Die Parteien streiten darüber, nach welchen Versorgungsbestimmungen sich die Anwartschaften des Arbeitnehmers auf betriebliche Altersversorgung richten. Anlass hierfür war, dass die ursprünglich dem Arbeitnehmer zugesagte betriebliche Altersversorgung mehrfach geändert und durch neue Regelungen abgelöst wurde. Insbesondere wurde die ursprünglich zugesagte monatliche Altersrente durch eine einmalige Kapitalzahlung bei Eintritt des Versorgungsfalles abgelöst.

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Foto von Danielle MacInnes

Für die Frage der Anwendbarkeit der richtigen Versorgungsregelungen ist maßgeblich, ob die erfolgten Änderungen und Ablösungen wirksam waren. Das Bundesarbeitsgericht weist darauf hin, dass damit verbundene Eingriffe im Einzelnen auf ihre besondere Rechtfertigung geprüft werden müssen, was es der weiteren Beurteilung durch das Landesarbeitsgericht vorbehalten hat.

Die Erfurter Richter weisen darauf hin, dass bei jeder Änderung und Ablösung einer Versorgungsordnung durch eine neue Regelung die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes zu berücksichtigen seien. Um die Wahrung dieser Grundsätze beurteilen zu können, will das Gericht zu jedem Zeitpunkt der Änderung oder Ablösung einer geltenden Versorgungsordnung die Höhe der daraus resultierenden Anwartschaften mit den Anwartschaften nach der neuen Versorgungsordnung vergleichen.

Für die erforderliche Berechnung der Anwartschaften stellt das Gericht klar, dass der Verweis in einer Versorgungsordnung auf die Vollendung des 65. Lebensjahres als Voraussetzung für den Eintritt des Versorgungsfalles regelmäßig dahingehend zu verstehen sei, dass auf die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung Bezug genommen werde. Für die Frage, ab welchem Zeitpunkt eine Altersrente zu zahlen ist, sei die stufenweise Anhebung der Regelaltersgrenze durch das Rentenversicherung-Altersgrenzenanpassungsgesetz einzubeziehen, so dass die in der Versorgungsordnung genannte Altersgrenze 65 schrittweise ansteigt. Auch bei der Berechnung einer unverfallbaren Anwartschaft sei daher die ggf. höhere Regelaltersgrenze zu Grunde zu legen.

Ist die Ablösung einer älteren Versorgungsordnung mit Eingriffen in die Höhe der Versorgungsanwartschaften verbunden, bedürfen diese einer besonderen Rechtfertigung. Je stärker dabei der Eingriff, umso gewichtiger müssen die Gründe hierfür sein. Diese Prüfung führt das Bundesarbeitsgericht seit seiner Entscheidung vom 17. April 1985 auf drei unterschiedlich schwerwiegenden Eingriffsstufen durch (sog. Drei-Stufen-Rechtsprechung).

Doch führen die Richter weiter aus, selbst im Fall, dass die Höhe der Versorgungsanwartschaften unberührt bleibe, könne allein die Umstellung von einer Rentenzusage auf die Zusage einer einmaligen Kapitalleistung als solche einer besonderen Rechtfertigung bedürfen. Auch wenn der Wert beider Zusagen versicherungsmathematisch derselbe sei, so hätten doch laufende Rentenzahlungen für den Arbeitnehmer eine besondere Wertigkeit. Fehle es daher an einer Rechtfertigung, wäre die Umstellung unwirksam.

Der Grundsatz des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit erfordern nach den Ausführungen des Gerichts eine Abwägung der wechselseitigen Interessen. Dabei seien das Interesse des Arbeitnehmers am Fortbestand des Versprechens einer Rentenleistung und das Interesse des Arbeitgebers an der Umstellung von einer Renten- auf eine Kapitalleistung angemessen zu berücksichtigen. Das Gericht fordert sogar, dass das Interesse des Arbeitgebers das Interesse des Arbeitnehmers "erheblich" überwiegt. Zugunsten des Arbeitgebers könnten wirtschaftliche Gründe sprechen, beispielsweise dann, wenn der Arbeitgeber jedenfalls auf Dauer nicht mehr in der Lage sei, die Kosten des bisherigen Versorgungswerks aufzubringen. Auch der Umstand, dass der Wechsel Vorteile im Hinblick auf die Bilanzierung und die Finanzierung der Versorgungsleistung mit sich bringe, sei zu berücksichtigen. Schließlich könne auch eine Anhebung des Dotierungsrahmens, d.h. eine Erhöhung der Versorgungsleistung den Nachteil der Umstellung von einer Rentenleistung auf eine Kapitalzahlung ausgleichen.

Wenig Kopfzerbrechen sollte auf den ersten Blick die Entscheidung zu der anzuwendenden Altersgrenze in der betrieblichen Altersversorgung bereiten. In der Tat wird zumeist nicht eine feste Altersgrenze mit Vollendung des 65. Lebensjahres gewollt sein. Kann ein Mitarbeiter daher erst mit einem höheren Alter in die gesetzliche Rente eintreten, so hat dies regelmäßig zur Folge, dass die Altersrente aus der betrieblichen Altersversorgung auch erst ab diesem Zeitpunkt gewährt wird. Eine Änderung des Wortlauts der Versorgungsordnung erscheint nach der Entscheidung des BAG nicht erforderlich zu sein.

Zu bedenken ist allerdings, dass dies nur für Versorgungsordnungen gilt, die aus der Zeit vor dem Rentenversicherungs-Altersgrenzenanpassungsgesetz stammen. Nur bis zu diesem Zeitpunkt ist die Versorgungsordnung in Unkenntnis der abweichenden Altersgrenze entstanden. Offen bleibt, ob bei einer späteren (anderweitigen) Änderung der Versorgungsordnung, ohne zugleich auch die Altersgrenze anzupassen, möglicherweise der bestehende Wortlaut mit der festen Altersgrenze von 65 Jahren inhaltlich bestätigt und anerkannt wird. Wird daher eine Änderung oder Neufassung einer Versorgungsordnung verabschiedet, sollte bei dieser Gelegenheit auch eine Anpassung der Altersgrenze erfolgen.

Beachtung finden sollten aber vor allem die Einschränkungen bei der Umstellung von einer Rentenzusage auf eine Kapitalzusage, die das Bundesarbeitsgericht den Arbeitgebern auferlegt. Hier verbirgt sich möglicherweise ein Haftungsrisiko noch aus der Vergangenheit. Denn Mitarbeiter könnten geltend machen, dass eine frühere Umstellung unwirksam sei, denn nach der neuen Rechtsprechung reicht es allein nicht aus, dass der versicherungsmathematisch berechnete Barwert beider Zusagen der gleiche ist. Daher ist in Zukunft bei einer solchen Umstellung – wie bei jedem anderen Eingriff in eine Versorgungsordnung auch – immer zu prüfen, ob es hierfür eine sachliche Rechtfertigung gibt.