Interview mit Imke Schulz-Hanssen über fiese Fallen im Arbeitsumfeld

[00:00:06] Intro: Die HRM Hacks, Tricks, Tipps und Hilfe für Ihre HR Herausforderungen und HR Strategien. Denn der Mensch ist der wichtigste Faktor für den Erfolg Ihres Unternehmens.

[00:00:21] Alexander R. Petsch: Glückauf und herzlich willkommen zu den heutigen HRM Hacks, präsentiert von der L&DPro, der Expo für Learning and Development Professionals Live in München am 5. November und mehr dazu unter www.lnd-pro.de. Mein Name ist Alexander Pitsch. Ich bin der Gründer des Instituts, euer Gastgeber. In unserer heutigen Folge spreche ich mit Imke Schulze-Hanssen zu: Zehn fiese Fallen, die Teams fette Leistung kosten. Imke ist seit 27 Jahren Unternehmensberaterin im Bereich Team und Leadership. Und ich war vor 27 Jahren schon bei Ihr Kunde… Ganz am Anfang sozusagen der Karriere. Und ja, 2016 dann die Schulz-Hanssen Akademie für Führen in der digitalen Transformation im schönen Hamburger Hafen bzw. Der Hafencity gegründet. Und ja, dann irgendwann die logische Konsequenz ein digitales Coachingformat entwickelt. Das Teamcamp heißt und als Do it yourself Teamcoaching as a Service eine neue spannende Lösung schafft. Und da stecken 27 Jahre im Teamcoaching Erfahrung drin und ich freue mich, dass du heute bei uns bist. Herzlich willkommen Imke Schulz-Hanssen.

[00:01:54] Imke Schulz-Hanssen: Vielen Dank, lieber Sascha. Ich freue mich über die Einladung.

[00:01:57] Alexander R. Petsch: Ja, Mensch. Vor 27 Jahren waren wir beide noch eine Spur jünger, Hätte ich jetzt fast gesagt. Ja, Witzig, oder?

[00:02:08] Imke Schulz-Hanssen: Ja, es ist viel passiert in der Zeit.

[00:02:10] Alexander R. Petsch: Ja und ja. Wenn du so zurück guckst: ich meine, du hast… Ich habe es ja gerade einstiegsmäßig gesagt, dass du viel Coachingerfahrung hast. Was ist denn so der Unterschied zwischen dem digitalen Coaching as a Service und einem Coaching E Learning, wie ich es kennen würde?

[00:02:33] Imke Schulz-Hanssen: Also viele verstehen ja unter Online Coaching eine analoge Session, die halt online stattfindet auf Zoom oder Teams oder so und dann gibt es die E-Learning Einheiten, in denen ja Wissen vermittelt wird, in denen etwas Neues vorgestellt wird. In denen, wo es einfach darum geht, dass Input vermittelt werden soll… Und in der Regel gibt es da noch eine kleine Übung dazu. Aber der Praxistransfer bleibt ja doch wieder beim Lernenden. Das ist ja, wie wenn man ein Buch übers Schwimmen liest, das man dann zwar theoretisch weiß, wie schwimmen geht, aber ich glaube, das Beispiel muss ich nicht weiter ausführen. Damit ist der Transfer in die Praxis, die Umsetzung noch nicht erfolgt und vollbracht. Und das Do it yourself Online Team Coaching bedeutet eben: Es ist ein wirkliches Coaching. Und beim Coaching ist es ja meistens so, dass es nicht ein Wissensproblem ist. Die Leute, die wissen eigentlich sehr genau, was sie können wollten oder wie sie es gerne machen würden. Es ist ein Umsetzungsproblem. Irgendwas hält sie davon ab. Irgendwas macht es schwierig oder unüberwindbar: Oder sie fühlen sich blockiert. Und da setzt er dann der Coach an, da setzt das Coaching an und ich habe lange überlegt, wie man das in ein digitales Format bringen kann. Und die erste Idee war: Ich habe jetzt 27 Jahre ganz viel gelernt. Super tolle, spannende Dinge und jetzt weiß ich, wie es geht. Und da stopfe ich jetzt alles in ein Curriculum und mache lauter kleine Imkes aus den Teilnehmern. Und habe mich fürchterlich verhoben, verzettelt, Es war sehr frustrierend. Ich habe immer wieder von vorne angefangen, habe gedacht wie kriege ich diese Gans, das ganze Wissen in ein Format? Bis ich irgendwann gedacht habe: Nein, andersrum, ich muss eigentlich mal gucken, was ist der Kern von den Coachings, von den Teamcoachings? Wo findet dieser Wendepunkt statt, wo es so ein Vorher und Nachher gibt? Also vorher haben die Leute sich vielleicht misstraut oder nicht richtig zugehört oder sich nicht verstanden oder wollten sich nicht verstehen oder irgendwas Blödes vorgefallen.

[00:05:00] Imke Schulz-Hanssen: So, und dann muss man die ja an den an diesen Moment heranführen, wo sie sich sicher genug fühlen, sich zu öffnen, zu sagen, was dich verletzt hat oder was sie enttäuscht hat. Und dann kommt ja so dieser Moment, wo sie sich öffnen und die anderen auch verstehen, was beim anderen vorgegangen ist. Und dann entsteht ja dieses neue Gefühl von Zusammengehörigkeit. Der ist ja doch nicht so doof, oder Hat es vielleicht doch nicht so gemeint? Ist doch nicht so böse oder hintertrieben oder was auch immer, was es da immer alles für Annahmen gibt. Und dann kommt ja so dieser Moment, wo die Fassade und die Deckung ein bisschen runtergeht und wo man wirklich wieder aufeinander zugehen kann. Und da habe ich gedacht, das ist eigentlich, das ist der Kern, das ist der Kern, wenn die Leute das können, wenn ich sie da durch durchführe, sich sicher genug zu fühlen, sich zu öffnen, sich anzuvertrauen. Wie das.. Den Eindruck zu haben, jetzt kann man einander zuhören. Wenn es das gelingt, in ein digitales Format zu bringen, dann hat man eigentlich im Wesen das Team Coaching erfasst.

[00:06:15] Alexander R. Petsch: Na, da bin ich ja gespannt, wie da die Resonanzen drauf sind. Aber jetzt kommen wir mal zu unserem heutigen Thema, nämlich die zehn fiesen Fallen, die Teams richtig Leistung kosten. Was ist denn so die erste Falle, wo du sagen würdest… Boah…

[00:06:34] Imke Schulz-Hanssen: Also die erste Falle habe ich mal die Erwartungsfalle genannt. Das ist häufig so, dass wenn ich ich habe mich ja auch schuldig gemacht an Leadership Seminaren und habe gedacht, man kann Leuten in zwei Tagen irgendwie beibringen, wie man ein Team führt und habe… Also meistens sind die Leute dann Jahrelang schon darum gebeten, dass sie mal an so einem Seminar teilnehmen können. Und dann sitzen sie da voller Erwartung und denken So, jetzt kommt hier irgendwie die Botschaft oder der Input, der Sie innerhalb von kürzester Zeit in perfekte Führungskräfte verwandelt. Und also der größte Anspruch ist, glaube ich, haben die Leute gegen sich selbst also dass sie meinen, sie müssten jetzt super fantastisch führen können. Aber natürlich haben auch die Leute aus ihrem Team die Erwartung, dass jetzt irgendwas passiert, wenn wenn sie zurückkommen von dem Seminar und auch die Chefs, also die die Leute da hinschicken, die Chefinnen und Chefs, die haben natürlich auch die Erwartung, dass jetzt irgendwie was ganz Fundamentales sich verändert hat. Und wie soll ich sagen, das ist nicht realistisch, dass man in zwei Tagen, wenn man Input bekommt, wenn man vielleicht einen Denkanstoß bekommt, dass man den in so kurzer Zeit sacken lassen kann, verstoffwechseln kann, wirklich durchdringen kann und dann auch noch gleich anwenden kann. Denn im Führungsseminar geht es ja immer um ganz generelle Themen. Da geht es ja nicht um das Team mit Anna und Sophie und Thomas und keine Ahnung Joachim, sondern es geht ja immer um ganz generalisierte Themen. Und das kann nicht funktionieren. Und deswegen habe ich das die Erwartungsfalle genannt, weil diese Erwartung immer zu Frust führen muss.

[00:08:40] Alexander R. Petsch: Was wäre denn die? Wie umgehe ich denn die Erwartungsfalle? Was ist denn eine realistische Einschätzung? Oder wie komme ich denn generell zu einer realistischeren Einschätzung, wenn es Zwei Tage Leadership Seminar nicht ist als Lösung.

[00:08:57] Imke Schulz-Hanssen: Na ja, das ist ja genau der Grund gewesen, weshalb ich dann eigentlich das Teamcamp entwickelt habe, weil ich eine Umsetzungsbegleitung brauche. Ich brauche jemanden, der mir halt, um mal das Beispiel vom Schwimmen wieder aufzugreifen, der mir das erst mal beibringt, wie die Schwimmzüge gehen, der da mit mir mal ins flache Wasser geht und so nach und nach es lernt und übt. Und das ist eigentlich eher so ein Begleitungs und Umsetzungsansatz als ich. Erst weiß ich etwas nicht und dann weiß ich es und dann kann ich’s.

[00:09:32] Alexander R. Petsch: Mhm. Okay, also vielleicht die erste, nennen wir es mal Teamveränderungsfalle wäre, dass man glaubt, es geht zu schnell, so zu sagen. Ja, das ist eigentlich…

[00:09:43] Imke Schulz-Hanssen: Ja, Und das ist ein Wissensproblem, ist, dass man etwas nicht wusste. Und sobald man das weiß, kann man das. Das ist. Das ist die falsche Erwartung.

[00:09:52] Alexander R. Petsch: Hm, ja, eigentlich, dass es ein Wissensproblem ist, sondern vielleicht eine Kombination aus Wissen und unser Umsetzungs und Gewohnheits. Und gerade im Leadership ist es ja, ja, lebe das, was du sozusagen erwartest.

[00:10:11] Imke Schulz-Hanssen: Ja, also wenn wir schon hier auf Leadership noch mal ein bisschen tiefer eingehen, finde ich auch das Führen, wie man das von früher kennt, als es noch als so eine statische Wirtschaft hatten, als viele Dinge planbar und berechenbar waren. Da gab es ein Verständnis von morgens geht der Chef rum, verteilt die Aufgaben und abends sammelt er die Ergebnisse wieder ein. Heute haben wir völlig veränderte Arbeitsbedingungen, viel mehr Interdependenzen, viel mehr Bewegung. Die VUCA Welt, die viel beschriebene. Und ich würde sogar mittlerweile bezweifeln, ob es überhaupt eine Führungskraft geben kann, die all das in… Also als einzelne Person in den Griff bekommen kann. Deswegen ja auch die Idee: Warum stärken wir nicht das Team? Also wenn sich Dinge verändern, dann hat ja jeder, das kennen wir aus dem privaten Leben so einen Impuls, was man jetzt tun müsste, damit es trotzdem funktioniert, wie man sich anpassen kann. Und wenn man immer noch so diese Vorstellung wir machen so statische Prozesse im Unternehmen und die funktionieren dann und fünf Jahre später macht man dann Change Management und dann kriegen die Prozesse ein Update und dann frieren wir sie wieder ein und dann geht es immer so weiter. Wenn man so eine kontinuierliche Veränderung Anpassung an tägliche Veränderungen zulassen würde, die ja aus der Schwarmintelligenz eines Teams durchaus also realistisch zu erfüllen wäre, dann hätte man dieses Problem gar nicht.

[00:11:48] Alexander R. Petsch: Also haben wir schon mal den zweiten Hack. Eigentlich das sozusagen Teamleistung heutzutage keine reine Leadership-Leistung ist, sondern ganz klar auch eine verteilte Kompetenz. Leistung und High-Performance Teams sind ja in der Regel, sage ich mal aus der Forschung, die ich dazu kenne, durchaus auch sehr heterogene Teams mit verschiedenen… Unterschiedlichen Stärken, die sich hervorragend ergänzen.

[00:12:20] Imke Schulz-Hanssen: Ja, es ist alles so, das ist alles, was aus dem Bereich der Diversity kommt. Im besten Sinne. Unterschiedliche Ansätze, unterschiedliche Gedankengänge, unterschiedliche Ideen, die daraus entstehen und daraus das Beste zu entwickeln. Ein Prozess zu haben, wie man das Nebeneinander stehen lassen kann, eine gelten lassen kann, wirken lassen kann und dann zulässt, dass sich das Beste daraus entwickelt.

[00:12:53] Alexander R. Petsch: Gehen wir mal zur zweiten Falle. Eigentlich so die: Ja, wie schaut es aus?

[00:12:58] Imke Schulz-Hanssen: Was ist ja die zweite Falle habe ich die Tarnfalle genannt? Nämlich wenn man so tut, als gäbe es keine Probleme. Das ist leider eine Beobachtung, die ich immer wieder mache, dass es den Leuten peinlich ist, wenn es Probleme im Team gibt. Dabei ist das total normal. Also ich kenne überhaupt kein Team, in dem es keine Probleme gibt. Das ist. Das ist auch gar nicht schlimm. Aber es ist schlimm, wenn ich das Gefühl habe, ich müsste das tarnen und dann kostet mich das ja doppelt Energie. Zum einen kostet es mich Energie, weil ich diese Fassade immer aufbauen muss und die andere Energie kostet es mich, dieses Problem immer runterzudrücken. Immer so, dass mich ja eigentlich immer anspringt und sagt Hey, hier stimmt was nicht. Eigentlich müssten wir mal reden, wir müssten uns mal kümmern. Es läuft nicht optimal. Das ist ja, das ist ja anstrengend. Wenn ich auf der einen Seite immer diese Stimme, die sagt, wir müssen uns echt mal kümmern, Hier ist was, hier ist was. Wenn ich die immer unterdrücke und immer noch damit beschäftigt bin, zu erzählen, wie toll alles ist und dass das alles läuft und dass das alles prima ist.

[00:14:14] Alexander R. Petsch: Das führt dich ja dann zu dem nächsten Problem, was daran anschließt, dass sozusagen das ja ein bisschen. Also wenn du die ganze Zeit Dinge sozusagen versuchst nach unten, also zu unterdrücken und sozusagen als zu tarnen, bist ja auch schnell bei Überforderung, oder?

[00:14:34] Imke Schulz-Hanssen: Dann ist man sehr schnell bei Nummer drei der Überforderungsfalle. Das ergibt sich schon so ein bisschen aus den ersten beiden, nämlich dass die Führungskraft meint, sie muss ihr Team ganz allein im Griff haben und um Hilfe zu bitten. Sich Unterstützung zu holen ist gleichbedeutend mit sich eine Blöße zu geben. Und damit ist man ja in so einem Vicious Circle, in so einem Teufelskreis, weil man merkt, eigentlich müsste ich was tun. Ich erwarte das auch von mir als Führungskraft. Ich war ja schließlich zwei Tage im Führungsseminar. Aber ich habe echt überhaupt keinen Plan, was ich jetzt konkret machen muss. Nur das darf auf keinen Fall jemand merken. Und ich meine, das wird ja auch oft genug durch entsprechende Sprüche unterstützt und und verstärkt so dieses typische: Ach, dann haben wir wohl zu viel in Ihnen gesehen, oder? Also ähnlich wenig hilfreiche Texte, die jetzt schon fast zu der Falle Nummer vier führen, nämlich der Druckfalle. Denn dieses ganze abwertende Jetzt waren Sie doch auf dem Seminar. Wieso können Sie das denn immer noch nicht, oder? Dann müssen Sie eben mal mehr delegieren. Oder sehen Sie mal zu, dass Sie Ihre Leute da in den Griff bekommen. Oder all diese Killerphrasen. Die bauen ja sehr viel Druck auf. Deswegen habe ich die vierte Falle, die Druckfalle genannt. Dieser… Diese Idee. Wenn man nur genug Druck auf Menschen ausübt, dann werden sie perfekte Mitarbeiter und perfekte Führungskräfte.

[00:16:21] Alexander R. Petsch: Hat ja ganz schön viel schon mit Tarnen und Täuschen zu tun hier.

[00:16:26] Imke Schulz-Hanssen: Ist auch leider das, was ich erlebe. Obwohl wir ja so lange schon Coaching machen und wirklich die Offenheit ja enorm gestiegen ist, ist es immer noch so ein Eingeständnis von Schwäche, so eine kleine Niederlage, wenn ich etwas dann doch nicht alleine kann. Und das gehört sicherlich zu unserer Erziehung und unserem Kulturkreis, dass wir es immer erstmal alleine schaffen wollen, dass das so in uns drin ist. Aber das baut halt noch mal mehr Druck auf.

[00:17:03] Alexander R. Petsch: Also ein großer Hebel aus dem was du sagst, ist dann ja auf jeden Fall Offenheit und transparenter zu sein.

[00:17:13] Imke Schulz-Hanssen: Ja, sich das auch erst mal selber einzugestehen, welche Wahnsinnserwartungen man an sich selber hat, wie sehr man sich selber auch unter Druck setzt. Ich meine, das ist ja nun nichts Neues, dass Leadership ganz viel mit Self Leadership zu tun hat und dass das im Grunde der erste Schritt wäre, mal zu gucken, wo verlangen wir eigentlich Dinge von uns selber, die unmöglich sind? Auch das gehört ja irgendwie zum guten Ton, dass man ständig Dinge von sich verlangt, die eigentlich nicht gehen. Also das ganze Thema Perfektionismus heißt ja ich erwarte von mir, perfekt zu sein. Kein Mensch kann je perfekt sein. Also ist der Frust schon vorprogrammiert. Wenn ich immer perfekt sein will. So, dann würde ich sagen, wir kommen zu Falle fünf. Das ist die kleine Zeitfalle. Diese Idee, die wird auch manchmal so die länger da bleiben Kultur genannt. Leistung entsteht an langen Arbeitstagen und durch emsiges Abarbeiten, ohne den Kopf zu heben. So, dann ist man richtig produktiv, dann arbeitet man ganz hart und ist irgendwie sehr fleißig und sehr produktiv. Und diese kleine Zeitfalle, die führt dann aber dazu, dass man die notwendige Reflexion, das sich mal hinterfragen und das Optimieren hinten runter fallen lässt und oft mit der mit der Haltung, das sei ja dann verschwendete Zeit.

[00:18:45] Imke Schulz-Hanssen: Und sobald man die Leute darauf anspricht, sagen die Ach so, ja, das ist doch das Ding mit der Säge, die man mal schärfen müsste. Und was man ja aber nicht machen kann, weil man die ganze Zeit mit der stumpfen Säge zugange ist usw kennen wir alle das Beispiel, aber ich kenne das von mir selber auch. Man rutscht da selbst wenn man es weiß, man rutscht da doch immer wieder rein, dass man denkt nee, ich muss das jetzt erst fertig machen, ich muss das jetzt erst abarbeiten und dann kann ich mir mal Zeit nehmen zu reflektieren. Und es ist einfach nur ein kleiner Reminder, sich ab und zu die Zeit mal zu nehmen, die Pause zu machen, den Schritt zurückzutreten, sich mal anzugucken Wie geht es mir eigentlich? Bin ich wirklich produktiv oder fühlt es sich nur so an? Was war noch mal mein Ziel und wie komme ich da am besten hin? Und ist das wirklich mit langen Stunden arbeiten? Oder kann es vielleicht auch mal leicht sein und schnell gehen und trotzdem gut sein.

[00:19:44] Alexander R. Petsch: Ja, und was ich auch immer wieder die Frage mal zu stellen wie ist das denn? Ich sag mal in meinem Team. Nee, also mal so versuchen, noch mal ein Stückchen rauszugehen. Ja, du hast es ja unter die keine Zeitfalle, aber es könnte genauso gut sein, die keine Vogelperspektive falle. Einfach ab und zu mal die Perspektive wechseln zu sagen okay, ich versuche mal von draußen drauf zu gucken und überleg mir mal, was bremst uns hier eigentlich? Oder wie könnte es, wie könnte es besser gehen?

[00:20:17] Imke Schulz-Hanssen: Genau, genau. Ich hatte das neulich im Gespräch mit einer Klientin, die sehr erfahren ist, sehr reflektiert und die aber auch nach meinem Eindruck genau in so einem Ding drin war. Und ich habe dann zu ihr so ganz freundlich und sanft gesagt: Tritt doch mal einen Schritt zurück und guck doch mal, was du da machst. Ach so, ja, weiß ich. Weiß ich. Zurücktreten. Ja, Ja, ja, Ja. Draufgucken. So. Also, da habe ich gemerkt, es kam nicht an! Also, die saß voll in dieser Falle drin, obwohl sie es könnte. Aber in dem Moment war sie einfach nicht dazu in der Lage.

[00:20:58] Alexander R. Petsch: Könnte wissen. Ja. Sag mal, könnte. Ja, könnte wissen. Ja, fängt uns ja auch ein. Wie steht es denn um das Wissen?

[00:21:09] Imke Schulz-Hanssen: Ja, und da sind wir ja auch schon bei der sechsten Falle der Wissensfalle. Nämlich zu glauben, wenn man etwas in der Theorie weiß, dann kann man es auch anwenden. Und das ist mir noch mal so ganz bewusst geworden, als ich in Corona ja nun einen heftigen Cut hatte in meiner Arbeit und tatsächlich mal mehrere Schritte zurückgetreten bin und mir mal überlegt habe, was. Was machen wir da eigentlich im Bereich Personalentwicklung und Organisationsentwicklung. Und ich habe gedacht, Ja, es gibt natürlich diese Leadership Trainings, und ich will die gar nicht in Bausch und Bogen verdammen. Natürlich muss man Dinge auch mal gehört haben, und man braucht auch einen intellektuellen Ansatz oder Anstoß, um über bestimmte Dinge überhaupt sich damit überhaupt mal zu beschäftigen. Und dann gibt es ja die Einzelcoachings von Führungskräften, die natürlich eine gute Sache sind. Aber wenn zu mir jemand ins Coaching kommt, dann erzählt der mir ja seine Warte, seine Wirklichkeitskonstruktion. Dann erklärt er mir, was er für ein Problem hält. Gerne auch natürlich im Hinblick auf sein Team. Was ist das Problem in der Führung meines Teams? Und ein paarmal ist es mir dann passiert, dass ich diese Person nach dem Abschluss des Coachings, wo wir das Gefühl hatten So, jetzt sind wir einen Schritt weiter. Mal gemeinsam mit deren Teams erlebt habe und gedacht habe Oh mein Gott, der hat ganz andere Themen, als wir das im Coaching besprochen haben. Aber das hat er gar nicht wahrgenommen, weil dieses Setting man sitzt da one on one und er erzählt aus oder sie erzählt aus ihrer Warte.

[00:23:03] Imke Schulz-Hanssen: Natürlich diese Interaktion zwischen den Teammitgliedern und der Führungskraft gar nicht beinhaltet. So, dann gibt es als Drittes, also neben den Leadership Leadership Trainings und den Einzelcoachings natürlich noch Teamworkshops, wo man sich dann mit dem Team zusammensetzt und je nachdem, was das Thema ist, eben bestimmte Dinge erarbeitet. Aber da ist mir so klar geworden, dass es genau diese Umsetzungsbegleitung eben nicht gibt. Weil im Grunde genommen, wenn ich dann so einen Teamworkshop moderiere, dann mache ich ja das, was eigentlich die Führungskraft hätte machen sollen oder was das Team hätte organisieren können. Da, da kaufen sie sich ja von außen eine Kompetenz, eine Fähigkeit Skills ein, die doch viel besser bei Ihnen selber angelegt wären. Eigentlich müssten die das doch können lernen. Und dann habe ich gedacht, da fehlt was, da fehlt was. Diese Idee und das kommt natürlich aus unserer Vorstellung von Bildung, Erziehung, wie man lernt. Da ist ein Lehrer, der erzählt, wie es geht. Und dann sind da die Schüler und die lernen das dann. Aber Wissen allein ist es eben nicht, sondern es geht tatsächlich darum, es in der Praxis umsetzen zu lernen und dann natürlich auch in unterschiedlichen Momenten und in Stressmomenten dann mal durchzuhalten. Weil da zeigt sich ja dann, ob ich es wirklich verstanden habe. In den Schönwetter. Da kann man alle möglichen Dinge umsetzen. Aber wenn dann mal eine Stresssituation kommt, dann zeigt sich ja eigentlich erst, ob das wirklich gelandet ist, ob ich wirklich so entspannt bin oder wirklich so strategisch bin, ob ich wirklich ob dieses Bild von mir auch stimmt.

[00:24:58] Alexander R. Petsch: Mhm. Für mich sind das eigentlich so zwei Punkte. Also du hast das ja als Wissensfalle beschrieben. Aber es sind ja die Aspekte, zum einen sozusagen das Knowledge zu haben, aber das auch in diesen Transfer zu bekommen. Und am besten kriege ich das immer zusammen. Man kann es, man weiß es dann eigentlich, wenn man es jemandem anders beibringen kann. Also dieses Train the Trainer Konzept, oder? Ja, dann ist eigentlich das Wissen anwendbar.

[00:25:37] Imke Schulz-Hanssen: Ja, dann denken wir noch mal ganz anders darüber nach. Das habe ich gemerkt, als ich da meine Akademie aufgemacht habe und selber Coaches ausgebildet habe, dass man da noch mal ganz anders sich die Dinge anguckt und hinterfragt und dass sie auf einmal einen anderen Charakter bekommen oder noch mal eine andere Intensität.

[00:25:57] Alexander R. Petsch: Richtig stumpf auch das erste Mal vielleicht wirklich verstanden hat.

[00:26:01] Imke Schulz-Hanssen: Ja, also ist auch mal ernst genommen hat und nicht nur so Ja ja, sondern ist wirklich mal zu Ende gedacht.

[00:26:08] Alexander R. Petsch: Musste ja eine Stufe weiter gedacht hat.

[00:26:12] Imke Schulz-Hanssen: Aber was mir auch noch mal so aufgefallen ist, ist, dass so dieses Wie geht man eigentlich wieder aufeinander zu, nachdem was blöd gelaufen ist. Das lernen wir nirgends, dass ich habe das nicht in der Schule gelernt. Ich glaube, die Kids heute sind da weiter. Da gibt es auf dem Schulhof irgendwie doch so, was ich so von meiner Patentochter gehört habe. Interessante neue Ansätze, die Erwachsenen vielleicht auch manchmal gut tun würden. Ich habe das nicht in der Ausbildung gelernt. Ich habe das nicht im Studium gelernt. Ich habe das. Mir hat das nie einer beigebracht, wie man wirklich Schritt für Schritt das hinbekommt, wieder aufeinander zuzugehen, nachdem es echt doof war. Also nachdem man echt verletzt war oder oder sich total ungerecht behandelt gefühlt hat oder irgendwas richtig, richtig schief gegangen ist das. Also hast du das irgendwann mal beigebracht bekommen, was da die Schritte sind?

[00:27:08] Alexander R. Petsch: Ja, ja, ich würde jetzt mal reflektiert reflektierter sagen Kommt drauf an, wen du fragst.

[00:27:15] Imke Schulz-Hanssen: Ich frag dich.

[00:27:16] Alexander R. Petsch: Ja bei jeder neuen Mitarbeiterin, bei jedem neuen Mitarbeiter, der bei uns sozusagen durch die Tür kommt. Im Onboarding gibt es immer bei mir den den Punkt oder das Meeting Anleitung für mich sozusagen. Also was brauche ich? Was? Wie ticke ich Und welche Empfehlungen würde ich dir geben, mit mir umzugehen? Und ein Aspekt ist immer, dass Rabattmarken kleben, nenne ich das. Sag mal, wenn du dich ungerecht behandelt fühlst, wenn du dich also inadäquat angesprochen oder wenn du eine Reaktion von mir bekommst, wo du sagst das ist jetzt nicht in Ordnung? Ja, ich kann also und wir reden ja davon, das ist ganz am Anfang. Er sagt Ich kenne ich, Ich weiß, das wird es irgendwann geben und ich bin nicht unfehlbar. Und es kann sein, dass ich von der einen in die andere Situation komme und dass du denkst Mensch, das war jetzt nicht in Ordnung, oder dass du dich einfach nicht nicht fair behandelt fühlst, dann bitte thematisiere das. Komm zurück zu mir und sagt du, das war nicht in Ordnung, lass uns darüber reden. Und in den allerallerallerallermeisten Fällen wird sich das klären lassen und wir werden feststellen Hey, das war weder Ziel, noch war es meine Absicht. Noch ist aber passiert. Ja und? Und genauso versuche ich ja auch umzugehen. Ja, Ich adressiere ja auch, wenn ich sage Hey, das fand ich jetzt nicht in Ordnung und guck mal, wie das jetzt auf mich gewirkt hat.

[00:28:38] Alexander R. Petsch: Ja… Also von daher. Das ist zumindest mein kleiner Versuch. Ganz am Anfang schon. Dieses Bild des Rabattmarkenheftes, das meine Oma hatte, wo man für fünf Mark Rabattstücke oder fünf Mark Marken einklebte. Und irgendwann war das Heft voll. Und in dem Fall hat man sich gefreut und in der Zusammenarbeit ist das Heft auch irgendwann voll. Nur dass man sich dann nicht freut, sondern sich einen neuen Job sucht. Ja, und das ist ist schade, ja genauso, dass man, finde ich, wenn man anfängt so was zu tun, dass man das schluckt oder einfach so so stehen lässt, anfängt, auch weitere Dinge, die danach passieren, in einen Kontext oder ein Licht zu stellen, der gar nichts mit der Wahrheit oder der Realität zu tun haben muss. Ja, und das ist auch immer so was, was ich versuche zu anzusprechen, zu thematisieren, zu sagen Ey, das ist einfach schade, dass man dann irgendwann sich die Wege wieder trennen, weil man eigentlich ja und dann mit etwas Abstand drauf geguckt oder sich am Schluss ausgesprochen hat und sagt Oh, das ist aber irgendwie doof. Wenn ich diese Ansicht vorher gehabt hätte, hätte es mir mir besser gehen. Hätte es mir besser? Wäre es mir besser gegangen und wir wären heute nicht da, wo wir sind.

[00:30:00] Imke Schulz-Hanssen: Ja, also das wissen wir alle. Um mal wieder auf das auf diese Falle zurückzukommen, dass das besser wäre. Aber es ist eben auch harte Arbeit. Also sich wirklich erst mal darüber im Klaren zu werden, Wie geht es mir, Warum geht es mir so? Was hat das ausgelöst? Was hat das mit dem zu tun, was mein Gegenüber gesagt hat? Aber was hat das auch mit mir zu tun? Wo gibt es da noch eine wunde Stelle bei mir oder eine empfindliche Stelle? So, und was ist mein Beitrag zu der Situation und was ist der Beitrag des Gegenübers? Das ist, obwohl ich mich damit ja nun sehr lange schon beschäftige, für mich auch immer noch schwierig. Es ist Arbeit und ich finde das ganz großartig, dass du dazu einlädst, dass du erstmal sagst das ist so, das wird passieren, das ist. Das ist Lebenswirklichkeit. Und trotzdem weiß ich eben aus der anderen warte von den Leuten, die dann bei mir im Coaching sitzen und sagen Wie soll ich das nur? Ich trau mich nicht, es geht nicht, ich bin nur. Seit 100 Jahren will ich dieses Geschäft, dieses Gespräch mit meinem Chef oder Chefin führen und ich kriege es einfach nicht hin. Das ist eben auch sehr real. Und wichtig ist, dass man den Anfang macht und es versucht. Und natürlich auch, wie du das sehr schön geschildert hast, das Bewusstsein hat, dass es schwierig ist und dass das es erfordert, dass man sich den Mut fasst, wieder aufeinander zuzugehen. Und das ist natürlich toll, wenn man da jemanden hat, der sagt es wird mir passieren, es werden Fehler passieren, es wird mal was Blödes rausrutschen, was ich so nicht gemeint habe oder was ganz anders ankommt.

[00:31:42] Alexander R. Petsch: Das ist deine Sicht als Coach, als Mitarbeiter. In der ersten Woche denkt man sich vielleicht Oh mein Gott, wo bin ich hier gelandet?

[00:31:50] Imke Schulz-Hanssen: Nee, das glaube ich nicht. Also meine Erfahrung ist, dass Menschen das erst mal alles sehr schnell durchschauen. Und das ist wieder so diese Überforderungsnummer oder diese hohe Erwartung. Also wenn ich als Chef oder Chefin von mir denke, ich muss immer alles richtig machen und ich darf mir keine Blöße geben, dann rutsche ich eigentlich in die Falle und und die Leute, die durchschauen das blitzschnell. Ob du das ehrlich meinst, ob du, ob das ein ehrliches Angebot ist oder ob du nur ob du das nur sagst.

[00:32:26] Alexander R. Petsch: Also ich bin voll davon überzeugt, dass wenn du Probleme. Du hast mal gesagt, wo Probleme liegen lässt. Da werden sie größer. Ja, und das ist meine völlige Überzeugung. Ja, und von daher. Zumindest den Teil nimmt man mir dann ab.

[00:32:42] Imke Schulz-Hanssen: Und du hast mir gleich schon mal die nächste Falle abgenommen, Nämlich die Timingfalle. Die siebte Falle. Wenn man Probleme liegen lässt, werden sie größer. Und wenn man Themen gleich löst, dann werden sie gar nicht erst zum Problem. Aber dafür muss man halt wieder wissen, wie es geht, wie man aufeinander zugehen kann Und was ich so in Teams erlebe, das ist entweder geht man sich total aus dem Weg, also man spricht, man spricht, man vermeidet zu sprechen. Überhaupt über alles Mögliche vermeidet man zu sprechen, man vermeidet den Kontakt oder man ist so auf Zinne und schon so latent wütend oder angriffsbereit oder denkt, gleich passiert wieder irgendwas Blödes, dass das dann eben schwierig wird, da wieder rauszukommen. Und ich glaube, es würde auch jeder bestätigen, dass das total sinnvoll ist. Probleme gleich zu lösen, bevor sie immer größer werden. Aber ich habe ja mal eine Zeit lang war mein Schwerpunkt die Konfliktmoderation. Also das können die Leute richtig gut. Konflikte über Jahre und Jahrzehnte liegen lassen und nicht anpacken. Also 20 Jahre war mein … Wenn man dann fragt wie lange gibt es das Problem denn schon? Ach, warten Sie mal, Na nee, eigentlich schon 20 Jahre. Und man denkt Oh mein Gott! Und jeden Abend, wenn die nach Hause kommen, erzählen die am Abendbrotstisch die gleiche Geschichte. Die Familienmitglieder können das sicher alles schon mitsprechen. Es ist immer das gleiche Problem und auch in der Arbeit bilden sich ja dann Strukturen, weil man weil die Leute dann wissen, zwischen den beiden ist dicke Luft.

[00:34:25] Imke Schulz-Hanssen: Also versuchen Sie, das irgendwie zu umgehen. Und dann bilden sich ganz neue Strukturen und Prozesse außenrum. Und einmal im Jahr kommt dann der Auditor von QM und dann erzählt man dem, dass man eigentlich das ganz anders macht. Und das ist das. Da sind wir wieder bei Tarnfalle. Also ein bisschen mehr Realität anerkennen von Realität. Das glaube ich, würde allen gut tun und das würde auch befreit aus vielen dieser Fallen. Und unter anderem auch was die achte Falle angeht. Die Fokusfalle. Die Fokusfalle habe ich es mal genannt, weil mir das häufig begegnet, dass die Schuld, die Schuld ich sage absichtlich Schuld für Teamprobleme an der falschen Stelle gesucht wird. Also da übersieht man dann zum Beispiel die Spannungen und Konflikte, von denen ich gerade gesprochen habe und hat dann solche Ideen wie Ach, ich habe einfach nicht die richtigen Leute in meinem Team. Und das ist das Problem. Und wenn ich nur die richtigen Leute rekrutieren könnte, dann wären alle. Dann wären alle Ziele locker erreichbar. Aber ich kann ja nichts dran machen, dass ich nicht die richtigen Leute habe. Und deswegen sitze ich hier in der Falle. Und da hilft es eben mal wiederum einen Schritt zurückzutreten, sich mal zu hinterfragen, bisschen ehrlich mit sich zu sein, auch wenn es wehtun kann. Und mal zu überlegen, was gibt es denn vielleicht noch an anderen Stellschrauben, wo man die Probleme mal angehen könnte?

[00:36:08] Alexander R. Petsch: Wie Das ist nicht die Recruitingfalle?

[00:36:13] Imke Schulz-Hanssen: Nein, das ist nur ein Beispiel, nicht die richtigen, aber es ist ein. Also es wird halt mit mit Arbeits, Fach und Führungskräftemangel eine immer beliebtere, ich will nicht sagen Ausrede, aber Darstellung, sagen wir Darstellung.

[00:36:28] Alexander R. Petsch: Du meinst, man sollte dann auch mal bei der Führung den Fokus ansetzen, oder?

[00:36:34] Imke Schulz-Hanssen: Man kann auch mal das Team fragen. Ehrlich gesagt wundert mich das. Wenn ich als Raterin Beraterin in ein Unternehmen komme, dann ist das erste, was ich tue, mit den Leuten zu reden und ihnen zuzuhören. Und meistens ist die Lösung schon da und es ist nicht so selten, dass ich dann die Botin bin, die für teures Geld genau das, was die Leute mir gesagt haben, weitertrage an den Auftraggeber. Das hätten die auch billiger haben können. Aber es ist irgendwie ein häufiges Phänomen. Sagen wir mal so Ja.

[00:37:10] Alexander R. Petsch: Ganze Branchen der Unternehmensberatung leben davon.

[00:37:14] Imke Schulz-Hanssen: Weil es ja nicht so laut sagen. Genau. Und das führt uns nämlich dann auch schon zu Falle Nummer neun der Abhängigkeitsfalle. Dass man nämlich, wenn man die Schuld an der falschen Stelle sucht, schnell in so eine Hilflosigkeit reinkommt und so eine Opferrolle ohne Budget für Beratung oder ohne die Lizenzen für die neueste Software kommen wir aus der Misere nicht raus. Also das ist etwas, was ich zunehmend mehr beobachtet habe, so über die Jahre, in denen ich mit Unternehmen arbeite, dass eben weil es nicht mehr diese schönen hierarchischen Strukturen gibt, wo oben der Chef sagt, wir machen das so und dann gibt er das Budget frei, dann wird das umgesetzt und alles ist schick. Sondern weil sich ständig alles verändert, sehnen sich viele so nach dem, wie es früher war. Dass das alles immer so schön getaktet lief und jeder wusste, woran er ist. Und das kann schnell dazu führen, dass man sich in so eine Opferrolle begibt. Und das ist schade, weil wir sind keine Opfer. Jeder kann was tun und auch das war so der Ansatz beim Teamcamp zu sagen Lasst uns doch mal allen zuhören, Lass uns doch mal die ganzen Ideen und Talente und neuen Ansätze und Gedanken mit reinnehmen und nicht nur die arme Führungskraft das alles lösen lassen. Das ist eine echte Überforderung. Also je bunter das wird in der Welt da draußen und das passiert ja fast täglich im Moment, desto wichtiger wäre das, dass man nicht immer nur erwartungsvoll auf Chefin und Chef guckt, dass die irgendwie ein Wunder vollbringen, sondern dass alle mit anpacken.

[00:39:02] Alexander R. Petsch: Das nimmt natürlich mit der Komplexität aller Dinge durchaus auch zu. Ja, kenne ich. Kann ich gut nachvollziehen.

[00:39:10] Imke Schulz-Hanssen: Ja und? Und das treibt ja dann auch Blüten, also diese ganzen Scheinaktivitäten, die dann da stattfinden. Also ich habe mehr als einmal gehabt, dass ich einem Unternehmen ein Angebot gemacht habe für zu einem bestimmten Projekt. Und dann habe ich nichts mehr gehört. Dann fragt man ein paar Mal nach und irgendwann zieht man weiter. Und dann trifft man die drei Jahre später irgendwo am Flughafen und sagt Ach, Frau Schulz-Hanssen. Ja, wir diskutieren immer noch in irgendeinem Kreis. Ihr Angebot? Ich sage Welches Angebot? Das gibt es nicht mehr. Das Ja, wo man denkt Mein Gott. Also wie viel Manpower sitzt da um diesen Tisch rum in diesen Zirkeln? Wenn man den Stundenlohn mal zusammenrechnet und. Und was die in der Zeit alles nicht produktiv machen, also wo Wertschöpfung verloren geht und reiten tote Pferde.

[00:40:03] Alexander R. Petsch: Ja, ja, ich glaube, das ist ja auch. Ich glaube, dieses ganze, was wir gerade ja in krassester Form in Amerika erleben, dieses Reengineering erstmal alles zerschlagen und mal gucken, mit wie viel, mit wie wenig Teilen das Gesamtgebilde sich noch bewegt oder noch lebt. Ja. Ist ja irgendwie so ein bisschen die neue Managementidee, dem zu begegnen.

[00:40:27] Imke Schulz-Hanssen: Na ja, aber wir haben auch. Gerade in Europa haben wir uns aber auch so an Bürokratie gewöhnt. Und das sind ja durchaus nicht nur die öffentlichen Instanzen, Behörden, Ministerien usw, sondern auch in Unternehmen hat die Bürokratie einen Umfang eingenommen, der auch wenig Handlungs- und Gestaltungsspielraum noch übrig lässt. Also ich glaube, das ist auch so das Gefühl, das gerade herrscht, dass man egal wohin man sich dreht oder wendet, immer schnell vor die nächste Wand läuft oder immer erstmal 23 Anträge machen muss oder so irgendwie nicht produktives machen muss, um irgendwas zu erreichen. Ich habe zum Beispiel mit der KfW gesprochen und gesagt, ich habe hier ein neues Produkt, das ist komplett, Es gibt so noch nicht. Ich bin ein Start up. Da sagt sie zu mir Ja, Ist das das erste Mal, dass Sie gründen? Ich sage Nö, ich bin seit 98 selbstständig. Ja, dann sind Sie kein Start up. Und ich denke what? Ich meine, andere, das sind Serial Founder. Die machen jedes Jahr ein Start up. Und bei der KfW gibt’s das nur einmal. Fertig?

[00:41:41] Alexander R. Petsch: Ja, ich musste vor. Keine Ahnung. 30 Jahren habe ich oder noch länger als 30 Jahre her habe ich als Schüler meine erste Firma gegründet. Und mit meinem Taschengeld sozusagen. Ja, aber das hat mir ermöglicht, ganz viele Dinge zu verstehen. Also für mich war meine eigene Firma auch ein riesen Boost, dass ich mein Studium geschafft habe, weil ich alles vernetzen konnte, weil ich alle schon mal irgendwie erlebt habe. Oder zumindest konnte ich irgendwo andocken mit Dingen, die ich halt schon mal mir schon mal mir widerfahren sind. Und dann habe ich meine erste in Anführungszeichen richtige Firma gegründet. Ja, und genau das, was du erzählst, widerfuhr mir dann auch. Dann haben die gefragt Ja, ist das Ihre Erstgründung? Ja, ich habe als Schüler schon mal Ja, und dann musste ich meinem ersten Unternehmen wirklich öffentlich abschwören. Ja, also per Eidesstatt sozusagen erklären. Das war nur ein Hobby und ich habe es gar nicht so gemeint. Ja, und dann dachte ich mir Mensch, also ist das nicht schrecklich? Was, was wir in Deutschland überhaupt nicht kapieren? Ja, und was mir bis heute weh tut. Ja, ich denke so ey, ich habe das natürlich mit Herzblut gemacht und also kann ich auch. Von daher verstehe ich sehr genau, was du da sagst. Und da müssen wir echt oder wir sag mal anders, wenn wir es nicht schaffen, das bei uns zu verändern, dass auch Scheitern eine Chance ist, ja, dass jemand, der gescheitert ist, nicht versagt hat, sondern vielleicht auch was gelernt hat. Ja, da sind andere Mentalitäten viel weiter als wir hier mit unseren großen Kisten und Scheuklappen.

[00:43:21] Imke Schulz-Hanssen: Ja, jetzt waren wir ja bei dem, was da gerade in Amerika passiert und dass die einfach das ganze Porzellan zerdeppern. Vielleicht gibt es ja was in der Mitte. Nee, also so, ich habe es jetzt nicht genau im Kopf, aber so diese, ich sag mal in Anführungsstrichen Beweisumkehr, dass wenn eine Behörde nicht sagt, das ist nicht in Ordnung, dass ein Antrag dann als genehmigt gilt. Also dass man das einfach mal umdreht, das könnte ein Anfang sein, oder? Ich meine, als Berater würde ich natürlich sagen, wir gucken uns den ganzen Kram mal an, wir treten mal einen Schritt zurück. Wir überlegen mal, was ist eigentlich das Ziel von Behörde XY oder Amt sowieso? Was ist das Ziel? Was soll erreicht werden und mit welchen Schritten kommt man da am besten hin? Und wir vergessen mal diesen ganzen Wirrwarr von Gesetzen, Regulierungen, Vorschriften, Antragsformularen und setzen das ganze Ding mal neu auf. Ich weiß nicht, ob das zu disruptiv ist, aber ich würde mir das mal wünschen.

[00:44:24] Alexander R. Petsch: Ich würde sagen, da kommt die Abhängigkeitsfalle, wie du sie genannt hast, voll zum Tragen, weil da steckt so viel Energie von so viel Interessens und Lobbygruppen in jedem einzelnen Punkt, dass die Abhängigkeiten kaum zu durchschlagen sind. Ja.

[00:44:39] Imke Schulz-Hanssen: Ja, so ein Reset wäre schön, wenn man so auf den Knopf drücken könnte und sagen würde so, ja, alles ist weg und wir fangen noch mal von vorne an mit dem Wissen, was wir heute haben, mit den Umweltbedingungen, die wir heute haben, mit der Gesellschaft, die wir heute haben. Ich glaube, das wäre ganz cool. Aber dass das nicht sehr nah an der Realität ist, ist mir auch bewusst.

[00:45:03] Alexander R. Petsch: Sooo, was ist deine zehnte Falle?

[00:45:05] Imke Schulz-Hanssen: So, die Trotzfalle. Das ist ja irgendwie die logische Konsequenz aus all dem. Das ist etwas, was mich immer wieder Verwundert. Fasziniert. Irritiert hat das, wenn ich mit Menschen über Führung spreche. Und ich habe da einen im Blick. Der hat eine Unternehmenseinheit mit 10.000 Mitarbeitern geführt. Wir haben über Führung gesprochen, und er hat das ausschließlich darauf bezogen, wie er geführt wird, dass sein Chef, seine Chefin das ja auch nicht macht. Und das ist mir immer wieder begegnet, dass wenn das Wort führen fällt, dass der Blick nach oben geht und nicht nach unten. Ich habe das noch nicht ganz gelöst oder geklärt, woran das liegen mag. Aber daraus folgt dann eben diese Trotzreaktion. Ich werde ja auch nicht gut geführt, wieso soll ich das dann mit meinen Leuten anders machen? Habe ich im O-Ton häufiger gehört. Ich kriege das ja auch nicht. Wieso soll ich das geben?

[00:46:11] Alexander R. Petsch: Ich habe das doch. Der Grund Klassiker, dass wenn du Führung erwartest sozusagen, dass du diese auch lebst. Ja, und das ist ja genauso wie immer. Also ob das jetzt own dogfood nennst oder oder eine konsistente Persönlichkeit, dass du das auch tust, was du sagst. Das sind ja alles so Faktoren, die vielleicht in vielen Bereichen heute total unsexy sind. Ja, aber das ist doch das, was Führung am Ende vom Tag ausmacht. Ja.

[00:46:48] Imke Schulz-Hanssen: Ja, das ist das eine. Und das andere ist als Coach jetzt betrachtet, dass sehr, sehr viele Menschen Defizite mit sich rumschleppen, eine Sehnsucht haben nach Beachtung, Aufmerksamkeit, Gunst usw und dass das, dass die Schicht da drüber ziemlich dünn ist. Also das schon bei… relativ schnell das durchbricht, dass man sagt Aber ich kriege das doch auch nicht. Ich ich hätte das doch. Ich möchte auch gerecht behandelt werden. Ich möchte auch ernst genommen werden. Ich möchte auch gefördert werden. Also, und das ist eigentlich traurig, weil wir sind ja nun, wir haben ja einen hohen Wohlstand, dass da so das Defizit so schmerzhaft ist noch bei vielen, dass so dieses gönnen können geben können wirklich vielen schwerfällt.

[00:47:48] Alexander R. Petsch: Hm, ja also ist leider an vielen Stellen so.

[00:47:56] Imke Schulz-Hanssen: Und der andere Punkt, der da auch ein bisschen daran anschließt, ist natürlich, dass eine Hierarchie grundsätzlich, also mit diesem Oben unten Denken, da ist jemand, der hat mehr Macht als ich, der ist vielleicht auch noch älter als ich ganz leicht dieses Eltern Kind Verhältnis triggert. Also. Wieso? Also dann soll Mama und Papa, also Chefin und Chef doch mal sagen, wie es geht. Also wenn denen das nicht passt, wie ich das mache, dann sollen die das doch mal sagen. Dann ist man sehr schnell in diesen Teenager-Trotz drin. Er sagt sowieso Also ich fühle mich hier nicht zuständig. Also wenn die das alles nicht mit mir machen, dann will ich das auch nicht. Und das ist also ganz grundsätzlich immer in diesen hierarchischen Strukturen, dass wenn einer das Sagen hat und die anderen müssen darauf hören, bist du ganz schnell in dieser Eltern-Kind-Dynamik drin. Und das macht es natürlich auch in Unternehmen heute schwierig, wenn du ja eigentlich Erwachsene brauchst, die ähm, beherzt Entscheidungen treffen, die Verantwortung übernehmen. Dann ist diese Eltern-Kind-Dynamik echt ungut. Und das wissen wir aus der Transaktionsanalyse bei den Eltern. Da gibt es ja dann einmal so den den fürsorglichen Rat. Die alles verstehen und alles verzeihen. Und auf der anderen Seite gibt es dann eben dieses strenge Eltern-Ich: komm mir nur nach Hause und dann wirst du schon sehen. Und auch das kann man ja leider in vielen Abteilungen und Teams nach wie vor beobachten. Diese Dynamik und das würde ich uns allen wünschen, dass wir rauskommen aus der Nummer. Und auch dafür ist das Teamcamp gedacht, dass wir lernen, als Erwachsene miteinander umzugehen. Und das ist leichter gesagt als getan.

[00:49:46] Alexander R. Petsch: Ja, Führung ist ein sehr vielschichtig und spannendes Thema. Liebe Imke, herzlichen Dank, dass du heute da warst.

[00:49:56] Imke Schulz-Hanssen: Sehr gern.

[00:49:58] Alexander R. Petsch: Und ja, wenn ihr noch mal die heutigen Hacks ich glaube, es sind am Schluss sogar mehr als zehn geworden.

[00:50:06] Imke Schulz-Hanssen: Du hast sehr gut zugehört.

[00:50:08] Alexander R. Petsch: Zehn fiesen Fallen die Teams im Weg stehen. Noch mal nachlesen. Wollt einfach auf. Hier findet ihr die Zusammenfassung unserer heutigen Podcast Episode und auch die Checkliste dazu. Ansonsten kann ich euch den… Ansonsten kann ich euch den 5. November ans Herz legen die L&DPro, die Expo for Learning and Development Professionals, wo es natürlich auch ganz viel um das Thema Team Leadership Learning Development in allen Facetten geht. Einfach hier mehr unter www.lnd-pro.de. Am 5. November in München. Glück auf und bleib gesund Und denk dran der Mensch ist der wichtigste Erfolgsfaktor für euer Unternehmen.

Newsletter abonnieren!

Bleiben Sie informiert und nicht überfordert, abonnieren Sie jetzt!