man using Apple desktop inside room beside man
Foto von Patrick Amoy

„Entschuldigung, sagen Sie mal, was motiviert Online-Netzwerker eigentlich dazu, sich kennenzulernen?“ Argloses Lächeln, Pause. Florian Jan Maas hat sich eine Eintrittskarte zur Personal 2013 Nord in Hamburg gekauft. Wie praktisch – die Fachmesse findet in seiner Heimatstadt unweit des Hafens statt. Und so schlägt er gegen 15:00 Uhr am ersten Messetag am HRM.de-Stand mit dieser direkten Frage auf. Einfach mal gucken, was andere dazu zu sagen haben. Er fragt wie jemand, der zum ersten Mal in seinem Leben eine Reise macht oder einen Helikopter sieht. Offen, neugierig und freundschaftlich. Einer, der zuhört, ohne schon seine Entgegnungen zu formulieren oder den Gesprächspartner dorthin zu manövrieren, wo er ihn braucht. Ist das nun naiv oder umsichtig? Jan Florian Maas hat mit seinen 47 Jahren eine lange Strecke zurückgelegt.

Am 17.06.1966 geht für Maas in Hamburg das Licht der Welt an. Sein Vater kommt aus dem Presse- und Werbeagentur-Wesen. Die Mutter teilt mit diesem die Liebe zu Texten, Büchern und Zeitschriften. Der kleine Jan Florian wächst in einem bildungsaffinen Haushalt auf. Er erlebt eine geborgene Kindheit, geht aufs Gymnasium, macht sein Abitur, weiß aber nicht recht, was er werden soll. Also lässt er sich ins Leben fallen. Jobbt am Bau und in Hotels in der Schweiz und in Norwegen. Endlich entschließt er sich, auf ganzer Linie zu seiner Wiege zurückzukehren: Er wird beim Hamburger Verlagsriesen Gruner+Jahr angenommen und macht eine Lehre zum Verlagskaufmann. Damit bleibt er seiner Herkunft treu, muss sich aber inhaltlich nicht wirklich festlegen. Dieser Entschluss beeinflusst sein künftiges Leben.

Die grauen Dinger sind richtige Werkzeuge
und keine komplizierten, stumpfsinnigen
Infoauswertungs- und –steuerungsapparate

 

Als er im Verlag dem Fotoservice zugeteilt wird, lernt er Würfelcomputer mit einem Apfel-Logo darauf kennen. Erst reagiert er ablehnend. Computer – so lernte er für sich in der Schule – sollen auf gar keinen Fall sein Leben bestimmen. Mit Apple ändert sich das. Die grauen Dinger sind richtige Werkzeuge und keine komplizierten, stumpfsinnigen Infoauswertungs- und -steuerungsapparate, versteht er jetzt. Er fängt an, sich mit dieser neuen Welt zu beschäftigen. Nach Ausbildungsabschluss wechselt er zum Verlag Ehrlich&Sohn, in dem die Hamburger Morgenpost und die Frau im Spiegel erscheinen. Und weil er sich inzwischen die Programmierung mit der ersten Datenbank-Software der Apple-Tochter Filemaker beigebracht hat, bietet er dem Verlag an, eine Vertriebssteuerung für die Heftauslieferungen in die verschiedenen bundesdeutschen Regionen zu bauen..

Wochen später sitzen Maas Senior und Maas Junior in der elterlichen Küche zusammen und der Junge überzeugt den Alten, ihm zu helfen, sich selbstständig zu machen; mit dem, was er kann. Der Vater lässt ihn für dessen Agentur eine Adressverwaltungssteuerung programmieren. Zusätzlich geht der Junior ein paar Journalisten an, die ihn gebeten hatten, mit ihnen Macs auszusuchen. Als ein Freund ihm zusagt, mit ihm zu arbeiten, ist der Start perfekt. Man richtet sich im Maas‘schen Schlafzimmer zwischen Schränken und Nachtkästchen ein. Der eine mit einem Telefon – er ist der Mann für das erste Gespräch – der andere für das Beratungsgespräch vor Ort. Schnell macht sich der junge Jan Florian einen Namen in der Szene, denn die Kunden bekommen ihre neuen Macs immer startbereit installiert mit Grußkarte, Schleife und Champagner übergeben. Schliesslich gilt es den Einstieg in ein kreativeres und produktiveres Arbeitsleben zu feiern…

Apple Computer sind zu dieser Zeit nicht überall zu bekommen. Nur weil er den Inhaber eines Hamburger  Systemhauses erster Adresse für sein individuelles Beratungskonzept begeistern kann, gelingt es ihm, die begehrten Geräte zu liefern. Wo ein Wille, da ein Weg. Die ersten Kunden der beiden Nerds sind Werbe- und PR-Agenturen. Danach erarbeiten sie sich Architekten, Versicherungen und weitere Berufszweige.

Beim Verkaufen der Macs lernt Jan Florian Maas, dass sich viele Mitarbeiter in den Details ihrer Aufgabengebiete verlaufen, kaum einen Überblick in der digitalen Dokumentenablage bewahren können und so beim Arbeiten zu straucheln beginnen. Als Bildungsmensch versucht er zwischen den Lebenswelten der Kunden und den technischen Möglichkeiten des Macs zu vermitteln. Es gelingt ihm, fachlich und menschlich zwischen Theorie und Praxis locker hin und her zu zoomen. Seine innere Ruhe und sein kommunikative Intelligenz helfen seinen Klienten, innere Blockaden zu überwinden und sich den neuen Technologien zu öffnen.

Aus der Ärzteschaft heißt es lapidar:
„Geht weg oder bleibt …

Diese innere Ausgeglichenheit sei ihm allerdings nicht in die Wiege gelegt worden, sagt Jan Florian Maas rückblickend. Als Jugendlicher sei er ein kleiner Hitzkopf gewesen, erzählt er munter am HRM.de-Stand. Mit 16 Jahren leidet er dann urplötzlich an Neurodermitis. Überall an den Händen glänzen hässliche Bläschen, der Gang zur Schule wird zur Marter für den Teeny. Aus der Ärzteschaft heißt es lapidar: „Geht weg oder bleibt, weiß man nicht so genau“. Allerdings bekommt er den Tipp, sich in autogenem Training zu üben. Also gedanklich alle Glieder durchgehen, die Wärme im Körper spüren und sich dabei schöne große Pyramiden vorstellen. Absurd, denkt Maas Junior. Und wird doch ruhig bei diesen konzentrierten Körper-Geist-Spaziergängen; mit denen sich zu seiner großen Freude auch die Neurodermitis bald aus seinem Leben verabschiedet.

Diese Lebensgeschichte und nicht zuletzt seine ungebrochene Neugier auf Menschen führen 1998 dazu, dass er sich beruflich verändert. Aus dem Computerhändler wird der Technologie-Evangelist, wie er sich heute augenzwinkernd und doch ernsthaft nennt. Den Computer-Handel übernimmt sein Bruder. Anfangs berät Jan Florian Maas Unternehmen zu den Themen PDF-Workflow, Farbmanagement und mobiles Arbeiten. Letzteres ist heute sein erstes Steckenpferd. Mit dem Aufkommen von Apps in 2008 wird er von Apple beauftragt, Prüfberichte, Impulsvorträge und Roadshows rund um diese neuen Anwendungen zu machen. Auf der Grundlage dessen erstellt er für Unternehmen Marktübersichten, plant mobile Arbeitsabläufe und lotst seine Kunden durch die neue  Arbeitswelt.

Maas erhält am HRM.de-Stand verschiedenen Antworten auf seine kleine Frage. Er lächelt unkonventionell, bedankt sich, erzählt seine Geschichte und will über alles ein wenig nachdenken. Der Mann bleibt spürbar im Recherche-Modus, sammelt seine Fakten, zieht nicht sofort vom Leder. Ein Blick ins Internet zeigt seine Spuren. Seine Story hat Hand und Fuß. Er wäre auf Cross-over-Events zu treffen, wo es um Kultur, Theater und neuen Medien geht. Er denkt über die Zukunft der Printmedien im Netz nach und twittert fleißig. Nie zu hoch und nie zu flach. Und alles in allem immer als Mensch. Unsere Antwort für ihn: Online-Netzwerker interessieren sich füreinander, wenn sie spüren können, dass jemand sie selbst mit Verve, Knowhow, Esprit und vor allem als Mensch inspirieren kann. Weil er nicht einfach mitläuft. Und den sie aus ganz praktischen Gründen nicht in Hamburg kennenlernen können. Dann macht es bestimmt „Click“.

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ANTIKE TECHNOWELT                               NEUE TECHNOERDE

 

Geräte, Geräte und nochmals Geräte (Frage: Was?)     Prozesse und ein Gerät (Frage: Wie?)

Widerspenstige Schnittstellen (Frage: Grenzen?)        Freie Datenflüsse (Frage: Felder?)

Anpassung (Frage: Zurechtbiegen?)                              Kreation (Frage: Wie lösen?)

Aufmerksamkeitsakrobatik (Frage: Wo alles was?)        Gelenkte Aufmerksamkeit (Frage: Was wann?)

Maschine versus Mensch (Frage: Schwächen?)           Technik pro Mensch (Frage: Stärken?)

Kontrolle(Frage: Faulheit?)                                               Selbstbestimmung (Frage: Motivation?) 

 

 

Fotocredit: Jan Florian Maas