Erfahren Sie, wie Sie die besten Talente anziehen können: Dr. Constantin Huesker teilt im HRM Hacks Podcast konkrete Strategien zur erfolgreichen Rekrutierung von High Potentials. Jetzt durchlesen!
Der Fachkräftemangel, die zunehmende Wechselbereitschaft und die hohen Erwartungen anspruchsvoller Bewerber:innen bringen neue Herausforderungen für Unternehmen im Recruiting mit sich. Um die besten Talente zu gewinnen und langfristig zu halten, sind traditionelle Maßnahmen nicht mehr ausreichend. Vor allem in Zeiten des demografischen Wandels und zunehmender Mobilität spielen neben fachlichen Qualifikationen auch die kulturelle Passung, persönliche Motivation und ein durchdachter Bewerbungsprozess eine entscheidende Rolle bei der Einstellungsentscheidung.
Doch wie schafft man es, sogenannte „Top-Talente“ – also besonders leistungsstarke und gefragte Fach- und Führungskräfte – für sich zu gewinnen? Dr. Constantin Huesker und Alexander R. Petsch diskutieren in der Episode des Podcasts HRM Hacks, die dieses Thema behandelt, darüber. Huesker, ein HR-Experte mit Beratungshintergrund und umfassender Erfahrung als HR Director, erklärt, wie Unternehmen ihre Recruiting-Prozesse überdenken müssen, um Top-Kandidat:innen anzuziehen. Hier finden Sie eine umfassende Zusammenfassung der wichtigsten Hacks und Erkenntnisse aus dem Gespräch.
Drei Phasen: Rufaufbau, Bewerbung, Nachgang
Unternehmen müssen sich im Wettbewerb um hochqualifizierte Talente beweisen. Diese Talente sind nicht auf der Suche nach Arbeit – sie suchen nach Sinn, Entwicklungsmöglichkeiten und einem Umfeld, das mit ihren Werten übereinstimmt. Hochkarätige Talente wählen ihren Arbeitgeber selbst aus. Das heißt: Ohne eine starke Arbeitgebermarke, ohne inspirierende Führungspersönlichkeiten und bei schleifenden Prozessen wird man verlieren. Dr. Huesker hebt hervor: „Gute Leute kennen gute Leute“ – und sie kommen in Kontakt miteinander. Entscheidend sind Reputation, Netzwerke und echte Begeisterung. Unternehmen sollten kontinuierlich daran arbeiten, in ihren relevanten Zielgruppen sichtbar und begehrenswert zu werden, nicht nur dann, wenn eine Stelle zu besetzen ist.
Huesker gliedert den Recruitingprozess in drei strategisch bedeutende Phasen. Vor dem ersten Kontakt ist der Aufbau eines starken Rufs wichtig. Es umfasst Präsenz in Fachmedien, Podcasts, Konferenzen und sozialen Netzwerken sowie Thought Leadership über eigene Kanäle. Genauso wichtig ist es, interne Netzwerke zu aktivieren: Mitarbeitende werden dann zu aktiven Markenbotschafter:innen, wenn sie stolz auf ihre Arbeit sind und den Eindruck haben, zum Erfolg des Unternehmens beizutragen. Zudem sollte die Unternehmenskultur eindeutig positioniert werden – am besten durch konkrete Geschichten, Rituale oder Leuchtturmprojekte, die für neue Mitarbeiter:innen inspirierend sind.
In der Phase der Bewerbung kommt es vor allem auf Professionalität und Schnelligkeit an. Optimalerweise sollte der Zeitraum vom ersten Kontakt bis zur Entscheidung nur eine Woche betragen. Langwierige Prozesse, die sich über Wochen oder Monate erstrecken, können die besten Bewerber:innen abschrecken, da sie in der Regel auch an anderen Auswahlverfahren gleichzeitig beteiligt sind. Vertrauen wird aufgebaut und Einblicke in die Unternehmenskultur werden gegeben durch Gespräche auf Augenhöhe, am besten mit Führungskräften oder den späteren Kolleg:innen. Klarheit ist ebenso wichtig: Was genau beinhaltet die Rolle? Welche Erwartungen gibt es? Wie gestalten sich die Gehaltsrahmen, Entwicklungsperspektiven und Arbeitsmodelle? Wer hier von Anfang an transparent ist, beugt vor, dass es später zu Missverständnissen kommt.
Recruiting endet nach dem Prozess nicht einfach. Es ist genau umgekehrt: Oft ist die Nachbereitung der maßgebliche Aspekt für eine nachhaltige Arbeitgeberreputation. Auch bei Absagen ist wertschätzendes und individuelles Feedback von großer Bedeutung.
Dadurch wird das Unternehmensimage gefestigt und nicht geeignete Kandidat:innen können dennoch wertvolle Multiplikatoren sein – in ihren Netzwerken, bei zukünftigen Bewerbungen oder als Empfehlenden. Selbst eine höfliche Absage sollte nicht automatisiert oder unpersönlich sein. Individuelle Rückmeldungen, sei es telefonisch oder durch maßgeschneiderte E-Mails, schaffen einen nachhaltigen Eindruck und steigern die Wahrscheinlichkeit einer langfristigen Erinnerung.
Tempo, Tempo, Tempo
Ein wesentlicher Aspekt im Wettstreit um die Besten ist Tempo. Top-Kandidierende verfügen über Alternativen. Wer zu viel Zeit in Anspruch nimmt, verliert. Huesker rät dazu, Rekrutierungsprozesse drastisch zu beschleunigen und Gespräche gelegentlich außerhalb der üblichen Arbeitszeiten zu führen. Ein Praxisbeispiel: Der CEO nahm zehn Minuten nach der Lebenslaufeinreichung direkt Kontakt zu einem vielversprechenden Bewerber auf. Diese Geschwindigkeit zeigt Interesse, Verbindlichkeit und Unternehmenskultur an.
Sie erweckt zudem den Eindruck, dass das Unternehmen entscheidungsfreudig ist – ein wesentlicher Aspekt für Kandidat:innen, die eine Kommunikation auf Augenhöhe anstreben.
Offene Stellenanzeigen ziehen oft zahlreiche Bewerbungen an, jedoch sind diese nicht immer die passenden. Anstelle dessen empfiehlt Huesker, gezielt Empfehlungen von Mitarbeitenden einzuholen. Zentrale Aspekte sind Empfehlungsprogramme mit Anreizen sowie eine Unternehmenskultur, die Netzwerken als selbstverständlich betrachtet. Darüber hinaus sind Investitionen in exklusive Netzwerke wie Alumni-Clubs, Stipendiat:innen-Communities, Fachgruppen oder Hochschulinitiativen von Vorteil. Wer hier in Erscheinung tritt, erreicht Talente, noch bevor sie sich aktiv auf Jobsuche begeben – und etabliert langfristige Beziehungen. Auf diese Weise wird das Recruiting zu einer langfristigen Investition und nicht bloß zur kurzfristigen Lösung von Engpässen.
Gute Menschen suchen das Gespräch mit anderen guten Menschen. Deshalb liegt die Verantwortung für die Personalgewinnung bei der Führungskraft. Vertrauen und Glaubwürdigkeit entstehen durch Gespräche auf Augenhöhe mit Führungskräften und Entscheidungsträger:innen. Zur selben Zeit erleichtert die unmittelbare Kommunikation eine bessere Beurteilung von kultureller Passung, Denkweise und Motivation. Insbesondere in Schlüsselrollen kann ein inspirierendes Gespräch im Vergleich zu einem mittelmäßigen darüber entscheiden, ob jemand angenommen oder abgelehnt wird.
Selbst wenn der erste Kontakt entspannt ist, sollte spätestens in der Bewerbungsphase eine eindeutige Struktur vorhanden sein. Es muss klar erkennbar sein, welche Aufgaben, Ziele und Rahmenbedingungen bestehen. Das Arbeitsmodell (remote, hybrid, präsent) sollte klar beschrieben werden und eine realistische Gehaltsrange sollte kommuniziert werden. Entscheidend ist dabei die Konsistenz – vor allem, wenn externe Dienstleister hinzugezogen werden. Abweichungen oder inkonsistente Aussagen erzeugen Verunsicherung und erscheinen unprofessionell.
Der Auswahlprozess
Huesker schlägt einen zweistufigen Auswahlprozess vor: Zunächst liegt der Fokus auf dem Begeistern – ein Erstkontakt, der sich auf Kultur, Vision und gegenseitiges Kennenlernen konzentriert. Im Anschluss erfolgt die Überprüfung: strukturierte Interviews, Fallbeispiele oder Cases mit realem Bezug zur späteren Funktion. Damit wird der Prozess fair, vergleichbar und aussagekräftig. Darüber hinaus können Referenzen, Team-Shadowing oder kurze Probearbeitstage integriert werden, um ein noch realistischeres Bild zu erhalten.
Das Verhalten eines Unternehmens im Hinblick auf Absagen hat Auswirkungen auf die Darstellung in den sozialen Medien. Standardisierte E-Mails aus Bewerbersystemen erscheinen kühl und wie beliebig austauschbar. Ein kurzes, offenes Feedbackgespräch demonstriert Wertschätzung und sorgt selbst bei Absagen für ein positives Gefühl. Und wer das Gefühl hat, fair behandelt worden zu sein, redet auch wohlwollend über die Firma – unabhängig vom Ergebnis.
Das große Finale
Der wichtigste Hack: Um Top-Talente zu gewinnen, ist ein individuell gestalteter Recruitingprozess, der echtes Interesse signalisiert, das effektivste Mittel. Es heißt aber auch: mehr Zeit, mehr Engagement, mehr Verantwortung. Dieser Aufwand zahlt sich auf lange Sicht durch bessere Passung, gesteigerte Motivation und stärkere Bindung aus. Firmen, die in persönliche Kommunikation und ein sorgfältig gestaltetes Bewerbererlebnis investieren, festigen nicht nur ihre Wettbewerbsstellung, sondern legen auch ein solides Fundament für eine erfolgreiche Kooperation.
Um Top-Talente zu gewinnen, sind standardisierte Prozesse oder Formulare nicht ausreichend. Sie sind auf der Suche nach Sinn, Kultur, Klarheit und Anerkennung. Das Annehmen von Recruiting als strategisches Kernthema, interdisziplinäres Denken und Kommunikation auf Augenhöhe werden nicht nur dazu führen, dass passende Kandidat:innen schneller gefunden werden – es wird auch zu langfristigem Erfolg führen. Der Schlüssel liegt in der Verbindung von Menschlichkeit, Struktur und strategischer Voraussicht.