Vor allem die Schweizer und Deutschen sind dieser Meinung (80 bzw. 79 Prozent), die Österreicher erachten vermehrte Orientierung an Werten als nicht ganz so zentral (68 Prozent). Der stärkste Wert für das konkrete Handeln im Unternehmen ist die Kundenzufriedenheit (62 Prozent), gefolgt von der Gewinnorientierung (56 Prozent). An dritter Stelle liegt die Zufriedenheit der Mitarbeiter (46 Prozent), für die Schweizer Manager ist sie de facto ebenso wichtig wie das Streben nach Gewinnen (55 Prozent). Die Übernahme von sozialer und ökologischer Verantwortung nennen immerhin bereits 36 Prozent der befragten Führungskräfte als handlungsleitend, am wichtigsten scheint dies in Deutschland zu sein (41 Prozent). Fairness und Vertrauen sowie gelebte Tradition spielen für die befragten Führungskräfte zu knapp 30 Prozent eine Rolle im Unternehmensalltag. Abgeschlagen: Diversity – für nur 6 Prozent der Manager spielt dieses Wertefeld eine Rolle.

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Foto von Nastuh Abootalebi

Mehr ethische Entscheidungen

Schon vor der Finanzkrise gab es ein klares Gespür dafür, dass die Entscheidungen, die sich an Unternehmensethik orientieren, in den kommenden 3 Jahren zunehmen werden: Für 62 Prozent der befragten Führungskräfte gilt dies für die Finanzbranche – besonders Schweizer (75 Prozent) und Deutsche (65 Prozent) setzen darauf.

45 Prozent sehen die zunehmende Werteorientierung für den Handel, 29 Prozent für die Informations- und Consultingbranche sowie 22 Prozent für die Industrie. Wobei Veränderungen für die Industrie v. a. von deutschen Managern vorhergesagt werden (34 Prozent), ihre österreichischen Kollegen schätzen dies nur zu 8 Prozent, die Schweizer nur zu 13 Prozent so ein.

Torsten Jung, geschäftsführender Gesellschafter der Beratergruppe Neuwaldegg, meint dazu: „Die Krise, die wir derzeit erleben, ist nicht nur eine Krise des Finanzsystems, sondern vor allem auch eine Krise in das Vertrauen zu Entscheidern und Managern. Unternehmensethik ist daher im Aufwind.“

Führungsethik: Besetzungskriterium für Top-Positionen

56 Prozent der Manager stimmen der Aussage zu, gelebte Führungsethik sei ein wichtiges Beurteilungskriterium für die Besetzung von Top-Positionen, weitere 40 Prozent stimmen teilweise zu. Am wichtigsten ist Führungsethik in der Schweiz, dort stimmen 79 Prozent völlig zu. Interessantes Detail: In der Finanzbranche war man im Sommer dieses Jahres zu 72 Prozent der Meinung, Führungsethik sei eines der Besetzungskriterien. Torsten Jung: „Auch in unserer Beratungspraxis wird immer wieder bestätigt, dass Reputation zählt. Gleichzeitig werden Führungskräfte mit der Auseinandersetzung rund um Führungsethik vielfach allein gelassen. Sie müssen sich letztlich vor allem selbst mit dieser Frage auseinandersetzen. Betriebliche Weiterbildungsangebote, in deren Rahmen ethische Themen in Bezug auf das eigene Unternehmen und schwierige Entscheidungssituationen gezielt reflektiert werden, gibt es noch viel zu wenige.“

Zu wenig Weiterbildungsangebote

Rund ein Drittel der befragten Führungskräfte gibt an, in ihrem Unternehmen gebe es Kurse, die Führungsethik zum Inhalt hätten, ein weiteres Drittel sagt, Unternehmensethik und Kursinhalte seien aufeinander abgestimmt. Knapp 20 Prozent der Befragten geben allerdings an, in ihrem Unternehmen würden Fragen der Führungsethik gar nicht thematisiert. 15 Prozent der Befragten – in Österreich sogar 24 Prozent – meinen, Fragen der Persönlichkeitsentwicklung werden den Mitarbeitern selbst überlassen.

Werte konsequent verfolgen – auch in turbulenten Zeiten

Torsten Jung sieht für Unternehmen im Bereich Führungsethik-Training noch großes Potenzial: „Die strategische Grundausrichtung, der Sinn, das Zukunftsbild und die Werte und Prinzipien eines Unternehmens müssen miteinander im Einklang stehen. So können sie wirksamer und glaubwürdiger kommuniziert und auch gelebt werden. Und das kann eine Organisation auch lernen. Die Unternehmenswerte sollten konsequent verfolgt werden, egal ob in guten oder eher schlechten Zeiten – je mehr Mitarbeiter sie mittragen, desto erfolgreicher wird ein Unternehmen sein.“ Ganz besonders gilt dies für Jung für international oder global tätige Unternehmen: „Um globale Synergien nachhaltig zu realisieren, ist eine Firma als Wertgemeinschaft zu führen. Gemeinsame Werte stiften Identität und helfen organisatorische, kulturelle und nationale Grenzen zu überwinden.“

Das Hemd ist näher als der Rock

Am meisten würden Unternehmen in Zukunft davon profitieren, sich für die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu engagieren (30 Prozent), österreichische Führungskräfte sind sogar zu 45 Prozent dieser Ansicht. Ebenso richtungsweisend wird der Einsatz für Umwelt- und Klimaschutz gesehen (29 Prozent), vor allem in der Schweiz und Deutschland (34 bzw. 33 Prozent). Für 25 Prozent der Befragten bringt das Engagement für lokale soziale Initiativen Unternehmen ebenfalls Vorteile, während das Bekenntnis zu international tätigen Organisationen oder NGOs bzw. benachteiligten Bevölkerungsgruppen nach Ansicht der Interviewten den Unternehmen nur wenig nützt (4 bzw. 3 Prozent).

Klimaschutz versus Mitarbeiter

 

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch der Branchenvergleich: 57 Prozent der Befragten aus dem Sektor Transport/Verkehr und 47 Prozent aus der Industrie sehen im Engagement für Umwelt- und Klimaschutz Vorteile. Die eigenen Mitarbeiter sind vor allem in der Tourismus- und Freizeitbranche (48 Prozent) und in Gewerbe und Handel (46 Prozent) im Fokus.

Ebenfalls bemerkenswert: Frauen sprechen sich mit 33 Prozent stärker für das Engagement für lokale soziale Initiativen aus als Männer (18 Prozent). Diese setzen dafür eher auf Klima- und Umweltschutz (34 Prozent) als die Frauen (17 Prozent).