Betriebsveranstaltung gilt immer dann als üblich, wenn Ihre Aufwendungen 110 € je Arbeitnehmer nicht übersteigen und nicht mehr als zwei Veranstaltungen jährlich durchgeführt werden. Wenn die 110 €-Freigrenze überschritten ist, handelt es sich um eine unübliche Betriebsveranstaltung. Daher sind die Aufwendungen in vollem Umfang der Lohnversteuerung zu unterwerfen.

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Foto von Toa Heftiba

BFH definiert Begriffe neu

Neben den lohnsteuerlichen Konsequenzen müssen Sie stets auch die Umsatzsteuer im Auge behalten. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat die bisherige umsatzsteuerliche Behandlung in einem aktuellen Urteil komplett auf den Kopf gestellt. Danach gelten unübliche Betriebsveranstaltungen stets als privat veranlasst. In diesem Fall dürfen Sie keinen Vorsteuerabzug geltend machen. Dies gilt auch, wenn Sie mittelbar beabsichtigen, mit der Betriebsveranstaltung das Betriebsklima zu verbessern. Der Vorsteuerabzug ist nur dann zulässig, wenn es sich um eine übliche Betriebsveranstaltung handelt, also um Zuwendungen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse, und die Aufwendungen die 110 €-Freigrenze nicht übersteigen.

Urteil des Finanzgerichts Münster

Dem Urteil des BFH vorausgegangen ist eine Auseinandersetzung eines Arbeitgebers mit dem Finanzamt, die zunächst vor dem Finanzgericht Münster ausgetragen wurde. Ein Arbeitgeber führte in zwei aufeinanderfolgenden Jahren unübliche Betriebsveranstaltungen durch. Die entsprechenden Aufwendungen versteuversteuerte er pauschal mit einem Lohnsteuersatz von 25%. Er weigerte sich jedoch, die umsatzsteuerlichen Konsequenzen zu ziehen und unterwarf die Aufwendungen nicht der Umsatzsteuer.

Im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass es sich bei den Aufwendungen für unübliche Betriebsveranstaltungen um umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistungen handelt. Auch im Rahmen des Einspruchsverfahrens kam das Finanzamt zu dem Ergebnis, dass Zuwendungen für den privaten Bedarf der Arbeitnehmer nur dann nicht umsatzsteuerbar sind, wenn sie durch das ganz überwiegend eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers veranlasst seien. Dies ist hier jedoch auf Grund des Überschreitens der 110 €- Freigrenze nicht der Fall.

Der Arbeitgeber gab sich hiermit nicht zufrieden, sondern zog vor das Finanzgericht Münster. Dort machte er geltend, dass ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse nicht anhand einer allgemeinen Grenze in den Lohnsteuerrichtlinien beurteilt werden könne, sondern vielmehr nach dem Gesamtbild der Verhältnisse unter Berücksichtigung aller konkreten Umstände des Einzelfalls. Das Finanzgericht folgte dieser Auffassung jedoch nicht und führte aus, dass die unentgeltliche Erbringung einer sonstigen Leistung durch einen Unternehmer für den privaten Bedarf seines Personals einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleichgestellt ist, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen. Die Umsatzsteuerbarkeit entfällt nur dann, wenn die Befriedigung des privaten Bedarfs der Arbeitnehmer durch die mit der Maßnahme verfolgten betrieblichen Zwecke überlagert wird.

Die lohnsteuerlichen Abgrenzungskriterien sind mit den umsatzsteuerlichen Abgrenzungskriterien nahezu deckungsgleich. Das Finanzgericht hält es aus praktischen Gründen für erforderlich, sich hierbei an einer festen betragsmäßigen Grenze zu orientieren. Eine einzelfallbezogene Prüfung mit Berücksichtigung der jeweiligen unternehmensbezogenen und regionalen Besonderheiten hält das Gericht für nicht durchführbar. Das Gericht konnte nicht erkennen, dass das eigenbetriebliche Interesse, nämlich durch die Betriebsveranstaltung das Arbeitsklima zu verbessern und die Leistungsbereitschaft der Arbeitnehmer zu steigern, den Arbeitslohncharakter der Zuwendung überlagert (Urteil vom 6.5.2010, Az.: 5 K 3950/07 U).

Bisherige Rechtsprechung obsolet

Ziel der Umsatzbesteuerung ist es, den privaten Endverbrauch der Umsatzbesteuerung zu unterwerfen. Bisher wurde der umsatzsteuerliche Vorsteuerabzug bei unüblichen Betriebsveranstaltungen durch die Umsatzbesteuerung kompensiert. Der BFH kommt mit Urteil vom 9.12.2010 (Az.: V R 17/10) zu dem Ergebnis, dass unübliche Betriebsveranstaltungen ausschließlich und unmittelbar der Befriedigung privater Interessen der Arbeitnehmer dienen. Daher ist der Vorsteuerabzug unzulässig. Mit diesem neuen Urteil gibt der BFH seine bisherige Rechtsprechung auf. Der Bundesfinanzhof verdeutlicht, dass ein Vorsteuerabzug bei gemischten Aufwendungen gegeben sein kann, z. B. wenn der Unternehmer von anderen Unternehmern bezogene Leistungen nicht ausschließlich für Entnahmezwecke verwendet, sondern gemischt sowohl für seine wirtschaftliche Tätigkeit als auch für eine Entnahme. Der BFH lässt leider völlig offen, welche Auswirkungen die Versagung des Vorsteuerabzugs auf die Umsatzbesteuerung hat.

Umsatzbesteuerung

Nach Maßgabe von § 3 Absatz 9 a UStG werden einer sonstigen Leistung gegen Entgelt die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands gleichgestellt, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat. Dies gilt nach dem Gesetzeswortlaut ausdrücklich nicht, wenn der Vorsteuerabzug ausgeschlossen oder eine Vorsteuerberichtigung durchzuführen ist. Mit anderen Worten: Wenn Sie bei einer privaten Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, müssen Sie die entsprechende Entnahme der Umsatzbesteuerung unterwerfen. Sind Sie nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, entfällt im Gegenzug nach Maßgabe von § 3 Absatz 9 a Nr. 1 UStG die Umsatzbesteuerung. Im Gegensatz dazu müssen Sie die unentgeltliche Erbringung einer anderen sonstigen Leistung für den privaten Bedarf Ihres Personals – außer bei Aufmerksamkeiten – laut § 3 Absatz 9 a Nr. 2 UStG stets der Umsatzbesteuerung unterwerfen.

Dies gilt unabhängig davon, ob Sie zum Vorsteuerabzug berechtigt sind oder nicht. Leider vermochte der Bundesfinanzhof nicht erkennen, ob der Arbeitgeber zum Vorsteuerabzug berechtigt war, weil das Finanzgericht hierzu keine Feststellungen getroffen hat. Daher hat er den strittigen Sachverhalt wieder an das Finanzgericht zurückverwiesen. Der BFH machte im Rahmen der Zurückverweisung an das Finanzgericht deutlich, dass es sich um eine dem privaten Bedarf des Personals dienende Entnahme nach § 3 Absatz 9 a Nr. 2 UStG handelt, wenn eine Betriebsveranstaltung lediglich dazu dient, das Betriebsklima durch gemeinsame Freizeitgestaltung zu verbessern. Eine Berechtigung zum Vorsteuerabzug besteht insoweit nicht.

Auswirkungen für die Praxis

Folgt man diesen Gedankengängen, ist unschwer zu erkennen, dass sich bei korrekter steuerlicher Behandlung faktisch keine steuerliche Auswirkung ergibt. Bei unüblichen Betriebsveranstaltungen wurde bislang die Auffassung vertreten, dass Sie als Arbeitgeber den Vorsteuerabzug geltend machen können und im Gegenzug die Aufwendungen der Umsatzsteuer unterwerfen müssen. Nach dem Urteil des BFH haben Sie keinen Vorsteuerabzug, müssen jedoch auch keine Umsatzbesteuerung durchführen. Faktisch ergibt sich bei einem vorsteuerabzugsberechtigten Arbeitgeber keine Änderung.

Beachten Sie dennoch, dass eine unrichtige Behandlung bei einer Korrektur im Rahmen einer Prüfung durch das Finanzamt auf Grund der Vollverzinsung bei der Umsatzsteuer Zinsnachforderungen zur Folge haben kann. Wenn Sie sicher gehen wollen, sollten Sie darauf achten, dass die Aufwendungen die Freigrenze nicht übersteigen. In diesem Fall ist sichergestellt, dass Sie die Aufwendungen nicht der Umsatzsteuer unterwerfen müssen und der Vorsteuerabzug erhalten bleibt.

Quelle: LohnPraxis – Nr. 5 – Mai 2011