Im März 2011 traten Neuerungen beim Gleichbehandlungsgesetz in Kraft. Dieses Gesetz verpflichtete Unternehmen im Ursprung ab einer bestimmten Betriebsgröße Einkommensberichte in jedem zweiten Jahr zu erstellen. Das Ziel dieser Berichte ist es, Einkommen und damit Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen ermitteln zu können, die eine vergleichbare oder gleiche Arbeit verrichten. Seit 2014 müssen nun auch Betriebe mit über 150 Mitarbeitern Einkommensberichte vorlegen; auch dies im zweijährigen Tournus.
Dabei sind zwei Angaben verpflichtend zu leisten; und zwar ist erstens
… die Zahl der Frauen und Männer pro Einkommensstufe
(kollektivvertragliche oder betriebliche Verwendungsgruppe) zu nennen.
Und zweitens
… muss der Mittelwert der Frauen- und Männereinkommen
pro Einkommensstufe im Kalenderjahr angegeben werden.
Der Gesetzgeber fürchtet allerdings, dass es bei der Interpretation der Arbeitszeit in Korrelation mit Entgelt zu Verzerrungen kommen könnte, weil Beschäftigte durch Teilzeit- und unterjährige Beschäftigung auf andere Kenzahlen kommen als jene, die Vollzeit arbeiten oder das ganze Jahr. Daher sind denn auch die niedrigen Beschäftigungsformen
auf das gesamte Jahr hochzurechnen. Das Einkommen umfasst nicht nur das Grundgehalt, sondern schließt auch sämtliche Zulagen, Überstundenzuschläge oder Sachbezüge mit ein – nicht enthalten sein sollten lediglich Aufwandsentschädigungen.
Die erstellten Berichte sind dem Betriebsrat auszuhändigen. Ist dieser nicht existent, haben die Arbeitnehmer Zugang zu den Daten zu erhalten.
Die Umfrage
Die AK und der ÖGB hatten das Gesetz zum Einkommensbericht in den letzten Jahren vehement eingefordert. Nun wollten sie mit ihrer Umfrage unter Mitgliedern von Betriebsratsgremien in Betrieben mit mehr als 150 Beschäftigten feststellen, wie die Firmen der Vorgabe nachkommen. Liefern sie nur die nötigsten Kennzahlen ab oder fangen sie an, sich mit der Thematik eingehend zu beschäftigen; worauf weitere Angaben schließen lassen würden. Den Studienautoren liegen seit September 2014 2.660 ausgefüllte Fragebögen vor. Als repräsentativ schätzen die Institutionen ihre Ergebnisse nicht ein, meinen aber, dass diese wichtige Einblicke, Möglichkeiten und Probleme von Einkommensberichten zutage fördern.
Mit der Erhebung erreichten die Autoren vor allem Vertreter aus Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern. Ihre Quote lag bei 40 Prozent. Ebenso interessant ist, dass die stärksten Rückläufe aus der Metall- und Elektrobranche (719 Antworten) sowie aus dem Gesundheitsbereich (407 Antworten) kamen. Diesen Bereichen folgt Verkehr und Transport mit 194 Antworten.
Mehr als die Hälfte der Antworten stammt aus Betrieben, die deutlich mehr Männer beschäftigen. Nur ein gutes Viertel beschäftigt (deutlich) mehr Frauen. Das steht in einem logischen Zusammenhang mit den beteiligten Branchen, sind doch sowohl im Elektro- und Metallbereich als auch im Verkehrsbereich deutlich mehr Männer beschäftigt. Daher waren es auch zumeist Männer, die sich mit den Einkommensberichten befassen mussten. Dreiviertel der Studienteilnehmer waren männlich.
Die Ergebnisse
Wenn es das Ziel des Gesetzgebers bei den Einkommensberichten ist, in Betrieben eine Diskussion über die Entgeltgerechtigkeit einzuleiten, dann ist ihm dies offenbar mit Blick auf die Studienergebnisse ein Stück weit geglückt. Laut den Rückmeldungen der Betriebsräte haben sich viele Arbeitgeber mit dem Bericht tatsächlich auseinandergesetzt (23 Prozent) und waren teilweise auch bereit, konkrete Maßnahmen für Einkommensgleichheit (21 Prozent) zu setzen. Am aufgeschlossensten (bei möglichen Mehrfachnennungen) zeigen sich die Dienstgeber dabei für Schulungen (19%), gefolgt von Maßnahmen für bessere Vereinbarkeit und Frauenförderpläne (17 bzw. 16%). Aber auch die Unterstützung von Vätern bei der Inanspruchnahme von Elternrechten (Karenz, Elternteilzeit, Pflegeurlaub) und mehr Ausgewogenheit bei der Neubesetzung von Stellen (jeweils 14%) werden angedacht oder auch umgesetzt.
Positiv ist auch zu werten, dass die meisten Arbeitgeber im Vorfeld der Berichtskonzeption den Betriebsrat einbinden. Zumindest gaben dies über 50 Prozent der Teilnehmer an. Entwicklungsbedarf gibt es allerdings noch bei der Erfüllung der Mindeststandards. Teilweise wiesen die Berichte kleinere Lücken auf.
Die Ergebnisse für die Frage nach Zusatzangaben in den Berichten fallen ebenfalls positiv aus. So wurden zum Beispiel oft sowohl Median als auch Mittelwert angegeben, obwohl nur einer der beiden Werte verpflichtend ist. Auch war bei 45 Prozent der Berichte eine Unterscheidung von Vollzeit und Teilzeit enthalten, bei weiteren 16 Prozent wurde diese Information auf Anforderung des Betriebsrates zur Verfügung gestellt oder zugesagt. Bei 39% der Fälle lieferte das Unternehmen eine Gliederung der Funktionsbereiche, wobei bei elf Prozent der Betriebsrat diese angefordert hatte. Bei jeweils einem Drittel der Rückmeldungen wurde angegeben, dass die Berichte von vornherein Angaben zu Über- und Mehrstunden, Karenzzeiten oder Zulagen enthielten.
Vereinzelt wurden besondere Angaben in den Berichten gemacht, wie zum Beispiel …
… Hinweis auf All-In-Verträge
… Gliederung nach Geschäftsgruppen oder Filialbereichen
… Aufgliederung des Managementbereichs
… Nennung der Bonusliste
… Aufgliederung der Entlohnung in Grundgehalt, Zulagen, Prämien usw.
Auch bei den Arbeitnehmern kommen die Berichte gut an. 63 Prozent der Antwortenden schätzten sie als nützlich oder eher nützlich für die Betriebsratsarbeit ein. 7 Prozent sehen keinen Nutzen.
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Foto: Rainer Sturm | pixelio.de