Die Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs zu privaten Fahrten ist dem Arbeitslohn für jeden Kalendermonat mit folgendem Wert hinzuzurechnen: 1 Prozent des inländischen Listenpreises zum Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen und einschließlich der Umsatzsteuer (Ein-Prozent-Regelung). Dieser Wert erhöht sich für jeden Kalendermonat um 0,03 Prozent des genannten Listenpreises für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Zuschlag), wenn der Arbeitnehmer das Fahrzeug für solche Fahrten nutzen darf. Nach dem Gesetzeswortlaut und der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung und der Finanzgerichte kommt es dabei nicht darauf an, ob und inwieweit der Arbeitnehmer den Dienstwagen tatsächlich für den Arbeitsweg nutzt.

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Foto von Tim Gouw

Der Bundesfinanzhof hat jetzt aber mit Urteil vom 4. April 2008, VI R 68/05, entschieden, dass der Zuschlag nur für den tatsächlich mit dem Dienstwagen zurückgelegten Teil des Arbeitswegs anfällt. Mit der Ein-Prozent-Regelung seien bereits alle Privatfahrten einschließlich des Arbeitswegs abgegolten. Der Zuschlag dient nach Auffassung des Bundesfinanzhofs ausschließlich als Korrektur des Werbungskostenabzugs. Denn der Arbeitnehmer könne auch dann die Entfernungspauschale geltend machen, wenn er den Arbeitsweg mit einem Dienstwagen zurücklege. Der Zuschlag solle deshalb den Abzug tatsächlich nicht entstandener Kosten des Arbeitswegs neutralisieren. Dann aber – so der BFH – sei ein Zuschlag nur für den tatsächlichen Einsatz des Dienstwagens auf dem Arbeitsweg gerechtfertigt. Dem Gesetzeswortlaut lässt sich diese für den Arbeitnehmer vorteilhafte Auffassung nicht entnehmen. Der BFH legt die

Zuschlagsregelung mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck einschränkend aus.

Nach Auffassung des BFH darf zwar der Lohnsteuerprüfer im Regelfall davon ausgehen, dass der Arbeitnehmer den für Privatfahrten überlassenen Dienstwagen für den gesamten Arbeitsweg einsetzt. Das gelte allerdings nicht, wenn ein anderer Geschehensablauf glaubhaft gemacht werde. In dem vom BFH entschiedenen Fall konnte der Arbeitgeber durch Vorlage einer Jahres-Bahnfahrkarte des Arbeitnehmers nachweisen, dass dieser mit dem Dienstwagen immer nur bis zum Bahnhof und den Rest des Arbeitsweges mit dem Zug gefahren war (“Park & Ride”). In anderen Fällen wird man sich mit einem Fahrtenbuch behelfen können.

Arbeitsweg und Zuschlag bei Außendienstmitarbeitern

In einer weiteren Entscheidung vom 4. April 2008, VI R 85/04, weist der BFH außerdem noch auf folgendes hin: Wenn der Arbeitnehmer den Dienstwagen nachweislich nur einmal wöchentlich für die Fahrten zum Betriebssitz des Arbeitgebers nutzt, ist nach Auffassung des BFH anstelle des pauschalen monatlichen Zuschlags von 0,03 Prozent eine Einzelbewertung der Fahrten mit 0,002 Prozent pro Entfernungskilometer vorzunehmen. Hintergrund war der: Der Arbeitnehmer, ein Außendienstmitarbeiter, fuhr mit seinem Dienstwagen nur einmal wöchentlich zum Betriebssitz seines Arbeitgebers. Der BFH sieht den Betriebssitz des Arbeitgebers in diesem Fall als Arbeitsstätte an, hält aber den Zuschlag von 0,03 Prozent unter den genannten Umständen für zu hoch. Bei der Bemessung des Zuschlags sei der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass der Arbeitnehmer den Dienstwagen an 15 Tagen im Monat für Fahrten zur Arbeitsstätte nutze. Bei nur einer Fahrt pro Woche müsse der Zuschlag angepasst und die gesetzliche Vorschrift wiederum einschränkend ausgelegt werden, um dem Zweck der Regelung, nämlich der Korrektur des Abzugs der Entfernungspauschale als Werbungskosten, Rechnung zu tragen. Der BFH stellt den Außendienstmitarbeiter insoweit einem Wochenendheimfahrer bei doppelter Haushaltsführung gleich. Entsprechendes dürfte auch für Arbeitnehmer gelten, die ihr Büro zu Hause haben (“Home Office”) und nur einmal pro Woche mit ihrem Dienstwagen zum Betriebssitz des Arbeitgebers fahren.

Neue Fragen zur Entfernungspauschale

Die genannten Urteile des BFH ergingen zur Rechtslage vor der Abschaffung der Entfernungspauschale. Das wirft die Frage auf, ob und inwieweit nach der erheblichen Einschränkung der Entfernungspauschale ab 2007 der Dienstwagenzuschlag überhaupt noch gerechtfertigt ist. Nach der aktuellen Gesetzeslage können Arbeitnehmer für die ersten 20 Kilometer des Arbeitswegs keine Werbungskosten absetzen. Bei konsequenter Gesetzesauslegung im Sinne des BFH dürfte dann aber für diese Strecke auch kein Zuschlag anfallen. Auch insoweit müsste die gesetzliche Zuschlagsregelung einschränkend ausgelegt werden. Verkompliziert wird das Ganze dadurch, dass das Bundesverfassungsgericht noch immer nicht über die Verfassungsmäßigkeit der Versagung des Werbungskostenabzugs für die Kosten des Arbeitswegs entschieden hat.

Fazit:

1. Der Dienstwagenzuschlag ist bei nachweislicher Nutzung anderer Transportmöglichkeiten nur für den Teil des Arbeitswegs anzusetzen, auf dem der Dienstwagen tatsächlich zum Einsatz kommt. Arbeitnehmer, die eine Reduzierung des Lohnsteuerabzugs erreichen möchten, müssen dem Arbeitgeber entsprechende Nachweise verschaffen.

2. Wenn der Arbeitgeber auf die Einschränkung des Dienstwagenzuschlags schon bei der nächstfolgenden Lohnzahlung reagiert, ist er grundsätzlich berechtigt, aber nicht verpflichtet, auf den Zuschlag zuviel abgeführte Lohnsteuer rückwirkend ab Januar 2008 zu erstatten. Beschäftigt der Arbeitgeber zum 31. Dezember 2008 weniger als zehn Mitarbeiter, kann er – muss er aber nicht – den Lohnsteuerjahresausgleich durchführen und zuviel abgeführte Lohnsteuer erstatten. Eine Verpflichtung trifft ihn erst ab mindestens zehn Mitarbeitern. Wenn er die Erstattung aus der zum Erstattungszeitpunkt einzubehaltenden Lohnsteuer nicht decken kann, erhält der Arbeitgeber den Fehlbetrag auf Antrag vom Betriebsstättenfinanzamt ersetzt. Aus Sicht des Arbeitgebers empfiehlt es sich, zunächst einmal die Reaktionen auf die Entscheidungen des BFH abzuwarten und eine etwaige Korrektur erst mit dem Lohnsteuerjahresausgleich vorzunehmen. Er sollte aber die betroffenen Arbeitnehmer schnellstmöglich darauf hinweisen, dass sie Nachweise für die Benutzung anderer Transportmittel unbedingt aufbewahren sollten.

3. Ändert der Arbeitgeber den Lohnsteuerabzug nicht sogleich oder nicht rückwirkend zum Jahresanfang, kann der Arbeitnehmer bis zum Ende des Kalenderjahres (nach § 37 Abs. 2 AO unter Berufung auf die Entscheidungen des BFH zur Dienstwagenbesteuerung) beim Betriebsstättenfinanzamt die Erstattung überzahlter Lohnsteuer beantragen. Am Ende des laufenden Kalenderjahres kann er durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung unter Beifügung von Nachweisen für die Nutzung anderer Transportmittel immer noch eine Korrektur verlangen. Für alle zurückliegenden Jahre, für die die Einkommensteuerveranlagung des Arbeitnehmers noch nicht bestandskräftig ist, kann die Neuberechnung des Dienstwagenzuschlags bereits jetzt auf dem Wege einer erstmaligen Steuererklärung beziehungsweise auf dem Wege des Einspruchs geltend gemacht werden.

4. Wenn der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer einen Dienstwagen auch für private Fahrten zur Verfügung stellt, muss er beim Lohnsteuerabzug berücksichtigen, dass eine Nutzung für den Arbeitsweg schon dann vorliegt und damit ein Dienstwagenzuschlag anzusetzen ist, wenn der Arbeitnehmer nur einmal pro Woche mit dem Dienstwagen zum Betriebssitz des Arbeitgebers fährt.

5. Fährt der Arbeitnehmer nur einmal pro Woche zum Betriebssitz des Arbeitgebers, reduziert sich der Dienstwagenzuschlag pro Entfernungskilometer auf 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises zum Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen und einschließlich der Umsatzsteuer.

6. Der Arbeitgeber sollte zur Vermeidung einer etwaigen Lohnsteuerhaftung den gesetzlichen Zuschlag für die Nutzung des Dienstwagens auf dem Arbeitsweg weiterhin auch für die ersten 20 Kilometer des Arbeitswegs berücksichtigen.

Der Arbeitnehmer kann dann im laufenden Jahr durch Antrag nach § 37 Abs. 2 AO oder nach Ablauf des Jahres bei Abgabe einer Einkommensteuererklärung beziehungsweise durch Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid vor Eintritt der Bestandskraft immer noch geltend machen, dass bei konsequenter Anwendung der neuesten Rechtsprechung des BFH ein Zuschlag nicht gerechtfertigt ist, soweit ein Werbungskostenabzug nicht stattfindet. Für das bereits abgelaufene Jahr 2007 kann insoweit sofortiger Handlungsbedarf bestehen.


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