Problempunkt

man standing in front of group of men
Foto von Austin Distel

Im Befristungsrecht gilt das sog. Vorbeschäftigungsverbot gem. § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG, wonach eine sachgrundlose Befristung gem. § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG nicht zulässig ist, wenn mit demselben Arbeitgeber „bereits zuvor“ ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Der Gesetzgeber wollte damit das arbeitsrechtliche Instrument der sachgrundlosen Befristung weniger attraktiv machen.

Das BAG hatte das Gesetz anfangs wortlautgetreu ausgelegt, wonach dieselben Parteien nur bei erstmaliger Einstellung eine sachgrundlose Befristung des Arbeitsverhältnisses vereinbaren können. Jede spätere sachgrundlose Befristung verstoße gegen § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG und sei daher unwirksam. So hatte das BAG z. B. noch in seinem Beschluss vom 29.7.2009 (7 AZN 368/09) darauf hingewiesen, dass es bereits entschieden sei, dass es auf den zeitlichen Abstand zwischen dem früheren und dem späteren sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnis nicht ankomme. Der Wortlaut sei insoweit eindeutig.

Später schwenkte das BAG um und geht seitdem davon aus, dass eine sachgrundlose Befristung möglich ist, wenn das Ende des früheren Arbeitsverhältnisses mit demselben Arbeitgeber mehr als drei Jahre zurückliegt (vgl. BAG, Urt. v. 6.4.2011 – 7 AZR 716/09, AuA 2/12, S. 119).

Diese Rechtsprechung war indes nicht unumstritten. Das LAG Baden-Württemberg hatte noch mit Urteil vom 26.9.2013 (6 Sa 28/13) befunden, dass das Vorbeschäftigungsverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG zeitlich uneingeschränkt bestehe. Nun hatte das BVerfG die Möglichkeit, aufgrund einer Befristungskontrollklage die Verfassungsmäßigkeit des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG und die der Rechtsprechung des BAG zu prüfen.

 

Entscheidung

§ 14 Abs. 2 TzBfG ist mit dem GG vereinbar. Die Norm ist so auszulegen, dass „zuvor“ im Sinne von „jemals zuvor“ zu verstehen ist. Allerdings darf nicht aus den Augen verloren werden, dass das Gesetz damit den potenziell strukturell unterlegenen Arbeitnehmer schützen möchte. Es kann aber Fälle geben, in denen der Mitarbeiter diesen Schutz nicht braucht – z.B. dann, wenn von vornherein erkennbar ist, dass die Gefahr der Kettenbefristung in Ausnutzung dieser Unterlegenheit nicht besteht. In diesen Fällen müssen die Fachgerichte prüfen, ob eine rigide Anwendung der Norm nicht zu einer unverhältnismäßigen Einschränkung der Berufsfreiheit führt. Den grundrechtlich geschützten Positionen der Beteiligten ist dann durch die Einschränkung des Anwendungsbereichs Rechnung zu tragen, die im Einklang mit dem sozialpolitischen Ziel des Schutzes der unbefristeten Beschäftigung als Regelfall stehen muss.

Das BVerfG rundete seine Entscheidung mit der Feststellung ab, dass das BAG im genannten Kontext die Grenzen zulässiger Rechtsfortbildung überschreitet.

 

Konsequenzen

Die Entscheidung ist einerseits erfreulich, da sie dazu führen kann, dass Gerichte sich bei der Rechtsfortbildung ein wenig bremsen lassen. Andererseits war die Rechtsprechung des BAG rechtlich gut zu handhaben; nach drei Jahren waren etwaige Vorbeschäftigungen unbeachtlich. Das BVerfG kassiert dieses doch recht griffige Kriterium – und gibt den Arbeitsgerichten mit auf den Weg, sich über etwaige Ausnahmen Gedanken zu machen. Es bleibt abzuwarten, wie dies konturiert wird.

Praxistipp

Arbeitgebern ist zu raten, auf sachgrundlose Befristungen zu verzichten, wenn (jemals) zuvor ein Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitnehmer bestanden hat. Erst wenn absehbar ist, wann die Arbeitsgerichte von einer Ausnahme ausgehen, kann wieder bzw. erneut rechtssicher sachgrundlos befristet werden.

 

Mit freundlicher Genehmigung der HUSS-MEDIEN GMBH aus AuA 8/18, S. 487.