www.bmask.gv.at/site/Service/Formulare_und_Antraege (Download des Ausnahmeantrags für den Verbleib im österreichischenSozialversicherungssystem)

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Foto von Scott Graham

www.personal-manager.at/checklisten Hier finden Abonnenten eine Praktiker- Checkliste (entnommen der PVP Juli 2012), die beschreibt, welche EU-Verordnung für welche Entsendungsfälle gilt.

Arbeitgeber und Arbeitnehmer prognostizieren für die nächsten zwölf Monate, ob der Arbeitnehmer in seinem Wohnsitzstaat wesentlich tätig sein wird oder nicht. Diese Prognose legt das Unternehmen der Sozialversicherungsbehörde des Arbeitnehmer-Wohnsitzstaates vor, die vorläufig entscheidet und ein entsprechendes Formular A 1 ausstellt. Mit diesem Formular weist der Arbeitnehmer nach, dass er im Arbeitnehmer-Wohnsitzstaat oder im Arbeitgeber-(Wohn)Sitzstaat, je nach dem Ergebnis der vorläufigen Beurteilung, versichert ist und die anderen EU-Staaten kein Recht haben, Sozialversicherungsbeiträge für das Entgelt des Arbeitnehmers einzuheben. Die Sozialversicherungsbehörde des Wohnsitzstaates teilt ihre Entscheidung
den betroffenen Sozialversicherungsbehörden der anderen EU-Staaten mit. Teilen diese die Einschätzung, dann gilt das ausgestellte A 1 uneingeschränkt gegenüber allen EUStaaten. Stellt sich nachträglich heraus, dass die gutgläubig getroffenen Annahmen nicht richtig waren, dann sind ab Bekanntwerden dieses Umstandes – und nicht rückwirkend – die entsprechenden Änderungen (Beendigung beziehungsweise Durchführung der Versicherung, Beitragsvorschreibung beziehungsweise Rückerstattung) vorzunehmen.

Zwei Beispiele zum besseren Verständnis:

Beispiel 1: Der in Bregenz (Vorarlberg) lebende Karl Schlau arbeitet als Arbeitnehmer zu rund 80 Prozent in Deutschland und zu rund 20 Prozent in Österreich. Sein Arbeitgeber ist eine deutsche Unternehmensberatungsfirma. Welcher EU-Staat ist sozialversicherungsrechtlich zuständig?
Lösung:
Der Arbeitnehmer ist in seinem Wohnsitzstaat nicht wesentlich tätig, daher besteht Sozialversicherungspflicht im Arbeitgeber-Sitzstaat Deutschland.

Beispiel 2: Walter Flügge wohnt in Salzburg. Er wird Vorstand der deutschen Autohandels AG in Nürnberg. In seinem Vorstandsvertrag hat er eine Home-Office-Regelung, wonach er

  1.  1 Tag pro Woche (= 8 Stunden von 40 Wochenstunden)
  2.  2 Tage pro Woche (= 16 Stunden von 40 Wochenstunden)

im Home-Office in Salzburg und nicht im Nürnberger Büro tätig ist. Welcher EU-Staat ist im Fall 1. beziehungsweise Fall 2. sozialversicherungsrechtlich zuständig?

Lösungen:

  1. Da Walter Flügge in Österreich (= Wohnsitzstaat) nicht wesentlich tätig ist (seine Tätigkeit in Österreich ist geringer als 25 Prozent seiner Gesamttätigkeit), ist sozialversicherungsrechtlich der Arbeitgeber-Sitzstaat (= Deutschland) zuständig.
  2. Da Walter Flügge in Österreich (= Wohnsitzstaat) wesentlich tätig ist (sein Tätigkeitsanteil in Österreich ist größer als 25 Prozent seiner Gesamttätigkeit), ist sozialversicherungsrechtlich der Wohnsitzstaat (= Österreich) zuständig.

Ausblick: Der dritte und letzte Teil unserer Serie zum Thema „Sozialversicherung über Ländergrenzen hinweg“ in der kommenden Ausgabe des Magazins personal manager informiert über jene EU-Sozialversicherungsregeln, die gelten, wenn Arbeitnehmer in mehreren EU-Staaten gleichzeitig für zumindest zwei EU-Arbeitgeber („Kollisionsnorm – Typ 2“) tätig sind.

Ist der Arbeitnehmer für einen EU-Arbeitgeber ständig in mehreren EU-Staaten tätig („Kollisionsnorm – Typ 1“), dann hängt die sozialversicherungsrechtliche Zuständigkeit davon ab, ob der Arbeitnehmer in seinem Wohnsitzstaat eine wesentliche Tätigkeit
ausübt oder nicht. Den Wohnsitz (Wohnsitzstaat) hat der Arbeitnehmer dort, wo der (private) Mittelpunkt der Lebensinteressen ist.Eine Tätigkeit ist dann wesentlich, wenn ihr Anteil an der Gesamttätigkeit zumindest 25 Prozent der Arbeitszeit und/oder des Einkommens beträgt. Hiebei ist das Gesamtbild seiner Tätigkeit (zum Beispiel Anzahl der Kunden, Umsatz, Arbeitszeit oder Höhe des Entgelts) zu betrachten.Beim Vergleich der Einkommen sind die unterschiedlichen Lohnniveaus in den einzelnen EU-Staaten zu berücksichtigen. Abbildung 1 zeigt, wie Art. 13 der VO 883/2004 die sozialversicherungsrechtliche Zuständigkeit für den „Kollisionsnorm – Typ 1“ regelt.

Wer mehr über das Thema Entsendungen erfahren möchte, kann das Seminar „Basiswissen Mitarbeiterentsendung“ besuchen, das Autor Ernst Patka für die Akademie für Recht, Steuern und Wirtschaft (ARS) hält. Die nächsten Veranstaltungen sind am 09.01.2013 in Wien, am 21.02.2013 in Feldkirch sowie am 09.03.2013 ín Linz.

Quelle: personal manager Zeitschrift für Human Resources Ausgabe 6 November / Dezember 2012

Zwei zentrale Prinzipien gelten für die Sozialversicherung von Mitarbeitern, die in verschiedenen EU-Staaten beschäftigt sind:

  1. Prinzip der Einfachversicherung
    Auch wenn der Arbeitnehmer in mehreren EU-Staaten tätig ist, sind immer nur die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen eines einzigen Mitgliedstaates anzuwenden.
  2. Beschäftigungslandprinzip
    Wenn keine Ausnahmen anwendbar sind, gelten die Bestimmungen jenes EU-Staates, in dem der Arbeitnehmer tätig ist.

Diese Prinzipien beschreiben die seit dem 1. Mai 2010 geltenden EU-Verordnungen - die VO (EG) Nr. 883/2004 (VO 883/2004) und ihre Durchführungs-VO (EG) Nr. 987/ 2009 (DVO 987/2009). Seit wenigen Wochen gelten diese Verordnungen auch in den EWR-Staaten und in der Schweiz für Entsendungen beziehungsweise zum überwiegenden Teil auch für Arbeitnehmer, die in mehreren EU-Staaten tätig sind. Die folgenden Ausführungen gelten daher auch für diese Länder.

Grundsätzlich existieren drei wichtige Ausnahmen vom Beschäftigungslandprinzip:

  1. die Entsendung (Art. 12 der VO 883/2004)
  2. mehrfache Erwerbstätigkeiten (gleichzeitige oder kontinuierlich abwechselnde Ausübung mehrerer Erwerbstätigkeiten in mehreren EU-Staaten (Art. 13 der VO 883/2004)
  3. die Ausnahmevereinbarung (Art. 16 der VO 883/2004)

Dieser Artikel informiert über die zweite Ausnahme (= mehrfache Erwerbstätigkeiten), die Artikel 13 der VO 883/2004 beschreibt. Dieser Artikel wird als Kollisionsnorm bezeichnet, weil er die sozialversicherungsrechtlichen Zuständigkeiten bei Mehrfachtätigkeiten regelt. Der erste Satz dieser Norm lautet: „Eine Person, die gewöhnlich in zwei oder mehr Mitgliedstaaten eine Beschäftigung ausübt, unterliegt …“. Dann zählt die Norm einzelne Anwendungsfälle auf.

Wann ist ein Mitarbeiter „gewöhnlich in zwei oder mehr Mitgliedstaaten“ beschäftigt?

Zwei Beispiele dazu:

Kollisionsnorm – Typ 1: Der Arbeitnehmer ist fortwährend in zwei oder mehr Mitgliedstaaten aktiv. Beispiel: Der Mitarbeiter eines Arbeitgebers mit Sitz in der EU ist laufend in wechselnden EU-Staaten tätig.
Kollisionsnorm – Typ 2: Der Arbeitnehmer ist in einem EU-Mitgliedstaat beschäftigt und hat zeitgleich eine gesonderte Tätigkeit in einem oder mehreren anderen EU-Ländern. Beispiel: Er arbeitet für mindestens zwei EU-Arbeitgeber in zumindest zwei verschiedenen EU-Staaten.

Bezogen auf die Mehrfachbeschäftigung fordert der Gesetzgeber nicht, dass der Arbeitnehmer ständig abwechselnd in zwei oder mehreren Mitgliedstaaten tätig sein muss. Er kann durchaus einen längeren Zeitraum (mehrere Monate) auch nur in einem Mitgliedstaat aktiv sein. Entscheidend für die Anwendung des Art. 13 der VO 883/2004 ist, dass der Arbeitnehmer zumindest im Beobachtungszeitraum von zwölf Monaten in zwei oder mehreren Mitgliedstaaten tätig
ist.

Beispiele für mehrfache Erwerbstätigkeiten gemäß Art. 13 der VO 883/2004 sind:

  1. Der Arbeitnehmer betreut Kunden seines (einzigen) Arbeitgebers in Österreich, der Schweiz und Deutschland. Es liegt ein „Kollisionsnorm –Typ 1“ vor.
  2. Der Arbeitnehmer hat zwei Jobs. Er ist einerseits bei einer in Graz (Steiermark) ansässigen Pharmafirma als Pförtner beschäftigt. An den Wochenenden arbeitet er als Discjockey in einer Disco in Maribor (Slowenien). Es liegt ein „Kollisionsnorm –Typ 2“ vor.

In beiden Fällen liegt nach dem Verständnis des Artikels 13 der VO 883/2004 ein Arbeitnehmer vor, der „gewöhnlich in zwei oder mehr Mitgliedstaaten" eine Beschäftigung ausübt.
Die innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten (bezogen auf das Einkommen) geringfügigen Tätigkeiten des Arbeitnehmers sind bei der obigen Beurteilung zu vernachlässigen.

Beispiel: Ein Mitarbeiter einer Wiener Steuerberatungskanzleibetreut nur Klienten in Österreich. Einmal im Jahr hält er in München einen Vortrag über Neuerungen in der österreichischen Personalverrechnung. Diese Vortragstätigkeit ist eine vernachlässigbare, geringfügige Tätigkeit.