Kein Wechsel zum Fahrtenbuch im laufenden Kalenderjahr

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Foto von Scott Graham

Arbeitnehmer müssen das Fahrtenbuch für einen Dienstwagen im ganzen Kalenderjahr führen, sonst kann das Finanzamt die Aufzeichnungen als nicht ordnungsgemäß ablehnen. Zu diesem Urteil ist das Finanzgericht Münster gekommen. Werde ein Fahrtenbuch nur für einen Teil des Kalenderjahres geführt, bestehe dahingehend eine Manipulationsgefahr, dass bestimmte Zeiträume mit höherem Privatnutzungsanteil – insbesondere Urlaubszeiten – nicht erfasst werden und somit ein verzerrtes Ergebnis entsteht. Nach Ansicht der Richter stellt ein gesamtes Kalenderjahr vor diesem Hintergrund einen geeigneten Zeitraum dar und entspricht auch dem Veranlagungszeitraum. Wegen der mit der 1%-Regelung verfolgten Pauschalierung und Vereinfachung sollten die persönlichen Lebensumstände des Steuerpflichtigen gerade nicht in jedem Einzelfall aufgeklärt werden müssen.

Geklagt hatte ein kaufmännischer Angestellter, der seinen Dienstwagen auch für Privatfahrten nutzen durfte. Nachdem er zunächst kein Fahrtenbuch nutzte und der geldwerte Vorteil mit der so genannten 1%-Methode berechnet wurde, begann er im Mai 2008 mit den Aufzeichnungen. Grund: Nach der Geburt seines dritten Kindes habe sich herausgestellt, dass das bisherige Dienstfahrzeug kaum noch privat nutzbar war, weil eine Platzierung von drei Kindersitzen nicht möglich gewesen sei. Laut Gericht kann es aber nicht darauf ankommen, ob der Dienstwagen in einem gewissen Zeitraum für Familienfahrten geeignet war oder nicht (Az.: 4 K 3589/09 E).

Die Frage, für welchen Zeitraum ein Fahrtenbuch geführt werden muss, könne nur für alle Steuerpflichtigen einheitlich beantwortet werden. Aus Gründen der Praktikabilität müsse dies unabhängig von einer im Einzelfall bestehenden Manipulationsabsicht gelten. Für Ausnahmeregelungen im Einzelfall bietet das Gesetz keine hinreichende Grundlage, so die Einschätzung der Richter, die wegen der besonderen Bedeutung aber die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen haben.

Quelle: www.lohn-praxis.de, von Oliver Stilz,| 7. August 2012

Sonderfall Lkw-Fahrer

Ein im Ausland tätiger Fernfahrer, der in der Schlafkabine seines Lastwagens übernachtet, kann nicht die Übernachtungspauschalen für Auslandsdienstreisen als Werbungskosten geltend machen. Denn nach Ansicht des Bundesfinanzhofs überschreiten diese Pauschalen die tatsächlich angefallenen Aufwendungen beträchtlich, so dass ihre Anwendung zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen würde. Abziehbar seien jedoch die tatsächlich angefallenen Aufwendungen.

Kann der Fahrer keine Einzelnachweise vorlegen, müsse die Finanzverwaltung deren Höhe schätzen, so die Richter. Ein Lkw-Wechselplatz sei keine regelmäßige Arbeitsstätte, weil es sich nicht um eine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers handelt und auch das Fahrzeug selbst keine regelmäßige Arbeitsstätte ist. Das Merkmal einer ortsfesten Einrichtung sei nicht gegeben (Az.: VI R 48/11).

Quelle: LohnPraxis – Nr. 8/9 – August/September 2012

Der Zeitpunkt entscheidet

Tritt ein Tarifvertrag nicht mit seinem Abschluss, sondern erst später in Kraft, gilt sein Inhalt erst zum Zeitpunkt des Inkrafttretens. Zuvor gehören die tarifvertraglichen Regeln nicht zu den Rechten und Pflichten aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis, wie das Bundesarbeitsgericht entschieden hat. Demnach wird die Tarifnorm bei einem zuvor noch nicht in Kraft getretenen Haustarifvertrag des Veräußerers nach einem Betriebsübergang auch nicht über eine arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die „Vorschriften der jeweils gültigen Tarifverträge“ verbindlich. Denn die Bezugnahme erfasst keine Haustarifverträge eines anderen Unternehmens.

Damit haben die Richter zwei Callcenter-Mitarbeitern den Anspruch auf Zuzahlungen aus einem Tarifvertrag verwehrt, die zuvor in einem gesonderten Sanierungstarifvertrag auf tarifvertragliche Rechte verzichtet hatten. Beide Tarifverträge wurden gleichzeitig abgeschlossen. Um vorherige Rückstellungen in der Bilanz zu vermeiden, sollte der Tarifvertrag über die Zuzahlung erst einige Jahre später in Kraft treten. In der Zwischenzeit gingen die Beschäftigungsverhältnisse auf einen neuen Arbeitgeber über. Nach Ansicht des Gerichts hatten die Kläger aber schon deshalb keinen Erfolg, weil sie statt der den anderen Mitarbeitern gewährten Leistungen – Gutscheine und Gutschreibungen auf Kundenkonten sowie im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung – die Auszahlung eines Geldbetrags verlangten (Az.: u. a. 4 AZR 320/10).

Quelle: LohnPraxis – Nr. 8/9 – August/September 2012

Erfahrung ist keine Altersfrage

Die Nichtberücksichtigung von Berufserfahrung, die ein Beschäftigter im Tochterunternehmen eines Konzerns erworben hat, ist keine Diskriminierung wegen des Alters. Der Arbeitgeber muss diese Beschäftigungsjahre daher nicht bei der Entlohnung berücksichtigen. Das hat der Europäische Gerichtshof im Fall der österreichischen Fluggesellschaft Tyrolian Airways entschieden. Flugbegleiter Nach dem Kollektivvertrag der Tyrolian werden die Flugbegleiter nach Vollendung des dritten Dienstjahres auf eine höhere Verwendungsgruppe umgestuft.

In diesem Zusammenhang wollte das Landesgericht Innsbruck wissen, ob es gegen die EU-Richtlinie zur Gleichbehandlung (2000/78/EG) verstößt, wenn für die Einstufung nur die bei einer bestimmten Luftlinie des Konzerns erworbene Berufserfahrung zählt, nicht aber die identische Erfahrung bei einer anderen Tochtergesellschaft. Tut es nicht, so die Europarichter. Eine derartige Klausel könne zwar zu einer Ungleichbehandlung in Abhängigkeit vom Einstellungsdatum mit dem jeweiligen Arbeitgeber führen. Dieser Unterschied beruhe aber weder unmittelbar noch mittelbar auf dem Alter. Denn nach Ansicht des EuGH bleibt die Berufserfahrung unabhängig vom Alter unberücksichtigt (Az.: C-132/11).

Quelle: LohnPraxis – Nr. 8/9 – August/September 2012

Bundesrichter weisen CGZP in die Schranken

Die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) hat jetzt auch höchstrichterlich die rote Karte erhalten. Die im Dezember 2002 gegründete Gewerkschaft sei nie tariffähig gewesen, so das Bundesarbeitsgericht (BAG). Bereits 2010 hatten die Richter entschieden, dass die CGZP keine Spitzenorganisation ist, die in eigenem Namen Tarifverträge abschließen kann.

Allerdings beschränkte der Senat seinen Beschluss zeitlich auf die aktuelle Satzung der CGZP, gültig ab dem 8.10.2009. Das LAG Berlin-Brandenburg hatte der Tarifgemeinschaft auch für die früheren Satzungen ihre Tariffähigkeit versagt (s. LohnPraxis 2/2012, S. 8). Diese Entscheidung hat das BAG jetzt bestätigt. Damit könnten die bei den Arbeits- und Sozialgerichten anhängigen Verfahren, in denen die Tariffähigkeit der CGZP entscheidungsrelevant ist, ohne die erneute Einleitung eines Beschlussverfahrens fortgeführt werden, so das Gericht (Az.: 1 ABN 27/12).

Quelle: LohnPraxis – Nr. 8/9 – August/September 2012

Straßennamen reichen dem BFH als Ziel nicht aus

Ein Fahrtenbuch muss Datum und Ziel jeder Fahrt ausweisen. Diese Anforderung ist laut Bundesfinanzhof (BFH) nicht erfüllt, wenn als Ziele nur Straßennamen angegeben sind, selbst dann, wenn diese Angaben nachträglich präzisiert werden. Eine GmbH hatte ihrem Gesellschafter- Geschäftsführer (GGF) einen Dienstwagen überlassen. Bei der Lohnsteueranmeldung verlangte sie, den für die Überlassung angesetzten geldwerten Vorteil nicht mit der 1%-Regelung, sondern anhand der Fahrtenbücher zu versteuern.

Ortsangaben
Diese wiesen jedoch neben dem Datum meist nur Ortsangaben auf, gelegentlich auch die Namen von Kunden oder den Zweck der Fahrt; außerdem den Kilometerstand nach Fahrtende und die gefahrenen Tageskilometer. Daneben hatte die GmbH nachträglich eine Auflistung auf Grundlage eines handschriftlich geführten Tageskalenders des GGF ergänzt. Der BFH verwarf das Fahrtenbuch jetzt als nicht ordnungsgemäß, weil die Fahrten darin nicht vollständig aufgezeichnet seien. Grundsätzlich nötig seien Ausgangs- und Endpunkt jeder einzelnen Fahrt im Fahrtenbuch selbst. Bei der vorliegenden Aufzeichnung reiche es nicht aus, die fehlenden Angaben nachträglich hinzuzufügen (Az.: VI R 33/10).

Quelle: LohnPraxis – Nr. 8/9 – August/September 2012