§ 1: Sicherheit und Schutz der Gesundheit von Beschäftigten

person using phone and laptop
Foto von Austin Distel

In diesem Definitionsteil der Verordnung geht es darum, wie Arbeitsmittel so verwendet werden können, dass die Sicherheit und der Schutz der Gesundheit von Beschäftigten zu gewährleisten ist. Der Gesetzgeber setzt dazu auf diese Aspekte und verpflichtet Arbeitgeber daher zu deren Berücksichtigung:

… Auswahl geeigneter Arbeitsmittel und deren sichere Verwendung
… die für den vorgesehenen Verwendungszweck geeignete Gestaltung
     von Arbeits- und Fertigungsverfahren sowie
… die Qualifikation und Unterweisung der Beschäftigten.

 

§ 4: Grundpflichten – jetzt auch die Psyche im Fokus

Damit Gefährdungen nach Wunsch des Gesetzgebers gering gehalten werden können, sollten Arbeitgeber entsprechende Maßnahmen nach dem TOP-Prinzip ableiten.

= Technische Schutzmaßnahmen (T) gehen
   organisatorischen (O) und diesen solche
   personenbezogener Art (P) vor.

Nur wenn, Arbeitsmittel sowie Effekte ihrer Verwendung geprüft wurden, dürfen sie überhaupt eingesetzt werden. Dabei muss jetzt auch auf negative Effekte für die Psyche geachtet werden. Das ist insbesondere bei der Verwendung von Wearables (tragbare Computer), Smartphones, digitale Leistungsmessungsgeräten und ähnlichen digitalen Endgeräten als Arbeitsmittel ein brisanter Punkt, wie zahlreiche BGM- und Politdebatten offenlegen.   

In diesem Paragraphen ist außerdem die so genannte Vermutungswirkung für die Technischen Regeln für Betriebssicherheit (TRBS) geregelt. Diese Vermutungswirkung funktioniert wie eine  Umkehr der Beweislast: Ein normkonformes Produkt kann dann zum Beispiel beanstandet werden, wenn dem Hersteller der Verstoß gegen Richtlinienanforderungen konkret nachgewiesen wird.

Die Beschäftigungsfähigkeit älterer Menschen soll in bundesdeutschen Betrieben verbessert werden, geht es nach dem Willen der Bundesregierung. Deswegen hat der Gesetzgeber in die neue Betriebssicherheitsverordnung Anforderungen aufgenommen, welche die Arbeitgeber verpflichten, auf entsprechende Arbeitsmittel und Betriebsstätten-Einrichtungen zu achten. Drei Jahre lang hatten Fachgremien beraten und allein für Betreiber von Aufzugsanlagen entstanden 40 Versionen des Referentenentwurfs. Jetzt liegt ein von Bundesrat und Bundesregierung abgesegnetes und beschlossenes Kompaktpaket vor, welches der Öffentlichkeit vor allem unter arbeitsmarktpolitischen Aspekten vorgestellt wird und zahlreiche Verschärfungen enthält. In zweiter Linie soll die Verordnung den Arbeitsschutz verbessern; und das betrifft die Instandhaltungen, Betriebszustände sowie die  Unfallprävention.

Arbeitgeber müssen sich jetzt vollständig mit der novellierten Fassung der in 2002 erstmals beschlossenen Verordnung beschäftigten, denn durch die Angleichung an europäisches Recht wird bei vielen Unternehmen eine komplette Überarbeitung ihrer Dokumentation fällig.

Das BetrSichV ist in fünf Abschnitte untergliedert und umfasst drei Anhänge:

>> Abschnitt 1: Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen (§ 1 und 2)
>> Abschnitt 2: Gefährdungsbeurteilung und Schutzmaßnahmen (§ 3 bis 14)
>> Abschnitt 3: Zusätzliche Vorschriften für überwachungsbedürftige Anlagen (§ 15 bis 18)
>> Abschnitt 4: Vollzugsregelungen und Ausschuss für Betriebssicherheit (§ 19 bis 21)
>> Abschnitt 5: Ordnungswidrigkeiten und Straftaten, Schlussvorschriften (§ 22 bis 24)

>> Anhang 1: (zu § 6 Absatz 1 Satz 2) – Besondere Vorschriften für bestimmte Arbeitsmittel
>> Anhang 2: (zu § 15 und 16) – Prüfvorschriften für überwachungsbedürftige Anlagen
>> Anhang 3: (zu § 14 Absatz 4) – Prüfvorschriften für bestimmte Arbeitsmittel

§ 2: Was heißt „Arbeitgeber“ oder „Verwendung von Arbeitsmitteln“?

Arbeitgeber ist, wer beschäftigt. Stimmt, aber so einfach ist das in der Verordnung nicht. Dem Arbeitgeber gleichgestellt sind nämlich auch jene, die ohne Arbeitgeber zu sein, zu gewerblichen oder wirtschaftlichen Zwecken eine überwachungsbedürftige Anlage verwenden und welche als Auftraggeber und Zwischenmeister im Sinne des Heimarbeitsgesetzes auftreten.  

Als Arbeitsmittel gelten alle zur Arbeit eingesetzten …

… Werkzeuge,
… Geräte,
… Maschinen oder
… Anlagen (auch überwachungsbedürftige -> hier greifen
    die Bestimmungen im Anhang 2!! § 15 und 16).

Weiter als diese Definition greift jene der „Verwendung“.
Diese bedeutet …

… Montieren und Installieren,
… Bedienen,
… An- oder Abschalten oder Einstellen,
… Gebrauchen,
… Betreiben,
… Instandhalten, Reinigen,
… Prüfen, Umbauen, Erproben,
… Demontieren, Transportieren und Überwachen.

 

§ 3: Gefährdungsbeurteilung startet bereits in der
        Planungsphase für die Beschaffung eines Arbeitsmittels

Angenommen, ein Gerät trägt das Kennzeichen „CE“, dann hat doch der Hersteller beziehungsweise derjenige, der es vertreibt, die Gewähr für mögliche Gefährdungen übernommen,oder nicht? Dem ist laut BetrSichV nicht so. Dem Arbeitgeber obliegt trotz Kennzeichnung eine Gefährdungsbeurteilung  für das Verwenden des Gerätes oder eines Arbeitsmittels. Diese Beurteilung muss nun bereits in der Planung des Beschaffungsprozesses für ein Arbeitsmittel beginnen und in regelmäßigen Abständen vorgenommen werden. Wie dann Prüfungen tatsächlich ablaufen müssen und in welchem Umfang, das entnehmen Arbeitgeber diesem Paragraphen.  

§ 5: Anforderungen an Arbeitsmittel

Der Arbeitgeber darf nur solche Arbeitsmittel zur Verfügung stellen und verwenden lassen, die den für sie geltenden Rechtsvorschriften zur Sicherheit und zum Gesundheitsschutz entsprechen. Zu diesen Rechtsvorschriften gehören neben den Vorschriften dieser Verordnung insbesondere solche, mit denen Gemeinschaftsrichtlinien in deutsches Recht umgesetzt wurden und die für die Arbeitsmittel zum Zeitpunkt des Bereitstellens auf dem Markt gelten.

Achtung: Auch Arbeitsmittel, die der Arbeitgeber selbst herstellt – wie zum Beispiel digitale Tools – müssen den grundlegenden Sicherheitsanforderungen entsprechen. Für sie gilt ebenfalls die Nachrüstungspflicht gemäß Gefährdungsbeurteilung und TOP-Prinzip. Bringen Mitarbeiter übrigens Arbeitsmittel mit, muss der Arbeitgeber sie ausdrücklich gestatten, da sie unter die BetrSichV fallen. 

§ 6: Keine wesentlichen Neuerungen zu den Schutzmaßnahmen

Der Gesetzgeber hat in den Paragraphen 6 die Anforderungen der alten Anhänge der BetrSichV aufgenommen. Es gelten zusätzlich die Anforderungen des neuen Anhangs 1; sie betreffen …

… mobile Arbeitsmittel.
… Arbeitsmittel zum Heben von Lasten.
… Verwendung auf hochgelegenen Arbeitsplätzen.
… Aufzüge.
… Druckanlagen.

§ 7: Regelt einen Vereinfachungen im Umgang mit der BetrSichV

Dieser Paragraph zeigt in einer Vorschau auf die Paragraphen 8 und 9 der BetrSichV, welchen Aufwand sich Arbeitgeber neuerdings sparen können. Anforderungsüberprüfungen werden überflüssig, wenn diese Faktoren gegeben sind:
 
… die eigene Dokumentation ist EU-konform.
… Arbeitsmittel bestimmungsgemäß gemäß Herstellerangaben verwendet werden.
… keine zusätzlichen Gefährdungen bestehen, die auch der Hersteller nicht kennen konnte.
… die Instandhaltung und Prüfung gemäß Gefährdungsbeurteilung durchgeführt wurden.

§§ 11 bis 14: Leiharbeiter, Beschäftigten-
unterweisung und Betriebsanweisungen

Kompliziert wirddie Gefährdungsbeurteilung vor allem in Bereichen, in denen viele Beschäftigte als Werktätige, Leiharbeiter, Praktikanten oder Freelancertätig sind. Paragraphen 11 bis 14 regeln daher die Zusammenarbeit mit verschiedenen Parteien, fordern besonders beauftragte Beschäftigte in bestimmten Verwendungsfällen, und zeigen, in welchen Fällen eine Betriebsanleitung auch als Betriebsanweisung zulässig ist.  

Außerdem machen sie Vorschriften zur Unterweisung von Beschäftigten, zu Informationsverpflichtungen von Rettungsdiensten sowie der Prüfung von Arbeitsmitteln mit Festlegung von Karenzzeiten. 

§§ 15 bis 18: Zusätzliche Vorschriften
für überwachungsbedürftige Anlagen

Gesondert zu nennen wären hier zwei Verschärfungen: betreffend § 17 gilt, dass die Anforderungen an Prüfaufzeichnungen und -bescheinigungen konkreter und umfassender werden und das erfordert natürlich mehr Zeit und Energie für die Dokumentation.  Betreffend § 18: Für alle erlaubnispflichtigen Anlagen ist dem Antrag ein ZÜS-Prüfbericht beizulegen; bisher war dies nur für Dampfkesselanlagen und Füllanlagen (für Druckgase) erforderlich. Zweitens entfällt die „automatische“ Erlaubnis durch die Behörde nach Überschreitung der Bearbeitungszeit; und das bedeutet Verschärfung der BetrSichV.

§§ 19 bis 21: Vollzugsregelungen und Ausschuss für Betriebssicherheit

Verschärfend wirkt sich hier dieser Neubeschluss aus, der für die in § 19 geregelten Mitteilungspflichten und behördliche Ausnahmen gilt: Nun müssen verpflichtend auch Unfälle und Schadensfälle zusätzlich angezeigt werden, die bei der Verwendung von Arbeitsmitteln gemäß Anhang 3 passieren (z.B. Krane – in diversen Formen, z.B. Brücken-, Ausleger-, Schwenkarm-, Turmdrehkrane etc. | Flüssiggasanlagen sowie Arbeitsmittel der Veranstaltungstechnik). 

§§ 22 bis 24: Mehr mögliche Tatbestände
und Anlässe für Ordnungswidrigkeiten


Die Tatbestände des § 22 BetrSichV befassen sich mit Verstößen gegen Pflichten, bei denen es sich nach Meinung des Gesetzgebers um typisches Verwaltungsunrecht handelt, dessen Ahndung mit Bußgeldern angemessen erscheint; so dass die Androhung von Sanktionen rechtswidriges Verhalten ausbremsen könnte.

§ 22 enthält jetzt 42 verschiedene Tatbestände von Ordnungswidrigkeiten, so etwa wenn Arbeitsmittelprüfungen fehlen. Neu ist auch die Einführung vieler Bußgeldtatbestände, die sich aus unterlassenen oder falsch durchgeführten Gefährdungsbeurteilungen ergeben.

Im Grundsatz ist der Straftatbestand in § 23 BetrSichV erhalten geblieben, jedoch kommt nun hinzu: Begeht ein Arbeitgeber eine der zahlreichen in § 22 BetrSichV genannten Handlungen vorsätzlich und gefährdet Leben oder Gesundheit eines Beschäftigten, so stellt dies eine mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bewehrte Straftat dar.

§ 24 enthält Übergangsvorschriften, die unter anderem Aufzugsanlagen betreffen. 

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Foto: Foto: BettinaF | pixelio.de


§§ 8 bis 10: Neue Koppelung an die Gefahrenstoffverordnung

Die Regelungen der Paragraphen 8 und 9 entsprechen wesensmäßig den alten Anhängen 1 und 2 der BetrSichV aus 2002. Allerdings wird in Paragraph 9 der Abschnitt 4 an die Anforderungen der Gefahrenstoffverordnung gekoppelt, damit auch Anforderungen an den Explosionsschutz berücksichtigt werden können. Achtung: Die Gefahrenstoffverordnung hat selbst Änderungen erfahren; betrifft Anhang I Nummer 1 Brand- und Explosionsgefährdungen (1.1 bis 1.8).

Paragraph 10 regelt jetzt …

… die verbindliche Vorschreibung von regelmäßigen Wartungen,
… dass Instandhaltungen selbst sicher durchzuführen sind sowie
… Maßnahmen bei Außerkraftsetzung von Sicherheitsanlagen.

Die Liste der in § 22 geregelten Ordnungswidrigkeiten können
Sie an dieser Stelle einsehen: www.arbeitssicherheit.de