Welche Herausforderungen bergen Aufbau und Management eines Shares-Service-Centers? Und wie zufrieden sind die Stakeholder – also Mitarbeiter, Führungskräfte und die Geschäftsleitung – mit vorhandenen Lösungen? Diesen Fragen ging Hewitt gemeinsam mit SharedXpertise, einem Fachverband für Business Process Outsourcing und Shared Services, in einer quantitativen Studie aus dem Jahr 2007 nach, an der 97 multinationale Unternehmen teilnahmen. Eine soeben veröffentlichte Folgestudie liefert weitere Daten zum Thema: Sie vergleicht 19 deutsche HRShared- Service-Center mit 44 weiteren aus anderen europäischen Ländern, darunter die Niederlande, Spanien, Großbritannien, Belgien, Schweiz, Norwegen, Finnland, Polen, Frankreich und Ungarn.

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Foto von Tim van der Kuip

Prozesse im Shared-Service-Center

Den Studien zufolge wickeln die befragten Unternehmen in Europa überwiegend Prozesse mit einem hohen administrativen Anteil in Shared-Service-Centern ab. Konzeptionelle und höherwertige HR-Prozesse wie Arbeitsund Mitarbeiterbeziehungen, internationale Entsendungen und Personalbeschaffung werden seltener zentralisiert. Tabelle 1 zeigt Prozesse, die Unternehmen vollständig in ein Shared-Service-Center auslagern.

Mit der Reife steigt die Zufriedenheit

Die Einführung eines Shared-Service- Centers verläuft üblicherweise in vier Phasen, die Abbildung 1 auf S. 26 darstellt. In den verschiedenen Etappen der Implementierung schwankt die Zufriedenheit der Geschäftsbereiche mit dem Shared-Service-Center meist stark. Während Mitarbeiter und Führungskräfte in der Einführungsund Testphase oft unzufrieden mit den HR-Leistungen sind, weil sich die neuen Strukturen erst etablieren müssen, steigt die Zufriedenheit in der Wachstums- und Reifephase an. 57 Prozent der Befragten gaben an, dass sie die Kundenzufriedenheit durch die Einführung von Shared Services insgesamt steigern konnten, bei 14 Prozent zeigte sich auch eine Verschlechterung. 18 Prozent der Unternehmen messen die Kundenzufriedenheit jedoch nicht – und fallen somit aus der Bewertung heraus. Dabei ist diese Evaluation eines der wichtigsten Messkriterien für die Leistung der HR-Abteilung.

Ziele: Kostensenkung und Qualität

Die meisten befragten Unternehmen (86 Prozent) haben HR-Shared-Services eingeführt, um Kosten zu sparen – und mehr als zwei Drittel haben diese Einsparungsziele auch erreicht: 70 Prozent konnten ihre jährlichen HR-Kosten um mehr als zehn Prozent senken. Die Kehrseite der Medaille ist, dass die erzielten Einsparungen teilweise direkt in Budgetkürzungen mündeten. Andererseits planen viele Unternehmen in den nächsten zwei Jahren Investitionen in die IT-Systeme ihrer Shared-Service-Center. Sie wollen die HRProzesse weiter standardisieren, den Einsatz von Self-Service-Anwendungen fördern und ihre Center mit integrierten Call-Management-, Workflow- und Knowledge-Management- Anwendungen ausstatten. Die Shared- Service-Strukturen sollen künftig nicht nur die Effizienz, sondern auch die Qualität und Effektivität der HR-Leistungen steigern.

Leistungen der Shared-Service-Center von 63 in %
Lohn- und Gehaltsabrechnung 52 83%
HR-Mitarbeiterverwaltung und Datenmanagement 49 78%
HR-Informationssysteme 47 75%
Administration der Lohnnebenleistungen 47 75%
HR-Reporting 40 63%
Renten- und Pensionsadministration 36 57%
Vergütung 33 52%
Internationale Entsendungen 30 48%
Personalbeschaffung 27 43%
Training & Entwicklung 22 35%
Arbeits- und Mitarbeiterbeziehungen/Kommunikation 14 22%
Performance-Management 14 22%
Talent-Management 10 16%
Organisationsentwicklung 7 11%

Tabelle 1: Prozesse, die Unternehmen in Shared-Services bündeln (n = 63)

Quelle: „HR Shared Service Centres in Europa und Deutschland“, 2008

Service-Center in kleinen Unternehmen

Europäische Unternehmen haben ihre HRShared- Service-Center überwiegend an einem Standort etabliert und in den zentralen HR-Bereich integriert. 44 Prozent der Center beschäftigen 50 oder weniger Mitarbeiter, nur 17 Prozent mehr als 250 Mitarbeiter. Ein genereller Zusammenhang zwischen der Mitarbeiterzahl eines Unternehmens und der Anzahl der Beschäftigten eines HR-Service- Centers lässt sich nicht feststellen. Die Mitarbeiterzahl ist zwar ein Indikator für die Größe der Service-Center, aber nicht der einzig entscheidende. Aus den Studienergebnissen lässt sich ableiten, dass kleine Unternehmen mit Shared-Service-Centern nicht dieselben Skaleneffekte und Kosteneinsparungen erzielen können wie große Organisationen. Aber auch sie können die Qualität und Konsistenz ihrer Leistungen erhöhen sowie den administrativen Aufwand bündeln.

Abbildung 1: Entwicklungsphasen der HR-Shared-Service-Center in den befragten Unternehmen (n = 63)

Quelle: „HR Shared Service Centres in Europa und Deutschland“, 2008

Abbildung 2: Jährliche Kosteneinsparungen durch Shared-Service-Center/ n = 14 (5 haben nicht geantwortet)

Quelle: „HR Shared Service Centres in Europa und Deutschland“,2008

 

Probleme bei der Einführung

Doch nicht immer bringen Shared-Service- Center den gewünschten Erfolg. Welche Faktoren tragen zum Scheitern bei? Zentrale Hindernisse auf dem Weg zur neuen HRStruktur sind:

1. Mangelnde Visionen

Führungskräfte müssen eine klare Vision für die Zukunft von HR haben und ihren Mitarbeitern diese Vision vermitteln können, wenn der Transformationsprozess gelingen soll. Sind beide Voraussetzungen nicht gegeben, fehlt dem Shared-Service-Center die Ausrichtung.

2. Unzureichendes Change-Management

Ein neues Organisationsmodell bringt für die Kunden der Personalabteilungen – also für die Führungskräfte und Mitarbeiter – große Veränderungen mit sich. Deshalb wird die Einführung nur dann erfolgreich sein, wenn die Kunden sie mittragen. Ein umfassendes Change-Management unterstützt diesen Prozess.

Abbildung 3: Zielsetzungen der HR SSC für die nächsten zwei Jahre (n = 19)

 

Quelle: „HR Shared Service Centres in Europa und Deutschland“, 2008

Abbildung 4: Pläne der Shared-Service-Center für die nächsten zwei Jahre (n = 19)

Quelle: „HR Shared Service Centres in Europa und Deutschland“, 2008

 

3. Ineffiziente HR-Dienstleistung

Nur wenige HR-Organisationen können für sich beanspruchen, ein wirklich effizientes HR-Dienstleistungsmodell aufgebaut zu haben. Viele HR-Funktionen leben auch nach der Transformation mit teilweise ineffizienten Prozessen, die hohe Kosten verursachen. Gründe dafür sind, dass oft nach wie vor zu wenig Standards, aber zu viele Schnittstellen in den Prozessen existieren. Als Lösungsansatz empfehlen wir, Produktkataloge mit Basis- und Zusatzleistungen zu definieren und für die Verrechnung der Dienstleistungen zu sorgen. Zudem sollten Unternehmen kontinuierliche Verbesserungsprozesse initiieren und Mitarbeiter für Verbesserungen belohnen (und nicht bestrafen).

4. Mitarbeiter an der falschen Stelle

Ein neues Dienstleistungsmodell bedingt, dass Unternehmen HR-Rollen neu definieren und Positionen neu besetzen. Mit der Umstellung auf Shared-Service-Center verändern sich häufig die Anforderungen an die Beschäftigten. Denn die neuen Strukturen erfordern ausgeprägte Fähigkeiten in der operativen Arbeit. Prozesseffizienz und Qualitätsorientierung haben in Shared-Service-Strukturen einen hohen Stellenwert. Viele Unternehmen nutzen ihre HR-Ressourcen jedoch nicht effizient. Abhilfe schaffen sorgfältig vorbereitete Assessments, die sicherstellen, dass die richtigen Mitarbeiter an der richtigen Stelle sitzen.

5. Ungenutzte Ressourcen der HR-Technologie

Trotz beträchtlicher Investitionen in die HRTechnologie schöpfen viele Unternehmen die Möglichkeiten ihrer IT nicht aus. Oft integrieren sie viele spezifische Applikationen in ein teures HR-Informationssystem, deren Möglichkeiten sie anschließend nicht nutzen. HR-Verantwortliche sollten daher bei der Auswahl und Implementierung von Systemen verstärkt darauf achten, dass diese den Bedürfnissen ihrer Organisation entsprechen.

6. Kultur des Gegeneinander

Zwischen HR-Abteilungen und HR-Shared- Service-Centern entwickelt sich oft eine Kultur des „Wir gegen sie“. So entwickeln die Mitarbeiter der HR-Abteilung nicht selten die Einstellung, dass sie für die Verwaltung nicht mehr zuständig sind. Dabei sind die von den Service-Centern ausgeführten Aufgaben Teil eines Gesamtprozesses, in dem auch die HR-Abteilung eine Rolle spielen muss. Um die optimale Arbeitsqualität zu erreichen, sollten beide Seiten nahtlos zusammenarbeiten.

Abbildung 5: Anzahl der betreuten Mitarbeiter (n = 19, davon haben 14 geantwortet)

Quelle: „HR Shared Service Centres in Europa und Deutschland“, 2008

Fazit

Unternehmen, die ihre HR-Strukturen in einem Shared-Service-Center bündeln, sollten ihre Ziele klar definieren und im Blick behalten, für ein entsprechendes Change-Management sorgen sowie die Mitarbeiter sorgfältig auswählen und in den Prozess integrieren. Denn nur dann kann HR einen nachhaltigen Beitrag zum Unternehmenserfolg liefern, die Qualität seiner Leistungen steigern und die Kosten senken.

Literaturtipps:

HR Shared Service Centres 2007: Auf dem Weg zur nächsten Generation.

Studie von Hewitt Associates und SharedXpertise.

HR Shared Service Centres in Europa und Deutschland.

Studie von Hewitt Associates, 2008.

Quelle: personal manager6/2008