1. Lohnsteuerfreie Sachzuwendungen

Das Einkommensteuergesetz (EStG) regelt in § 3 Absatz 1 Ziffer 14, was dem Arbeitnehmer rund um die Teilnahme an Betriebsveranstaltungen lohnsteuerfrei gewährt werden kann. Das ist demnach „der geldwerte Vorteil aus der Teilnahme an Betriebsveranstaltungen (z. B. Betriebsausflüge, kulturelle Veranstaltungen, Betriebsfeiern) bis zu einer Höhe von 365 Euro jährlich und dabei empfangene Sachzuwendungen bis zu einer Höhe von 186 Euro jährlich.“
Die Verwaltungspraxis schränkt die Steuerfreiheit auf jene Mitarbeiter ein, die auch tatsächlich an der Betriebsveranstaltung teilgenommen haben.
Das bedeutet für die Weihnachtsfeier der Luxusfahrzeuge Handels-GmbH sowie für die Sachgutscheine der Lebensmittelkette:
► Wenn die Kosten der Weihnachtsfeier (Saalmiete, Catering etc.) und die Kosten des geplanten Betriebsausfluges insgesamt niedriger als 365 Euro pro teilnehmendem Mitarbeiter und Jahr sind, dann fallen für diese Betriebsausgaben keinerlei Lohnabgaben an.
► Da die Gutscheine der Lebensmittelkette einen geringeren Wert als 186 Euro haben, fallen auch für diese Betriebsausgaben keinerlei Lohnabgaben an, sofern während des Jahres keine zusätzlichen Sachzuwendungen bei anderen Betriebsveranstaltungen (Betriebsausflug) gewährt werden.
Die Randzahl 79 der Lohnsteuerrichtlinien 2002 hält großzügigerweise Folgendes fest: „Auch ohne besondere Betriebsfeier wird z. B. die Verteilung von Weihnachtsgeschenken als Betriebsveranstaltung anzusehen sein.“
2. Lohnsteuerpflichtige Incentives und Benefits
Individuelle Belohnungen (z. B. das Thermenwochenende), die einzelne Arbeitnehmer bei Veranstaltungen erhalten, fallen nicht unter die Steuerbegünstigung gemäß § 3 Absatz 1 Ziffer 14 EStG. Sie sind wie alle übrigen Incentives und Benefits lohnsteuerpflichtig. Nur „nicht messbare Aufmerksamkeiten“ (beispielsweise ein Blumenstrauß zum Geburtstag) sind abgabenfrei, denn die Finanzverwaltung unterstellt bei diesen Zuwendungen keinen geldwerten Vorteil.
Incentives sind in der Gehaltsverrechnung gemäß den Bestimmungen des § 15 EStG mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchs-ortes anzusetzen. Der übliche Mittelpreis des Verbrauchsorts ist jener Betrag, den der Arbeitnehmer bezahlen müsste, um das, was er als Incentive oder Benefit vom Arbeitgeber erhält, käuflich zu erwerben. Günstigere Konditionen, die beispielsweise der Arbeitgeber bei der Buchung der Reise vom Reisebüro erhält, sind nicht zu berücksichtigen. Maßgeblich ist auch nicht der subjektive Vorteil aus der Sicht des Arbeitnehmers (beispielsweise subjektiver Liebhaberwert), sondern der objektive Wert, also jener Preis, den sich der Arbeitnehmer durch die Zuwendung erspart hat.
Im Falle der Reise muss der Arbeitgeber
a) auch sonstige Aufwendungen, wie beispielsweise Stadtrundfahrten, die er zusätzlich bezahlt, bei der Berechnung des Sachbezuges berücksichtigen, und
b) den Wert der gesamten Sachzuwendung (einschließlich Umsatzsteuer) in der laufenden Gehaltsverrechnung ansetzen. Darf der Arbeitnehmer eine Begleitperson auf die Reise mitnehmen, so ist auch der Wert der Reise für diese Begleitperson in der Lohnverrechnung als zusätzlicher lohnwerter Vorteil abgabenpflichtig zu erfassen.
Der Wert der Sachzuwendung ist in der Lohnsteuer als „normaler“ sonstiger Bezug gemäß § 67 Abs. 1 und 2 EStG abzurechnen. Zu beachten ist, dass der Arbeitnehmer in jenem Monat, in dem er sein Incentive konsumiert, aufgrund der darauf entfallenden Lohnsteuerbelastung einen niedrigeren Nettobezug erhält. Dieser psychologisch unerwünschte Effekt schränkt den positiven Belohnungseffekt erheblich ein. Will die Luxusfahrzeuge Handels-GmbH dem Arbeitnehmer das Incentive jedoch brutto für netto zukommen lassen, wird dies für das Unternehmen sehr teuer. Übernimmt sie nämlich die auf den Arbeitnehmer entfallenden Abgaben, ist diese Abgabenübernahme ein neuerlicher abgabepflichtiger Vorteil aus dem Arbeitsverhält-nis.
Beispiel:
Karl Emsig ist Außendienstmitarbeiter der Luxusfahrzeuge Handels-GmbH und verdient monatlich durchschnittlich 5.000 Euro (Fixum und Provisionen). Er schaffte es, dass ein Energiekonzern 45 Luxuslimousinen für das Führungspersonal kauft. Der Vertriebs-Chef der Luxusfahrzeuge Handels-GmbH belohnt Emsig mit einem All-inclusive-Wochenende für zwei Personen anlässlich des Grand Prix von Österreich am 22. Juni 2014 am Red Bull Ring in Spielberg. Wollte sich Karl Emsig dieses Leistungspaket selbst kaufen, müsste er dafür 1.000 Euro bezahlen.
Aufgrund der Höhe seines Monatsbezuges beträgt die Lohnsteuer für diese Zuwendung 50 Prozent, das sind 500 Euro. Um diesen Betrag ist der Nettobezug des Herrn Karl Emsig im Zuwendungsmonat Juni 2014 geringer als in den anderen Monaten. Um diesen „motivationsstörenden“ Effekt zu vermeiden, übernimmt der Arbeitgeber die Lohnsteuer. Bei einer Steuerprogression von 50 Prozent muss der Arbeitgeber daher zusätzlich den doppelten Lohnsteuerbetrag als lohnwerten Vorteil ansetzen, um zu verhindern, dass sich der Nettobezug des Herrn Emsig vermindert. Die Lohnnebenkostenbasis beträgt aufgrund der Belohnung daher für den Arbeitgeber 2.000 Euro (= 1.000 Euro Incentive zuzüglich 1.000 Euro, die dem doppelten Wert der Lohnsteuer entsprechen, da der Arbeitnehmer die Lohnsteuerbelastung übernimmt).
„Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft.“ Dieses Sprichwort gilt auch für die Mitarbeitermotivation. Arbeitgeber gewähren aus unterschiedlichen Gründen Belohnungen – beispielsweise dafür, dass der Arbeitnehmer ein Umsatz- oder Ergebnisziel erreicht hat oder ein besonderes „Zielunternehmen“ als Kunden gewinnen konnte. Aus abgabenrechtlicher Sicht sind die Begriffe Incentives und Benefits Synonyme für Belohnungen.
Wie Arbeitgeber Belohnungen korrekt in der Gehaltsverrechnung erfassen, zeigt ein Beispiel: In der Luxusfahrzeuge Handels-GmbH sind die folgenden Events und Incentives geplant:
1. Anlässlich der Weihnachtsfeier erhalten…
a) alle Arbeitnehmer einen Sachgutschein einer Lebensmittelkette über 70 Euro.
b) Außerdem darf sich der Außendienstmitarbeiter, der den höchsten Jahresumsatz erzielt hat, zusätzlich zu seinem Provisionsanspruch mit einer Begleitperson über ein verlängertes Wochenende (Donnerstag bis Sonntag) in einer österreichischen Therme seiner Wahl entspannen. Die Luxusfahrzeuge Handels-GmbH bezahlt nicht nur die Aufenthaltskosten für diesen Mitarbeiter und dessen Begleitperson, sondern sie schenkt ihm auch die dafür erforderliche Freizeit (Donnerstag und Freitag).
2. Die Luxusfahrzeuge Handels-GmbH plant zwei besondere Events, zu denen Kunden und Geschäftsfreunde eingeladen und Segelschiffe gechartert werden. Die Teil-nehmer an Bord werden mittels Catering kulinarisch versorgt und übernachten an Bord. An beiden Veranstaltungen nehmen Kunden, Geschäftsfreunde und Mitarbeiter teil.
Welche abgabenrechtlichen Bestimmungen sind bei diesen Events und Incentives zu beachten?
Zuwendungen von Geschäftspartnern
Wie sind aus der Sicht des Arbeitgebers Incentives und Benefits zu beurteilen, die beispielsweise Geschäftspartner des Arbeitgebers den Arbeitnehmern gewähren?
Gewährt beispielsweise der Autoimporteur einem Arbeitnehmer der Luxusfahrzeuge Handels-GmbH Incentives dafür, dass er besonders viele Fahrzeuge einer bestimmten Marke verkauft hat, ist der Arbeitnehmer verpflichtet, den geldwerten Vorteil selbst in der Einkommensteuerveranlagung geltend zu machen. Dies gilt jedenfalls, sofern der Geschäftspartner diese Incentives aus eigenem Antrieb gewährt und keine Verpflichtung des Arbeitgebers „auf kurzem Wege“ begleicht. Auch in diesem Fall ist in der Einkommensteuerveranlagung der übliche Mittelpreis des Verbrauchsortes anzusetzen, also jener Wert, der den Aufwendungen entspricht, die sich der Arbeitnehmer durch die Zuwendung erspart hat.
Sozialversicherungsrechtliche Bewertung von Incentives und Benefits
Die Sozialversicherungs-Bemessungsgrundlage ist in § 49 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) geregelt. Demnach fallen unter das „sozialversicherungspflichtige Entgelt“ sämtliche Geld- und Sachbezüge, auf die der Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber Anspruch hat und die der Arbeitnehmer von einem Dritten aufgrund seines Arbeitsverhältnisses erhält. Gemäß § 49 Abs. 1 ASVG muss die Luxusfahrzeuge Handels-GmbH daher beim Arbeitnehmer auch Benefits sozialversicherungsrechtlich berücksichtigen, die der Arbeitnehmer von Geschäftspartnern erhält.
Die sozialversicherungsrechtliche Bewertung ist ident mit der lohnsteuerlichen. Somit hat der Arbeitgeber für den Wert der Incentives, die sein Arbeitnehmer von Geschäftspartnern erhält, bis zur Höchstbeitragsgrundlage Sozialversicherungsbeiträge einzubehalten und abzuführen. Sozialversicherungsrechtlich ist die Zuwendung als laufender Bezug abzurechnen, wenn nicht zu erwarten ist, dass der Arbeitnehmer immer wieder mit einem Incentive belohnt wird. Die monatliche Höchstbeitragsgrundlage beträgt 4.530 Euro (2014) beziehungsweise 4.650 Euro (2015).
In dem obigen Beispiel ist die Belohnung an Herrn Emsig sozialversicherungsfrei, weil bereits der Monatsbruttobezug von 5.000 Euro höher ist als die Höchstbeitragsgrundlage. Ist hingegen aufgrund der besonderen Fähigkeiten des Arbeitnehmers zu erwarten, dass er immer wieder eine Belohnung erhalten wird, dann sind diese Zuwendungen (aufgrund der regelmäßigen Wiederkehr) als Sonderzahlung abzurechnen. Die Höchstbeitragsgrundlage für Sonderzahlungen beträgt 9.060 Euro (2014) beziehungsweise 9.300 Euro (2015).
Lohnnebenkosten
Da es sich bei Incentives um „echtes“ Entgelt handelt, muss der Arbeitgeber sämtliche Gehaltsnebenkosten entrichten. Für Arbeitnehmer, die dem System Abfertigung „neu“ unterliegen, sind auch Beiträge an die Betriebliche Vorsorgekasse zu leisten.
Freizeit als Teil der Belohnung
Die Freizeit, die der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer als Teil der Belohnung gewährt − in unserem Beispiel die zwei Arbeitstage Donnerstag und Freitag − ist nicht als lohnwerter Vorteil anzusetzen. Es steht dem Arbeitgeber jederzeit frei, auf die vom Arbeitnehmer geschuldete Arbeitsleistung zu verzichten, solange der Arbeitnehmer für die Dauer seiner Abwesenheit das volle Entgelt erhält.
Wie sind Events für Kunden und Geschäftspartner abgabenrechtlich zu bewerten? Angenommen, die zuständigen Mitarbeiter müssen nur dann am Event teilnehmen, wenn der von ihnen betreute Kunde zusagt. Neben wir weiters an, dass die teilnehmenden Mitarbeiter bei den Veranstaltungen Jacken mit Firmenlogo tragen, Kunden und Geschäftsfreunde betreuen und mit ihnen fachliche Gespräche führen müssen.
Wenn die Arbeitnehmer vollverköstigt und gratis nächtigend auf einer Yacht mitsegeln, erscheint es naheliegend, dass Abgabenprüfer grundsätzlich von einer lohnsteuerpflichtigen Belohnung für diese Arbeitnehmer ausgehen.
Zur vergleichbaren deutschen Rechtslage hat der deutsche Bundesfinanzhof (BFH) entschieden (Entscheidung vom 16. 10. 2013, VI R 78/12), dass in so einem Fall vor allem aus den folgenden drei Gründen kein lohnwerter Vorteil vorliegt:
► Der Arbeitnehmer kann nicht frei entscheiden, ob er an dieser Veranstaltung teilnehmen will. Die Teilnahme ist für ihn – sofern „sein“ Kunde anwesend ist − verpflichtend, selbst dann, wenn er Meere und Segelschiffe hasst.
► Die Arbeitnehmer müssen als Vertreter des Arbeitgebers Jacken mit Logo tragen.
► Die Arbeitnehmer müssen sich um die Kunden kümmern und mit ihnen Gespräche führen.
Aus diesem Grund steht der betriebliche Zweck nach Ansicht des BFH ganz im Vordergrund. Ein mögliches eigenes Interesse des Arbeitnehmers kann aus seiner Sicht vernachlässigt werden.
Weiteres stellt der BFH fest: Allein eine „touristische oder aus anderen Gründen attraktive Umgebung“, in der ein Arbeitnehmer für den Arbeitgeber tätig werde, führe noch zu keiner Zuwendung eines lohnsteuerrechtlich erheblichen Vorteils.
Regelmäßig dann, wenn der Arbeitnehmer in einer touristisch oder aus anderen Gründen attraktiven Umgebung tätig wird, geht die Finanz von einer Belohnung aus, unabhängig davon, wie zeitintensiv die Arbeits- beziehungsweise die Freizeitphasen sind.
Der BFH unterscheidet hingegen, ob lediglich die Arbeit in einer attraktiven Umgebung erfolgt (keine Belohnung und keine lohnwerte Zuwendung) oder ob aufgrund ausreichender Freizeitphasen der Event für den Arbeitnehmer einen Belohnungscharakter hat (lohnsteuerpflichtige Zuwendung).
Da die österreichische Finanzverwaltung analog der deutschen Finanz bei Kundenveranstaltungen wie beispielsweise Sport-, Motorsport, Kunst- und Gesellschaftsevents auch bei den Arbeitnehmern, die diese Kunden während des Events betreuen müssen, eine lohnsteuerpflichtige Zuwendung ansetzen will, kann nun mit dem BFH-Urteil und dessen stichhaltigen Argumenten dagegengehalten werden, und bezüglich der Arbeitnehmer argumentiert werden, dass in diesen Fällen die Betreuung ausschließlich als Arbeit und nicht als lohnwertes Vergnügen zählt.