Vertrauen schaffen

MacBook Pro on brown wooden table near pen organizer
Foto von Markus Spiske

Natürlich, das System, also das Unternehmen, bezahlt für die Coachingleistung. Dann will das Unternehmen, wollen die Personalentwickler und deren Vorgesetzte, natürlich auch wissen, ob das teure Coaching auch sinnvoll eingesetzt war. Nur: Wie messe ich „sinnvoll“? Denn welche Evaluation jenseits des 360°-Feedbacks, der ROI-Schätzung (Rendite von mehr als 200 Prozent!), und der Messung der Happiness-Faktoren, sagt überhaupt etwas über die Qualität von Coaching und Coaches aus? Und wie lässt sich die „Ensemblebildung zwischen Beratern und Beratenen“ (Stefan Kühl) relativieren, wo doch der Klient quasi der Co-Produzent der Leistung ist?

Gerade die Arbeit im Geheimen zwischen Coach und Klient schafft das Vertrauen, das ein Coachingprozess braucht. Je mehr von Setting und Inhalt nach außen dringt, umso mehr wird dieser, oft letzte Freiraum der Führungskräfte an Attraktivität verlieren. Denn Coaching ist nicht Teil des Systems Unternehmung, sondern spiegelt dieses System kritisch und zeigt blinde Flecken auf – damit Führungskräfte ihre Rolle reflektieren und ihr Repertoire an Handlungsalternativen erweitern können. Ist das Vertrauen in diesem Prozess gestört, verfällt die Führungskraft in die erlernten Strategiemuster, der Coach wird instrumentalisiert und das Coaching institutionalisiert.

Auf Augenhöhe

Wolfgang Looss plädiert für das ursprüngliche, anlassfreie Coaching mit dem Coach als dem Experten des Nicht-Wissens. Für die Prozessqualität sorgt der Coach selbst mit Head-Coaching, Fall-Organisationsaufstellung und Intervision. Selbstverständlich muss er sich dazu die Fragen der Personalwickler nach der Eigenkontrolle der Interventionen stellen lassen. Deren Professionalität, gespeist möglichst durch die eigene Coachingausbildung, sorgt für die Augenhöhe.

Große Unternehmen wie Daimler, Deutsche Telekom, K+S und Deutsche Bahn sind besonders vorsichtig in der Messung des Coaching-Erfolges, und sie verlassen sich auf Clearing- und Bilanzgespräche mit Vorgesetztem, Coachee und Coach. Die Unternehmen haben damit nachhaltig Recht, denn der Coachingerfolg ist vor allem ein subjektiv erlebter Erfolg: Was zählt, sind die wahrgenommenen Verhaltensveränderungen, die der Klient für sich selbst im Coaching und danach erlebt und reflektiert.

Persönliches Wachstum

Coaching ist und bleibt ein Instrument, um persönliches Wachstum als Führungskraft zu erzielen. Wenn sein Erfolg nur auf der Basis von Feedback-Fragebögen gemessen wird, sollten wir es lieber wieder Training nennen – das ist ehrlicher. Wollen wir jedoch Coaching als Biotop zur Entwicklung des Einzelnen erhalten und sichern, brauchen wir eine tief gehende, qualitative Forschung. Das können Institutionen leisten, die Coaching als nachhaltiges Veränderungsinstrument begreifen – Ansätze entwickeln sich dazu bei Professorin Heidi Möller an der Universität Kassel und am INQUA-Institut in Berlin, das den biografieanalytischen Ansatz mit narrativen Interviews praxistauglich gemacht hat.

Quelle: PERSONAL – Heft 06/2009