das Erbringen der Arbeitsleistung im eigentlichen Sinne am Zielort Arbeitszeit i. S. d. öffentlichen Arbeitszeitrechts ist. Dies ist selbstverständlich der Fall.

Ebenso klar beantwortet das BAG die Frage, ob Wartezeiten am Zielort vor und nach der eigentlichen Arbeitsleistung Arbeitszeit i. S. d. ArbZG darstellen. Das Gericht ist der Auffassung, dass dies nicht der Fall ist. Das ergibt sich daraus, dass das BAG (Urt. v. 11.7.2006, a. a. O.) bereits Wegezeiten, bei denen der Beschäftigte selbst kein Fahrzeug lenken muss und keine arbeitgeberseitige Weisung erhalten hat, Akten oder E-Mails zu bearbeiten, den Termin vor-/nachzubereiten etc., nicht als Arbeitszeit i. S. d. öffentlichen Arbeitszeitrechts einstuft. Dies gilt dann erst recht für Wartezeiten am Zielort.

Zur Begründung führen die Erfurter Richter aus, dass nach der Konzeption des ArbZG nicht jede im Interesse des Unternehmens liegende Beschäftigung des Arbeitnehmers dem gesetzlichen Arbeitsschutz unterfällt. Entscheidend ist der Grad der Beanspruchung. Sofern keine Anforderungen des Arbeitgebers vorliegen, während der Reisezeit Akten oder E-Mails zu bearbeiten oder Vor- und Nachbereitungen vorzunehmen, die sonst am Schreibtisch im Betrieb erbracht worden wären, ist – so das BAG – die Gesundheit und Sicherheit des Mitarbeiters durch ein Überschreiten der täglich höchstzulässigen Arbeitszeit von zehn Stunden nicht gefährdet. Der Arbeitnehmer kann sich während der Beförderung mit privaten Dingen beschäftigen oder entspannen bzw. sogar schlafen. Die Beanspruchung liegt nach Auffassung des BAG damit deutlich unterhalb derjenigen bei Rufbereitschaft, da der Beschäftigte nicht auf Abruf zur Arbeitsleistung zur Verfügung stehen muss. Dem Arbeitnehmer wird nach dem BAG durch die Beschränkung auf ein öffentliches Verkehrsmittel lediglich ein Freizeitopfer abverlangt. Es liegt keine Arbeitszeit i. S. v. § 2 Abs. 1 ArbZG oder Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2003/88/EG vom 4.11.2003 vor (BAG, Urt. v. 11.7.2006, a. a. O.).

Gibt der Arbeitgeber demgegenüber vor, dass Arbeitsleistungen im eigentlichen Sinne während der Wegezeit zu erbringen sind, handelt es sich um Arbeitszeit i. S. d. ArbZG.

3 Fahrzeuglenker

Ausdrücklich offengelassen hat das BAG bisher die Frage, wie ein Sachverhalt zu bewerten ist, in dem der Arbeitnehmer ein Fahrzeug steuern muss, weil es bspw. anders nicht möglich ist, den Zielort zu erreichen oder aber weil er im Fahrzeug notwendige Betriebsmittel für den Arbeitseinsatz am Zielort mitführt.

Praxistipp

In Übereinstimmung mit der überwiegend in der Literatur vertretenen Ansicht ist davon auszugehen, dass das BAG einen derartigen Fall als Arbeitszeit i. S. d. öffentlichen Arbeitszeitrechts bewerten würde. Dies wäre jedenfalls konsequent. Wir empfehlen, bei einem derartigen Sachverhalt bezüglich dem das Fahrzeug steuernden Mitarbeiter von Arbeitszeit i. S. d. öffentlichen Arbeitszeitrechts auszugehen. Für lediglich mitfahrende Beschäftigte gilt in Anwendung der Rechtsprechung, dass die Reisezeit keine Arbeitszeit i. S. d. ArbZG darstellt.

Wichtig

Insgesamt sollte man aus Gründen der Vorsicht eher weitergehend von Arbeitszeit ausgehen, da Verstöße gegen das Gesetz eine Ordnungswidrigkeit – und in besonderen Fällen sogar Straftaten – darstellen (§§ 22, 23 ArbZG).

4 Zu vergütende Arbeitszeit

Die Rechtslage zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit weicht allerdings von den vorstehenden Grundsätzen ab. Sofern keine individualvertragliche Regelung zur Arbeitszeit oder eine Definition in einem einschlägigen Tarifvertrag bzw. einer Betriebsvereinbarung zur Anwendung kommt, gilt nach der Rechtsprechung des BAG Folgendes:

– Reisezeiten,

– Wegezeiten vom Betrieb zur auswärtigen Arbeitsstätte, und auch

– Wartezeiten innerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit und innerhalb des vereinbarten Arbeitszeitkontingents

sind vergütungspflichtig (vgl. Lindemann in: Preis, Der Arbeitsvertrag, 3. Aufl. 2009, II D 15, Rdnr. 7).

ur Begründung verweist das BAG (Urt. v. 11.7.2006, a. a. O.) darauf, dass das Unternehmen in Annahmeverzug gerät, wenn es die eigentliche Arbeitsleistung nicht annimmt und den Arbeitnehmer stattdessen auf Reisen schickt. Dogmatisch ist diese Herleitung zweifelhaft, da die Weisung, auf Dienstreise zu gehen, letztlich eine Konkretisierung der geschuldeten Arbeitsleistung in Ausübung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts (§ 106 GewO) darstellt und sich das Unternehmen daher nicht in Annahmeverzug befindet. Dennoch geht das BAG davon aus, dass der Arbeitgeber dem Mitarbeiter bei Reisetätigkeit keinen „ordnungsgemäßen Arbeitsplatz zur Verfügung stellt“, so dass Annahmeverzug gemäß §§ 611, 615, 293 ff. BGB entsteht.

Unabhängig von der dogmatischen Herleitung sind im Ergebnis Wegeund Wartezeiten innerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit, d. h. innerhalb des vereinbarten täglichen Arbeitszeitkontingents, zu vergüten. Hierbei ist es auch unerheblich, ob der Arbeitnehmer passiv in einem (öffentlichen) Verkehrsmittel reist oder aktiv ein Fahrzeug steuert.

5 Zeiten außerhalb des vereinbarten Kontingents

Anders bewertet das BAG die Frage der Vergütungspflicht bei Reisezeiten

– und damit letztlich bei Wege- und Wartezeiten – außerhalb des vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeitkontingents. Hier vertritt das Gericht die Auffassung, dass derartige Zeiten nur dann vergütungspflichtig sind,

– wenn dies ausdrücklich vereinbart wurde oder aber

– wenn es i. S. d. § 612 Abs. 1 BGB nach den Umständen zu erwarten ist

(BAG, Urt. v. 3.9.1997 – 5 AZR 428/96, AP Nr. 1 zu § 611 BGB Dienstreise). Ein allgemeiner Grundsatz dahingehend, dass sämtliche Wege- und Wartezeiten, die über das vereinbarte regelmäßige Arbeitszeitkontingent hinausgehen, zu vergüten wären, besteht nicht (BAG, Urt. v. 3.9.1997, a. a. O; Lindemann, a. a. O., II D 15, Rdnr. 7).

Was „nach den Umständen“ i. S. d. § 612 Abs. 1 BGB zu erwarten ist, richtet sich u. a. nach der Höhe der regelmäßigen Vergütung des Beschäftigten, mit der u. U. ein bestimmter – über das regelmäßige Arbeitszeitkontingent hinausgehender – Zeitaufwand bereits abgegolten ist. Feste Grenzen, ab wann dies der Fall ist, existieren allerdings nicht.

Beispiel

Das BAG (Urt. v. 3.9.1997, a. a. O.) hat insoweit entschieden, dass bei überdurchschnittlich vergüteten Angestellten zwei Reisestunden täglich zusätzlich zur vereinbarten Arbeitszeit als nicht gesondert vergütungspflichtig angesehen werden können. Damit bestätigten die Erfurter Richter die Einschätzung der Vorinstanz, wonach „schon in gehobener und nicht erst in leitender Stellung (…) der Arbeitnehmer nach der maßgeblichen Verkehrsanschauung ein gewisses Kontingent von Reisezeit (…) unentgeltlich zu erbringen“ hat (LAG Hamm, Urt. v. 12.1.1996 – 5 Sa 1665/94).

Welche Voraussetzungen allerdings erfüllt sein müssen, damit man eine solche „gehobene“ Stellung annehmen kann, ist im Allgemeinen nicht zu beantworten, sondern bemisst sich – wie in § 612 Abs. 1 BGB vorgesehen – anhand der Umstände des jeweiligen Einzelfalls. Dabei ist insbesondere auch erheblich,

– welche Tätigkeit der Mitarbeiter zu erbringen hat,

– welche Regelungen in Anstellungsverträgen vergleichbarer Beschäftigter des gleichen Tätigkeitsbereichs („Branchenüblichkeit“) bestehen und

– welche Vergütung der Arbeitnehmer erhält.

Bezogen auf die Vergütungshöhe halten wir es für angemessen, ab Überschreiten der Beitragsbemessungsgrenze zur gesetzlichen Rentenversicherung (derzeit 66.000 Euro brutto [West] bzw. 57.600 Euro brutto [Ost] pro Jahr) von einem Indiz für das Vorliegen einer solchen „gehobenen“ Stellung auszugehen.

Wichtig

Maßgeblich für die Frage der Vergütungspflicht ist insbesondere, ob überhaupt eine Tätigkeit im Unternehmensinteresse erbracht wird, die nach den Umständen zu vergüten ist. Sofern der Mitarbeiter während der Wegezeit in der Bestimmung dessen – außer des Umstands, dass er sich passiv in einem Beförderungsmittel befindet –, was er tut, frei ist, handelt es sich insofern nicht um zu vergütende Arbeitszeit.

Etwas Anderes gilt in Umsetzung der Rechtsprechung und der Auffassungen in der Literatur dann, wenn der Beschäftigte ein Fahrzeug auf Weisung des Arbeitgebers selbst lenken muss. So führt das BAG in einem Urteil vom 22.4.2009 (5 AZR 292/08) aus, dass eine vergütungspflichtige Arbeitsleistung jedenfalls dann besteht, wenn der Arbeitnehmer bei der Reise selbst tätig werden muss, d. h. aufgrund einer Weisung des Arbeitgebers z. B. das Fahrzeug selbst steuert. Dies bedeutet letztlich auch, dass man für den Fall der Reise in einer Gruppe von Personen, von denen nur eine das Fahrzeug führt, auch hinsichtlich der Frage der Vergütung differenzieren kann. Ein sachlicher Grund ist hierfür nach der Rechtsprechung gegeben.

6 Ausdrückliche Regelung

Von den aufgeführten Grundsätzen kann man im Wege von individual- oder kollektivvertraglichen Regelungen abweichen, d. h. selbst wenn nach den Umständen eine Vergütung zu erwarten wäre, lässt sich dies in den Grenzen höherrangigen Rechts abweichend regeln (Lindemann, a. a. O., II D 15, Rdnr. 9).

Praxistipp

Aufgrund der genannten Unsicherheiten ist eine derartige Regelung dringend zu empfehlen. Dies gilt jedenfalls in Bezug auf solche Beschäftigte, die aufgrund ihrer Tätigkeit häufig im „Außeneinsatz“ sind. In diesen Fällen stellt sich das praktische Bedürfnis einer entsprechenden ausdrücklichen Regelung.

Die Aufnahme einer ausdrücklichen Vergütungsregelung in Anstellungsverträge mit Mitarbeitern, die nur selten oder gar nicht außerhalb tätig sind, sollte demgegenüber schon aus Gründen der Übersichtlichkeit des Vertragswerks unterbleiben.

Ferner können sich Wechselwirkungen – insbesondere mit Klauseln zur Abgeltung von Überstunden – ergeben. Dies ist bei der jeweiligen Vertragsausgestaltung zu berücksichtigen.

Einen Anhaltspunkt für eine ausgewogene Regelung können die Regelungen des TVöD bieten. In § 6 TVöD-V (entsprechend in § 44 TVöD-BT-V; ähnlich bereits § 17 Abs. 2 BAT) heißt es wie folgt:

Vorschriften (§ 6 TVöD-V – Auszug)

§ 6 – Regelmäßige Arbeitszeit

(…) (9.1) Bei Dienstreisen gilt nur die Zeit der dienstlichen Inanspruchnahme am auswärtigen Geschäftsort als Arbeitszeit. Für jeden Tag einschließlich der Reisetage wird jedoch mindestens die auf ihn entfallende regelmäßige, durchschnittliche oder dienstplanmäßige Arbeitszeit berücksichtigt, wenn diese bei Nichtberücksichtigung der Reisezeit nicht erreicht würde. Überschreiten nicht anrechenbare Reisezeiten insgesamt 15 Stunden im Monat, so werden auf Antrag 25 % dieser überschreitenden Zeiten bei fester Arbeitszeit als Freizeitausgleich gewährt und bei gleitender Arbeitszeit im Rahmen der jeweils geltenden Vorschriften auf die Arbeitszeit angerechnet. (…)

Die vorstehende Regelung bezieht sich ausschließlich auf die Definition der Arbeitszeit für den Bereich der Vergütung und verstößt damit nicht gegen die Bestimmungen des öffentlichen Arbeitsschutzrechts (BAG, Urt. v. 11.7.2006, a. a. O.).

7 Sonderfall Ersparnis

Das BAG eröffnete in Urteilen vom 8.12.1960 (5 AZR 304/58) sowie vom 22.4.2009 (5 AZR 292/08) eine weitere Möglichkeit, den Begriff der Arbeitszeit i. S. d. Arbeitgebers zu definieren: Danach kommt für den Fall, dass sich der Arbeitnehmer von seiner Wohnung aus unmittelbar zu einem außerhalb gelegenen Arbeitsplatz begeben kann, anstatt den Umweg über den Betrieb nehmen zu müssen, die Anrechnung einer Ersparnis in Betracht.

Wichtig

Dies ist von erheblicher Bedeutung für Außen- oder Kundendienstmitarbeiter und wird in der Praxis nicht ausreichend genutzt. Ein derartiger Sonderfall liegt nach Ansicht des BAG jedoch nur vor, wenn ein Betrieb besteht, in dem die Arbeit „an sich“ beginnt. Hintergrund ist eine Billigkeitserwägung, die darauf basiert, dass nach allgemeiner Auffassung die Zeiten für die An- und Abfahrt des Beschäftigten zum Betrieb keine Arbeitsleistung darstellen, Fahrten von der Betriebsstätte zu außerhalb der Betriebsstätte gelegenen Arbeitsplätzen jedoch sehr wohl. Wenn ein Arbeitnehmer i. d. R. den Zeitaufwand für den Weg von seiner Wohnung zur Betriebsstätte selbst tragen muss und nicht vergütet erhält, be- steht – so das BAG im Urteil vom 8.12.1960 (a. a. O.) – kein sachlicher Grund, „das bei einem auswärts Verwendeten anders zu handhaben“.

Insoweit ist also eine Regelung denkbar, nach der der fiktive Weg zur Betriebsstätte bei direkter Fahrt von zuhause zu einem auswärtigen Arbeitsort abzuziehen ist. In der Praxis übliche betriebliche Regelungen ziehen für derartige „fiktive“ Fahrten zu und von der Betriebsstätte pauschal Volumina von jeweils bis zu 30 Minuten ab. Ob derartige pauschale Abzüge Bestand haben, ist – hierauf muss hingewiesen werden – höchstrichterlich noch nicht geklärt.

8 Abgeltung durch regelmäßige Vergütung

Des Weiteren sollte man vertraglich eine Regelung zur Abgeltung vergütungspflichtiger Reisezeiten aufnehmen. Da eine pauschale Abgeltung von Überstunden – insbesondere im Bereich geringer Gehälter – unwirksam ist, sollte die Anzahl der mit dem Arbeitsentgelt abgegoltenen und als vergütungspflichtig definierten Reisezeiten expliziert geregelt werden. Beim Festlegen der Anzahl der Stunden, ab der bei überdurchschnittlicher/ außerdienstplanmäßiger Arbeitszeit für Wege- und Wartezeiten eine Vergütung erfolgt, handelt es sich dem Wesen nach um eine Regelung, die mit einer Überstundenabgeltung vergleichbar ist.

– Für eine Klausel zur Abgeltung von Überstunden ist nach der Rechtsprechung des BAG davon auszugehen, dass eine Pauschale für sämtliche Überstunden aufgrund Verstoßes gegen das Transparenzgebot (§§ 307 Abs. 1 Satz 2, 306 Abs. 1 BGB) unwirksam ist (BAG, Urt. v. 1.9.2010 – 5 AZR 517/09).

– Zu beachten ist weiterhin, dass man jedenfalls nicht die Überstunden abgelten kann, die über die zulässige Höchstarbeitszeit nach dem ArbZG hinausgehen (BAG, Urt. v. 28.9.2005 – 5 AZR 52/05, AuA 1/06, S. 52).

Eine pauschale Abgeltung sämtlicher Überstunden bis an die Grenze des nach dem ArbZG zulässigen Maßes gefährdet das ausgewogene Verhältnis der Leistung des Arbeitnehmers und Gegenleistung des Arbeitgebers. Eine Regelung, nach der Überstunden von bis zu 25 % pauschal abgegolten sein sollen, hat das LAG Hamm (Urt. v. 18.3.2009 – 2 Sa 1108/08) als unwirksam angesehen.

Praxistipp

Alles in allem wird eine Überstundenabgeltungsklausel dann als angemessen und wirksam angesehen werden können, wenn sie maximal eine ca. 10%ige Leistung von Überstunden als mit dem üblichen Gehalt abgegolten behandelt.

Will man nun neben der Überstundenabgeltung auch eine Klausel zur Abgeltung von Reisezeiten wirksam in den Arbeitsvertrag mit aufnehmen, so ist – neben dem Gebot der Transparenz einer solchen Regelung, und d. h. im Idealfall: der genauen Angabe der entsprechenden Stundenzahl – zu berücksichtigen, dass das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung nicht einseitig zu Gunsten des Unternehmens verschoben wird. Dies kann nur geschehen, wenn die Abgeltung von Überstunden und Reisezeiten, bezogen auf die übliche Arbeitszeit, gemeinsam nicht über die genannte Schwelle ausgedehnt wird.

Beispiel

Bei einem Arbeitsverhältnis mit einer vereinbarten Arbeitszeit von 40 Stunden pro Woche und durchschnittlich 173 Arbeitsstunden pro Monat lassen sich insgesamt ca. 17 Stunden (Reisezeit bzw. Überstunden bei Anwendung der 10%-Regel) abgelten.

9 Fazit und Regelungsvorschlag

Aufbauend auf dem Formulierungsvorschlag von Hunold (AuA 6/07, S. 343) und den vorstehenden Ausführungen lässt sich für Reisezeiten bzgl. der Frage der Vergütung Folgendes in einem Arbeitsvertrag oder – sofern kein Tarifvertrag entgegensteht – in einer Betriebsvereinbarung regeln:

Muster: Dienstreiseklausel

§ … Reisezeit als Arbeitszeit

1. Reisezeiten, d. h. erforderliche Wege- und Wartezeiten, die mit der dienstlichen Inanspruchnahme am auswärtigen Tätigkeitsort verbunden sind, stellen nur dann Arbeitszeit im vergütungsrechtlichen Sinne dar, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Weisungen hinsichtlich der Verwendung der Zeit erteilt, wobei hiervon auch die Führung eines Kraftfahrzeugs umfasst ist. Für jeden regelmäßigen Arbeitstag wird jedoch mindestens die auf ihn entfallende regelmäßige, durchschnittliche Arbeitszeit berücksichtigt. Reisezeiten, d. h. Wege- und Wartezeiten, die über die regelmäßige, durchschnittliche Arbeitszeit am jeweiligen Tag hinausgehen, werden nur dann als Arbeitszeit vergütet, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Weisungen hinsichtlich der Verwendung der Zeit erteilt, wobei hiervon auch die Führung eines Kraftfahrzeugs umfasst ist.

2. Hat der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung außerhalb der Betriebsstätte zu erbringen und sucht er den auswärtigen Arbeitsort auf Weisung des Arbeitgebers mit einem von ihm zu steuernden Fahrzeug auf, gilt die Wegezeit zwar als vergütungspflichtige Arbeitszeit, es ist jedoch der Zeitaufwand für den fiktiven Weg zur Betriebsstätte abzuziehen. Dasselbe gilt für den Rückweg von einem auswärtigen Arbeitsort, sofern der Arbeitnehmer direkt nachhause fährt. (…)

§ … Vergütung

(…)

Mit dem vorstehenden Gehalt sind Überstunden und gem. § … dieser Vereinbarung als Arbeitszeit geltende und über die regelmäßige durchschnittliche Arbeitszeit hinausgehende Reisezeiten i. H. v. … Stunden pro Monat (10 % der regelmäßigen Arbeitszeit) abgegolten.

Quelle: Arbeit und Arbeitsrecht – 03/11