Eklatanter Rechtsbruch

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In dieser Prozesswendung hin zur Sache des AGG liegt auch der Grund, warum das LAG höhere Entschädigungen verordnete. Für die Bemessung des Entschädigungsbetrages nach § 15 Abs. 2 AGG lässt das AGG nämlich die jeweilige Vergütungshöhe der klagenden Mitarbeiterin unberücksichtigt. Die Grenze von drei Monatsgehältern in § 15 Ab. 2 AGG gelte nur für unberechtigte Nichteinstellungen. Die jahrelange Ungleichbehandlung der weiblichen Produktionsbeschäftigten sei aber eklatant rechtswidrig gewesen. Es müsse daher zulasten des Arbeitgebers ein „fühlbarer Entschädigungsbetrag“ ausgeurteilt werden. Diesen sieht das LAG – dies allerdings ohne nähere Begründung – in den zu leistenden 6.000 Euro als angemessen angesetzt an.


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LAG konterte Verteidigungsversuch
des Arbeitgebers mit dem AGG

Der Arbeitgeber hatte während des Gesamtprozesses durchaus nicht versucht einzulenken, sondern hoffte, sich insbesondere mit der Geltendmachungsfrist aus § 15 Abs. 4 AGG von zwei Monaten verteidigen zu können.

Das LAG konterte, dass die klagende Mitarbeiterin keinen Schadensersatzanspruch zu ihrer Vergütung, sondern einen Erfüllungsanspruch geltend machte. Dieser sei nach allen in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen gegeben; zunächst geltend nach dem AGG. Die bei der Entgeltzahlung unerlaubt benachteiligte Arbeitnehmerin habe entsprechend der zugrunde liegenden Regelung – hier der individualrechtlichen Vereinbarung – einen Anspruch auf die vorenthaltene Leistung, so die Richter. Aus der Wertung in § 2 Abs. 1 Nr. 2 und § 8 Abs. 2 AGG ergebe sich, dass bei einer diesem Gesetz widersprechenden Diskriminierung eine Grundlage für Ansprüche auf gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeiten gegeben sei. Derselbe Anspruch ergebe sich aus § 612 Abs. 3 BGB und dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz.

Konkret muss der Arbeitgeber nun nicht nur der Klägerin eine Entschädigung in Höhe von 6.000 Euro sowie die eingeklagte Vergütungsdifferenz von 9.229,90 Euro brutto für den Fallzeitraum 01.01.2009 bis 31.12.2012 zahlen. Er soll die Entschädigung jeder Beschäftigten zukommen lassen, die zu denselben Bedingungen wie die KIägerin im Betrieb arbeitet. Hätte das LAG den Satz des Arbeitsgerichts gelten lassen, wäre der Arbeitgeber besser weggekommen. Dem LAG erschienen nämlich die ursprünglich veranschlagten drei Bruttomonatsgehälter zu wenig, diese hatten in Summe 4.917,97 Euro ergeben.

Hatte der Arbeitgeber also geglaubt, er könne insbesondere bei den weiblichen Produktionsbeschäftigten Kosten sparen, so zahlt er nun im Gegenteil empfindlich drauf. Diese Diskriminierung wurde für ihn zum Bumerang.