00:00:03
Alexander Petsch: Glückauf und herzlich willkommen zu den heutigen HRM Hacks, präsentiert von der HR Tech, dem Expofestival für HR Technology, HR Software und HR Innovation, das am 23. und 24. Mai 2023 in Köln stattfindet. Mein Name ist Alexander Petsch, ich bin der Gründer des HRM Instituts, euer Gastgeber. Heute spreche ich mit Stefan Post zum The Big Quit in Payroll-Abteilungen, Ursachen und sechs Lösungsansätzen. Stefan Post ist Gründer und Geschäftsführer der SP_Data, eines der deutschen HR-Software-Häuser mit circa 80 Mitarbeiterinnen, das er vor 34 Jahren mit ungefähr 23 Jahren gegründet hat. Stefan Post hat Wirtschaftsingenieurwesen in Karlsruhe studiert und als Student bereits seine erste Payroll-Lösung geschrieben. Und ruckzuck gab es die ersten Kunden, die das nicht nur gut fanden, sondern es auch gekauft haben. Und das war die Geburtsstunde der SP_Data. Ich selbst kenne Stefan Post schon etliche Jahre. Zuletzt haben wir uns beide in der ZIP, in der Zukunft Initiative Personal, engagiert. Freue mich, dass du heute bei uns bist, herzlich willkommen, Stefan.

Stefan Post

00:01:21
Stefan Post: Ja, herzlichen Dank, Sascha, für die einleitenden Worte. Ja, ich habe mir Gedanken gemacht zu dem heutigen Podcast aufgrund einer Reise, die ich jetzt in den Ferien in die USA unternommen habe. Und ich habe mir so ein bisschen Gedanken gemacht, was hat eigentlich The Big Quit, das in aller Munde ist in der wirtschaftlichen Entwicklung und auch in der gesellschaftlichen Entwicklung in den USA, was hat das eigentlich für Konsequenzen oder für Parallelen zu den hiesigen Payroll-Abteilungen in Deutschland? Und immer wenn man von The Big Quit spricht, dann kann man das hautnah tatsächlich erleben. Also jeder, der im Jahr 2022 im Sommer zumindest auf Reisen war, konnte das erleben. Am Flughafen elend lange Schlangen am Check-in, bei der Sicherheitskontrolle, Flüge werden gecancelt, es werden Verbindungen verpasst und verlorenes Gepäck. Der Personalmangel ist absolut offensichtlich. Das sieht jeder und das spürt man tatsächlich auch. Und als wir dann in den USA angekommen sind, ging es munter weiter. Nachdem wir unser Gepäck tatsächlich auch bekommen haben, trotz mehrerer Umstiege und Verbindungen, sind wir dann beim Autovermieter gelandet und haben tatsächlich über eine Stunde gewartet auf das Auto. Und dann kam das auch tatsächlich endlich. Natürlich bei entsprechenden Temperaturen über 30 Grad ohne Klimaanlage. Wir sprachen darüber. Und dann war das Auto auch noch ungeputzt. Also nicht nur, dass man lange warten muss, dass das Servicepersonal am Counter fehlt, sondern es fehlt dann tatsächlich auch an den helfenden Händen, die das Auto dann auch putzen, wie man das normalerweise gewohnt ist. Ja gut, dann kommt man im Hotel langsam an und eigentlich ist man ja gewohnt in den USA, dass es eine ausgeprägte Service-Orientierung gibt. Da bekommt man alles und bei einem Anruf bei der Rezeption wird auch sofort reagiert. Und in diesem Jahr haben wir es erlebt, dass tatsächlich selbst in einem Fünf-Sterne-Hotel sie gesagt haben, ja, der Room Service ist gecancelt und wenn ich… Tja, wenn man irgendwas braucht, dann kann man sich jederzeit an die Rezeption wenden. Da bekommt man dann noch ein Stück Seife oder ein Handtuch, wenn man das möchte. Und die Betten kann man ja selber machen. Das ist ja kein Problem, wenn man…

00:03:55
Alexander Petsch: Im Fünf-Sterne-Bereich?

00:03:56
Stefan Post: Im Fünf-Sterne-Hotel. 800 Dollar. Ein ganz normales Doppelzimmer, kein Frühstück, kein Room Service und Handtücher bekommt man an der Rezeption. Das ist die Lage tatsächlich in den USA und oftmals sind die auch gewissermaßen Vorreiter in bestimmten Bereichen. Und ja, das hat mich dann bewegt: Was passiert denn da eigentlich? Was ist da passiert? Und klar, die Ursache liegt oftmals auch daran, dass die Arbeitgeber während der Pandemie, während der Corona-Zeit Personal abgebaut haben, insbesondere in den Dienstleistungsbereichen. Das merkt man dann auch tatsächlich nicht nur in den Traumdestinationen, wo Urlaub gemacht wird. Da sind viele Bars geschlossen, viele Restaurants sind geschlossen und stattdessen gibt es da so Art Galleries und da kann man dann für 200 oder 300 Dollar ein Print hinter Glas kaufen. Das erfordert nur einen einzigen Mitarbeiter oder Mitarbeiterin an der Kasse und die ganzen Kellner und die ganzen Köche braucht man nicht zu bezahlen. Die gibt es einfach nicht mehr. Und da hat man dann eine Art Gallery mit einer Veranda mit Blick aufs Meer. Aber das ist nicht so unbedingt das Urlaubsfeeling, was man von früher tatsächlich gewohnt ist. Ja, aber auch tatsächlich Arbeitnehmer haben die Branche gewechselt. Und viele sagen ja auch, die man fragt, wo sind die denn alle hin, die Mitarbeiter, die jetzt fehlen in den ganzen Dienstleistungsberufen? Viele sagen ja, die sind bei Amazon gelandet, weil es mehr Spaß macht, mit einem Kopfhörer Podcasts zu lauschen oder Musik zu hören, als nörgelnde Kunden zu bedienen. Und auch die Arbeitszeiten sind ja in vielen Dienstleistungsunternehmen ganz, ganz anders als die geregelte Arbeitszeit, die man zum Beispiel bei Amazon hat. Aber ich glaube, es gibt auch noch einen Punkt, den man betrachten sollte: Dass während der Pandemie eigentlich auch so ein Wertewandel beschleunigt wurde. Den gab es auch vorher tatsächlich schon. Aber Menschen haben eben während Corona gemerkt, dass man auch mobil im Home Office ganz gut arbeiten kann. Die Technik funktioniert und dazu kam natürlich auch noch, dass Einnahmeausfälle durch teilweise Transferleistungen… Die hat es nicht nur bei uns in Deutschland gegeben mit dem Kurzarbeitergeld, sondern die hat es ja auch in den USA gegeben. Dass einfach Schecks in die Bevölkerung geschickt worden sind. Und das, glaube ich, ist so ein bisschen auch, was man in der gesellschaftlichen Entwicklung in den USA sehen kann, dass im Prinzip die Polarisierung der Gesellschaft extrem geworden ist. Es ist wirklich extrem. Wenn man in San Francisco am Union Square steht, dann sieht man in den umliegenden Straßen die großen Geschäfte, die haben tatsächlich alle durchgehalten. Die gibt es immer noch. Die ganzen kleinen Geschäfte sind alle pleite. Die sind komplett dicht. Die ganze Lebensqualität geht ein Stück weit auch verloren. Und an jeder Ecke auch, selbst in Downtown, ist ein Obdachloser, ein Wohnungsloser, der sozusagen betteln muss. Zum Glück haben wir in Deutschland die Situation nicht in dem Maße. Das wurde recht gut abgefedert. Auch gerade die kleinen Unternehmen hat man ja durch Transferleistungen am Leben erhalten. Aber das ist in den USA brutal, es ist sichtbar. Also wenn man durch die Straßen…

00:07:40
Alexander Petsch: Aber siehst du da… Jetzt noch mal den Schwenk zurück auf die Payroll-Abteilung. Also ich meine, wir haben einen Personalmangel in den Payroll-Abteilungen. Das hatten wir, würde ich mal sagen, vorher auch schon. Aber siehst du da auch so ein Big Quit, dass da so viele aus… Ich meine, die Arbeitsbedingungen im Payroll-Bereich sind jetzt nicht zu vergleichen mit denen in der Gastronomie in den USA.

00:08:07
Stefan Post: Absolut. Das ist richtig. Der demografische Wandel ist ja nichts Neues. Den haben wir schon seit vielen Jahren. Und dadurch entsteht eben auch ein Fachkräftemangel. Immer weniger Arbeitskräfte stehen dann auch dem Arbeitsmarkt zur Verfügung. Und hinzu kommt natürlich noch die rapide steigende Inflation. In den USA ist es unglaublich. Wohlgemerkt 800 Dollar für ein Fünf-Sterne-Hotel. Das ist normal. Eine Butter im Supermarkt kostet 6 Dollar und eine Sensodyne Zahnpasta kostet 10 Dollar. Und gleichzeitig wird aber nur zum Beispiel bei McDonalds ein Stundenlohn von 16 Dollar gezahlt. Wie das überhaupt funktionieren kann, das fragt man sich tatsächlich. Bei uns in Deutschland ist die Situation noch eine ganz andere. Und wenn die Situation auch auf uns zukommen würde in Deutschland, dann würde ich richtig schwarz sehen. Aber ich bin ja sowieso Berufsoptimist. Was bedeutet das für die Abteilung? Der demografische Wandel, der beschleunigt sich. Es stehen immer weniger Fachkräfte zur Verfügung und dazu kommt dann eben tatsächlich auch noch die gestiegene Inflation. Und HR muss sich natürlich auch fragen: Wenn sich die Situation doch weiter verschärft, vielleicht auch in so eine extreme Richtung, wie man das in den USA sehen kann, wie kann man eigentlich diesem Personalmangel entgegensteuern und trotzdem noch dafür sorgen, dass eine korrekte Verdienstabrechnung erstellt wird und auch pünktlich erstellt wird? Und dazu habe ich mir immer Gedanken gemacht und habe mir sechs verschiedene Lösungsansätze dafür überlegt.

00:09:56
Alexander Petsch: Dann schieß mal los. Was ist denn dein erster Lösungsansatz, Stefan?

00:10:02
Stefan Post: Ja, der erste Lösungsansatz ist erst mal nichts Neues, weil Unternehmen in Deutschland schon immer Payroller selber ausgebildet haben. Das liegt daran, das Entgeltrechner oder Personalrechner kein anerkannter Ausbildungsberuf ist. Sondern in der Regel funktioniert es so, dass man im Rahmen einer kaufmännischen Ausbildung dann irgendwann in der Personalabteilung landet und vielleicht Spaß an den Personalthemen auch hat. Ein anderer Ansatz ist eben, dass man im Bachelorstudium, auch im Wirtschaftsstudium einen wirtschaftlichen Hintergrund hat und einfach Lust auf Personalarbeit hat. Und insofern sind hier auch die Unternehmen gefragt, dass sie diese Tradition, die sie eigentlich schon immer hatten, fortführen. Dass sie also Auszubildende in kaufmännischen Berufen begeistern für Payroll-Themen oder HR-Themen und dann gezielt in diesem Bereich ausbilden. Oder auch Quereinsteiger, die vielleicht ein betriebswirtschaftliches Studium absolviert haben, dass sie die für die HR-Themen begeistern und daneben gezielt in den Payroll-Bereich hinein entwickeln. Das wäre so der Lösungsansatz 1. Also im Prinzip nichts Neues, aber sich auf das zu besinnen, was man schon immer gemacht hat.

00:11:26
Alexander Petsch: Siehst du eine Chance – ich meine, du bist jetzt wirklich lange und tief in dem Thema unterwegs –, dass sich dieses Thema Ausbildungsberuf nicht auch verändern lassen würde? Ich meine, wir hatten für alles eine Ausbildung. Also für fast alles, wie ich jetzt gelernt habe. Aber selbst die Vergolder, was eine sehr überschaubare Gruppe in Deutschland ist im Vergleich zu den Payrollern, da gibt es ein oder zwei Klassen in Deutschland…

00:11:59
Stefan Post: Das ist richtig. Also wir haben tatsächlich als SP_Data eine Initiative beim… Das war, glaube ich, beim Bundesbildungsministerium. Da haben wir angestoßen, um Entgeltabrechner oder Personalabrechner zu einem Ausbildungsberuf zu machen. Also praktisch eine Spezialisierung, so wie es den Informatikkaufmann gibt, den wir auch bei uns im Unternehmen ausbilden, dass es einen Personalabbrecher als Ausbildungsberuf gibt. Da hat es dann eine Untersuchung gegeben, wie viele Absolventen es dann tatsächlich pro Jahr geben würde. Und man hat dann ganz einfach die Entscheidung getroffen, dass das zu wenige wären im Kontext der Organisation, die man dann benötigt. Man braucht ja auch in den einzelnen IHKs dann eine entsprechende Organisation, um die Ausbildung zu organisieren und dann auch die Prüfungen abzulegen. Und dann hat man eben gesagt, das sind zu wenige, als dass das einen neuen Ausbildungsberuf rechtfertigen würde. Ist die Frage, ob das dann tatsächlich so ist. Aber man kann sich ja ausrechnen bei 40 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten: 20 Millionen sind in kleinen Unternehmen, dann bleiben noch 20 Millionen übrig und wenn das durchschnittliche Unternehmen 100 Mitarbeiter hat, dann müsste doch eigentlich das ausreichen, um eine Ausbildung auf die Beine stellen zu können. Aber wie gesagt, das ist gescheitert.

00:13:34
Alexander Petsch: Na okay, also selber ausbilden macht in dem Fall schlau.

00:13:40
Stefan Post: Ja, absolut. Das gilt natürlich nicht nur für den Payroller, sondern das gilt ja auch für andere Bereiche, in denen es einen Fachkräftemangel gibt. Wir zumindest bilden unsere Softwareentwickler selber aus. Das ist so eine Mischung aus 50 % selber ausbilden und 50 % von den Universitäten akquirieren, sodass man dann schon die Lücken durch eigenes Tun auch ganz gut schließen kann. Genau, das andere ist natürlich, das wäre der Lösungsansatz 2: Im Recruiting einfach mal neue Wege gehen. Das ist jetzt auch nicht super neu, aber Active Sourcing gibt es ja schon seit vielen oder seit mehreren Jahren. Das bedeutet, geeignete Kandidaten herauszusuchen und direkt anzusprechen über verschiedene Social Media Plattformen. Es gibt auch Dienstleister, die das entsprechend machen. Natürlich könnte man sagen, das ist ja ein gezieltes Abwerben. Aber auf der anderen Seite lohnt es sich schon, wenn man konkreten Bedarf hat, auch mal über den Tellerrand zu schauen. Sie finden die Payroller auch bei Steuerberatern zum Beispiel, das sind die Steuerfachangestellten bei Krankenkassen, das sind Sozialversicherungsfachangestellte, die das Wissen entsprechend schon haben. Und der Vorteil ist, dass die Industrie oftmals höhere Gehälter zahlt als die Steuerberater oder Krankenkassen und somit kann man dann auch eine Motivation zum Jobwechsel durch entsprechend höhere Gehälter ausgleichen.

00:15:21
Alexander Petsch: Ja, es gibt ja auch sozusagen eine eigene Ausbildung, die FALG (Fachassistent/-assistentin für Lohn und Gehalt) und vielleicht so ein kleiner Zusatz-Hack von mir: Da gibt es eine Facebook-Gruppe dazu, mit immerhin ein paar Tausend… MitarbeiterInnen hätte ich beinahe gesagt… Mit ein paar Tausend Mitgliedern und das wäre auch mal eine Anlaufstelle.

00:15:52
Stefan Post: Ja, das hört sich doch gut an! Ja, gut, Bildung ist natürlich… Da hast du ja schon gleich zum nächsten Lösungsansatz 3 übergeleitet: Externe Aus- und Weiterbildungsangebote nutzen. Aufgrund des Weggangs von Payroll-Experten kann natürlich eine Lücke im Unternehmen entstehen und falls dieses Wissen intern im Unternehmen nicht mehr zur Verfügung steht, gibt es entsprechend Fachverlage. Ob das jetzt DATAKONTEXT ist oder die alga Gruppe oder Haufe. Es gibt Seminare, um sich dieses abgewanderte oder pensionierte Wissen wieder zu beschaffen. Und es gibt natürlich auch viele Software-Häuser, die Payroll-Schulungen anbieten. Wir bieten bei uns auch bei SP_Data ein Seminar Entgelt-Manager an, das gerade Quereinsteigern ermöglicht, das nötige Fachwissen, das man letztlich auch bei einem Software-Einsatz trotzdem noch benötigt, sich dann zu beschaffen in relativ kurzer Zeit und auch mit einer Abschlussprüfung.

00:17:04
Alexander Petsch: Gibt es da eigentlich auch, ich sage mal Thema Fachkräfte aus dem Ausland? Ist das ein Thema nur ums Gehalt oder sind wir hier wahrscheinlich zu speziell in unseren Anforderungen?

00:17:16
Stefan Post: Also das ist interessant. Das ist eine ganz interessante Diskussion und wir sehen auch, dass das unsere Wettbewerber teilweise anders sehen als wir. Wir sagen Software und Services made in Germany. Andere Hersteller haben sowohl Softwareentwicklung als auch teilweise BPO Services ins oftmals osteuropäische Ausland ausgelagert. Und viele Interessenten oder Kunden, die zu uns kommen, haben da schon negative Erfahrungen gemacht. Denn letztlich ist Payroll sehr auf den deutschen Markt ausgerichtet und das Fachwissen, was dafür notwendig ist, ist schon sehr, sehr speziell. Da gibt es im Sozialversicherungsbereich und im Steuerbereich so viele Besonderheiten, die zu beachten sind. Das jemandem zu erklären, der kein Muttersprachler ist und der sozusagen auch in den deutschen Fachbegriffen nicht zu Hause ist, das ist schon äußerst, äußerst schwer. Wir haben es dann auch mal versucht, mit ukrainischen Entwicklern zusammenzuarbeiten und denen so auf Englisch zu erklären, was eine Beitragsbemessungsgrenze ist und wie ein Einmalbezug mit Märzklausel abzurechnen ist. Das ist schon sehr speziell und das ist nun wirklich eine Herausforderung. Deswegen haben wir da als SP_Data keine so gute Erfahrung gemacht. Und wir setzen wirklich auf Fachleute, die Deutsch sprechen und die auch bei uns angestellt sind und auch in Deutschland arbeiten. 

00:18:56
Alexander Petsch: Ja, welche Lösungsansätze gibt es noch, Stefan?

00:18:59
Stefan Post: Genau. Gut, aus der Perspektive der Payroll werden viele Möglichkeiten, die Software heute bietet, gar nicht genutzt. Und deswegen ist vielleicht noch ein weiterer Hack zu sagen: „Automatisieren Sie Ihre Payroll und nutzen Sie Möglichkeiten, Dinge automatisch ablaufen zu lassen. Reduzieren Sie manuelle Eingaben durch automatisierte Berechnungsvorschriften.“ Da wird viel zu viel noch manuell erfasst, das automatisch ausgerechnet werden kann. Dann gibt es noch viele manuell ausgeführte Funktionen, die man auch automatisieren kann, zu einem Prozess zusammenfassen kann. Dann gibt es die Möglichkeit, zeitaufwendige Abrechnungsprozeduren im Hintergrund ablaufen zu lassen, durch eine Stapelverarbeitung zum Beispiel. Das ist dann meistens nur ein Zusatzmodul, was man als Kunde, als Anwender hinzuerwerben kann und dadurch natürlich auch Zeit gewinnt und im Grunde genommen mit weniger Personal die gleiche Arbeit erledigen kann. Das ist ja im Grunde der Sinn der Automatisierung. Und ja, da ist der Tipp, sich mit den Softwareanbietern in Verbindung zu setzen, nach Optimierungsmöglichkeiten, Automatisierungsmöglichkeiten zu fragen und die Expertise des Softwareanbieters dann zu nutzen, um noch mehr aus der Software herauszuholen.

00:20:33
Alexander Petsch: Wie schätzt du das ein? Also, wie siehst du die Entwicklung im Payroll-Bereich die nächsten Jahre? Wird es dann noch steile Kurven geben, was die Automatisierung angeht?

00:20:49
Stefan Post: Im Grunde ist die Hauptherausforderung, die wir als Hersteller einer Payroll-Software haben, immer auf dem neuesten Stand der Gesetzgebung zu bleiben und die neuesten Meldeverfahren auch zu realisieren. Und wir sind da ziemlich stolz drauf, dass wir sozusagen aus der ITSG-Perspektive, die ja deutsche Payroll-Software zertifiziert, zu den Top-Fünf-Anbietern gehört, die wirklich, was das Qualitätsmanagement anbelangt, was die Umsetzungsqualität auch der Meldeverfahren anbelangt, wirklich top sind. Das ist so die Hauptherausforderung tatsächlich. Und die Abläufe innerhalb der Payroll, die grundsätzlichen Abläufe, die sind, glaube ich schon ziemlich gut durchautomatisiert. Die Funktionen stehen eigentlich in jeder modernen Software zur Verfügung, man muss sie nur nutzen. Und eigentlich ist eher so die Herausforderung, dann auch die Art und Weise, wie man das umsetzt. Ob es jetzt das A1-Meldeverfahren ist oder auch zum Beispiel die euBP, die elektronisch unterstützte Betriebsprüfung oder auch eAU, die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Da unterscheiden sich dann die Softwarehersteller. Wie setzen sie das um oder setzen sie es überhaupt um? Es gibt auch Softwarehersteller, die nicht jedes Meldeverfahren unterstützen. Und da lohnt es sich dann schon mal genauer hinzuschauen. Da unterscheiden sich eigentlich auch die Softwareanbieter.

00:22:28
Alexander Petsch: Ich hätte jetzt gesagt, das fällt für mich alles noch so unter… Ich will nicht sagen Business as usual, aber das ist so… So die naheliegenden Entwicklungen. Ich hatte neulich einen spannenden, fand ich, spannenden Dialog mit dem Dr. Carsten Busch, der von seiner Vita eher aus dem Talent Management kommt und der also, wenn er da die Entwicklungen vergleicht, wie da die Digitalisierung sich, ich sage mal explosionsartig entwickelt hat die letzten zehn Jahre, dass da auch im Payroll und Lohn- und Gehaltsbereich noch ganz viel passieren wird die nächsten Jahre.

00:23:10
Stefan Post: Ja, wobei man dazu sagen muss, die Geschichte der Payroll-Abrechnung, die beginnt ja schon in den 60er-Jahren oder noch früher. Das bedeutet, wir haben jetzt schon über 50 Jahre Payroll-Software hinter uns. Wir bei SP_Data nur 34 Jahre, das ist ja auch schon mal was. Aber da ist wahrscheinlich das Potenzial für Automatisierung schon ziemlich ausgeschöpft. Man kann darüber nachdenken, ob es bestimmte Dinge wie ja… Ob es eine Siri oder eine Alexa irgendwann mal für die Payroll gibt. Aber letztlich, glaube ich, sind das auch komplexe Dinge, die eine Konfiguration erfordern, die auch eine Software erfordern, die die Automatisierung ermöglicht. Und da glaube ich… Ich glaube eher weniger, dass es da noch riesige Innovationssprünge geben wird. Talent Management ist vielleicht ja in den letzten zehn Jahren noch so richtig entstanden. Auch Recruiting hat sich deutlich weiter entwickelt in den letzten 10-15 Jahren. Das sind eher neue Spielfelder und da gibt es noch viel Raum für Ideen. Und die Ideen, die wir haben, sind überwiegend ja vom Gesetzgeber, von den Tarifparteien, von den Arbeitgebern, von den Gewerkschaften geprägt. Das ist das, was wir umsetzen müssen, aber in Qualität, in Präzision, pünktlich. Und kaum ein Bereich hat so viele Software-Updates wie wir im Bereich der Payroll. Wir müssen mindestens zwei Updates pro Jahr herausgeben und beneiden manchmal die Hersteller von ERP-Software oder Finanz- und Rechnungswesen-Software. Die können manchmal ein Jahr überhaupt kein Update herausgeben und können sich voll und ganz auf die Schönheit ihrer Software konzentrieren und Dinge tun… Während wir tatsächlich immer beschäftigt sind damit, die Dynamik der deutschen Gesetzgebung abzubilden.

00:25:13
Alexander Petsch: Ja, das ist bestimmt eine kleine, ganz spezielle Besonderheit. Ja, was hast du sonst noch mitgebracht an Lösungsansätzen?

00:25:21
Stefan Post: Genau. Ein weiterer Lösungsansatz ist: Optimieren Sie Ihre HR-Software-Landschaft, weil ja in vielen HR-Abteilungen nicht nur die Payroll im Einsatz ist, sondern es sind auch andere Produkte aus anderen Bereichen. Wir sprachen eben über Talent Management, über Recruiting, über Zeitwirtschaft. Und viele von diesen Softwarelösungen sind noch nicht optimal aufeinander abgestimmt, obwohl sie es könnten. Das sind auch wieder Potenziale, die brachliegen in vielen Unternehmen. Es entstehen dann Medienbrüche, es entstehen neben Buchhaltung irgendwelche Excel-Listen, die parallel geführt werden oder es entstehen Doppelerfassungen. Und das kann man ändern, indem man die eingesetzte HR-Software konsequent vernetzt durch intelligente Schnittstellen und falls das nicht möglich ist, falls die Software das nicht erlaubt, über intelligente Schnittstellen eine Vernetzung zu erreichen, dann sollte man sich überlegen, die Software auch zu wechseln und umzusteigen.

00:26:29
Alexander Petsch: Und wahrscheinlich Schnittstellen, die sozusagen die Hersteller von sich aus anbieten und warten versus anzufangen, selbst irgendwie eine Middleware zu machen.

00:26:44
Stefan Post: Ja, sowohl als auch. Ich meine, durch die Pandemie haben sich ja Tools wie zum Beispiel Microsoft Teams durchgesetzt und Office 365. Und da gibt es dann ganz interessante Tools, wie zum Beispiel das Power BI von Microsoft. Und es macht auch schon Sinn, wenn man über solche Tools applikationsübergreifende Auswertungen machen kann. Und Microsoft schafft es zwar nicht immer im ersten Anlauf, aber im zweiten oder dritten Anlauf werden die Produkte auch wirklich gut und sind dann auch leistungsstark und können gut eingesetzt werden. Deswegen ist so das eine Thema Middleware im Bereich der Auswertung, der Business Intelligence. Da macht es dann durchaus Sinn. Das setzt aber voraus, dass die Software auch offen dafür ist. Es gibt auch Softwareanbieter, die kapseln sozusagen – auch aus Datenschutzgründen – kapseln sie die Daten so, dass der Anwender gar nicht die Möglichkeit hat, das vernünftig mit anderer Software zu vernetzen. Das ist dann eher so die negative Seite. Die positive Seite ist, dass es heute moderne webbasierte Schnittstellen, also REST- und SOAP-basierte Schnittstellen gibt, die es erlauben, auch Software über unterschiedliche Standorte hinweg zu synchronisieren oder auch in der Cloud in unterschiedlichen Cloud-Konstellationen die Daten auszutauschen. Und das unterscheidet dann gute Schnittstellen von nicht so guten Schnittstellen.

00:28:28
Alexander Petsch: Jetzt aus meiner Laien-Perspektive gesagt: Die gute unterscheidet die schlechte von sie funktioniert besser zu sie funktioniert nicht.

00:28:36
Stefan Post: Ja, ja, aber früher waren ja Schnittstellen so, du musstest in einer Software Daten exportieren, musstest dir dann den Ordner merken, wo du die Daten abgespeichert hast und in der anderen Software musstest du sie dann importieren. Das war so die alte Vorgehensweise. Dann gab es so eine Zwischenlösung, dass das vielleicht automatisiert erfolgt. Und mittlerweile ist es so, da gibt es die webbasierten Schnittstellen, die vollautomatisch im Hintergrund Daten austauschen. Idealerweise bidirektional, sodass es egal ist, in welcher Anwendung ich jetzt zum Beispiel eine Adressänderung vornehme, sodass sie dann in allen angeschlossenen Anwendungen in der HR-Abteilung oder in der HR-Welt zur Verfügung stehen. Und das kann nicht jeder. Also das sind noch nicht alle Software-Häuser.

00:29:22
Alexander Petsch: Ja, ich habe mitgezählt. Fünf, ja? Du hast sechs versprochen.

00:29:27
Stefan Post: Ja, sechs ist natürlich die Variante, die mir sozusagen als Geschäftsführer der SP_Data am wenigsten gefällt, aber trotzdem muss man sie ja ansprechen: Lagern Sie Ihre Payroll aus. Outsourcing. Wenn man es nicht mehr selber kann, wenn die Fachkenntnisse fehlen, wenn das Personal nicht da ist, dann kann man natürlich auch die Payroller auslagern. Das ist auch durchaus ein Trend in den letzten Jahren. Und man braucht dann dieses Fachwissen auch nicht mehr im eigenen Unternehmen vorzuhalten. Allerdings entstehen natürlich Gefahren. Es können dann auch Medienbrüche entstehen oder Nebenbuchhaltungen entstehen, falls die Software des Outsourcing-Anbieters dann diese besagten webbasierten Schnittstellen nicht zur Verfügung stellt. Oder dass ein gekapseltes System… Dass es ein Closed Shop im Prinzip ist und mit den Daten gar nichts anfangen kann. Und da wäre mein Tipp, darauf zu achten, dass man jederzeit Zugriff auf die eigenen Daten hat, um sie für eigene Auswertungen und auch für eigene Anwendungen zur Verfügung zu haben. Also zum Beispiel, wenn ich ein Power BI einsetze, dann muss ich natürlich die Möglichkeit haben, auf die Personaldaten zuzugreifen. Auf zum Beispiel Personalkosten oder Fehlzeiten, um das entsprechend auswerten zu können. Und viele Unternehmen haben heute auch eigene Anwendungen entwickelt, eigene Apps entwickelt, die im Prinzip dann ja auch den aktuellen Personalstand haben müssen. Welcher Mitarbeiter ist in welcher Abteilung beschäftigt? Ausgeschiedene Mitarbeiter, neu eintretende Mitarbeiter. Das muss diese eigene Anwendung dann natürlich auch wissen. Und wenn man das dann bei einer outgesourceten Payroll selber erfassen muss, dann hat man natürlich nicht ganz so viel gewonnen, als wenn man das durch gute Schnittstellen verbunden hat.

00:31:22
Alexander Petsch: Du bist ja sozusagen auch jahrzehntelang Unternehmer. Ist das für dich ein Thema oder für euch ein Thema, das auch zunehmend als Dienstleistung anzubieten?

00:31:32
Stefan Post: Ja, na klar. Wir werden zunehmend ja auch gefragt, ob wir zum Beispiel cloudbasierte Lösungen anbieten. Unsere Software ist grundsätzlich cloudgeeignet. Auch viele Kunden nutzen Angebote entweder in der Private Cloud oder in der Public Cloud, wie zum Beispiel Microsoft Azure. Wir haben bisher aber nicht das… Also unsere Kunden können selber wählen, tatsächlich, wo dann die Software gehostet werden soll. Aber das darf man auch nicht verleugnen, dass der Personalmangel oder der Fachkräftemangel, den man in den Payroll-Abteilungen hat, auch oftmals im IT-Bereich sichtbar wird. Und viele IT-Abteilungen sind zusammengeschrumpft oder es fehlt einfach auch die Muße zu sagen: „Ach, da muss ich ja noch Software updaten. Können Sie das nicht für uns übernehmen?“ Und ja, das ist tatsächlich so. Wir machen uns Gedanken, im nächsten Jahr auch vom sozusagen klassischen Cloud Hosting bis hin zu Teil-BPO oder Voll-BPO auch im Produktportfolio anzubieten. Aber das sind derzeit noch vorbereitende Überlegungen, die wir dort machen. Es ist in der Tat so, dass wir dadurch natürlich auch den Kunden eine breitere Auswahlmöglichkeit zwischen 0 % (ich mache alles selbst) bis zu 100 % (ich mache gar nichts mehr) bieten. Die Idealvorstellung ist, dass man diesen Schieberegler zwischen diesen null und 100 % auch selber entscheiden kann und auch neu festlegen kann. Weil es gibt natürlich auch Sabbaticals oder es gibt Elternzeit oder es gibt krankheitsbedingte Ausfälle für mehrere Monate und dann möchte man vielleicht so ein temporäres BPO tatsächlich haben. Das sind so Dinge, die uns jetzt gerade umtreiben oder die mich auch umtreiben. Und wie können wir darauf eine gute Antwort finden?

00:33:35
Alexander Petsch: Ja, hört sich spannend an. Hast du noch was, wo du sagen würdest, das wäre noch ein Hack für… Wie kriege ich meine Payroll-Abteilung trotz der…

00:33:47
Stefan Post: Ja, die Sache ist natürlich immer Motivation. Menschen zu begeistern oder zu motivieren ist wahrscheinlich die größte Herausforderung. Egal in welchem Job man tätig ist. Und das ist wahrscheinlich gerade bei jüngeren Menschen jetzt noch eine größere Herausforderung, weil jüngere Menschen es gewohnt sind, dass alles praktisch mühelos funktioniert. Das muss doch so einfach sein wie auf dem Handy. Das ist leider Payroll nicht. Man muss schon verstehen, was man da tatsächlich macht. Das funktioniert nicht so: Alexa, zahle mal dem Sascha sein Urlaubsgeld und sein Weihnachtsgeld aus.

00:34:26
Alexander Petsch: Schön, ja.

00:34:29
Stefan Post: Das wäre vielleicht noch mal eine Zukunftsperspektive. So weit ist es aber noch nicht. Und ja, gerade junge Menschen dafür zu begeistern, das ist schon eine Herausforderung. Aber der Schlüssel oder zumindest das, was wir als Erfahrung gemacht haben, ist tatsächlich die jungen Leute auch selber auszubilden. Und dazu bieten wir eben den Informatikkaufmann/Informatikkauffrau als kaufmännische Ausbildung an, mit dem Schwerpunkt Personal für Payroll und auch Zeitwirtschaft. Und wir bieten eben auch den Fachinformatiker mit Anwendungsentwicklung an, weil bei den Entwicklern hast du natürlich die gleiche Herausforderung. Entwickler programmieren vielleicht lieber schöne Oberflächen und automatisieren Webseiten und bringen sie dort attraktiv ins Publikum statt Payroll zu optimieren und weiterzuentwickeln. Aber wie gesagt, Bildung, Ausbildung ist sicherlich ein wichtiger Schlüssel in verschiedenen Bereichen.

00:35:37
Alexander Petsch: Ja, Stefan. Herzlichen Dank…

00:35:40
Stefan Post: Sehr gerne.

00:35:41
Alexander Petsch: …für die Tipps. Und ja, wenn ihr sozusagen das Ganze noch mal nachlesen wollt oder die Empfehlungen als Checkliste, einfach auf HRM.de Stefan Post eingeben und dann werdet ihr das finden. Noch mal schön, dass du dabei warst, Stefan.

00:36:02
Stefan Post: Ich danke dir. Bis zum nächsten Mal.

00:36:05
Alexander Petsch: Ja, und euch Glückauf und bleibt gesund und denkt dran, der Mensch ist der wichtigste Erfolgsfaktor für euer Unternehmen.