Betriebsrat konnte auf Anhörungsschreiben
nicht angemessen reagieren
 

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Foto von bruce mars

Ein Betrieb mit zuletzt 155 Beschäftigten sollte geschlossen werden. Da ein Betriebsrat existierte, musste der Arbeitgeber Regelungen beachten, die er mit diesem im Vorfeld der Schließung in Form eines Interessenausgleichs festgelegt hatte. Im Rahmen dessen waren auf ausdrücklichen Wunsch des Betriebsrates Befristungen auslaufen zu lassen und unbefristet Beschäftigte an anderen Standorten weiter zu beschäftigen. Aus diesem Grund enthielt der Interessenausgleich keine Namensliste.

Dieser Regelungen ungeachtet kündigte der Arbeitgeber dennoch sämtliche verbliebenen 155 Mitarbeiter. Den Betriebsrat informierte er dazu schriftlich gemäß § 17 KSchG, welcher geplante anzeigepflichtige Entlassungen regelt. Das Schreiben war als „Anhörung“ betitelt und forderte, dass der Betriebsrat optional folgendermaßen reagieren sollte:

… „keine Stellungnahme“,
… „Zustimmung zu den Kündigungen“ oder
… „Widerspruch gegen die Kündigungen“.

Der Betriebsrat wählte letztere Option und widersprach – ebenfalls schriftlich – also den Kündigungen, zudem stellte er die aus seiner Sicht möglichen Weiterbeschäftigungsstrategien vor. Sein Leser auf der Gegenseite reichte dieses Schreiben bei der Bundesagentur für Arbeit ein; und zwar gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 KschG als nachgereichte Stellungnahme des Betriebsrates. Streit brach aus, beide Parteien gingen vor Gericht.

Die Vorinstanzen ließen das Arbeitgebervorgehen als hinreichend gelten. Als aber auch noch ein Arbeitnehmer gegen seine Kündigung klagte, ließ das BAG dieselbe scheitern. Das Gericht urteilte, die Massenentlassungsanzeige sei unwirksam, weil dem Interessensausgleich eine Namensliste gefehlt hatte. Unmöglich könne daher die Stellungnahme des Betriebsrates durch den Interessenausgleich ersetzt werden. Es missfiel dem BAG auch, dass der Inhalt des Ausgleich eindeutig zeige, dass der Beklagte seinerzeit mit dem Betriebsrat über Weiterbeschäftigung in anderen Betrieben verhandelt habe, und eben nicht die Beendigung von Arbeitsverhältnissen.

Da das einzuleitende Konsultationsverfahren nach § 17 Abs. 2 KSchG vorsehe, dem Betriebsrat Beratungen anzubieten, genüge das reine „Anhörungsschreiben“ des Arbeitgebers nicht. Dieses habe es dem Betriebsrat zudem unmöglich gemacht, gesetzeskonform zu reagieren, sein schriftlich vorgebrachter „Widerspruch“ könne nicht als Stellungnahme gelten. Eine solche läge nämlich nur vor, wenn sich der Betriebsrat in einer Weise äußere, die zeigt, dass er erstens seine Beteiligungsrechte als gewahrt ansieht und dass er zweitens eine abschließende Erklärung zu den vom Arbeitgeber beabsichtigten Kündigungen abgibt. Das BAG setzte hinzu, auch eine eindeutige Mitteilung dazu, keine Stellung nehmen zu wollen, reiche generell als Stellungnahme aus. Im vorliegenden Fall hatte der Betriebsrat aber eben nicht kundgetan, ob er seinen Verhandlungsanspruch als erfüllt betrachtet.

Was der Senat empfiehlt

Als Ausweg bleibe dem Arbeitgeber nach Auffassung des BAG-Senates nur, in einem solchen Fall den Stand der Beratungen darzulegen und die 2-Wochen-Frist des § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG abzuwarten. Die Lehre aus diesem Urteil lautet in jedem Fall: Details machen die Musik und wer sich verabredet, tut gut daran, sich präzise zu erinnern; auch wenn das im Business nicht immer die favorisierte Maßgabe für Geschäftsentscheidungen ist. Alles andere wird teuer.

Foto: Petra Bork | pixelio.de