Fast jeder weiß, was ‚Peter-Prinzip‘ bedeutet. Der Ausdruck Peter-Prinzip bezieht sich auf das scheinbar häufig wirkende Muster in Unternehmen, dass tüchtige Arbeitnehmer solange in der Hierarchie nach oben befördert werden, bis sie einen Zustand erreichen, an dem sie unfähig werden, die gegebenen Herausforderungen erfolgreich zu bewältigen. An diesem Punkt enden dann ‚Aufstiegs-Karrieren‘, manchmal im Einvernehmen, manchmal aber auch im Burnout, der Depression und/oder sie verwandeln sich in ‚Sucht-Karrieren‘.

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Foto von Danielle MacInnes

 

Gunter Dueck erklärt sich dieses Phänomen dadurch, dass es weder in unserem Bildungssystem noch in den Organisationen, in denen vor allem die Hochgebildeten unserer Kultur tätig sind, eine Vorbereitung auf eine wesentliche Fähigkeit im Top-Management gibt – die Fähigkeit zur Selbstverantwortung. Dueck bezieht sich dabei vor allem auf den klassischen Karriereprozess in westlichen Firmenhierarchien, in dem jede unterstellte Führungsebene das tut, was der/die übergeordnete(n) Chef(s) entscheidet/n. Widerspruch im hierarchieübergreifenden Kontext ist in den meisten Organisationen tabu und gehört allenfalls im 4-Augengespräch zum Spiel.

 

Paradoxerweise gibt es jedoch genau in dem Moment, wo jemand tatsächlich in den oberen Etagen angekommen ist keine Anordnungen mehr. Nun heißt es: „Entscheide selbst!“ Dort oben ist man in Bezug auf Verantwortung ganz auf sich selbst gestellt, man ist plötzlich alleinverantwortlich für sich selbst und viele anderen. Diese Einsamkeit wird den Betroffenen vor allem in Krisen bewusst, in denen es keine Regeln und Zuständigkeiten, keine Strategien und keinen schnellen Rat mehr gibt. Plötzlich zählen, wie beim Schiffskapitän im Sturm, persönlicher Instinkt und Erfahrung, schicksalhafte Fügungen und Führungscharisma.

 

Nach einem Sozialisationsprozess des ‚Nicht-verantwortlich-sein-Dürfens‘ in hierarchischen Organisationen ist aber genau diese Fähigkeit bei aufwärtsstrebenden Angestellten kaum ausgebildet. Im Vordergrund hierarchiekonformen Denkens und Verhaltens steht vielmehr ein „Abarbeiten“ von Anweisungen und Anordnungen. Für Selbstverantwortung, die natürlich wie alle anderen Fähigkeiten auch, einem Entwicklungsprozess unterliegt,  ist in den meisten unserer heutigen Organisationen kein Platz, dafür gibt es keinen Entwicklungsraum. Das bedeutet auch, dass besonders karrierebewusste Mitarbeiter die Entwicklung ihrer Persönlichkeit partiell ‚auf Eis legen‘ müssen. Auf den Punkt gebracht, müssten sie sogar eine Art der Schizophrenie entwickeln und ihre Selbstverantwortlichkeit in einem Kontext außerhalb der Organisation entwickeln, denn sobald sie in leitende Positionen kommen, ist ja plötzlich ihre voll ausgebildete Selbstverantwortung wieder gefragt. 

 

Der nachfolgende Artikel geht zuerst konkreten Hinweisen zur Richtigkeit der obigen Aussage nach, dann zeigt dann auf, welcher Entwicklungsprozess zur Ausbildung vollwertiger Selbstverantwortung in jedem Menschen bereits angelegt ist und zuletzt den Umgang unterschiedlicher Organisationstypen mit der Selbstverantwortung ihrer Mitarbeiter aufzeigen. Weiter geht’s hier