Mitbestimmung bei „Ethik-Richtlinien“

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Foto von Gabrielle Henderson

Wenn der Arbeitgeber durch so genannte Ethik-Richtlinien („codes of conduct“) das Verhalten der Beschäftigten und die betriebliche Ordnung regeln will, hat der Betriebsrat das Recht mitzubestimmen. Kein Mitbestimmungsrecht nach § 87 BetrVG besteht bei Vorgaben, mit denen der Arbeitgeber lediglich die geschuldete Arbeitsleistung konkretisiert. Ausländische Vorschriften, die für börsennotierte Unternehmen die Einführung von Ethik-Richtlinien in anderen Ländern vorsehen, schließen die Mitbestimmungsrechte nach dem BetrVG hingegen nicht aus. Das Mitbestimmungsrecht an einzelnen Regelungen begründet jedoch nicht notwendig ein Mitbestimmungsrecht am Gesamtwerk.

BAG Beschluss v. 22.07.2008 – 1 ABR 40/07

Diskriminierungsschutz ausgeweitet

Der Schutz vor Diskriminierung gilt nicht nur für Personen, die selbst behindert sind, sondern umfasst beispielsweise auch Arbeitnehmer mit einem behinderten Kind. Das Merkmal Behinderung in § 1 AGG beschränkt sich also nicht nur auf die Behinderung des Arbeitnehmers, sondern erstreckt sich auch auf die Behinderung einer Person in seinem privaten Umfeld.

EuGH Urt. v. 17.07.2008 – C-303/06

Öffentliche Äußerung kann unmittelbar diskriminierend sein

Äußert ein Arbeitgeber öffentlich seine Absicht, keinen Arbeitnehmer einer bestimmten ethnischen Herkunft oder Rasse einstellen zu wollen, begründet das eine unmittelbare Diskriminierung bei der Einstellung im Sinne des Art. 2 Abs. 2a der Richtlinie 2000/43/EG. Eine solche Äußerung kann bestimmte Bewerber ernsthaft davon abhalten, ihre Bewerbungen einzureichen. Dies könnte ihr Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt behindern. Deshalb genügt eine solche Aussage des Arbeitgebers, um gemäß Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2000/43/EG eine unmittelbar diskriminierende Einstellungspolitik zu begründen.

EuGH Urt. 10.07.2008 – C-54/07

Arbeitgeber trägt Risiko eines witterungsbedingten Arbeitsausfalls

§ 615 BGB bestimmt, dass ein Arbeitnehmer die vereinbarte Vergütung auch dann verlangen kann, wenn die Arbeit ausfällt und der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls zu tragen hat. Ein solcher Fall liegt beispielsweise vor, wenn der Betrieb im Winter witterungsbedingt zum Stillstand kommt und weder ein wirksam befristetes Arbeitsverhältnis noch die Voraussetzungen für eine wirksame Vereinbarung von Abrufarbeit vorliegen sowie der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer auch kein Ruhen der beiderseitigen Hauptpflichten vereinbart hat. Der Arbeitnehmer ist in diesem Fall nicht dazu verpflichtet, die Arbeit im Nachhinein zu leisten. Er muss sich jedoch den Betrag auf seine Vergütung anrechnen lassen, den er in dieser Zeit anderweitig verdient. Von seinem Gehalt geht auch der Teil ab, den er vorsätzlich zu verdienen unterlässt oder den er wegen des Arbeitsausfalls an Unkosten einspart.

BAG Urt. v. 09.07.2008 – 6 AZB 810/07

Keine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung bei nicht ernst gemeinten Bewerbungen

Sucht ein Arbeitgeber nur junge Mitarbeiter (hier: bis 35 Jahre), kann das zwar ein Anzeichen für eine unzulässige Altersdiskriminierung sein. Aber hieraus erfolgt nur dann ein Entschädigungsanspruch älterer Bewerber, wenn sie sich ernsthaft auf die Stelle beworben haben. Bewerben sie sich ausschließlich auf Stellen mit altersdiskriminierendem Inhalt, kann das ein Indiz dafür sein, dass sie nicht wirklich Interesse an dem Arbeitsplatz haben.

LAG Hamm Urt. v. 26.06.2008 – 15 Sa 63/08

Begrenzung des gesetzlichen Anspruchs auf unbefristete Teilzeitarbeit mittels Betriebsvereinbarung nicht möglich

Eine Betriebsvereinbarung, nach der nur eine zeitlich befristete Reduzierung der Arbeitszeit möglich ist, steht dem sich aus § 8 TzBfG ergebenden Anspruch des Arbeitnehmers auf unbefristete Teilzeitarbeit nicht entgegen. Aus einer erzwingbaren Teilzeit-Betriebsvereinbarung können sich zwar Umstände ergeben, auf Grund derer der Arbeitgeber die Zustimmung zu der gewünschten Verteilung der Arbeitszeit verweigern kann. Den gesetzliche Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit kann der Arbeitgeber aber durch eine Betriebsvereinbarung nicht zeitlich begrenzen.

BAG Urt. v. 24.06.2008 – 9 AZR 313/07

Nachträgliche Klagezulassung bei Schwangerschaft

Stellt eine Arbeitnehmerin erst nach Ausspruch einer Arbeitgeberkündigung ihre Schwangerschaft fest, ist § 4 Satz 4 KSchG nicht anzuwenden. Wenn die Arbeitnehmerin erst kurz vor Ablauf der Klagefrist von ihrer Schwangerschaft erfährt, muss der Arbeitgeber ihr eine Überlegungszeit von drei Werktagen zubilligen, damit sie abzuwägen kann, ob sie angesichts der für sie neuen Situation und des nun entstandenen Sonderkündigungsschutzes Kündigungsschutzklage erheben will. Versäumt sie durch die Inanspruchnahme dieser Überlegungszeit die dreiwöchige Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG, ist die Klage auf ihren Antrag hin trotzdem grundsätzlich nachträglich zuzulassen, wenn sie die Klage und den nach § 5 KSchG erforderlichen Zulassungsantrag nach Ablauf von drei Werktagen eingereicht hat.

LAG Schleswig-Holstein Urt. v. 13.05.2008 – 3 Ta 56/08

Unwirksame Befristung zum Ablauf der Probezeit

Ist in einem Formulararbeitsvertrag neben einer durch Fettdruck und vergrößerten Schrift optisch hervorgehobenen Befristung für die Dauer eines Jahres im nachfolgenden Text ohne besondere drucktechnische Hervorhebung eine zweite Befristung zum Ablauf der sechsmonatigen Probezeit vorgesehen, gilt diese Regelung als überraschende Klausel im Sinne des § 305 c Abs. 1 BGB. Sie wird nicht Vertragsbestandteil. Lässt sich für den durchschnittlichen Arbeitnehmer nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit erkennen, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis enden soll, liegt zudem ein Verstoß gegen das in § 307 Abs. 1 BGB normierte Transparenzgebot vor.

BAG Urt. v. 16.04.2008 – 7 AZR 132/07

Mädcheninternat-Bewerber können keine AGG-Entschädigung fordern

Scheitert ein Erzieher mit seiner Bewerbung in einem Mädcheninternat, liegt hierin keine Diskriminierung. Ein Anspruch auf Entschädigung wegen Verstoßes gegen das AGG besteht deshalb nicht.

LAG Rheinland-Pfalz Urt. v. 20.03.2008 – 2 Sa 51/08