EU-Vorgaben zum Mindesturlaub
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass die Richtlinie 2003/88/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung, wonach allen Arbeitnehmern ein Mindesturlaub zusteht, auch für Beamte gilt. Zudem hat der EuGH festgestellt, dass der Urlaub dann, wenn der Mitarbeiter ihn vor Eintritt in den Ruhestand krankheitsbedingt nicht in Anspruch nehmen konnte, finanziell abzugelten ist. Dies gilt allerdings nur für den Mindesturlaub von vier Wochen im Jahr und nicht für darüber hinaus gewährte Urlaubsansprüche. 
EuGH 03.05.2012 – C-337/10

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Diskriminierung bei Auskunftsverweigerung gegenüber erfolglosen Bewerbern
Erfolglosen Bewerbern, die eine Diskriminierung vermuten, steht zwar aus dem EU-Recht kein Auskunftsanspruch gegen den potentiellen Arbeitgeber über den eingestellten Bewerber und die Auswahlkriterien zu. Die Verweigerung jedes Zugangs zu Informationen kann jedoch eine Diskriminierung vermuten lassen und damit zu einer Beweislastumkehr zu Lasten des Arbeitgebers führen.
EuGH 19.04.2012 – C-415/10

„Stalking“ rechtfertigt außerordentliche Kündigung
Ignoriert ein Mitarbeiter hartnäckig den Wunsch einer Kollegin, nichtdienstliche Kontakte mit ihr zu unterlassen, kann dies eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Ob es zuvor einer einschlägigen Abmahnung bedarf, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Gegen das Erfordernis einer Abmahnung kann etwa sprechen, dass der Arbeitnehmer schon einmal einer (anderen) Kollegin nachgestellt hat und vom Arbeitgeber aufgefordert wurde, dies zukünftig zu unterlassen.
BAG 19.04.2012 – 2 AZR 258/11

„Whistleblowing“ rechtfertigt Auflösung des Arbeitsverhältnisses
Hat ein Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber angezeigt, ohne zuvor mit ihm eine Klärung versucht zu haben, kann das Arbeitsverhältnis gerichtlich gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen sein. In einem solchen Fall ist eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit zwischen den Parteien grundsätzlich nicht mehr zu erwarten. Insoweit ist es auch nicht erforderlich, dass die Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft gerichtet ist. Stattdessen ist es ausreichend, die Anzeige bei einer Behörde zu führen, die gegen den Arbeitgeber ermittelt.
LAG Schleswig-Holstein 20.03.2012 – 2 Sa 331/11

AGG-Diskriminierung ist innerhalb von zwei Monaten geltend zu machen
Arbeitnehmer können Ansprüche auf Entschädigung oder Schadensersatz nach dem AGG gemäß § 15 Abs. 4 AGG nur innerhalb von zwei Monaten geltend machen. Diese Frist ist wirksam und verstößt insbesondere nicht gegen europarechtliche Vorgaben. Lehnt ein Arbeitgeber eine Bewerbung ab, beginnt die Frist zu laufen, sobald der Bewerber von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.
BAG 15.03.2012 – 8 AZR 160/11

Bei fehlenden Deutschkenntnissen muss Arbeitsvertrag nicht unaufgefordert übersetzt werden
Versteht ein ausländischer Arbeitnehmer kein Deutsch, obliegt es ihm, vor Unterzeichnung des Formulararbeitsvertrages auf dessen Übersetzung zu bestehen, oder sich eine Übersetzung zu besorgen. Unterlässt er dies und unterschreibt er den Vertrag „blind“, muss er dessen Regelungen (hier: Verfallsfristen) gegen sich gelten lassen. Dies gilt auch dann, wenn die Vertragsverhandlungen in seiner Muttersprache geführt wurden, und der Arbeitgeber daher wusste, dass der Arbeitnehmer der deutschen Sprache nicht mächtig ist.
LAG Rheinland-Pfalz 02.02.2012 – 11 Sa 569/11

Sprechbehinderte Bewerber dürfen nicht wegen „fehlender Kommunikationsstärke“ abgelehnt werden
Wird ein Bewerber mit Sprechstörung wegen fehlender Kommunikationsstärke abgelehnt, kann die Vermutung gerechtfertigt sein, dass eine Benachteiligung wegen seiner Behinderung vorliegt. Der einstellende Arbeitgeber muss diesen Vermutungstatbestand gemäß § 22 AGG entkräften. Wäre die Stelle allerdings auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht mit dem behinderten Bewerber besetzt worden, kann dieser lediglich eine Entschädigung in Höhe von maximal drei Monatsgehältern verlangen.
LAG Köln 26.01.2012 – 9 Ta 272/11

Weigerung der Zusammenarbeit mit einem „Low Performer“ rechtfertigt keine Druckkündigung
Verweigern Mitarbeiter die weitere Zusammenarbeit mit einem Kollegen wegen dessen schlechter Arbeitsleistung, rechtfertigt dies grundsätzlich keine Druckkündigung. Vielmehr ist davon auszugehen, dass Arbeitgeber in einem solchen Fall eine Vielzahl von Möglichkeiten unterhalb der Schwelle der Kündigung haben, um für Entlastung zu sorgen.
ArbG Magdeburg 25.01.2012 – 3 Ca 1917/11

Voraussetzungen für Anspruch auf Weihnachtgeld bei gekündigtem Arbeitsverhältnis
Steht eine Sonderzuwendung im direkten Austauschverhältnis zur erbrachten Arbeitsleistung und ist sie vom Arbeitnehmer verdient worden, indem er eben diese Arbeitsleistung erbracht hat, kann der Arbeitgeber ihre Zahlung in AGBs nicht von weiteren Voraussetzungen abhängig machen. Dient eine Sonderzuwendung nicht der Vergütung geleisteter Arbeit, sondern anderen Zwecken und knüpft sie nur an den Bestand des Arbeitsverhältnisses an, kann der Arbeitgeber die Zahlung jedoch von der Erbringung einer angemessenen Betriebstreue abhängig machen. Eine Weihnachtsgratifikation, die an den Bestand des Arbeitsverhältnisses anknüpft und nicht der Vergütung geleisteter Arbeit dient, kann davon abhängen, ob das Arbeitsverhältnis zum Auszahlungszeitpunkt noch besteht.  Dabei ist es unerheblich, wer die Kündigung ausgesprochen hat und ob sie auf Gründen beruht, die in der Sphäre des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers liegen.
BAG 18.01.2012 – 10 AZR 667/10