Generation Internet?

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Foto von Tetiana SHYSHKINA

Es überrascht nicht, dass das Internet die wichtigste Informationsquelle für die junge Generation ist – auch wenn es um das Thema Beruf und Karriere geht (Abbildung 2). 97 Prozent der Wirtschafts- und 94 Prozent der Ingenieurs- und IT-Absolventen nutzen das Internet, um sich über potenzielle Arbeitgeber zu informieren.

Neben den Websites der Unternehmen spielen auch Karriereportale und Online-Stellenanzeigen eine wesentliche Rolle – Tendenz steigend. Aber die Generation auf das Internet zu reduzieren, greift deutlich zu kurz.

Denn ebenfalls enorm wichtig – gerade als Kontrastpunkt zum teilweise recht anonymen Internet – sind persönliche Kontakte und Erfahrungen. Das eigene private Netzwerk, aber auch Praktika oder Nebenjobs in Unternehmen sind für weit mehr als die Hälfte der Absolventen wichtig bezogen auf die Entscheidung für oder gegen einen Arbeitgeber. Denn das eigene Erleben oder das Erleben Dritter offenbart am besten, ob das Personalmarketing nur Schein ist – oder tatsächlich Sein. Für Unternehmen bedeutet das: Sie müssen bereits frühzeitig mit den Bewerbern von morgen in Kontakt treten und die eigenen Mitarbeiter als Botschafter für sich als Arbeitgeber einbinden.

Der richtige Kommunikationsmix

Die Absolventen nutzen nicht nur zwei oder drei Informationskanäle, sondern suchen aktiv auf vielen verschiedenen Wegen nach Informationen über Arbeitgeber. Für Unternehmen ist es deshalb wichtig, viele Kontaktpunkte mit den Bewerbern zu schaffen: nicht nur online und über das eigene Netzwerk, sondern auch auf Karrieremessen, an den Hochschulen und in Zeitungen und Zeitschriften. Nur wenn die Absolventen häufig mit Informationen über das Unternehmen in Berührung kommen, bleibt es in Erinnerung. Jedes Unternehmen muss dabei den Kommunikations- und Marketingmix finden, der am besten zu seiner eigenen, speziellen Bewerberzielgruppe passt. 

Social Media: Hype oder Trend?

Viele Personalisten stellen sich immer wieder die Frage, welche Rolle soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter, XING oder LinkedIn in diesem Kommunikationsmix spielen sollten. Aktuell nutzen 45 Prozent der Wirtschaftswissenschaftler und 31 Prozent der Ingenieurs- und IT-Absolventen soziale Netzwerke, um sich über potenzielle Arbeitgeber zu informieren. Damit bildet Österreich gemeinsam mit den Nachbarländern Deutschland und der Schweiz das Schlusslicht bei der karriereorientierten Social-Media-Nutzung in Europa. In anderen europäischen Ländern wie Bulgarien oder Portugal nutzen bereits über 70 Prozent der Bewerber Informationen aus dem Social Web für ihre Karriereplanung. Auch wenn die heutigen Vorstellungen der jungen Bewerber noch konservativ sind: Die Kommunikation ist im Umbruch und Social Media wird auch bei der Berufsorientierung immer wichtiger. Mutige Recruiter, die ein Unternehmen hinter sich wissen, das sein Innovationsversprechen auch halten kann, können mit einem guten Arbeitgeberprofil auf LinkedIn & Co. nicht nur einen zusätzlichen Imagegewinn erzielen, sondern sich auch einen entscheidenden Vorsprung im Wettbewerb um die besten Talente sichern. 

Abwanderung verschärft War for Talent

Notwendig wird es für österreichische Unternehmen allemal, ihr Employer-Branding und Personalmarketing zu verbessern – denn die Absolventen werden knapper. Rund ein Drittel der Studierenden in Österreich will sich nach dem Studium einen Job im Ausland suchen und fällt damit für den heimischen Arbeitsmarkt weg. Im Vergleich zu den Nachbarländern Deutschland und Schweiz – in denen nur jeder fünfte Absolvent auswandern möchte – zieht es österreichische Absolventen deutlich häufiger ins Ausland. Wenn sie ein attraktives Jobangebot bekämen, würden sogar über zwei Drittel der Österreicher ins Ausland ziehen. Es ist also an den einheimischen Unternehmen, die hoch qualifizierten jungen Arbeitskräfte im Land zu halten und von sich als attraktive Arbeitgeber zu überzeugen. 

Webtipp

Weitere Studienergebnisse zum Thema finden Sie unter: www.personal-manager.at/studien 


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Quelle: personal manager – Zeitschrift für Human Resources | Ausgabe 2 März/April

Herausforderung gesucht

Die heutigen Absolventen haben eine sehr genaue Vorstellung davon, was ihnen ein Unternehmen bieten muss, damit es für sie als künftiger Arbeitgeber infrage kommt. Ganz oben auf der Wunschliste stehen spannende Arbeitsaufgaben, die dem eigenen Können und den eigenen Interessen entsprechen (Abbildung 1). Für rund 96 Prozent sind die künftigen Aufgaben wichtig oder gar sehr wichtig. Ein langweiliger Arbeitsalltag lockt kaum jemanden. Aber auch die Möglichkeit zur persönlichen Entwicklung und beruflichen Weiterbildung im Unternehmen sind für weit über 90 Prozent der Absolventen entscheidend. Kurzum: Junge Bewerber suchen die Herausforderung – und wollen weiterkommen.

Wohlfühlfaktor Arbeitsklima

Die eigene Karriere ist aber nicht alles. Für die Generation Y ist auch die Kultur eines Unternehmens ausschlaggebend, wenn sie sich für einen Arbeitgeber entscheiden. Werden die Mitarbeiter im Unternehmen wertgeschätzt? Ist das Arbeitsklima geprägt von Kollegialität statt von Ellbogenmentalität? Rund 95 Prozent sind diese Werte wichtig. Die junge Generation will nicht nur weiterkommen, sie will sich dabei auch wohl und geborgen fühlen. Da wundert es nicht, dass auch ein guter Führungsstil für neun von zehn Absolventen wichtig ist bei der Arbeitgeberwahl. Insbesondere Frauen haben hohe Ansprüche an die Unternehmenskultur: Kollegialität, Wertschätzung, Work-Life-Balance, Chancengleichheit und loyale Arbeitgeber, die nicht bei der nächsten kleineren Krise Mitarbeiter entlassen, werden von Frauen besonders geschätzt.

Zeit für Privates

Neben der Arbeit sollte das Privatleben nicht zu kurz kommen: Seit Jahren ist der Wunsch der Absolventen nach einer ausgeglichenen Work-Life-Balance hoch. Doch was ist den Absolventen wichtiger, wenn sie sich zwischen Karriere und Privatleben entscheiden müssten? 40 Prozent der Wirtschaftsabsolventen sind dazu bereit, nach dem Studium ihr Privatleben zurückzustellen, um zunächst ihre Karriere voranzutreiben. Bei den Ingenieuren und IT-Wissenschaftlern hat das Privatleben einen höheren Stellenwert: Nur 30 Prozent würden die Karriere vor das Privatleben stellen.  

Geld ist nicht alles

Und wie sieht es mit dem Gehalt aus? Die Absolventen sind selbstbewusst: Wirtschaftswissenschaftler fordern durchschnittlich 34.300 Euro brutto Einstiegsgehalt pro Jahr, Ingenieure und IT-Absolventen sogar 36.600 Euro. Dennoch sind Gehalt und finanzielle Vorteile nicht alles für die Absolventen. Knapp 60 Prozent der Wirtschaftswissenschaftler würden auf einen hochklassigen Dienstwagen, Firmenkreditkarte, Diensthandy und Clubmitgliedschaften verzichten, wenn sie stattdessen ihre Arbeitszeit eigenverantwortlich gestalten könnten. Nur knapp ein Drittel könnte sich vorstellen, für ein Unternehmen mit einem schlechten Image zu arbeiten, wenn das Gehalt stimmt. Die jungen Bewerber von heute lassen sich also nicht einfach nur mit Geld ködern. Vielmehr müssen Arbeitsumfeld und Entwicklungsmöglichkeiten passen.  

Dieses Wissen um die Bedürfnisse und Erwartungen der Bewerberzielgruppe ist elementar für ein erfolgreiches und effizientes Personalmarketing und Employer-Branding. Denn die Bewerber wollen wissen, wofür ein Arbeitgeber steht, ob er ihnen das bieten kann, was sie fordern – und ob ihnen ein anderes Unternehmen nicht vielleicht bessere Konditionen gewährt. Im Wettbewerb um die besten Talente kann es sich heute kein Unternehmen mehr leisten, seine Vorzüge zu verstecken. Die Definition einer Employer Value Proposition (EVP), eines zentralen Arbeitgeberversprechens, das die brennendsten Fragen der Bewerberzielgruppe beantwortet, ist zur Pflicht geworden. Es sind genau diese Versprechen, die Arbeitgeber im Personalmarketing immer wieder betonen und belegen müssen, um zu überzeugen. Doch das intensivste Personalmarketing nützt nichts, wenn es von den begehrten Talenten nicht wahrgenommen wird. Wichtig ist, genau die Kanäle zu identifizieren, über die sich Absolventen über Karrierefragen und Wunscharbeitgeber informieren. Denn das tun sie auch abseits der klassischen Medien.