Auf der Website der Zeitschrift personal manager finden Abonnenten ein Beispiel für den Aufbau einer digitalen Personalakte. www.personal-manager.at/checklisten

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Quelle: personal manager Zeitschrift für Human Resources Ausgabe 6 November / Dezember 2012

Die Einführung einer digitalen Personalakte birgt zahlreiche Vorteile für Unternehmen. Sie hilft, den Papier- und Druckaufwand zu reduzieren und die Verwaltung zu zentralisieren. Alle Dokumente sind in der aktuellen Version an einem Ort abgelegt, und Personalverantwortliche aus mehreren Standorten können parallel darauf zugreifen. Sie verwenden weniger Zeit darauf, Dokumente zu suchen, und arbeiten somit effizienter. Die Daten sind revisionssicher – und unabhängig von anderen Systemen oder Abteilungen abgelegt.

Doch die Einführung einer digitalen Personalakte hat auch Nachteile: Sie birgt zumBeispiel das Risiko, sich von einem Software-Provider abhängig zu machen. Die Auswahl des Tools sollte somit wohlüberlegt sein. Außerdem ist die Umstellung zeit- und kostenintensiv. Sie lohnt sich erst ab einer gewissen Mitarbeiterzahl. Meist sind weniger als hundert Mitarbeiter auch ohne Software handelbar, manche Software-Anbieter bieten Lösungen erst für Unternehmen ab tausend Beschäftigten an.

Die elektronische Personalakte ist eine Software, mit deren Hilfe Unternehmen elektronische Unterlagen aus der Personalakte verwalten können. Dazu gehören zum Beispiel eingescannte Dokumente wie Arbeitszeugnisse oder Lebensläufe, aber auch digitale Informationen aus anderen Systemen, zum Beispiel aus einer Bewerber- oder Talentmanagementsoftware. Digitale Personalakten sollen eine vollständige, objektive und wahrheitsgemäße Dokumentation der mit dem Arbeitsverhältnis in Zusammenhang stehenden personenbezogenen Daten eines Arbeitnehmers ermöglichen.

Die Umstellung von Papierakten auf digitale Personalakten erspart viel Zeit und Geld durch Ressourcenbündelung, effiziente Nutzung von Synergien und Vereinfachung von Prozessen. Durch die merkbare Arbeitserleichterung für alle von der Umstellung einbezogenen Mitarbeiter im Unternehmen werden Sie eine Steigerung der Motivation erzielen. So bleibt Ihnen mehr Zeit für wichtigere Aufgaben.

Eine digitale Personalakte muss praxisbezogene und rechtliche Anforderungen erfüllen. Dazu gehört zum Beispiel die Revisionssicherheit. Revisionssicher sind Personalakten dann, wenn ihre Archivierung den Anforderungen diverser steuerrechtlicher und handelsrechtlicher Vorgaben bezüglich der Aufbewahrungspflichten entsprechen. Laut Wikipedia sind wesentliche Merkmale revisionssicherer Archivsysteme beispielsweise, dass die Informationen wieder auffindbar, nachvollziehbar, unveränderbar und verfälschungssicher archiviert sind. Auch den Anforderungen des Datenschutzes muss eine digitale Personalakte gerecht werden. Außerdem sollte sie mit vorhandenen Systemen, beispielsweise einem Bewerber-management, kompatibel sein. Alle Daten sollten automatisiert und zur Wahrung des Datenschutzes verschlüsselt verarbeitet werden. Das System muss gewährleisten, dass keine Daten verloren gehen, und es sollte über eine Rechteverwaltung verfügen, die den Zugriff auf bestimmte Rollen und Funktionen beschränkt.

Entwickeln Sie anschließend ein Soll-Profil für den „perfekten“ Akt. Trennen Sie nach „Musts“ und „Nice-to-haves“. Was benötigen Sie, um Ihre Aufgaben besser und effizienter zu erfüllen? Benötigen Sie aufgrund des Wachstums Ihres Unternehmens eine Ablage, die nicht nur nach dem Familiennamen unterscheidet, sondern zusätzlich nach Vorname und Personalnummer?

Was hätten Sie darüber hinaus gerne? Eine Ansicht aller Dokumente? Eine Verknüpfung zur Lohnverrechnung? Eine Filtermöglichkeit nach höchstem Ausbildungsniveau samt Anzeige der Ausbildungsstätte plus Ortsangabe plus Abschlussjahr plus Bildanzeige des Zeugnisses plus Auflistung aller Leute, die an derselben Schule oder im selben Jahr oder in derselben Fachrichtung abgeschlossen haben? Schreiben Sie alles auf, ohne Rücksicht darauf, ob Sie wissen, was machbar ist und was es kostet.

Lassen Sie sich Angebote der Anbieter zukommen, die in die engere Wahl kommen – und entscheiden Sie auf dieser Basis. Es gibt viele Gründe, die für oder gegen einen Anbieter sprechen können:

  • Ihre vorhandene Software: Wenn Sie bereits Softwarelösungen eines Anbieters nutzen, kann es von Vorteil sein, diesem den Zuschlag zu geben. Denn dann überschneiden sich die Produkte inhaltlich nicht und die Wartung ist weniger aufwendig. Sie haben möglicherweise einen Betreuer für alle Bereiche und gewöhnen sich schneller an das System. Mögliche Nachteile: Wenn Sie mit den vorhandenen Lösungen bereits Probleme haben, wird es durch eine Erweiterung nicht besser. Hat das System einen Fehler, zieht sich dieser vermutlich durch alle Bereiche. Sollten Sie mit der Softwarte irgendwann sehr unzufrieden sein, ist es zudem fast unmöglich, den Anbieter zu wechseln, wenn dieser Ihre komplette HR-IT-Landschaft bereit stellt.
  • Das Portfolio des Anbieters: Hat er nur die Personalakte im Angebot oder stellt er auch weitere HR-Softwarelösungen wie Zeiterfassung, Bildungsmanagement oder Lohnverrechnung zur Verfügung? Es kann von Vorteil sein, einen Dienstleister an Bord zu holen, der auf die elektronische Personalakte spezialisiert ist und alle Bucks und Worst Cases schon mal gesehen und gelöst hat. Andererseits: Wenn Sie bereits andere HR-Software im Haus haben oder sich mit dem Gedanken tragen, solche einzukaufen, kann es gut sein, alles aus einer Hand zu beziehen.
  • Die Kompatibilität mit anderer HR-Software: Lässt sich die Lösung mit Systemen verknüpfen, die Sie bereits anwenden oder in Zukunft nutzen werden? Wünschenswert ist beispielsweise, dass die Software mit Bewerbermanagementsystemen kompatibel ist, damit Sie Bewerbungsdokumente per Knopfdruck in die Aktenverwaltung übernehmen können.
  • Usability: Lassen Sie sich eine Testsoftware einräumen und nutzen Sie diese. Sie und das Team, das die Software in erster Linie nutzen wird, müssen gut damit umgehen können. Überlegen Sie, ob Sie die Struktur intuitiv nachvollziehen können, ob Ihnen die Abfolge der Abrufprozesse logisch und nachvollziehbar erscheint.
  • Preis: Abhängig von der Mitarbeiterzahl und den zusätzlichen Features müssen Sie mit fünfstelligen Beträgen rechnen, die Luxusvarianten sehr etablierter Anbieter können durchaus im sechsstelligen Bereich liegen. Allerdings müssen Sie für 300 Mitarbeiter nicht doppelt so viel zahlen wie für 150. Denn Sie erwerben im Allgemeinen ein Basismodul, nach Bedarf eine oder mehr Schnittstellenfunktionen, eine Datenbanklizenz und pro 100 Mitarbeiter Speicherplatz. Reporting, Statistik, Selfservice-Funktion und Wartung kosten extra. Zuletzt kommen noch Installationsmanntage, Reise-pauschalen sowie in Österreich 20 Prozent Umsatzsteuer hinzu.
  • Ein Standort in Ihrer Nähe: Möglicherweise benötigen Sie irgendwann Wartungsarbeiten, Neuerungen und Anwendungssupport. Dann könnte es von Bedeutung sein, ob der Kundendienst vier Stunden Fahrzeit zu Ihrem Büro hat oder 20 Minuten.
  • Die Länge der Liste der „zufriedenen Kunden“ laut Anbieter-Homepage: Rufen Sie einige an und fragen Sie, wie zufrieden sie wirklich sind.
  • Persönliche Empfehlungen: Kontaktieren Sie Personalleiter anderer Unter-nehmen, die bereits eine digitale Personalakte eingeführt haben. Fragen Sie nach dem Namen der Vertragspartner und der Zufriedenheit beziehungsweise den Kritikpunkten.
  • Das Erscheinungsbild der Homepage: Ein Softwarehaus mit einer Homepage, die Ihnen überladen, unübersichtlich, aufdringlich oder altbacken erscheint, wird nur schwer eine userfreundliche, moderne und strukturierte Software anbieten.

Wählen Sie im nächsten Schritt fünf bis sieben Anbieter aus, die Sie zu einer Präsentation einladen. Erläutern Sie den Dienstleistern Ihre Bedürfnisse. Für diese Termine sollten Sie mindesten zwei Stunden einplanen. Legen Sie die Präsentationen in einen zeitlich nahen Zusammenhang, da Sie andernfalls leicht den Überblick verlieren. Sie sollten allerdings nicht alle an einem Tag stattfinden, da die Aufnahmekapazität der Teilnehmer irgendwann erschöpft ist. Nehmen Sie die Termine immer mindestens zu zweit wahr. Eine gute Konstellation ist zum Beispiel ein Team aus zwei HR-Mitarbeitern und einem IT-Mitarbeiter.

Bedenken Sie, dass Ihnen der Anbieter ausschließlich die Vorteile seines Systems präsentieren wird. Bereiten Sie sich daher auf das Gespräch gut vor. Stellen Sie eine Frageliste zusammen, die sich aus den ungeklärten Bereichen des Soll- und des Ist-Profils ergeben – und fragen Sie alles, was Ihnen einfällt. Es gibt keine dummen und/oder überflüssigen Fragen, niemand erwartet von Ihnen, dass Sie sich schon auskennen, wenn Sie ein solches Projekt zum ersten Mal starten.

Achten Sie darauf, ob der Berater in der Lage ist, auf die Situation in Ihrem Unternehmen einzugehen. Fragen Sie daher nach, wie sich bestimmte Vorstellungen und Bedürfnisse in der Software des Anbieters abbilden lassen –und dokumentieren Sie die Antworten.

Als nächsten Schritt empfiehlt es sich, anhand des neu erworbenen Wissens das Soll- Profil zu überarbeiten. Jetzt, wo Sie wissen, was möglich ist, und mit welchen Kosten Sie rechnen müssen, scheinen einige Funktionen vielleicht überflüssig, andere erstrebenswert.

Wenn sich Ihr Unternehmen für die Umstellung auf die digitale Personalakte entschieden hat, beginnen Sie am besten mit einem halbtägigen Workshop in der HR-Abteilung. Setzen Sie sich mit den Kollegen, die für die Personaladministration zuständig sind, sowie deren Vorgesetzten zusammen und analysieren Sie den Ist-Zustand. Beschreiben Sie, wie Ihre Papierakten derzeit gestaltet sind, wie Sie Vorgänge benennen und einordnen, welche Kategorien und Unterkategorien Sie verwenden.

Wenn Sie sich für einen Anbieter entschieden und den Auftrag erteilt haben, erfolgt die Implementierung. Der Dienstleister installiert die Software. Sie läuft bei einer Hosting-Lösung auf dem Server des Anbieters, während Sie einen Zugriff über das Internet haben. Bei einer Inhouse-Lösung liegt das System auf Ihrem eigenen Server. Die Installation dauert in beiden Fällen rund zwei bis drei Tage und kann auch am Wochenende erfolgen, um die Ausfallzeiten für Ihren Bürobetrieb so gering als möglich zu halten.

Die Umstellung auf eine digitale Personalakte ist zeitaufwendig. Ihr wichtigstes Arbeitsmittel für diese Phase sind Hochleistungsscanner, die Sie auch mieten oder leasen können. Mit ihrer Hilfe müssen Sie jede Seite Ihres Papierakts einscannen. Dabei gibt es typische Hürden: Alte Verträge auf dünnem Pergamentpapier bleiben oft im automatischen Einzug hängen und zerreißen. Dokumente, die mittels Durchschlagpapier angefertigt wurden, müssen Sie vor dem Scannen in eine gelbe Plastikhülle legen, weil die Schrift so blass ist, dass der Scanner sie nicht erkennt. Formate außerhalb von A4 und A5, zum Beispiel Zeitbestätigungen eines Arztes, bleiben ebenfalls im Einzug hängen und müssen gesondert auf ein leeres Blatt gelegt werden.

Für die Scan-Arbeiten müssen Sie personelle Ressourcen einplanen. Sie können den Prozess auch auslagern. In diesem Fall können Sie die Haftung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Daten möglicherweise an den Dienstleister delegieren. Das kann dann von Bedeutung sein, wenn ein Arbeitnehmer nach Jahren noch ein Zeugnis will, und Sie keinerlei Unterlagen mehr auffinden können.

Grundsätzlich gilt derzeit: Ein ausgeschiedener Dienstnehmer hat noch 30 Jahre lang das Recht auf Ausstellung eines richtigen und vollständigen Zeugnisses. Das Finanzamt kann noch nach sieben Jahren und mehr Einsicht in die relevanten Unterlagen verlangen. Daher ist es so wichtig, die Dokumente sicher abzulegen.