Bundesarbeitsgericht vom 19. Mai 2010 – 5 AZR 253/09

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Sachverhalt:

Der Fremdgeschäftsführer einer GmbH war gerichtlich zunächst gegen die außerordentliche Kündigung seines Dienstverhältnisses vorgegangen. Erst einige Monate später klagte er zusätzlich Vergütungsansprüche ein, die vom Ausgang des Kündigungsschutzprozesses abhängig waren. In seinem Geschäftsführervertrag war eine zweistufige Ausschlussfrist geregelt. Danach sollten sämtliche Ansprüche aus dem Dienstvertrag verfallen, wenn er sie nicht innerhalb bestimmter Fristen schriftlich (1. Stufe) bzw. auf dem Klageweg (2. Stufe) geltend machen würde. Die Frage war nun, ob durch die Ergebung der Klage gegen die Kündigung auch die Frist für die Geltendmachung der Vergütungsansprüche gewahrt blieb oder ob die Ansprüche verfallen waren.

Die Entscheidung:

Abweichend vom Regelfall hatten die Vertragsparteien im Geschäftsführeranstellungsvertrag die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte vereinbart. Daher gelangte der Fall zum BAG und nicht – wie in der Regel ohne eine derartige Vereinbarung – zum BGH. Das BAG verurteilte die Gesellschaft zur Zahlung. Zunächst stellte es im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des BGH klar, dass der Fremdgeschäftsführer einer GmbH bei Abschluss seines Dienstvertrags als Verbraucher im Sinne des § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) handelt. Demzufolge waren die von der Gesellschaft vorformulierten Vertragsbedingungen einer Kontrolle nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (“AGB-Kontolle”) zu unterziehen; und das sogar unabhängig davon, ob sie nur zur einmaligen Verwendung bestimmt waren.

In konsequenter Anwendung der für Arbeitsverhältnisse entwickelten Rechtsprechung entschied das BAG, dass auch bei einer zweistufigen Ausschlussfrist im Dienstvertrag eines Fremdgeschäftsführers die bloße Erhebung einer Kündigungsschutzklage genüge, um das Verfallen der vom Ausgang des Kündigungsrechtsstreits abhängigen Vergütungsansprüche zu verhindern. Wie bei einer entsprechenden arbeitsvertraglichen Klausel gehen etwaige Auslegungszweifel beim Dienstvertrag eines Geschäftsführers nach der Unklarheitenregel zu Lasten der Gesellschaft als Verwender der Klausel. In diesem Fall war für den Geschäftsführer als juristischen Laien nicht verständlich genug geregelt, welche konkreten Anforderungen eine ordnungsgemäße gerichtliche Geltendmachung (2. Stufe der Ausschlussfrist) verlangt.

Konsequenzen für die Praxis:

Bei der Gestaltung von Geschäftsführerverträgen ist mit großer Sorgfalt vorzugehen. Ebenso wie bei Arbeitsverträgen sind auch hier grundsätzlich die strengeren Anforderungen der Rechtsprechung zur AGB-Kontrolle zu beachten.

Praxistipp:

Eine GmbH kann die AGB-Kontrolle im Einzelfall vermeiden, wenn sie die entsprechende Vertragsklausel mit dem Geschäftsführer aushandeln, d.h. die Vertragsparteien müssen deren Inhalt ernsthaft zur Disposition stellen. Diesen Verhandlungswillen muss die Gesellschaft im Streitfall konkret darlegen und beweisen können. Daher ist es zwingend erforderlich, den exakten Ablauf von Vertragsverhandlungen zu dokumentieren und Belege wie wechselseitige Vertragsentwürfe, E-Mail-Korrespondenz, Gesprächsprotokolle aufzubewahren.

Weitere Informationen: www.bblaw.com