In unserer heutigen HRM Hacks Podcast-Folge zum Thema “Employer Branding und der Faktor Menschlichkeit” fahren wir zweigleisig: Zum einen haben wird Christa Stienen zu Gast, eine ausgewiesene HR-Expertin mit 30 Jahre Erfahrung in unterschiedlichen Führungspositionen im In- und Ausland. Die Diplom-Sozialpädagogin ist Chief HR Officer bei Hellman Logistics Worldwide. Zuvor war sie in leitenden Positionen bei DB Schenker, der Lufthansa Catering-Tochter LSG Sky Chefs und der Metro AG tätig.

Tobias Grewen & Christa Stienen

Zum anderen begleitet uns heute Tobias Grewe. Der selbstständige Diplom-Betriebswirt ist seit vielen Jahren Experte für die Entwicklung und Umsetzung globaler B2B-Kommunikationsstrategien sowie inspirierender Impulsgeber für kreative Prozesse. Beim Thema Employer Branding und Markenführung stand und steht er Unternehmen wie Bosch, BMW oder Trumpf beratend zur Seite. Er ist zudem ein Fotokünstler und begnadeter Zeichner, der ganze Workshops kreativ zusammenfassen kann.

Alexander Petsch: Herzlich willkommen, Christa Stienen.

00:01:09
Christa Stienen: Danke!

Alexander Petsch: Tobi, herzlich willkommen!

00:02:31
Tobias Grewe: Ja, vielen Dank, Alexander.

00:02:33
Alexander Petsch: Christa, Tobi, Ihr habt an einem Buch mitgewirkt, “Re-Thinking HR”, das gerade zu den Top Ten der aktuellen HR-Bücher gehört, und Ihr habt Euch dort mit Menschlichkeit beschäftigt. Was hat denn Menschlichkeit mit Employer Branding zu tun?

00:02:47
Tobias Grewe: Menschlichkeit und Employer Branding, das hat sehr viel miteinander zu tun. Denn Employer Branding ist schon lange kein reines Kommunikations- und Markenbildungsthema mehr. Es geht eigentlich um viel mehr. Es geht um die Menschen und um die Kultur in Organisationen. Und Corona hat eigentlich gezeigt, dass wir zurückgeschmissen wurden auf uralte Werte. Wir sind zwar digitaler geworden, aber das Netz löst halt nur Verbindungsfragen und keine Beziehungsfragen. Da musste quasi alles neu gestaltet werden, wie sich eine Organisation nach innen verhält, wie man die Kultur lebt. Also, ich hab da einen schönen Spruch: Nur was nach innen leuchtet, kann auch nach außen strahlen. Das ist für mich Employer Branding.

00:03:37
Christa Stienen: Gerade in der Führung ist das ja total wichtig, dass die Leute eben nicht nur gebunden werden über äußere Darstellung, sondern vor allen Dingen über das innere miteinander umgehen. Und da ist Menschlichkeit aus meiner Sicht etwas, was sich in der Führung generell wieder weiter durchsetzt. Also, diese eiskalten Manager, von denen man früher gesprochen hat und die es ja immer noch gibt, sind nicht mehr die gefragtesten Führungspersonen und -persönlichkeiten. Es geht mittlerweile viel mehr um Persönlichkeit in der Führung, um Bindung und Beziehung herzustellen und Menschen wirklich auch durch diese Krise zu bringen. Das hat es nochmal sehr deutlich gezeigt, als nur darum, Menschen zu managen und nur Ergebnisse zu erzielen.

00:04:29
Tobias Grewe: Früher war es ja auch so, dass “Wie geht´s Dir?” quasi eine Small-Talk-Floskel war. Heute ist es ein Meeting-Anlass geworden, den es aber auch braucht, um die Menschen abzuholen. Da kommen wir aber sicher später nochmal drauf…

00:04:47
Christa Stienen: … und das Abholen erfolgt natürlich jetzt anders.

00:04:50
Alexander Petsch: Christa, Du hattest gerade von einem neuen Managerstil gesprochen, den es eigentlich braucht, um auch im Employer Branding nach innen zu wirken. Wie siehst Du das denn?

00:05:03
Christa Stienen: Also, da geht es vor allen Dingen darum, die Menschen an sich zu binden und die Potenziale auch zu sehen, die dort sind. Das geht natürlich nur, indem man sich ehrlich begegnet und die Begegnungsräume auch virtuell schafft. Das haben wir auch in unserem Artikel beschrieben, wie man das machen kann, obwohl man sich körperlich nicht wirklich nahe ist, sondern das alles über Bildschirm zu machen. Und da geht es natürlich darum, einen Nähe herzustellen und auch über Dinge zu reden, die man vielleicht im Hintergrund sieht, die bei den Kolleginnen und Kollegen dort gerade ablaufen. Das haben wir ja nun alle erlebt, dass Kinder, Tiere und alles Mögliche jetzt auch sichtbar waren. Wir sind ja viel mehr in die Privatsphäre unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingetaucht und da geht es aus meiner Sicht immer wieder auch um Anknüpfungspunkte, diese auch zu schaffen. Also das, was wir sonst irgendwie in der Kaffeeküche hatten. Es geht darum, dass wir das jetzt verbinden mit den persönlichen Räumen, die wir ja auch sehen und da eben nicht diese Floskel-Frage stellen, wie geht’s, sondern tatsächlich anzuknüpfen an Gefühl, an Anbindungen, an Nähe und Menschlichkeit.

00:06:24
Tobias Grewe: Ich hatte dafür eine ganz schöne Metapher verwendet, die Ihr ja auch im TALENTpro-Magazin gedruckt habt. Im Endeffekt müssen Organisationen oder letzten Endes die Führungskräfte einfach dafür sorgen, dass die Mitarbeitenden eine emotionale Haltestelle haben, wo sie sich unterstellen können. Denn die ganze Zeit zuhause zu sein, ist halt eine ganz neue Situation, man ist anderen Belastungen ausgesetzt. Man hat die Familie den ganzen Tag um sich. Das war natürlich jetzt speziell in der Corona-Zeit so. Aber ich denke, dass davon einiges in der Welt nach Corona, wenn es die überhaupt gibt, hängen bleiben wird.

00:07:07
Alexander Petsch: Also, wenn ich Euch richtig verstehe, sagt Ihr erst einmal, Employer Branding muss erstmal nach innen wirken, bevor es nach außen wirken kann. Und einer der wichtigen Faktoren, gerade während Corona beziehungsweise in der Post-Coronazeit, ist Begegnungsräume schaffen. Wie macht man das denn? Worauf muss ich denn achten, wenn ich Begegnungsräume schaffen möchte? Was sind da Eure Tipps und Empfehlungen?

00:07:30
Christa Stienen: Also ein Tipp ist auf jeden Fall, neue Netzwerke zusammenzustellen, also Menschen in Begegnung zu bringen, die im Alltag eigentlich erst mal nichts miteinander zu tun haben. Also abteilungsübergreifende Treffen herzustellen, Netzwerke aufzubauen und eine gewisse Leichtigkeit in diese Themen hineinzubringen. Es muss nicht immer nur fachspezifisch gearbeitet werden, sondern es kann auch eine Leichtigkeit reingebracht werden. Wir hatten beispielsweise einen Maskenball, bei dem alle ihre Masken gezeigt haben, aber eben nicht nur die Masken, die wir jetzt alle im Alltag tragen. Sondern es war auch eine Elvis-Maske zu sehen, die Queen war zu sehen als Maske. Es hatten sich ganz Viele einfach tolle Ideen vorgenommen. Das war natürlich rund um Karnevalszeit, das muss man dazu sagen. Aber es war auf jeden Fall witzig, mit der entsprechenden Musik im Hintergrund, und es war auch mal wieder leicht. Und diese Leichtigkeit herzustellen, das ist etwas, was ich sehr wichtig finde.

00:08:40
Tobias Grewe: Auf einen Punkt möchte ich da gerne eingehen, und zwar auf das Thema Netzwerken und wie wichtig das geworden ist in der digitalen Zeit. Dass man eine Plattform ermöglicht für Beziehungen. Christa war so nett und hatte mich eingeladen, am Weltfrauentag mit Graphic Recording quasi ein Netzwerktreffen zu begleiten, bei DB Schenker, was es so vorher noch nicht gegeben hat. Das fand ich total spannend. Da hattest Du 40 weibliche Führungskräfte eingeladen und ich war total überrascht, dass die sich untereinander alle gar nicht unbedingt kannten. Also, die haben sich zum Teil zum ersten Mal gesehen. Und auf diesem Netzwerktreffen am Weltfrauentag ist etwas ganz Spannendes passiert. Die wurden in Breakouts geschickt mit einer ganz simplen Frage: Worauf bist du stolz? Und da durfte ich viele sehr berührende Geschichten begleiten. Ich habe sie natürlich auch gezeichnet. Aber da entsteht wirklich eine Magie, die einfach aus der Resonanz der Leute untereinander entsteht, wenn sie sich ihre Geschichten erzählen, die sie in diesem Fall bei DB Schenker erlebt haben. Und das ist etwas, Christa, wo ich Dich unglaublich kreativ erlebe, diese menschlichen Begegnungsräume zu schaffen, Menschen miteinander in Verbindung zu bringen, so dass da wieder etwas Neues daraus entstehen kann.

00:10:10
Christa Stienen: Ja, das eine sind natürlich diese Netzwerke, die gebildet werden. Und das war natürlich bei den Frauen wirklich toll. Diese Frauen hatten sich noch nicht einmal in dieser Form alle persönlich getroffen. Sie sind alle da, sie kennen sich zum Teil, aber in dieser Netzwerkform hatten wir uns nie komplett getroffen. Das andere Thema, das ich auch noch anmerken möchte, ist das aufzugreifen, was gerade los ist im Unternehmen, also die Dinge auch anzusprechen. Ich gehe nochmal zurück auf den Anfang der Corona-Krise oder -Pandemie. Die Menschen, auch die Führungskräfte, wurden schon sehr dünnhäutig und waren auch überfordert an manchen Punkten und zum Teil sehr ungehalten. Und ich habe dann meine Direct Reports dazu eingeladen, einen Call zu gewaltfreier Kommunikation gemäß Marshall B. Rosenberg durchzuführen. Ihr kennt das sicherlich. Zu diesem Call habe ich allen ein Giraffen-Haarband geschickt. Es saßen also alle in dem Call und hatten diese Giraffen-Hörnchen auf. Und diese Giraffen-Calls sind legendär geworden. Und die gab es dann immer wieder, auch wenn wir bei Führungskräften bemerkt haben, da wird wieder einer ein bisschen dünnhäutig. Dann haben wir diese Giraffen-Ohren aufgezogen. Natürlich ist das irgendwo albern, aber es entspannt erstmal die Situation. Und dadurch, dass man dann wieder miteinander lachen kann, geht man auch wieder anders an die Probleme heran. Das war sehr nach innen hin, vielleicht auch mal über sich selbst lachen, das ist ganz wichtig. Und nach außen zeigt es aber auch, dass unsere Leute so durch die Krise kommen.

00:12:00
Alexander Petsch: Unser Thema ist ja Employer Branding. Nochmal die Schleife fliegen. Das, was Ihr gerade beschreibt, ist ja eigentlich die Grundlage für ein Employer Branding. Da fließt viel Teambuilding mit rein. Ihr habt gerade den Punkt Stolz genannt, worauf bin ich stolz? Vielleicht auch, worauf bin ich stolz im Kontext meiner Arbeit oder meiner Zusammenarbeit mit anderen? Begegnungsräume schaffen, Netzwerke, Beziehungen bilden. Das braucht natürlich auch Zeit, das ist keine Geschichte, die ich mal so nebenher mache. Das muss ich ja irgendwie auch als meine Aufgabe verstehen. Oder wie seht Ihr das?

00:12:37
Tobias Grewe: Ja, ich denke, das ist eigentlich der Ursprung. Die Führungsrolle hat sich komplett verändert…

00:12:42
Christa Stienen: … das Binden nach innen ist natürlich etwas, was nicht sofort funktioniert.

00:12:48
Alexander Petsch: Wie gehe ich das an? Was sind Eure Tipps, wie ich da weiter vorankomme? Wie muss ich mich da aufstellen?

00:12:54
Tobias Grewe: Die Führungsrolle hat sich komplett verändert und ich glaube, dass dem Thema Führung ein ganz wichtiger Aspekt Employer Branding zufällt. Im Endeffekt sind das diejenigen, die diese Kulturräume oder diese Begegnungsräume schaffen müssen, dass diese Erlebnisse der Begegnung, der Berührung, des Zusammenseins möglich sind. Denn diese Erlebnisse sind die Geschichten, die morgen weitererzählt werden. Und da sind wir dann ganz schnell beim Employer Branding. Das sind auch die Dinge, die dann bei kununu landen, wenn sie meistens nicht gut laufen. Aber natürlich auch die, die gut laufen. Und da ist es ganz wichtig, dass das, was im Employer Branding nach außen draufsteht, nach innen auch gelebt wird. Und das ist so der Moment, Marketing trifft Wirklichkeit.

00:13:49
Christa Stienen: Also die Marke erlebbar machen, das ist Employer Branding aus meiner Sicht. Das ist nicht eine Abteilung, die irgendwie ein schickes Brand konzipiert. Sondern es ist etwas, das erlebbar gemacht werden muss. Und Netzwerken ist ein Teil davon. Leute mitnehmen, Leute begeistern, sich Geschichten zu erzählen, sich über den Job unterhalten, Austausch, Räume haben. Und das ist keine Aufgabe, die dann nur in HR und nur am Employer Branding hängt, sondern das ist etwas, was sich durch die gesamte Organisation hindurch ziehen muss. Und das ist etwas Kulturelles, um die Leute auch dort mitzunehmen.

00:14:28
Alexander Petsch: Braucht es dazu ein größeres Bild, eine größere Überschrift?

00:14:33
Christa Stienen: Du meinst jetzt Kultur oder…

00:14:35
Alexander Petsch: … oder ein persönlicheres Employer Branding-Bild, damit ich erlebbar mache?

00:14:42
Tobias Grewe: Also, ich sehe es ganz einfach wie im wahren Leben. Wenn du etwas versprichst nach außen, dann musst du es auch einlösen. Und Employer Branding sind halt die ganz vielen Touchpoints in der Candidate Experience, in der Employee Experience, wo sich Menschen begegnen. Und das sind genau die Punkte, wo Erlebnisse stattfinden. Und dieses Versprechen, was man nach außen abgibt, muss genau da eingelöst werden. Und das ist genau wie Christa sagt, Employer Branding ist quasi das Erlebnis, wie du die Marke als Arbeitgeber jeden Tag erlebst. Und das ist der eigentliche Hack an der Stelle: löse dein Versprechen ein!

00:15:29
Christa Stienen: Ich möchte nochmal ein Beispiel bringen aus der Vor-Coronazeit, was mich sehr beeindruckt hat bei Schenker. Das war unsere Aktivität im Rahmen des Christopher Street Days in Frankfurt. Wir sind mit einer kleinen Gruppe, also aus dem Bereich Employer Branding und Recruiting, zum Christopher Street Day gegangen, mit unserem Handwagen und einigen Wurfmaterialien. Und das haben die Kolleginnen und Kollegen aus dem Umkreis mitbekommen und sind sogar mit Dienstfahrzeugen angereist und haben dann im Grunde zum ersten Mal deutlich gemacht, dass wir etwas ganz Besonderes machen, nämlich, wir reden nicht nur über Diversity, sondern wir sind da, mitten im Thema Diversity. Und wir sind sichtbar auch als Unternehmen. Und die Rückmeldung von den Kolleginnen und Kollegen innerhalb der Organisation, die war so positiv und so enthusiastisch, dass sie erstmal gesagt haben, warum macht ihr sowas nicht publik, bevor ihr zum Christopher Street Day zieht? Wir könnten doch mit Tausenden hier diese Gruppe verstärken. Und wir haben das unterschätzt beziehungsweise wir haben das überhaupt nicht in Betracht gezogen, wie stark das wirklich als Signal nach innen wirkt.

00:16:51
Alexander Petsch: Christa, das spiegelt ja eigentlich Deinen Hauptschlachtruf wider: HR ist eine Profession, HR braucht Haltung und Selbstbewusstsein!

00:17:02
Christa Stienen: Ja, und es loszulösen von nur HR und zu sagen, wir wissen zwar wie es geht, aber alle anderen müssen auch mitmachen. Und wenn man dann einmal daneben liegt mit einem Angebot, so what! Dann ist es auch ok. Dann macht man eben etwas anderes.

00:17:18
Alexander Petsch: Also, im ersten Teil habt Ihr ja stark über das Thema Orientierung durch Verbundenheit gesprochen, wie kriege ich diese Gemeinschaft hin? Thema Teambildung und Führung. Wie sieht es denn beim Thema Mitarbeiterbindung im Kontext Employer Branding aus?

00:17:37
Tobias Grewe: Das Thema Mitarbeiter binden wird immer wichtiger. Das Mitarbeiter finden ist natürlich auch wichtig. Aber die Bindung ist eines der zentralen Themen, denke ich. Und das erleben wir gerade ganz intensiv, das Versprechen abgeben. Also, Employer Branding ist eine Art Versprechen nach außen zu geben, was du wirklich innen erleben wirst. Und wir haben jahrelang, beispielsweise im Marketing, die ganze Energie darauf verwendet, den Kunden zu verstehen. Also Kunden, denen wir etwas verkaufen wollen. Dass wir quasi deren Pain Points kennen, deren Desires kennen, dass wir sie quasi von links nach rechts durchleuchtet haben. Und wir sind jetzt eigentlich in einer Zeit angekommen, Stichwort Menschlichkeit und Employer Branding, dass eigentlich dieser Aufwand, den wir da reingesteckt haben, nun in die Mitarbeiter gesteckt werden muss. Das ist die Ausbalancierung. Also Balance zwischen Customer und Capital Markets, zwischen People und Community. Das ist total wichtig, um wirklich zu verstehen, was wollen die? Wie wollen die arbeiten? Wo wollen sie arbeiten? Das sind ja gerade die Themen unter dem Stichwort New Work, die uns gerade alle umtreiben. Das muss uns wichtig sein, das Thema Mitarbeiter binden. Sonst laufen sie in Scharen davon.

00:19:15
Christa Stienen: Wir wissen ja auch, dass der Kündigungsgrund Nummer eins ist, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit ihrer Führungskraft nicht harmonieren. Und deshalb ist es umso wichtiger, das Führungsverhalten so zu verändern, dass das Unternehmen auch cool ist, das die Leute auch Lust haben, dort zu arbeiten. Dass sie auch wissen, wofür sie morgens antreten. Und natürlich gehören zur Mitarbeiterbindung auch Benefits, die das Unternehmen bringt. Aber in erster Linie ist es Stimmung.

00:19:47
Alexander Petsch: Ja, und Tobi, Du hast das Thema strategische Ausrichtung und Haltung angesprochen. Wir haben ja einige sehr erfolgreiche, große Companies, Google fällt mir da ein, die Mitarbeiterzentriertheit vor Kundenzentriertheit stellen. Und das ist, was Du gerade beschrieben hast mit dem Shift des Marketings, weg von 100 Prozent Kundenfokus und hin zu Mitarbeiterfokus. Nur dann hab ich die Ressourcen und das Engagement, um in Zukunft erfolgreich zu sein.

00:20:25
Tobias Grewe: Genau, weil der Arbeitsplatz ist ja im Endeffekt der Platz als Produkt, den du an Menschen vermarktest, wenn du so willst. Und genau das, was du versprichst, ist ja die Haltung, das, was dich da dort erwartet. Und jeder, der einen neuen Job anfängt, möchte ja einfach auch Teil einer guten Geschichte sein. Das ist ja das, was jeden antreibt, dass man etwas Sinnvolles tut in einem tollen Umfeld. Ja, dafür sind natürlich Führungskräfte maximal verantwortlich, dass diese Vermarktung dieser Plätze auch gut gelingt. Dass das, was dich da erwartet, auch für dich stimmig ist.

00:21:11
Christa Stienen: Und Employer Branding bedeutet für mich auch mehr, als nur eine Marke zu verkaufen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die abends nach Hause gehen, reden ja in der Familie darüber, was sie tun. Reden mit Freunden darüber. Das heißt, die Kinder bekommen das mit, die Kinder reden mit anderen Kindern darüber. Diese Markendiskussion wird aus meiner Sicht immer größer und immer wichtiger auch für zukünftige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, also Gewinnung von neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Das geht über Generationen hinaus, und das ist auch aus meiner Sicht eine gesellschaftspolitische Verantwortung, die wir da als Unternehmen haben.

00:21:53
Tobias Grewe: Ja, den Ball möchte ich ganz gerne nochmal aufnehmen. Ich sage mal Employer Branding ist ja nichts anderes als deine Identität als Arbeitgeber. Und eine Identität ist die Summe aller Geschichten. Und die Geschichten sind die Erlebnisse der Mitarbeitenden, die weitererzählt werden. Die dann, wie Christa gerade sagt, auch zuhause erzählt werden. Und deswegen messen wir dem Thema eine so große Bedeutung bei. Menschlichkeit klingt so simpel, aber Menschlichkeit und Emotionen gehören an den Arbeitsplatz. Für uns kann man das nicht wegdiskutieren.

00:22:31
Alexander Petsch: Was wären denn noch Eure Tipps und Hacks, die Ihr anderen Personalern oder Recruitern mit auf den Weg geben möchtet? Inwieweit kann ich denn bei Versprechen, die ich nach außen gebe, aktiv mitwirken, damit diese auch nach innen gehalten werden? Grundlinie: Teil einer tollen Geschichte zu sein. Diese Geschichte sozusagen zu erzählen. Dann die Familien miteindenken und auch abholen und sozusagen die Identität als Summe dieser Geschichten zu verstehen. Nochmal ein bisschen operativer, was wären denn für Euch noch so Hacks und Tipps, wo Ihr sagen würdet, hey, denkt mal daran, das hat einen Impact auf Euer Employer Branding?

00:23:18
Christa Stienen: Wichtig ist erst mal zuzuhören und zu sehen, was passiert eigentlich in meinem Unternehmen? Was ist denn das, was die Mitarbeiter bewegt? Dann würde ich sagen, Dinge einfach auch mal ausprobieren. Also, ich will jetzt nicht den Christopher Street stressen, aber ich würde sagen, Dinge einfach mal machen, mutig sein. Und wenn es daneben geht, ist es auch nicht so schlimm. Wichtig ist da einfach, über sich lachen zu können und zu sagen, okay, war ein Versuch und passt oder passt nicht. Aber nur über Diversity reden und nichts dazu zu machen, dann muss man es auch nicht großartig in irgendeiner Weise mit in das Brand aufnehmen. Also, es ist nichts Theoretisches, sondern es ist etwas Praktisches und es ist etwas Erlebbares. Auch verrückte Sachen erlebbar machen, Hacker Nights oder Nerd Nights oder was auch immer, das ist vollkommen wurscht. Hauptsache mal etwas machen und auch darüber reden, dass in einem großen Unternehmen auch deutlich wird, an welcher Stelle passiert eigentlich was Cooles.

00:24:22
Tobias Grewe: Und diese Erlebnisse haben natürlich auch ganz viel mit Nahbarkeit zu tun. Das finde ich auch nochmal erwähnenswert. Nehmen wir als Beispiel die Studie vom Institute for Real Growth in Amsterdam. Die haben während der Pandemie eine Studie gemacht, die beleuchtet hat, was macht eigentlich Unternehmen während einer Pandemie, wo ja alle in der Krise stecken, trotzdem erfolgreich? Und welche sind nicht erfolgreich? Und man hat festgestellt, dass in erfolgreichen Unternehmen die Verbindungen zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden fünfmal stärker sind. Also, es wurde ausgewertet, dass die Vernetzung viel intensiver ist, also die Nahbarkeit zwischen höhergestellten Menschen in der Hierarchie, zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden. Das ist ein ganz wichtiges Thema, und da braucht es natürlich auch diese Begegnungsorte. Wie Christa sagt, einfach mal machen, ausprobieren und da sind wir dann auch ganz schnell beim Thema Vertrauen.

00:25:31
Christa Stienen: Ja, so etwas ist natürlich schwierig aufzubauen. Man kann natürlich auch sagen, Vertrauen gehört immer mit zur Teamkultur. Aber es wirklich auch zu leben und nicht noch tiefer ins Mikromanagement zu gehen, sondern gerade in diesen Zeiten auch sagen: es läuft schon und ich vertraue dir, dass du beispielsweise wirklich deine Arbeit am Tag erledigst. Was ja immer auch in diesen Präsenzkulturen vorgeworfen wurde, dass die Menschen, wenn sie zuhause arbeiten, ihr Ziel nicht erfüllen oder den ganzen Tag Kaffeetrinken oder Shoppen gehen oder was auch immer. Das ist überhaupt nicht zutreffend. Ich glaube, dass diejenigen, die vorher weniger gearbeitet haben, weniger leistungsfähig waren, es jetzt in der Corona-Phase auch waren. Das hat wenig mit Präsenz zu tun. Aber Präsenz oder Kontrolle hat auch immer was mit Vertrauen zu tun. Und ich glaube, diese vielen Leute im Homeoffice, das war ein großer Vertrauenstest.

00:26:36
Alexander Petsch: Ich glaube, es hat sich ganz viel durch Corona beim Thema Vertrauen entwickelt. Viele mussten das erste Mal wirklich vertrauen und stellten dabei fest, dass sie viel bessere Ergebnisse erzielen mit dem Loslassen und Vertrauen. Also ich glaube, dass uns Corona ein Stück in dieser Kultur weiter nach vorne gebracht hat.

00:27:18
Christa Stienen: Auf jeden Fall. Wir mussten es ja jetzt tatsächlich ausprobieren und es wurde angeordnet, das zu tun. Und diese ganzen Gegenstimmen, dass dieses Modell nicht funktioniert, die hatten wir ja im Grunde nicht. Sondern alle mussten wirklich selbstverantwortlich arbeiten. Und wir hatten schon Homeoffice oder eine mobile Arbeitsregelung, die hatten wir schon. Aber die ist natürlich jetzt verstärkt gelebt worden. Auch dadurch, und das darf man nicht unterschätzen, dass die Technik jetzt dafür aufgebaut wurde. Also, ohne diese technischen Voraussetzungen würde das ja auch nicht funktionieren.

00:28:02
Tobias Grewe: Absolut. Und dem Thema Nahbarkeit würde ich gerne noch einen Gedanken schenken. Dafür habe ich einen schönen Begriff gehört. Lena Rogl nennt das Vulnerable Leadership. Man ist nicht Chef oder Chefin, sondern einfach Mensch, und sich zeigt, wie man als Mensch auch ist. Und das motiviert wiederum andere, sich auch zu zeigen, wie sie sind, mit allem Drum und Dran. Und das gab es ja jetzt auch gerade in der Pandemie, dass die Kamera sozusagen Einblick gewährt in den privaten Bereich der Mitarbeitenden. Dass es einfach ganz wichtig ist, dass man einen Raum schafft und diesen Raum auch hält für die Zusammenarbeit. Und der ist natürlich bestimmt durch Vertrauen, durch Nahbarkeit, durch echtes Interesse, durch Zuhören. Und dadurch entsteht dann halt auch mehr Produktivität im gegenseitigen Vertrauen.

00:29:02
Christa Stienen: Und auch Führung zu lernen. Dass es nicht nur eine Eintagsfliege ist, dass man einmal zu einem netten Meeting einlädt und dann ist es wieder vorbei. So als Tagestipp, nachdem Du eben gefragt hast. Also, es bedeutet auf jeden Fall auch dranzubleiben, ehrliches Interesse zu haben, weil wir alle als Menschen spüren. Ist jemand wirklich daran interessiert, mich an sich zu binden oder mit mir in die Tiefe zu gehen? Oder bleibt es auf der Small-Talk-Ebene? Und Small-Talk-Ebene ist sicherlich auch ok, aber um wirklich Menschen an ein Unternehmen zu binden, muss ich sie auch an mich und an die Führungskraft binden. Und dahingehend haben wir auch unsere Seminare, Entwicklungen und Coachings für Führungskräfte nochmal komplett verändert.

00:29:55
Alexander Petsch: Christa, Tobi, erst einmal herzlichen Dank schon mal für die ganzen Tipps. Also, Employer Branding ist sicher ein Dauerlauf und kein Sprint. Eigentlich eine Haltungsfrage, für die man auch Zeit einplanen muss, sozusagen das Pflänzchen täglich zu pflegen und zu kommunizieren. Ich glaube, das habt Ihr sehr stark auf den Punkt gebracht. Habt Ihr zum Schluss noch einen Tipp, den Ihr mit auf den Weg geben wollt?

00:30:27
Christa Stienen: In Kontakt treten. In den Kontakt reingehen, ohne Rücksicht auf Verluste, hätte ich fast gesagt. Und wenn es daneben geht, einfach mutig weitermachen. Nicht aufgeben, dranbleiben.

00:30:41
Tobias Grewe: Ja, im Endeffekt Versprechen einlösen und Erlebnisse erschaffen, die die Geschichten von Morgen sind, die weitererzählt werden.

00:30:52
Alexander Petsch: Das ist doch eine schöne Zusammenfassung unseres Podcasts! Vielen Dank, Christa, vielen Dank, Tobi! Hat mir Spaß gemacht mich mit Euch über Employer Branding, Haltung, Menschlichkeit auszutauschen.

00:31:05
Christa Stienen: Danke für die Einladung. Nun lass uns weitermachen in diesem Sinne!

00:31:10
Tobias Grewe: Ja, ich sage auch Danke.

Hier finden Sie die dazugehörige Podcast Episode.