Mit Urteilen vom 28. August 2008, VI R 35/05, und vom 30. September 2008, VI R 4/07, hatte der Bundesfinanzhof jeweils über einen zweistufigen Kursaufbau zu entscheiden. In dem erstgenannten Fall vermittelte der Lehrgang im Grundkurs allgemeines Grundlagenwissen und im darauf aufbauenden Fortgeschrittenenkurs berufsbezogenes Spezialwissen - jeweils für die Persönlichkeitsentfaltung. Klägerin war eine approbierte Apothekerin in leitender Anstellung. In dem zweiten Fall vom 30. September 2008 beinhaltete die Ausbildung zum Erwerb des Verkehrsflugzeugführerscheins die Ausbildung für den Erwerb des Privatflugzeugführerscheins. Kläger war hier ein Zeitsoldat.

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In einem weiteren Urteil vom 28. August 2008, VI R 44/04 befasste sich der BFH mit der Abzugsfähigkeit von Aufwendungen einer leitenden Redakteurin für Kurse zum Neuro-Linguistischen Programmieren mit dem Ziel, die berufliche Kommunikationsfähigkeit zu verbessern. Hier lag zwar kein zweistufiger Kursaufbau vor, doch die vermittelten Kenntnisse eröffneten sowohl private als auch berufliche Anwendungsmöglichkeiten.

In allen drei Fällen entschied der BFH zugunsten des Steuerpflichtigen und erkannte den Werbungskostenabzug an.

1. Zur beruflichen Veranlassung der Bildungsaufwendungen

Im Fall der Pilotenausbildung wich der Bundesfinanzhof dabei von seiner früheren Entscheidung vom 27. Mai 2003, VI R 85/02, ab, in der er noch zwischen den Kosten für die Privatfluglizenz und den Kosten für die Verkehrsfluglizenz unterschieden und nur letztere als abzugsfähig anerkannt hatte. Er begründete seine neue Entscheidung damit, dass der Erwerb der Privatfluglizenz gemäß Ausbildungsvertrag lediglich ein notwendiger Zwischenschritt bei der durchgehenden Ausbildung zum Verkehrspiloten sein sollte.

Aufwendungen für ein Seminar zur Persönlichkeitsentfaltung sind nach Auffassung des BFH dann beruflich veranlasst, wenn die Inhalte der Veranstaltung primär auf die spezifischen Bedürfnisse des vom Steuerpflichtigen ausgeübten Berufs ausgerichtet sind. Insoweit stellt der BFH auf die vermittelten Lehrinhalte, ihre konkrete Anwendung in der beruflichen Tätigkeit, den Ablauf des Lehrgangs sowie die teilnehmenden Personen ab.

In seiner Entscheidung zur Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für Kurse zum Neuro-Linguistischen Programmieren weist der BFH darauf hin, dass der Kurs von einem berufsmäßigen Veranstalter durchgeführt werden, ein homogener Teilnehmerkreis vorliegen und der Erwerb der Kenntnisse und Fähigkeiten auf eine anschließende Verwendung in der beruflichen Tätigkeit angelegt sein muss. Ein homogener Teilnehmerkreis liegt nach der Meinung des BFH nicht nur bei Teilnehmern aus einer einheitlichen Berufsgruppe, sondern auch dann vor, wenn die Teilnehmer zwar unterschiedlichen Berufsgruppen angehören, aber aufgrund der Art ihrer beruflichen Tätigkeit gleichgerichtete fachliche Interessen haben - zum Beispiel in ihrer jeweiligen Berufsgruppe Führungskräfte sind.

Der BFH hält private Anwendungsmöglichkeiten von Bildungsmaßnahmen für unbeachtlich, wenn sie sich als bloße Folge zwangsläufig und untrennbar aus den im beruflichen Interesse gewonnenen Kenntnissen und Fähigkeiten ergeben.

2. Grundsätzlich kein Werbungskostenabzug für Erstausbildungsaufwendungen

Leider gilt der Werbungskostenabzug derzeit nur für Umschulungs-, Weiterbildungs- und Fortbildungsmaßnahmen, nicht aber für die erstmalige Berufsausbildung – zum Beispiel ein Erststudium – wenn diese nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet (§ 12 Nr. 5 EStG). Für derartige Kosten ist nur der Sonderausgabenabzug nach § 10 Absatz 1 Nr. 7 EStG bis in Höhe von 4.000 Euro pro Jahr möglich; bei zusammen veranlagten Ehegatten gilt der Höchstbetrag für jeden von ihnen gesondert. Im Unterschied zu den Werbungskosten kann der Steuerpflichtige Sonderausgaben nach § 10 Absatz 1 Nr. 7 EStG nicht auf spätere Jahre vortragen. Sie führen also nur für das Jahr ihrer Entstehung zur Verminderung des zu versteuernden Einkommens. Da die Einkünfte von Erstauszubildenden und Erststudenten häufig unter dem nicht steuerbaren Grundfreibetrag von 7.664 Euro - beziehungsweise 15.328 Euro bei zusammen veranlagten Ehegatten - liegen, können diese ihre Bildungsaufwendungen damit de facto nur in Ausnahmefällen steuerlich nutzen.

Die verfassungsrechtlich bedenkliche Differenzierung zwischen Erstausbildung und Umschulung beziehungsweise Fortbildung geht darauf zurück, dass der BFH nach alter Gesetzeslage auch die Erstausbildungsaufwendungen als Werbungskosten anerkannt hatte (Urteil vom 20.7.2006, VI R 26/05) und sich der Fiskus aus Furcht vor Steuerausfällen dazu genötigt sah, dieser Rechtsprechung gesetzlich einen Riegel vorzuschieben - und zwar rückwirkend zum 1. Januar 2004. Ein Dienstverhältnis betreffend - und damit nicht auf den Sonderausgabenabzug beschränkt - sind Aufwendungen für Bildungsmaßnahmen, zu denen sich der Steuerpflichtige gegenüber seinem Arbeitgeber verpflichtet hat. Diese Ausnahme spielt insbesondere für Bundeswehrangehörige eine Rolle. Bundeswehrangehörige können eigene Kosten für die Nachholung der mittleren Reife oder Hochschulreife und für ein Hochschulstudium als Werbungskosten geltend machen. Die Willkürlichkeit des Bildungskostenabzugs liegt damit auf der Hand.

3. Handlungsbedarf für Teilnehmer und Anbieter von Bildungsmaßnahmen

Ungeachtet der unbefriedigenden Rechtslage sollten alle Auszubildenden, Studenten und Berufstätigen die ihnen entstehenden Bildungskosten vollumfänglich als Werbungskosten steuerlich geltend machen. Da die Kosten gegenüber dem Finanzamt belegt werden müssen, sind Rechnungen, Gebührenbescheide und andere Aufwendungsbelege wie beispielsweise Kontoauszüge unbedingt aufzubewahren. Die Aufwendungen müssen die Steuerpflichtigen in dem Jahr geltend machen, in welchem sie anfallen. Sie sollten notfalls im Wege des Einspruchs die Feststellung eines etwaigen Verlustvortrags verlangen. Zwar hat das Finanzgericht Baden-Württemberg den Ausschluss des Werbungskostenabzugs für Erstausbildungsaufwendungen für verfassungsgemäß erklärt (Urteil vom 7. November 2006, 1 K 115/06). Derzeit läuft aber noch die Revision gegen diese Entscheidung beim BFH unter dem Aktenzeichen VI R 79/06. Vor diesem Hintergrund wird sich der Steuerpflichtige mit dem für ihn zuständigen Finanzamt vorerst darauf verständigen können, das Einspruchsverfahren ruhen zu lassen.

Bildungseinrichtungen sollten bei der Konzeption und der Vermarktung ihrer Angebote verstärkt auf den beruflichen Bezug und die Homogenität des Teilnehmerkreises achten, indem sie beispielsweise solche Kurse, die sich für Führungskräfte eignen, auch entsprechend benennen. Besteht ein Kurs aus mehreren Blöcken oder Modulen, ist er aber insgesamt auf das Ziel der beruflichen Verwendung der erlernten Kenntnisse und Fähigkeiten ausgerichtet, so ist bei der Vermarktung und im Vertrag mit dem Teilnehmer darauf zu achten, dass dies deutlich wird.


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