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1 | Allgemeine Grundsätze

Die Überprüfung des Gesundheitszustandes von Arbeitnehmern und Bewerbern oder Fragen hierzu unterliegen im Grundsatz strengen Maßstäben, da ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen vorliegt. Der Arbeitgeber benötigt daher ein berechtigtes Interesse hieran. Ein berechtigtes Interesse kann sich aus der Tätigkeit an sich, der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers für den Arbeitnehmer oder aus dem sonstigen Pflichtenkreis des Betriebes ergeben. Ob der Arbeitgeber Untersuchungen und die Vorlage von medizinischen Unterlagen verlangen kann, ist eine Frage der Verhältnismäßigkeit und Abwägung zwischen dem Informationsrecht des Arbeitgebers und dem Schutz des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers. Die grundsätzliche Frage dabei ist, ob es wirklich erforderlich ist, über derartige Informationen auf diese Weise zu verfügen oder ob es im Hinblick auf die Stellenbesetzung auch andere Procedere gibt; vor allem mit milderen Mitteln.

Der wichtigste Grundsatz ist dabei, dass sich eine ärztliche Untersuchung auf die gegenwärtige Eignung des Bewerbers oder Arbeitnehmers für einen Arbeitsplatz beziehen muss. Die gesundheitlichen Voraussetzungen und die Leistungsfähigkeit müssen als direkt mit dem anvisierten Arbeitsplatz konkret zusammenhängen. Das bedeutet, dass die Untersuchung klären will, ob eine gesundheitliche Einschränkung eines Bewerbers oder Arbeitnehmers für die künftige Tätigkeit dessen persönliche Eignung auf Dauer oder in periodisch wiederkehrenden Abständen erheblich beeinträchtigen oder gar ganz aufheben kann. Ob dies tatsächlich der Fall ist, muss ein Arzt ermitteln.

Eine Untersuchung ist nur freiwilliger Basis möglich. Ein Arbeitnehmer oder Bewerber kann dazu nicht direkt verpflichtet werden. Eine Weigerung kann lediglich Konsequenzen für Bewerber oder Arbeitnehmer haben. Wenn ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers freilich fehlt, bleibt eine Weigerung rechtlich allerdings sanktionslos. Andernfalls kann die Weigerung zu einer Nichteinstellung, Abmahnung, Versetzung, Änderungskündigung, Beendigungskündigung bis hin zu einem Verbot, eine bestimmte Tätigkeit auszuüben, führen.

2 | Fragerechte des Arbeitgebers

Vor einer Untersuchung kann es relevant sind, wonach der Arbeitgeber Bewerber und Arbeitnehmer im gesundheitlichen Kontext fragen darf. In einigen Fällen reicht hier schon ein Fragerecht gegebenenfalls aus.

Schwerbehinderung und Behinderung

Die Frage nach einer Schwerbehinderung im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB IX ist nach sechs Monaten des Bestehens des Arbeitsverhältnisses zulässig. Ob sie auch davor, insbesondere im Bewerbungsprozess auch schon zulässig ist, ist umstritten. Wenn das Fehlen einer Schwerbehinderung jedoch für die Tätigkeit eine entscheidende Anforderung darstellt, ist die Frage vor Ablauf von sechs Monaten zulässig. Ob dasselbe auch für eine einfache Behinderung im Sinne des § 2 Abs. 1 SGB IX gilt, ist umstritten. Die wohl herrschende Meinung sieht diese Frage grundsätzlich als unzulässig an, es sei denn das Fehlen einer Behinderung ist maßgeblich für die auszuübende Tätigkeit. Dasselbe gilt für eine bestehende Alkohol- oder Drogenkrankheit z.B. bei einem Berufskraftfahrer.


Krankheit

Die Frage nach einer Krankheit eines Bewerbers ist dann statthaft, wenn diese die Eignung des Bewerbers für die angestrebte Tätigkeit erheblich beeinträchtigen oder gänzlich beseitigen würde. Bei ansteckenden Krankheiten, bei denen andere Arbeitnehmer oder dritte Personen gefährdet werden könnten, ist die Frage nach einer solchen Krankheit gestattet.

3 | Ärztliche Untersuchungen

Die Vorlage von Gesundheitszeugnissen, ärztlichen oder psychologischen Einstellungsuntersuchungen durch einen Betriebsarzt oder einen frei gewählten Arzt erfordern die freiwillige Mitwirkung des Bewerbers. Es muss eine Erforderlichkeit im Sinne des § 32 Bundesdatenschutzgesetz vorliegen, wenn Gesundheitszeugnisse oder medizinische Untersuchungen Auskunft über die gegenwärtige gesundheitliche Eignung für den zu besetzenden Arbeitsplatz geben. Hierbei dürfen nicht einzelne Befunde des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber weitergegeben werden, sondern nur die Beantwortung der Frage, ob eine Eignung vorliegt. Vor der Weitergabe dieses ärztlichen Untersuchungsergebnisses sollte nach § 4a Bundesdatenschutzgesetz eine entsprechende Einwilligung des Arbeitnehmers bzw. Bewerbers vorliegen.

Auch während des bestehenden Arbeitsverhältnisses kann sich die Frage nach dem Vorliegen der Tätigkeitsvoraussetzungen stellen. Sofern es für die Weiterführung der Arbeit erforderlich ist, die aktuelle Eignung zu überprüfen – insbesondere wenn es Anhaltspunkte für einen eventuellen Wegfall der Eignung gibt und/oder (erhebliche) Gefährdungen für andere Personen bestehen können – gelten die obigen Ausführungen gleichermaßen.

4 | Genetische Untersuchungen und Analysen 

Der Arbeitgeber darf von Beschäftigten weder vor noch nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses die Vornahme genetischer Untersuchungen oder Analysen verlangen oder die Mitteilung von Ergebnissen bereits vorgenommener genetischer Untersuchungen oder Analysen verlangen, solche Ergebnisse entgegennehmen oder verwenden, § 19 Gendiagnostikgesetz.  Dies gilt grundsätzlich auch für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen, 20 Abs. 1 Gendiagnostikgesetz. Nach § 20 Abs. 2 Gendiagnostikgesetz sind im Rahmen arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen diagnostische genetische Untersuchungen durch Genproduktanalyse zulässig, soweit sie zur Feststellung genetischer Eigenschaften erforderlich sind, die für schwerwiegende Erkrankungen oder schwerwiegende gesundheitliche Störungen, die bei einer Beschäftigung an einem bestimmten Arbeitsplatz oder mit einer bestimmten Tätigkeit entstehen können, ursächlich oder mitursächlich sind. Als Bestandteil arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen sind genetische Untersuchungen nachrangig zu anderen Maßnahmen des Arbeitsschutzes.

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Fotocredit: © Tim Reckmann | www.pixelio.de