Mindestlohn

man standing in front of group of men
Foto von Austin Distel

Mit dem Mindestarbeitsbedingungengesetz, das am 28. April 2009 in Kraft trat, erlaube der Gesetzgeber bereits, dass eine unabhängige Kommission bei Bedarf Mindestlöhne branchenbezogen festlege. Einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn, wie ihn etwa die SPD und die Grünen forderten, gebe es jedoch bisher nicht. Daneben seien Tarifverträge nach § 5 TVG allgemeinverbindlich, wenn die tarifgebundenen Arbeitgeber mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer einer Branche beschäftigen.

Die gesetzlichen Grundlagen für Mindestlöhne sind laut Rambach und Tillmanns zwar vorhanden, doch mit der CDU-FDP-Regierung ist deren weitere Anwendung mehr als fraglich: Beide Parteien lehnen den Mindestlohn ab. Während die CDU das Thema gerechter Arbeitslohn über das Mindestarbeitsbedingungengesetz und das Arbeitnehmerentsendegesetz regeln möchte, sieht die FDP ein Mindesteinkommen vor, das gegebenenfalls durch ein Bürgergeld sichergestellt werden soll.

Arbeitnehmerdatenschutz

Seit dem 1. September 2009 gilt die Neufassung des Bundesdatenschutzgesetzes. An diesem Stand wird vermutlich auch die neue Regierung zunächst nichts ändern. Dem Gesetz zufolge dürfen personenbezogene Daten „von Beschäftigten“ erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, „wenn dies für die Entscheidung über die Begründung des Arbeitverhältnisses, für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses oder dessen Beendigung erforderlich ist“ (§ 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG).

Es bleibe jedoch abzuwarten, so Rambach und Tillmanns, zu welchen Entscheidungen dieser neue Paragraph führe, denn der Wortlaut sei mehrdeutig: Zum Beispiel schließe die Bezeichnung „Beschäftigte“ Bewerber nicht mit ein. Der Arbeitsrechtler Prof. Dr. Thüsing an der Universität Bonn nenne diese Gesetzgebung zum Datenschutz in einem Aufsatz „anlassbezogene, symbolische Gesetzgebung“.

Die Referenten stellten die Voraussetzungen für die Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten zur Aufdeckung von Straftaten, die im Beschäftigungsverhältnis nach § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG begangen wurden, vor:

  • Tatsächliche Anhaltspunkte für eine Straftat des Beschäftigten müssen vorliegen
  • Erhebung/Verwendung der Daten ist für die Aufdeckung der Straftat erforderlich
  • Überwiegende schutzwürdige Interessen des Beschäftigten stehen dem nicht entgegen (Verhältnismäßigkeitsprüfung)

Die Neureglung gelte auch, wenn personenbezogene Daten ohne automatisierte Verarbeitung erhoben, verarbeitet oder genutzt würden. Das heißt: Sogar handschriftliche Aktenvermerke oder Notizen des Arbeitgebers könnten unter die Neuregelung fallen. Zeitarbeit

Auch hier dürfte sich mit der Koalition aus CDU und FDP kaum etwas ändern, denn das Thema komme in den Wahlprogrammen dieser Parteien nicht vor. Rambach und Tillmanns zufolge haben damit weder Zeitarbeitsfirmen noch Unternehmen, die Arbeitnehmer entleihen, politisch bedingte Einschnitte bei der Zeitarbeit zu befürchten. Die SPD hätte hingegen die vorbehaltlose Geltung des „Equal-Pay“ für Zeitarbeiter nach einer Einarbeitungsphase gefordert und die Grünen ab dem ersten Tag.

Dennoch sei Zeitarbeit eine Zeitbombe. Der Grundsatz des „Equal-Pay“ besagt, dass Vereinbarungen unwirksam sind, die für den Leiharbeitnehmer während seiner Überlassung an einen Entleiher schlechtere als die für einen vergleichbaren Arbeitnehmer in dem Unternehmen geltende Arbeitsbedingungen (einschließlich Arbeitsentgelts) vorsehen. Zeitarbeitsfirmen können diese Regelung jedoch mit Tarifverträgen umgehen, die abweichende Regelungen zulassen. Aus diesem Grund ist es üblich, dass Zeitarbeitsfirmen Tarifverträge mit Gewerkschaften abschließen. Doch um Tarifverträge abschließen zu können, müssten Gewerkschaften tariffähig sein (ArbG Berlin v. 1.4.2009 - 35 BV 17008/08), betonen Rambach und Tillmanns. Für die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen gelte dies beispielsweise nicht. Gleichwohl hätten in Deutschland viele Zeitarbeitsfirmen Tarifverträge mit einer der christlichen Gewerkschaften abgeschlossen. Bei einer konsequenten Anwendung des Equal-Pay-Gebots“ müssten sie also für die nachzuzahlende Differenzvergütung aufkommen, denn der Kunde (Entleiher) hafte in diesem Fall nicht.

Doch auch die Entleiher wären durch das Risiko der Subsidiärhaftung betroffen: Für die Sozialversicherungsbeiträge (KV, PV RV, AV) der nachzuzahlende Differenzvergütung (§ 28e Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 SGB IV) müssten sie ebenso aufkommen wie für die Unfallversicherungsbeiträge (§ 150 Abs. 3 SGB VII) – jedoch begrenzt auf den Zeitraum des tatsächlichen Arbeitseinsatzes bei dem Unternehmen.

Lohngleichheit

Um die Gleichbezahlung von männlichen und weiblichen Mitarbeitern zu erreichen, scheinen gemäß Rambach und Tillmanns für die CDU freiwillige Lohntests das Mittel der Wahl zu sein. Ein Computerprogramm das in der Schweiz zum Einsatz komme, zeige beispielsweise, ob Unternehmen gleiche Gehälter bezahlen. Ein Gesetzesentwurf vom 9. September 2009 sei vorhanden, in dem Frauen und Betriebsräte einen Lohntest im Unternehmen verlangen können. Fraglich ist jedoch, ob diese mit der Regierung aus CDU und FDP verabschiedet wird.

Kündigungsschutz und Befristung

Die FDP sei hier vor der Wahl vorgeprescht: Kündigungsschutz solle es erst nach zwei Jahren und nur bei bestimmter Unternehmensgröße (ab 20 Mitarbeitern) geben. Statt am Kündigungsschutz festzuhalten, sollten Unternehmen lieber Abfindungen zahlen können. Dieses Szenario könnte nun mit dem Regierungswechsel Realität werden.

Der aktuelle Status Quo des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) sieht einen Kündigungsschutz ab zehn Beschäftigten und Unternehmenszugehörigkeit von sechs Monaten vor. Diesen Kündigungsschutz zu beschränken, dürfte für die Regierung nicht so leicht sein, denn Art 12 GG verlangt den Kündigungsschutz ausdrücklich und lässt keine beliebige Reduzierung zu.

Eine Abfindung anstelle einer Kündigungsschutzklage ist hingegen heute schon nach § 1a KSchG möglich. Demnach kann der Arbeitnehmer frei entscheiden, ob er das Abfindungsangebot des Arbeitgebers annehmen oder ob er klagen möchte.

Was Rambach und Tillmanns vermissen

Ihren rasanten Vortrag durch das aktuelle Arbeitsrecht und die möglichen regierungsbedingten Änderungen schlossen die beiden Rechtsexperten mit einem Appell: Wie geht es weiter im Urlaubsrecht? Wann verfällt Urlaub? Diese Fragen seien noch nicht geklärt. Außerdem bestünden Widersprüche bei der Regelung zum Betriebsübergang und das Arbeitsvertragsgesetzbuch sei überarbeitungswürdig. „Hier sollte der Gesetzgeber aktiv werden und nicht Probleme auf die Richter abwälzen“, forderte Tillmanns.