BAG Urt. v. 12.08.2008 – 9 AZR 623/07

three men laughing while looking in the laptop inside room
Foto von Priscilla Du Preez

(Sächsisches Landesarbeitsgericht Urt. v. 30.11.2006 – 6 Sa 963/05)

Der Arbeitnehmer in dem vorliegenden Fall war von Februar 1993 bis März 2003 als Redakteur bei einer Tageszeitung beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete mit einem gerichtlichen Vergleich. In diesem wurde vereinbart, dass die Tageszeitung dem Arbeitnehmer ein Zeugnis mit Note „zwei“ ausstellt. Am 31. März 2003 erhielt der Arbeitnehmer dieses Zeugnis. Der Arbeitnehmer hielt es jedoch für lückenhaft, da der Arbeitgeber darin nicht seine Belastbarkeit in Stresssituationen hervorhob. Er forderte dies zu ergänzen. Er begründete seine Forderung damit, dass das Berufsbild des Zeitungsredakteurs äußerst stressbetont sei.

Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht (LAG) entsprachen dem Klageantrag nicht. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hob die Vorentscheidungen jedoch auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LAG zurück.

Die Begründung: Nach § 109 Abs. 2 GewO muss ein Zeugnis klar und verständlich formuliert sein (Grundsatz der Zeugnisklarheit). Dies bedeutet, dass das Zeugnis keine Merkmale oder Formulierungen enthalten darf, die eine andere als die aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtlichen Aussagen über den Arbeitnehmer treffen. Zudem muss der Arbeitgeber die Leistung und das Sozialverhalten des Arbeitnehmers bei wohlwollender Beurteilung zutreffend wiedergeben (Grundsatz der Zeugniswahrheit). Der weitere Zeugnisinhalt bestimmt sich nach dem Zeugnisbrauch, der je nach Branche und Berufsgruppe unterschiedlich ist. Fehlen in einem Zeugnis branchenübliche Formulierungen, ohne dass dafür eine sachliche Rechtfertigung besteht, kann darin ein unzulässiges Geheimzeichen liegen und der Arbeitnehmer kann einen Anspruch auf entsprechende Ergänzung haben.

Das LAG hat nach diesen Grundsätzen zu prüfen, ob die Behauptung des Klägers, das Berufsbild des Tageszeitungsredakteurs sei besonders stressbetont, richtig ist. Trifft dies zu, ist das Fehlen möglicherweise als ein unzulässiges Geheimzeichen mit der Folge eines Zeugnisergänzungsanspruchs des Mitarbeiters zu werten.

Fazit

Das BAG stellt mit seinem Urteil fest, dass das Fehlen eines bestimmten Inhalts, den ein neuer Arbeitgeber in einem Zeugnis erwartet, ein unzulässiges Geheimzeichen sein kann. Zudem bekräftigt das oberste deutsche Arbeitsgericht, dass Zeugnisse klar und verständlich formuliert sein müssen. Arbeitgeber sollten deshalb die Grundsätze der Zeugnisklarheit und der Zeugniswahrheit genau einhalten und auch den für die jeweilige Branche typischen Zeugnisbrauch berücksichtigen.

Weitere Informationen unter http://www.naegele.eu/