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Foto von Kelly Sikkema
Seit einiger Zeit erfährt die Befristung von Arbeitsverhältnissen steten Zuwachs. So wird hierzulande aktuell etwa jedes zweite Arbeitsverhältnis befristet eingegangen – eine Entwicklung, die Arbeitnehmer und Gewerkschaften zunehmend kritisieren.

Aus Sicht der Arbeitgeber ist die Befristung jedoch insbesondere in Zeiten unsicherer Auftragslagen ein wichtiges und flexibles Gestaltungsinstrument. Das rechtliche Grundproblem bei der Befristung von Arbeitsverhältnissen liegt in der damit einhergehenden Umgehung des Kündigungsschutzes. Um diesen nicht zu unterlaufen, hat der Gesetzgeber die Zulässigkeit der Befristung über die Vorschrift des § 14 Absatz 1 Satz 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) daher grundsätzlich unter den Vorbehalt des Vorliegens eines sachlichen Grundes gestellt.

Nur ausnahmsweise ist bei Neueinstellungen bis zu einer Gesamtdauer von zwei Jahren bei bis zu drei möglichen Verlängerungen auch eine sachgrundlose Befristung möglich (§ 14 Absatz 2 TzBfG). Eine weitere Ausnahme gilt für Start-Up-Unternehmen: Wer ein Unternehmen gründet, darf gemäß § 14 Absatz 2a TzBfG in den ersten vier Jahren seine Mitarbeiter sachgrundlos befristet einstellen und die Befristung bis zu einer Dauer von vier Jahren beliebig häufig verlängern.

Klar ist die Stoßrichtung dieser Ausnahmeregelungen: Arbeitgeber sollen Anreize zur Neueinstellung von Mitarbeitern erhalten. Doch was sich zunächst ganz einfach anhört, macht Probleme in der praktischen und rechtssicheren Umsetzung. Einige Themen des Befristungsrechts sind in den Grundzügen weithin bekannt, wie etwa das Schriftformerfordernis, das grundsätzliche Erfordernis eines Sachgrundes oder der Ausschluss der Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung, wenn diese nicht vertraglich vorgesehen ist.

Doch der Teufel steckt im Detail, und wer nicht penibel die Vorschriften einhält und dabei auch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) im Blick hat, muss unter Umständen mit ausgesprochen zeit- und kostenintensiven arbeitsgerichtlichen Verfahren rechnen. Denn allzu leicht kann es passieren, dass aufgrund von formalen Fehlern aus einem beabsichtigten befristeten Arbeitsverhältnis unversehens ein unbefristetes Arbeitsverhältnis wird.

Schriftform beachten

Fast schon eine klassische Befristungsfalle ist die vorgeschriebene Schriftform. Dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) entsprechend wird die Schriftform durch eigenhändige Namensunterschrift gewahrt. Möglich sind auch ein notariell beglaubigtes Handzeichen oder eine qualifizierte elektronische Signatur. Dass eine mündliche oder per E-Mail getroffene Befristungsabrede nichtig ist, leuchtet wegen der Manipulationsgefahr ein.

Doch wie sieht es aus, wenn die Unterschrift geleistet und per Fax ausgetauscht wird? Auch hier lehnt die Rechtsprechung die Wirksamkeit ab mit der Folge, dass das Arbeitsverhältnis gemäß § 16 Seite 1 TzBfG als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt. Zudem muss die Schriftform grundsätzlich vor Vertragsbeginn gewahrt werden. Wird erst nach Vertragsbeginn eine zuvor mündlich getroffene Befristungsabrede schriftlich festgehalten, liegt darin in der Regel – mangels Vorliegens eines Sachgrundes – keine wirksame nachträgliche Befristung des Arbeitsverhältnisses. Vielmehr entsteht mit Aufnahme der Tätigkeit aufgrund des Formfehlers ohne, dass dies ausdrücklich erklärt wurde, ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Es sollte deshalb dringend darauf geachtet werden, dass befristet eingestellte Mitarbeiter Ihre Tätigkeit erst aufnehmen, wenn der Arbeitsvertrag formwirksam geschlossen wurde.

Anderes gilt dann, wenn der Arbeitgeber in den Vertragsverhandlungen der Parteien den Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages ausdrücklich unter den Vorbehalt eines schriftlichen Vertragsschlusses gestellt hat und dies auch beweisen kann. Eine Annahme ist nach der Rechtsprechung des BAG dann nur schriftlich möglich und nicht mehr konkludent durch die Aufnahme der Beschäftigung.

Sachgrundlos befristete Arbeitsverträge sind bei echten Neueinstellungen bis zu einer Gesamtdauer von zwei Jahren bei bis zu drei Verlängerungen möglich. Voraussetzung hierfür ist, dass die Verlängerungsvereinbarung jeweils vor Ablauf der Befristung schriftlich getroffen wird und nur die Vertragslaufzeit, nicht aber sonstige Arbeitsbedingungen geändert werden. Und gerade hiermit wird in Betrieben oftmals gelockt: Zwar werde das Arbeitsverhältnis weiter befristet, aber einem Trostpflaster gleich, beispielsweise die Vergütung erhöht.

Auch hier kennt die Rechtsprechung kein Pardon. Wenn die Arbeitsbedingungen geändert werden, handelt es sich dem BAG zufolge um den Neuabschluss eines befristeten Arbeitsvertrages, der ohne Sachgrund unzulässig ist. Eine Rechtsprechung, die sich so nicht ohne weiteres erschließt und daher in der Praxis oft übersehen wird. Folge: Eine Befristungsverlängerung, bei der zugleich die Konditionen für den Arbeitnehmer verbessert werden, führt zu einem unbefristeten Arbeitsverhältnis.

Ohne Wirkung

Gerne werden auch Aufhebungsverträge geschlossen mit einer vervielfachten Kündigungsfrist. Die Gründe für eine solche Gestaltung sind vielfältig: Unternehmen geben dem Arbeitnehmer die Möglichkeit, sich aus einem aktiven Beschäftigungsverhältnis heraus zu bewerben, gerade dann, wenn Unsicherheit besteht, ob eine Kündigung der arbeitsgerichtlichen Überprüfung standhalten wird. Zudem halten sie sich selbst die Tür offen, den Mitarbeiter zu halten, falls sich die wirtschaftliche Situation ändert.

Nach der Rechtsprechung des BAG, bedarf ein Aufhebungsvertrag, der die Kündigungsfrist um ein Vielfaches überschreitet und damit auf eine befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gerichtet ist, zu seiner Wirksamkeit allerdings eines sachlichen Grundes im Sinne des Befristungskontrollrechts. Ob der Schwerpunkt in der Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder in dessen befristeter Fortsetzung liegt, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Dazu gehören etwa die Nähe des Beendigungstermins zur Kündigungsfrist sowie Regelungen von Abwicklungsmodalitäten.

Sinnvolles Gestaltungsmittel

Üblicherweise sind dies Vereinbarungen zur Freistellung, Abfindung und Herausgabe von Firmeneigentum. Es ist hier stets eine Gesamtwürdigung vorzunehmen. In einem vom BAG entschiedenen Fall sollte beispielsweise das Arbeitsverhältnis bei einer Kündigungsfrist von einem Monat erst nach zwölf Monaten enden. Dies geschah jedoch auf Wunsch des Arbeitnehmers, der zudem eine Abfindung erhielt und dem auch eingeräumt wurde, für Bewerbungen jederzeit eine Freistellung zu erhalten. Das BAG urteilte hier, dass es sich in der Gesamtbetrachtung um einen wirksamen Aufhebungsvertrag handelt. In einem anderen Fall sollte das Arbeitsverhältnis bei einer Kündigungsfrist von fünf Monaten erst nach 24 Monaten enden, ohne dass eine Freistellung oder sonstige Vereinbarung getroffen wurde. Hier urteilte das BAG, dass es sich – entgegen der unmaßgeblichen Bezeichnung – nicht um einen Aufhebungsvertrag, sondern um eine unzulässige Befristung handelte, mit der Folge des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses.

Die Befristung von Arbeitsverhältnissen stellt zumindest aus Sicht der Arbeitgeber ein sinnvolles Gestaltungsmittel dar. Allerdings müssen zwingende formale Aspekte und die jeweils aktuelle Rechtsprechung beachtet werden, um auf der sicheren Seite zu sein. Andernfalls besteht die akute Gefahr, unbeabsichtigt ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu schaffen mit all den mitunter schmerzlichen und teuren Folgen, falls es beendet werden soll.

Quelle: PERSONAL - Heft 05/2010