Problempunkt

man sitting beside two woman on gray surface
Foto von Omar Lopez

Der Kläger war seit 1998 als Leiter Informationstechnologie bei der Muttergesellschaft der beklagten GmbH angestellt. Im Jahr 2000 wurde er zum Geschäftsführer der Beklagten bestellt. Seine Aufgaben als Leiter Informationstechnologie bei der Muttergesellschaft nahm er weiterhin wahr.

Im Jahr 2002 ging der Betriebsteil Informationstechnologie von der Muttergesellschaft auf die Beklagte über. Die Muttergesellschaft, die Beklagte und der Kläger schlossen eine „Änderungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag“, die klarstellte, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers zu unveränderten Bedingungen auf die Beklagte übergeht. Im März 2004 kündigte die Beklagte das Anstellungsverhältnis fristgerecht. Im April 2004 berief sie den Kläger mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer ab.

Mit seiner Kündigungsschutzklage machte der Kläger geltend, es bestünden zwei gesonderte Vertragsverhältnisse. Die Bestellung zum Geschäftsführer der Beklagten habe ein neues Anstellungsverhältnis begründet, das neben das Arbeitsverhältnis zur Muttergesellschaft getreten sei. Letzteres sei infolge des Betriebsübergangs auf die Beklagte übergegangen und habe ruhend fortbestanden. Die Kündigung dieses Arbeitsverhältnisses sei nicht sozial gerechtfertigt. Außerdem habe die Beklagte den Betriebsrat nicht angehört.

Entscheidung

Die Klage blieb erfolglos. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) stellte klar, dass der Kläger sich als GmbH-Geschäftsführer nicht auf den Kündigungsschutz des § 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) berufen kann. Nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG gilt er nicht für Vertretungsorgane juristischer Personen. Dabei wird unwiderleglich vermutet, dass ein Geschäftsführer nicht Arbeitnehmer ist, selbst wenn er tatsächlich auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags tätig ist. Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung im März 2004 war der Kläger aber noch Geschäftsführer der Beklagten. Er wurde erst im April aus dieser Position abberufen.

Dem Anstellungsverhältnis der Parteien lag nach Auffassung des BAG der mit der Muttergesellschaft der Beklagten geschlossene Arbeitsvertrag zugrunde. Er reichte als Rechtsgrundlage für die Geschäftsführertätigkeit bei der Beklagten aus. Der Kläger hat keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergibt, dass zwei gesonderte Rechtsverhältnisse vorlagen, ein Geschäftsführeranstellungsverhältnis und ein – von der Geschäftsführerbestellung unberührtes – Arbeitsverhältnis. Insbesondere wird allein durch die Bestellung kein neuer Anstellungsvertrag begründet.

Den Betriebsrat brauchte die Beklagte vor Ausspruch der Kündigung nicht anzuhören. Nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 Betriebsverfassungsgesetz gilt ein Geschäftsführer nicht als Arbeitnehmer i.S.d. Betriebsverfassungsrechts und unterliegt damit nicht der Zuständigkeit des Betriebsrats.

Konsequenzen

Die Entscheidung zeigt, dass es zu Problemen kommen kann, wenn ein Arbeitnehmer zum Geschäftsführer bestellt wird und die Parteien es versäumen, hierüber eine klare schriftliche Vereinbarung zu treffen. In solchen Fällen stellt sich regelmäßig die Frage, ob das ursprüngliche Arbeitsverhältnis noch besteht und der Mitarbeiter daher Kündigungsschutz hat.

Mit dieser Frage musste sich das BAG bereits in der Entscheidung vom 19.7.2007 (6 AZR 774/06) auseinandersetzen. Dort hatten Arbeitgeber und Arbeitnehmer einen Geschäftsführervertrag geschlossen, jedoch nicht das Schicksal des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses geregelt. Das BAG urteilte nach einer Auslegung der getroffenen Vereinbarung, dass der Abschluss eines schriftlichen Geschäftsführerdienstvertrags im Zweifel das bis dahin bestehende Arbeitsverhältnis beendet.

Praxistipp

Arbeitgebern ist zu raten, bei der Bestellung eines Arbeitnehmers zum Geschäftsführer die Rechte und Pflichten aus dieser Tätigkeit in einem schriftlichen Geschäftsführerdienstvertrag zu fixieren. Aus ihm sollte eindeutig hervorgehen, dass die Parteien das bestehende Arbeitsverhältnis aufheben, damit die Gerichte sich nicht erst um eine Auslegung des Vertrags bemühen müssen.

Will das Unternehmen dem Geschäftsführer kündigen, sollte es in jedem Falle zunächst die Kündigung zustellen und erst im Anschluss daran die Abberufung als Geschäftsführer erklären.

Der Mitarbeiter wird dagegen immer bestrebt sein, ausdrücklich zu vereinbaren, dass das Arbeitsverhältnis während der Dauer der Geschäftsführertätigkeit lediglich ruht und im Falle der Abberufung wieder auflebt. Auf diese Weise kann er seinen Kündigungsschutz erhalten.

RA Björn Vollmuth,

Mayer Brown LLP, Frankfurt

Quelle:  Arbeit und Arbeitsrecht – Personal-Profi 5/08