photo of dining table and chairs inside room
Foto von Nastuh Abootalebi

Fürsorgepflicht des Arbeitgebers

Auch wenn kein eigener gesetzlicher Anspruch des Arbeitnehmers auf "Hitzefreizeit" besteht, muss der Arbeitgeber seine Fürsorgepflicht, die sich insbesondere auch auf das Leben und die Gesundheit der Mitarbeiter bezieht und im generellen Gebot einer menschengerechten Arbeitsplatzgestaltung manifestiert, wahrnehmen. Hitzebedingte Gesundheitsgefährdungen der Arbeitnehmer muss der Arbeitgeber dementsprechend abwenden. Hierbei ist insbesondere auf den konkreten Gesundheitszustand des Arbeitnehmers abzustellen (Alter, Krankheiten etc). Abhängig von der jeweiligen Tätigkeit kann daher vor allem bei hitzebedingten Konzentrationseinbußen und damit verbundenen Unfallgefährdungen beziehungsweise bei Gefahr von Hitzeschlägen früher eine Verpflichtung zum Ergreifen bestimmter Vorkehrungen entstehen. Teils ist eine Dienstfreistellung nötig, teils genügen längere Pausen oder die Lockerung von Bekleidungsvorschriften. Solange die Hitze jedoch nicht konkret das Leben oder die Gesundheit des Arbeitnehmers gefährdet (sondern bloß beschwerlich ist), kann aus der Fürsorgepflicht jedenfalls kein Anspruch auf den gänzlichen Entfall der Arbeitsleistung abgeleitet werden.


"Hitzeverbot" für werdende und stillende Mütter; Sonderregelungen für Bauarbeiter

Werdende und stillende Mütter dürfen grundsätzlich keine schweren körperlichen Arbeiten verrichten, die für sie selbst oder das ungeborene Kind schädlich sein und somit negative gesundheitliche Folgen nach sich ziehen können. Darunter zählen ua Tätigkeiten, durch welche Schwangere oder Stillende schädlichen Einwirkungen von Hitze ausgesetzt sind. Ob nun eine bestimmte Arbeit unter dieses allgemeine Beschäftigungsverbot fällt, entscheidet im Zweifelsfall das Arbeitsinspektorat. Ist dies der Fall, muss der Arbeitgeber die Arbeitnehmerin im Rahmen der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistungen anderweitig einsetzen oder, sofern keine geeignete Tätigkeit verfügbar ist, unter Weiterzahlung des festgelegten Entgelts freistellen. Kommt der Arbeitgeber seiner diesbezüglichen Verpflichtung nicht nach, drohen ihm hohe Verwaltungsstrafen.

Bauarbeitern gebührt (als einziger Arbeitnehmergruppe) eine gesetzlich geregelte Schlechtwetterentschädigung in Höhe von 60 Prozent des Lohnausfalls, die auch das Unterbleiben der Arbeitsleistung aufgrund von Hitze umfasst. "Hitze" wird gesetzlich nicht definiert, sondern von der Bauarbeiter- Urlaubs- und Abfertigungskasse nach bestimmten "Schlechtwetterkriterien" beschrieben. Demnach müssen Bauarbeiter bei Temperaturen von mehr als 32,5 Grad im Schatten (nach drei aufeinanderfolgenden Stunden) für den Rest des Arbeitstages einstellen.

Fakultative Mitbestimmung des Betriebsrats

Regelung von "Maßnahmen zur menschengerechten Arbeitsgestaltung" unterliegt der fakultativen Mitbestimmung des Betriebsrats. Menschengerechte Arbeitsgestaltung bedeutet die Rücksichtnahme auf das Wohlbefinden des Arbeitnehmers während der Arbeit in körperlicher und geistiger Hinsicht, wobei als Maßnahme zum Beispiel der Einbau von Anlagen zur Verbesserung des Raumklimas in Betracht kommt. Als fakultative Betriebsvereinbarung kann eine solche jedoch weder von Betriebsinhaber noch von Betriebsrat erzwungen werden. Neben einer fakultativen Betriebsvereinbarung stehen dem Betriebsrat (allgemeine) Beratungs- und Vorschlagsrechte zu.


Fazit

"Hitzefrei" per se sieht das österreichische Arbeitsrecht nicht vor. Vielmehr hat der Arbeitgeber alle ihm möglichen, zumutbaren Maßnahmen auszuschöpfen, die eine Temperaturabsenkung in den jeweiligen Arbeitsräumen versprechen lassen. Dienstgeber dürfen in diesem Zusammenhang darüber hinaus ihre umfassende Fürsorgepflicht nicht vergessen – diese kann in Fällen konkreter Gesundheitsgefährdung aufgrund von Hitze eine vorübergehende Freistellung vom Dienst erfordern. Nach diesem Beitrag bleibt für Mythen und Ammenmärchen jedenfalls kein Platz mehr.

Mythen und Ammenmärchen

Geht es um das Thema Hitze am Arbeitsplatz, drehen sich Gespräche meist um verbreitete Gerüchte und aufgeschnapptes Halbwissen. Während die einen behaupten, dass der Begriff "hitzefrei" selbst ein Mythos ist, meinen andere wiederum, dass sich Arbeitnehmer ab einer Außentemperatur von 30 (oder doch 35?) Grad ohne vorherige Verständigung des Arbeitgebers hitzefrei nehmen dürfen. Unternehmen seien verpflichtet, Klimaanlagen zu installieren, Anzüge und Krawatten seien ab 27 Grad verboten und Jugendliche dürften ab gewissen Temperaturen überhaupt nicht mehr arbeiten – mit der Realität der österreichischen Rechtslage haben diese aufgeheizten Behauptungen allerdings meist nichts zu tun.


Hitzefrei – gibt es sowas?

Grundsätzlich kennt das österreichische Arbeitsrecht kein generelles Arbeitsverbot bei Hitze. Auch bei Temperaturen von 30 Grad oder mehr sind Arbeitnehmer verpflichtet, ihre vertraglich festgelegte Arbeitsleistung zu erbringen. Einen ausdrücklichen Anspruch auf "hitzefrei" gibt es somit nicht. Arbeitgeber haben jedoch Vorkehrungen zu treffen, um ihre Mitarbeiter bestmöglich vor gesundheitsgefährdender Hitze und Sonneneinstrahlung zu schützen. Insbesondere ist laut der Arbeitsstättenverordnung auf die Einhaltung folgender Temperaturwerte in Arbeitsräumen zu achten:

           zwischen 19 und 25 Grad bei Arbeiten mit geringer körperliche Belastung oder

           zwischen 18 und 24 Grad bei Arbeiten mit normaler körperlicher Belastung.

Ist eine Absenkung der Raumtemperatur auf die oben beschriebenen Werte nicht (mehr) möglich, müssen andere technische und organisatorische Vorkehrungen zum Schutz vor Hitze getroffen werden. So könnten Dienstgeber beispielsweise Jalousien anbringen, Klimaanlagen installieren oder Ventilatoren aufstellen. In gravierenden Fällen können sie auch die Arbeit unterbrechen lassen oder eine beschränkte Beschäftigungsdauer vereinbaren. Einen Anspruch darauf haben die Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer allerdings nicht. Ein allgemeines Arbeitsverbot lässt sich daraus sowohl nach herrschender Lehre als auch nach ständiger Rechtsprechung nicht ableiten. Gleiches gilt bei der Beschäftigung von Jugendlichen. Festzuhalten ist darüber hinaus, dass im österreichischen Arbeitsrecht nur auf die Temperatur in Arbeitsräumen, nicht jedoch auf etwaige Außentemperaturen abgestellt wird.

Ein Recht auf Klimaanlage am Arbeitsplatz gibt es nicht, solange sonstige Vorkehrungen ausgeschöpft werden, um eine Temperaturabsenkung zu erwirken. Sofern eine solche eingerichtet ist, muss die relative Luftfeuchtigkeit zwischen 40 Prozent und 70 Prozent liegen. Alternativ kann jedoch auch das Aufstellen von Ventilatoren oder anderen Kühlgeräten erfolgen. Im Falle aller Lüftungsmaßnahmen müssen Arbeitgeber die jeweiligen Grenzwerte der Luftgeschwindigkeit an ortsgebundenen Arbeitsplätzen beachten (0,10 m/s – 0,35 m/s, je nach körperlicher Belastung). Arbeitnehmern ist es darüber hinaus grundsätzlich nicht erlaubt, private Ventilatoren oder sonstige Geräte an ihrem Arbeitsplatz zu installieren. Hierzu ist, vor allem in Sicherheitsfragen, die Zustimmung des Arbeitgebers einzuholen.