LAG Niedersachsen, Urteil v. 24. Februar 2009 – AZ 3 Sa 833/08 – BeckRS 2009 66017

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Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Vorab aber nochmals zum Urteil des BAG: Das Urteil des BAG baute auf einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) auf, wonach dem eingetragenen Lebenspartner ein Anspruch auf Hinterbliebenversorgung dann zusteht, wenn durch die gesetzliche Ausgestaltung der eingetragenen Lebenspartnerschaft in Hinblick auf die Hinterbliebenversorgung eine rechtliche Vergleichbarkeit mit der Ehe gegeben ist (EuGH, Urteil v. 1. April 2008 – AZ 267/06 – NJW 2008, 1649). Das BAG hat eine solche Vergleichbarkeit in Deutschland wegen der seit 1. Januar 2005 geltenden gesetzlichen Regelungen zur eingetragenen Lebenspartnerschaft bejaht und das Datum als Stichtag für die Änderung seiner Rechtsauffassung im Zusammenhang mit der Hinterbliebenenversorgung angesehen.

Eingetragenen Lebenspartnern kann infolgedessen ein Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zustehen, wenn am 1. Januar 2005 oder danach zwischen dem Arbeitgeber und dem verstorbenen Lebenspartner ein Rechtsverhältnis bestanden hat. In dem vom BAG entschiedenen Fall wurde dem hinterbliebenen eingetragenen Lebenspartner kein Anspruch auf Hinterbliebenversorgung gewährt, weil sein versorgungsberechtigter Lebenspartner bereits 2001, das heißt vor dem Stichtag der Rechtsänderung verstorben war. Zum Stichtag bestand vielmehr kein Rechtsverhältnis zwischen Arbeitgeber und dem – mittlerweile verstorbenen – versorgungsberechtigten Arbeitnehmer. Die Lebenspartnerschaft fiel somit insgesamt nicht (mehr) unter die Neuregelung ab dem 1. Januar 2005.

Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen

Allerdings hatte das BAG in seiner Entscheidung offen gelassen, ob es sich bei dem besagten Rechtsverhältnis notwendigerweise um ein Arbeitsverhältnis handeln muss. Ein Rechtsverhältnis könnte beispielsweise auch dann angenommen werden, wenn ein Arbeitnehmer (seit dem 1. Januar 2005) über eine unverfallbare Anwartschaft verfügt oder bereits eine Betriebsrente bezieht. Hierzu hat die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen (“LAG Niedersachsen”) weitgehend Klarheit geschafft (Urteil vom 24. Februar 2009 – AZ: 3 Sa 833/08):

Der Kläger hatte im Oktober 2005 – das heißt nach dem Stichtag des 1. Januar 2005 – eine eingetragene Lebenspartnerschaft gegründet. Jedoch befand sich der Kläger bereits seit 1998 im Ruhestand, so dass am Stichtag kein Arbeitsverhältnis mehr bestand. Der Kläger begehrte mit seiner Klage festzustellen, dass sein ehemaliger Arbeitgeber im Falle seines Versterbens dennoch eine Hinterbliebenenversorgung an seinen eingetragenen Lebenspartner zu leisten hat. Die Klage wurde zwar in erster Instanz abgewiesen; allerdings gestand das LAG Niedersachsen dem Kläger beziehungweise seinem Lebenspartner einen Anspruch auf Leistungen der Hinterbliebenenversorgung zu.

Zur Begründung seiner Entscheidung bezog sich das LAG Niedersachsen auf das oben erwähnte Urteil des BAG. Unter Fortführung des Urteils des BAG könne es nach Ansicht des LAG Niedersachsen im Hinblick auf das für die Hinterbliebenenversorgung notwendige Rechtsverhältnis zwischen dem versorgungsberechtigten Lebenspartner und Arbeitgeber keinen Unterschied machen, ob der Versorgungsberechtigte am Stichtag noch Arbeitnehmer war oder bereits eine Betriebsrente bezogen hat. Das LAG Niedersachsen gab folglich der Klage statt und bejahte einen Anspruch des eingetragenen Lebenspartners auf Hinterbliebenenversorgung.

FAZIT

Die Entscheidung des LAG Niedersachsen schafft für die Behandlung der Hinterbliebenversorgung bei eingetragenen Lebenspartnerschaften noch keine Rechtssicherheit, da es sich (lediglich) um die Entscheidung eines Landesarbeitsgerichts und somit um keine letztinstanzliche Entscheidung handelt. Zudem wurde die Revision zum BAG zugelassen, so dass sich das BAG möglicherweise schon bald mit dem Fall beschäftigen und eine gegenläufige Entscheidung erlassen wird.

Trotz dieser Unsicherheiten kann das Urteil des LAG Niedersachsen als ein Fingerzeig mit Blick auf die zukünftige Behandlung von eingetragenen Lebenspartnern in der Hinterbliebenenversorgung sein. Arbeitgeber sollten sich daher darauf einstellen, dass eingetragene Lebenspartnern solcher Arbeitnehmer, die vor dem 1. Januar 2005 als Betriebsrentner ausgeschieden sind, Hinterbliebenenversorgung in Anspruch nehmen. Sofern nicht bereits geschehen, sollten Arbeitgeber Versorgungssysteme auf die veränderten Bedingungen anpassen und für die etwaige finanzielle Mehrbelastung frühzeitig Vorsorge treffen.