Teilnehmer:innen von hybriden Workshop sind gelangweilt, nicht involviert und fühlen sich abgehängt! Wie es anders und erfrischender geht, zeigt dieser Beitrag.

Illustration: Dominik Eberle

In den vergangenen Jahren haben wir sehr viel über das Thema „Virtuelle Kommunikation“ gelernt. Wir alle saßen eine Zeit lang zu Hause vor unseren Laptops und hatten ähnliche Voraussetzungen. Doch mittlerweile ist das Bild differenzierter: Während einige Kolleginnen und Kollegen komplett an ihren alten Arbeitsplatz zurückkehrt sind, pendeln andere zwischen Homeoffice und Büro. Eine weitere Gruppe arbeitet ausschließlich remote. Diese Situation ist unser neuer Alltag. Sie hat viele Vorteile, birgt aber auch Herausforderungen – zum Beispiel für die Personalentwicklung.

Wenn Weiterbildungen oder Workshops anstehen, stellt sich die Frage, ob diese im Seminarraum, remote oder hybrid stattfinden sollen. Ein hybrider Workshop passt am besten zur Arbeitsrealität jener Teams, die teils im Homeoffice, teil im Büro arbeiten. Doch es gibt einige Vorbehalte dagegen: So fühlen sich die zugeschalteten Kolleg:innen oft abgehängt und nicht integriert. Wir kehren den online Teilnehmenden den Rücken zu, da uns niemand gelehrt hat, Blickkontakt mit einer Kamera aufzunehmen. Einige fühlen sich überfordert davon, gleichzeitig die Technik zu bedienen und sich inhaltlich einzubringen. Oftmals führt das zu der Überzeugung: „Hybride Meetings sind nicht so effizient, es geht viel Zeit verloren und das Ergebnis ist schlecht!“

Doch das muss nicht so sein. Dieser Artikel gibt fünf praxisbewährte Tipps, die zeigen, wie Sie hybride Meetings effizient und interaktiv leiten können.

Hybrid ist nicht hybrid!

Dabei lassen sich mehrere hybride Situationen unterscheiden:

A) Single Connect: Einzelne Teammitglieder sind virtuell zugeschaltet
Einzelne arbeiten im Homeoffice, andere im Büro. In dieser Situation werden die remote Teilnehmenden oft während des Workshops „vergessen“.

B) Group Connect: Zwei Gruppen sind digital für einen Workshop zusammengeschaltet. Diese Situation entsteht in der Praxis zum Beispiel dann, wenn Teile des Teams an unterschiedlichen Standorten oder in unterschiedlichen Ländern verteilt sind. Oftmals hat die remote Gruppe ihre eigene Dynamik und einzelne Teilnehmende werden nicht mehr von der WebCam erfasst.

C) Moderator Remote: Ein Spezialist ist zugeschaltet und präsentiert, während die Gruppe gemeinsam an einem anderen Ort ist. Der Präsentierende bekommt die Dynamik innerhalb der Gruppe kaum mit. Die Führung der Gruppe ist herausfordernd.

5 Tipps für die Praxis

Unabhängig davon, um welche Workshop-Art des sich handelt: Die folgenden fünf Praxistipps helfen Ihnen dabei, die Veranstaltung effizient zu leiten:

1. „Remoties“ first: Sprechen Sie digital Teilnehmende zuerst an

Remote Teilnehmende – nennen wir sie liebevoll „Remoties“ – fühlen sich oftmals nicht integriert und können sich nicht ausreichend einbringen. Ihnen fehlt die Begegnung auf Augenhöhe, denn durch die WebCam sehen sie häufig viel Tisch und wenig Mensch. Sie nehmen das Meeting aus der Vogelperspektive wahr.

Machen Sie es daher zur Regel, die remote Teilnehmenden zuerst zu begrüßen oder in einer Diskussion sprechen zu lassen. Auch ein gezieltes kurzes Feedback während des hybriden Meetings kann helfen. (Können die zugeschalteten Teilnehmenden alles sehen und hören?) Das geht wunderbar schnell durch eine Mentimeter-Abfrage.

2. Spotlight an: Machen Sie remote Teilnehmende sichtbar

Schaltet sich eine komplette Gruppe remote dem Meeting zu, sind nicht immer alle Personen aus dem Raum sichtbar. Uns entgehen somit wertvolle Impulse. Beispielsweise nehmen wir Signale der Zustimmung oder Ablehnung nicht wahr, da wir deren Mimik nicht sehen können oder wir können die Stimmung in deren Gruppe nicht erfassen.

Es existieren mehrere Möglichkeiten die remote Teilnehmende sichtbar zu machen:

  1. Nutzen Sie die Möglichkeit des „Circle up“. Dabei notieren Sie sich die Namen der remote Teilnehmenden entsprechend deren Sitzposition im Raum. Sie können dafür auch ein Flipchart oder ein digitales Whiteboard nutzen, um es auch den anwesenden Meeting-Teilnehmern zugänglich zu machen. So haben Sie immer vor Augen, wer remote teilnimmt.
  2. Einige Plattformen bieten die Möglichkeit, den remote Teilnehmenden „ins Spotlight“ zu setzen. Dann wird die sprechenden Personen auf dem Monitor größer sichtbar.
  3. Achten Sie darauf, dass alle Teilnehmenden in einem Raum zu sehen sind. Dies erreichen Sie durch bewegliche WebCams, die den Sprechenden heranzoomen.

3. Rollen verteilen: Holen Sie sich Unterstützung

Gleichzeitig das hybride Meeting zu moderieren, alle Teilnehmenden im Blick zu behalten und die Technik im Griff zu haben, kann anstrengend sein. Wenn Sie zu Beginn eines hybriden Meetings die folgenden drei Rollen vergeben, verschaffen Sie sich deutliche Entlastung:

Der „Connector“ hat die Aufgabe, die Inklusion der remote Teilnehmenden zu fördern, indem er darauf achtet, dass die remote anwesenden Kolleg:innen die Chance erhalten, ihre Meinung zu den diskutierten Themen kundzutun und alles sehen können.

Der „TechBuddy“ stellt sicher, dass die Technik im Raum funktioniert und dass die notwendigen Verbindungen vorhanden sind.

Der „Vibes Observer“ (Stimmungsbeobachter) achtet bewusst auf die Stimmung innerhalb der remote zugeschalteten Gruppe. Das kann einerseits die Einstellung zum Thema sein, andererseits aber auch das Energielevel der Gruppe sein, die gegebenenfalls eine Pause benötigt.

Diese Rollen können Sie in jedem Workshop neu verteilen. Damit tragen alle Teammitglieder zum Erfolg bei. Der Gastgeber wird deutlich entlastet und kann sich auf das Wesentliche konzentrieren.

4. Lassen Sie sich nicht täuschen: Proximity Bias vermeiden

In einem hybriden Workshop fühlen wir uns oftmals den Teilnehmenden vor Ort mehr zugehörig als zu der Gruppe der „Remoties“. Das ist ein unbewusster Trugschluss, dem wir sehr oft unterliegen. Diese gedankliche Verzerrung wird Bias (Vorteil) genannt. Unbewusst bevorzugen wir diejenigen, die uns physisch näher sind. Die anderen vergessen wir schlichtweg. Deshalb haben die Teilnehmenden im selben Raum einen höheren Redeanteil. Dem können Sie vorbeugen:

  • Nutzen Sie digitale Kommunikationstools, wie beispielsweise Miro oder Mural. So kann jeder Teilnehmende zeitglich mitwirken.
  • Stellen Sie sicher, dass die vorhandene Technik im Raum die Inklusion fördert (siehe Punkt 2 weiter oben).
  • Achten Sie auf ausreichend Redepausen, vermeiden Sie bilaterale Nebengespräche und fragen Sie gezielt nach dem Input der remote Teilnehmenden.

5. Mut zum Ausprobieren: Wir befinden uns in einem großen Lern-Experiment

Setzen Sie sich nicht zu sehr unter Erfolgsdruck. Wir alle lernen gerade eine Menge dazu, wenn wir hybride Workshops leiten. Erklären Sie allen Teilnehmenden die Besonderheiten des hybriden Formats, fragen Sie sie nach Herausforderungen und lassen Sie die Gruppe festlegen, wie sie diese Herausforderungen meistern möchte. So kommen Sie am besten zu gemeinsamen Spielregeln. Auch das regelmäßige Feedback unterstützt, dabei besser zu werden. In der Vergangenheit haben sich die folgenden „Vereinbarungen des Gelingens“ bewährt:

  1. Remoties first!
  2. Alle Teilnehmenden im Raum sprechen sequenziell und nicht zeitgleich.
  3. Wenn ein wichtiges Gespräch (Mobil-Telefonat) zu führen ist bitte kurz Bescheid geben, den Raum verlassen oder online die Kamera ausschalten.
  4. Audio first! (falls eine schlechte Internet-Verbindung besteht, die Webcam ausschalten)
  5. Halten Sie auch Blickkontakt mit der WebCam, wenn Sie mit den remote Teilnehmenden sprechen möchten. (Kleben Sie einfach einen Smiley an die Kamera. Das animiert auch dort hinzusehen.)
  6. Nachfragen ist erwünscht und erlaubt, wenn Sie etwas nicht verstanden haben.
  7. Sitzen Sie vor dem Rechner, dann schauen Sie direkt in die Kamera und nicht auf die einzelnen Videokacheln.

Durch das gemeinsame Erarbeiten der „Vereinbarungen des Gelingens“ erhalten Sie automatisch mehr Struktur, Fokus und Etikette. Ein gut moderierter hybrider Workshop bereichern Lernen und Zusammenarbeit. Viel Spaß beim Experimentieren und Ausprobieren!

Literaturtipps
Hybrid ist heute! Von Ursula Kraus und Frank Waible. Beck 2023.

Aus den Augen, NICHT aus dem Sinn! Auf dem Weg zum arbeitsfähigen virtuellen Team. Von Ursula Kraus und Frank Waible. Vahlen 2021.