Ziel der beruflichen Fortbildung ist es, die beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten zu erhalten, zu erweitern, der technischen Entwicklung anzupassen (Anpassungsfortbildung) oder beruflich aufzusteigen (Aufstiegsfortbildung). Die berufliche Fortbildung setzt begrifflich eine abgeschlossene berufliche Tätigkeit, eine langjährige berufliche Tätigkeit oder beides voraus.

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Foto von Marvin Meyer

Die berufliche Fortbildung ist im Berufsbildungsgesetz (BBiG) nur ansatzweise geregelt (§§ 1 Absatz 4, 53 ff. BBiG). Das BBiG gibt weder arbeitsrechtliche noch ordnungsrechtliche Regelungen vor, sondern beschränkt sich in §§ 53ff. BBiG auf die rahmenrechtliche Vorgabe eines Prüfungswesens. §§ 10 bis 25 BBiG gelten für die berufliche Fortbildung nicht, so dass auf allgemeine rechtliche Grundlagen und Richterrecht zurückzugreifen ist.

Einen Rechtsanspruch auf Fortbildung können Gesetze (zum Beispiel § 2 Absatz 3 Arbeitssicherheitsgesetz, ASiG; § 81 Absatz 4 Nummer 2, 3 Sozialgesetzbuch, SGB IX), kollektive Regelungen (Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen) oder der Arbeitsvertrag begründen. Meist gewähren Qualifizierungstarifverträge jedoch keine einklagbaren individuellen Ansprüche und sehen oft eine Beteiligung der Arbeitnehmer vor, indem sie zum Beispiel Zeitguthaben einbringen.

Seit Geltung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) werden voraussichtlich verstärkt Ansprüche aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz beziehungsweise Diskriminierungsverboten abgeleitet. Ein Arbeitgeber, der Beschäftigten zum Beispiel ab einem gewissen Alter Fortbildungsmaßnahmen vorenthält (§§ 1; 2 Absatz 1 Nummer 3; 3 Absatz 1 AGG), muss dann dafür einen anerkennenswerten Sachgrund darlegen und eine Altersdiskriminierung widerlegen (§§ 8; 10; 22 AGG). Ansonsten hat der Arbeitgeber grundsätzlich ein weites Auswahlermessen bei der Frage, welche Mitarbeiter er individuell fördert und befördert (Landesarbeitsgericht, LAG, Köln vom 11. August 1994 – 10 Sa 289/94).

Wenn es für die Fortbildung oder Schulung einen begründeten Anlass gibt, wobei Förderlichkeit für die ausgeübte Tätigkeit genügt, sie während der Arbeitszeit stattfindet, der Arbeitgeber die Kosten trägt und nicht konkrete überwiegende Interessen des Arbeitnehmers entgegenstehen, kann der Arbeitgeber die Teilnahme im Wege des Direktionsrechts (§ 106 Gewerbeordnung, GewO) anordnen und die Weigerung mit einer Abmahnung sanktionieren (LAG Mainz vom 5. Oktober 2005 – 10 Sa 349/05, AuA 2006, 625; Arbeitsgericht Bonn vom 4. Juli 1990 – 4 Ca 751/90, NZA 1991, 512).

Vertrag schließen

Daneben können sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer über eine Fortbildung vertraglich einigen. Dies ist insbesondere bei konkreten und längeren Maßnahmen sinnvoll und sollte schriftlich geschehen, auch wenn keine Form vorgeschrieben ist. Dabei sind insbesondere die Grundsätze der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) nach Transparenz, Klarheit und Verbot unangemessener Benachteiligung (§§ 305 c, 307 Bürgerliches Gesetzbuch, BGB) zu beachten.

Eine Vereinbarung, die den Arbeitnehmer etwa verpflichtet, an allen Fortbildungen teilzunehmen, die der Erfüllung seiner Aufgaben dienlich sind, ist sowohl unklar als auch unbestimmt und kann auch nicht durch eine Auslegung gerettet werden (LAG Halle vom 17. November 2000 – 2 Sa 281/00). Geregelt werden sollten:

  • Ausbildungsthema, gegebenenfalls Ausbildungsort;
  • Beginn und Ende, Dauer, gegebenenfalls Befristung eines Vertragsverhältnisses;
  • Übernahme von Kosten, zum Beispiel für Literatur, Reise oder Hotel. Ein Anspruch auf vollständige Durchführung der Weiterbildung auf Kosten des Arbeitgebers besteht nicht, wenn dies nicht ausdrücklich vertraglich vereinbart ist (LAG Nürnberg vom 27. November 1996 – 4 (1) Sa 673/94). Da Aufwendungsersatzansprüche (§ 670 BGB) abdingbar sind, empfiehlt sich eine klare Regelung zu „ob“ und „wie“;
  • Vergütung, etwa Fortzahlung der Arbeitsvergütung, besondere Ausbildungsvergütung;
  • völlige oder teilweise Freistellung von Arbeitsleistung, Ruhen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses, unbezahlter Urlaub, Einbringen von Zeitguthaben;
  • Rückzahlungsklauseln.

Eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Durchführung von langwierigen, kostenintensiven und vom Erfolg her ungewissen Fortbildungsmaßnahmen zur Vermeidung einer Kündigung besteht nach § 1 Absatz 2 Satz 3 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) nicht (BAG vom 29.Januar 1997 – 2 AZR 49/96). Dies könnte einen Widerspruch des Betriebsrates nach § 102 Absatz 3 Nummer 4 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) begründen.

Was dem Arbeitgeber insoweit zugemutet werden kann, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere Dauer der Betriebszugehörigkeit, beruflicher Vorbildung, Lebensalter, Dauer und Kosten der Fortbildung sowie Belastbarkeit des Arbeitgebers (LAG Hamm vom 28. April 2004 – 18 Sa 1765/03, AuA 2005, 566). Relevant wird dies insbesondere bei Low-Performance und Fällen, in denen das Unternehmen das Anforderungsprofil für Arbeitsplätze ändert: Die neuen Qualifikationsmerkmale müssen dann einen nachvollziehbaren, sachlichen Bezug zur Organisation der auszuführenden Arbeiten haben und nicht nur eine „wünschenswerte Voraussetzung”, sondern ein arbeitsplatzbezogenes Kriterium für eine Stellenprofilierung sein (BAG vom 10. Juli 2008 – 2 AZR 1111/06, DB 2009, 350). Der Arbeitgeber muss sich dann auch konsequent an sein Konzept halten (Selbstbindung). Kann der Arbeitnehmer die fehlende Qualifikation bei entsprechenden zumutbaren Bemühungen noch erwerben, so ist ihm zuvor Gelegenheit zu geben, seine Arbeitsweise den Anforderungen anzupassen (LAG Hamm vom 15. Januar 2004 – 8 Sa 907/03).

Rückzahlung vereinbaren

Erhält ein Arbeitnehmer mit der Fortbildung eine angemessene Gegenleistung, insbesondere die Eröffnung von beruflichen Möglichkeiten oder die Nutzbarmachung der erworbenen Kenntnisse für anderweitige Arbeitsverhältnisse, so ist ein Vertrag auf Rückzahlung der Fortbildungskosten vor deren Beginn grundsätzlich statthaft. Die Fortbildung darf jedoch nicht bloß innerbetrieblichen Nutzen haben, lediglich der Auffrischung vorhandener Kenntnisse dienen oder die Anpassung an vom Arbeitgeber veranlasste neuere betriebliche Gegebenheiten bezwecken (vergleiche § 97 Absatz 2 BetrVG).

Zulässige Auslöser einer Rückzahlungsverpflichtung sind:

  • Eigenkündigung des Arbeitnehmers (vor Ablauf der Bindungsfrist), soweit nicht vom Arbeitgeber veranlasst
  • Ordentliche oder außerordentliche arbeitgeberseitige Kündigung wegen vertragswidrigen Verhaltens des Arbeitnehmers
  • Abbruch der Ausbildung, wenn dem Arbeitnehmer eine ausreichende Einarbeitungszeit zugestanden wird, innerhalb derer er die Ausbildung kennen lernen und ohne Rückzahlungsverpflichtung abrechen kann
  • Aufhebungsvertrag auf Wunsch des Arbeitnehmers

Unzulässige Auslöser einer Rückzahlungspflicht sind:

  • Arbeitgeberkündigung aus betriebsbedingten Gründen oder wegen Insolvenz des Arbeitgebers
  • Arbeitgeberkündigung aus personenbedingten Gründen, wenn der Arbeitnehmer trotz der erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht den subjektiven Vorstellungen des Arbeitgebers (Ungeeignetheit) über seine weiteren Verwendungsmöglichkeiten entspricht
  • Mangelndes Interesse des Arbeitgebers nach Abschluss der Ausbildung am Abschluss eines regulären Arbeitsvertrages
  • Nichtbestehen der Prüfung

Hinsichtlich der Länge der zulässigen Bindungsdauer hat die Rechtsprechung allgemeine Maßstäbe entwickelt. Allerdings gibt es dabei keine rechnerische Gesetzmäßigkeiten. (Tab. 1)

Da die Staffelung des Rückzahlungsbetrages zeitanteilig zur Bindungsdauer für die Zumutbarkeitsprüfung ein wesentlicher Gesichtspunkt ist, empfiehlt sich eine zeitanteilige Kürzung, beispielsweise Reduzierung um 1/24 für jeden vollen Monat bei 24 Monaten Bindungsdauer. Der Arbeitgeber kann nur den Betrag zurückverlangen, den er tatsächlich aufgewandt hat, höchstens jedoch den vereinbarten Betrag.

Da die Rechtsprechung Rückzahlungsvereinbarungen einer AGBKontrolle unterwirft, ist grundsätzlich keine geltungserhaltende Reduktion möglich (§ 306 Absatz 2 BGB). Eine geltungserhaltende Reduktion auf die zulässige Bindungsdauer kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn es für den Arbeitgeber objektiv schwierig ist, die zulässige Bindungsdauer zu bestimmen und sich dieses Prognoserisiko verwirklicht (BAG vom 14. Januar 2009 – 3 AZR 900/07). Bei unzulässig langer Bindungsdauer kann deshalb überhaupt keine Rückzahlung mehr verlangt werden, weshalb rechtlich gesehen weniger beziehungsweise kürzer mehr sein kann.

Mitbestimmung beachten

Hat der Arbeitgeber die Teilnahme an Schulungs- und Fortbildungsmaßnahmen angeordnet, handelt es sich um Arbeitszeit im Sinne des § 87 Absatz 1 Nummer 2, 3 BetrVG, auch wenn der Arbeitnehmer damit keine Hauptleistung erbringt. Ob es sich dabei zugleich um Arbeitszeit im vergütungsund/ oder arbeitsschutzrechtlichen Sinn handelt, spielt keine Rolle (BAG vom 15. April 2008 – 1 ABR 44/07, DB 2009, 520).

Die Abstellung von Arbeitnehmern zu Workshops im Betrieb zur Optimierung innerbetrieblicher Abläufe – 2 Tage/Monat während der Arbeitszeit unter externer oder interner Moderation – stellt keine Versetzung (§§ 99 Absatz 1; 95 Absatz 3 BetrVG) dar, da sich das Gesamtbild der Tätigkeit des Arbeitnehmers nicht erheblich ändert (BAG vom 28. August 2007 – 1 ABR 70/06, DB 2008,70).

Das Betriebsverfassungsgesetz gewährt diverse Unterrichtungs- (UR), Beratungs- (BR), Vorschlagsrechte (VR) bis hin zu echten umfassenden Mitbestimmungsrechten (MBR), die notfalls einigungsstellenfähig sind, bei Bildungsmaßnahmen, die über eine bloß arbeitsplatzbezogene Unterrichtung hinausgehen, soweit der Arbeitgeber einen eigenen Gestaltungsspielraum hat. (Tab. 2)

Berufsbildung erfasst alle Maßnahmen, die Arbeitnehmern in systematischer, lehrplanartiger Weise Kenntnisse und Erfahrungen vermitteln, die diese zur ihrer beruflichen Tätigkeit im Allgemeinen befähigen (BAG vom 24. August 2004 – 1 ABR 28/03, DB 2005, 781). Da im Fortbildungsbereich selten abschließende Normvorgaben bestehen, kommt das Mitbestimmungsrecht nach § 98 BetrVG meist zum Tragen, das sich auf Ort, Dauer, Ausbildungsplan, Ausbilder, konkrete Auswahl der Teilnehmer und eventuell betriebliche Prüfungen erstreckt (BAG vom 5. November 1985 – 1 ABR 49/83, DB 1986, 1341).

Mitbestimmungsfrei sind die Höhe der vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Mittel und – richtigerweise – der Zweck der Bildungsmaßnahme sowie Anzahl und generelle Umschreibung des Teilnehmerkreises (HWK/Ricken, § 98 Rz. 4 f., 17). Das Mitbestimmungsrecht ist gewahrt, wenn es zu einer formlosen Absprache oder Betriebsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat kommt.

Quelle: PERSONAL – Heft 05/2009