Wie Unternehmen Planspiele nutzen, um bestimmte Arbeitstechniken zu vermitteln, betriebliche Funktionen vorzustellen, unternehmerisches Denken zu fördern oder Teams zu entwickeln, stellte das Europäische Planspielforum im Rahmen der PLE vor. Bei Siemens seien seit mehr als 12 Jahren Planspiele im Einsatz, berichtete Gerhard Rinck, bei der Siemens AG verantwortlich für die kaufmännische Ausbildung. Seiner Erfahrung nach seien Unternehmensplanspiele anderen Methoden weit überlegen: Der Spaßfaktor verstärke den Lernprozess und motiviere die Teilnehmer, sich mit einem bestimmten Inhalt zu beschäftigen.

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Foto von Domenico Loia

Die Erfolgsfaktoren von digitalen Lernspielen beschrieben Prof. Dr. Klaus Jantke und Prof. Dr. Heinz Mandlin ihren Keynotes.Die Kunst sei es, reale Lerninhalte virtuell so zu verpacken, dass ein Spiel Spaß mache, dann werde es von den Rezipienten auch angenommen und entfalte ein bestimmtes Wirkungspotenzial, erklärte Prof. Dr. Jantke, Head of the Children’s Media Department am Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie IDMT. „Spieler investieren viel Zeit, Energie und Engagement beim Spielen und erwerben dabei implizit Wissen und Fähigkeiten“, so Prof. Dr. Mandl,Professor für Empirische Pädagogik und Pädagogische Psychologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. In Unterhaltungsspielen steckten eine Menge Lehr-Lernprinzipien, wie zum Beispiel Feedback, Problemlösen, positive Emotionen, Spaß und Neugier. Um  erfolgreich zu sein, müssten Digital Learning Games ein möglichst breites Spektrum an solchen Lehr-Lernprinzipien integrieren, um Spieler zu motivieren und in ihrem Bann zu halten.

Lernerlebnisse, die hängen bleiben

Ein Basketball-Camp und ein Schulprojekt aus seiner Jugend dienten Keynote-Speaker Dr. David Guralnick als Beispiele für großartige Lernerlebnisse, die noch nach vielen Jahren in Erinnerung bleiben. Erfolgsaspekte dabei: Das eigene Ausprobieren mit Anleitung und Feedback eines Coachs oder Lehrers in einer realen Situation und mit persönlicher Relevanz. Leider käme dies viel zu selten im betrieblichen Lernen vor. Unternehmen müssten deswegen Lernerlebnisse schaffen, die ihre Mitarbeiter begeisterten, so Guralnick. Um kurz- und langfristig erfolgreich zu sein, sollten Unternehmen zudem bei ihren Weiterbildungen den Fokus auf die Verbesserung der Leistung legen, und eine Lernkultur implementieren, in der Mitarbeiter zufrieden und produktiv arbeiten und lernen können.

„Unternehmen, die ihren Mitarbeitern Weiterbildungen anbieten und für sie lernförderliche Arbeitsumgebungen schaffen, sind innovativer“, bestätigte Dr. Alexandra Dehmel, Expertin vom Europäischen Zentrum für die Förderung der Berufsbildung (Cedefop) in Thessaloniki. Mehr noch: Die Teilnahme an beruflicher Weiterbildung sei ein genau so guter oder sogar ein besserer Indikator für Innovationsleistung von Unternehmen als die Teilnahme an höherer Bildung, so Dehmel, die in ihrem Vortrag Studienergebnisse zum arbeitsplatzbasierten Lernen in Europa vorstellte.

Ein praktisches Beispiel, wie ein globales Unternehmen das Lernen am und für den Arbeitsplatz implementiert hat, präsentierten Jürgen Rentschler, Henning Weber und Divya Mishra von der Robert Bosch GmbH. Auf ihrer globalen Lernplattform stünden allen Mitarbeitern in den verschiedenen Märkten Web-Based Trainings zur Verfügung, die dazu beitrügen, Face-to-Face-Trainings zu verkürzen und effektiver zu machen, da die Teilnehmer sich bereits ein bestimmtes Vorwissen erarbeitet hätten.

Mobiles Lernen – vom „Trucker“ bis zur Führungskraft

Ein Beispiel für Workplace Learning in einem Transportunternehmen stellte Prof. Wim Veen von der Technischen Universität Delft vor. Da im Arbeitsalltag der Lkw-Fahrer nur wenig Zeit für das Lernen vorhanden sei und Wissen oft ad hoc abgefragt werde, entwickelte sein Institut eine Plattform mit kurzen Lerneinheiten, auf das diese mobil von überall her zugreifen können, so Veen. Die Lerneinheiten richteten sich nach den aktuellen Interessen und Fragen der „Trucker“, wie zum Beispiel bestimmten Zollregularien, und verwendeten Texte und Bilder, die diese selbst im Blog der Plattform einstellten, erklärte Veen. Auf diese Weise identifizierten sich die Trucker mit der Lernplattform und griffen von zuhause, vom Büro und von unterwegs darauf zu. Im Ergebnis seien sie besser über ihre Arbeit, Geschäftsprozesse und Kunden informiert und böten besseren Kundenservice.

Wie weit mobiles Lernen, Informations- und Meinungsaustausch über mobile Endgeräte schon im Alltagsleben verankert sind, zeigte Keynote-Speaker Dr. Martin Ebner von der Technischen Universität Graz in seinem Beitrag. Es wachse eine „mobile Generation“ auf, die ihr Mobilgerät als einen Teil ihrer selbst betrachteten, deshalb dürften Unternehmen diese Entwicklungen nicht unterschätzen, erklärte Ebner: „Wir müssen das Lernen neu denken!“ Die mobilen Technologien ermöglichten den ständigen Zugriff auf die individuelle Arbeits- und Lernumgebung und förderten dadurch das situative Lernen, die aktive Teilnahme an Lehrveranstaltungen sowie spielbasiertes und kollaboratives Lernen. Mobile Geräte seien ein sehr gutes „Sprungbrett“ für das Lernen, bestätigte Trudi West von der Ashridge Business School, die den Einsatz von mobilen Lernszenarien in der Weiterbildung von Führungskräften vorstellte. „Seien Sie experimentierfreudig und starten Sie langsam, aber starten Sie“, riet sie den Weiterbildungsverantwortlichen aus Unternehmen und Institutionen.

Lernen neu denken

Die Art und Weise, wie Wissen vermittelt werde, müsse sich grundlegend ändern, erklärte Prof. Sugata Mitra, Professor für Educational Technology an der Universität Newcastle und einer der Preisträger des Leonardo – European Corporate Learning Award 2012 im Rahmen des Kongresses. Um möglichst homogene Beamte oder Offiziere zu „produzieren“, hätten die Weltreiche früher starre Unterrichtssysteme hervorgebracht. Für die industrielle Produktion habe dieser Ansatz in ähnlicher Weise funktioniert. Heute sei dies jedoch nicht mehr zeitgemäß: „Die Zeiten der großen Reiche sind vorbei, und die Werkbänke der Welt sind mittlerweile in China. Wir brauchen Menschen, die individuell und unterschiedlich sind.“ Die Veränderungen in der Lern- und Arbeitswelt durch die neuen technischen Möglichkeiten werfen viele Fragen auf, so der Professor. Wie sollen wir unsere jungen Leute für die Jobs der Zukunft vorbereiten? Wie lange sollen wir sie unterrichten und was sollen wir Ihnen beibringen? Wenn wir zukünftig über einen Chip im Kopf auf das Internet zugreifen können, wie sollen wir Jobkandidaten oder Prüfungsteilnehmer testen? „Wir können entweder warten, bis das System zusammenbricht oder sofort damit beginnen, ein neues aufzubauen.“

Weitere Informationen sind unter www.professional-learning.de erhältlich.