Drivers for Change

Ist die Digitalisierung der Driver für Change? So lautete die Frage auf der internationalen Pressekonferenz der Messe. Digitalisierungsexperte Rudy de Wael aus Belgien sollte darauf antworten. Seine Botschaft lautete: Nein, es ist der „Purpose“!

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Foto von Crew

Führung und Personalarbeit müssen sich neu erfinden
In dasselbe Rohr blies HR-Ikone Thomas Sattelberger, er erklärte anhand vieler Perspektiven zum Thema, warum technische Innovation nicht ohne das Soziale funktionieren kann. Er lieferte ein eindrückliches Beispiel für den Druck, unter dem sich Deutschland global aktuell befände:

Seine private Suche nach einem mechanischen Grillreiniger führte Sattelberger zu einem hochspezialisierten und digitalisierten Reinigungsgerät aus Deutschland für € 149. Einfache, aber funktionale Geräte aus chinesischer Produktion sind allerdings schon für ein Zehntel des Preises im Internet zu erwerben. Wer kauft das deutsche Produkt?Sattelbergers Plädoyer: Weil im Mittelstand ein Großteil der leitenden Chefs innerhalb der nächsten fünf Jahre in den Ruhestand geht, müssten monokulturelle Strukturen aufgebrochen und dezentral mit vielen Personen Lösungen gefunden werden. Schnell. Sofort.

Nicht nur dieser Beitrag lieferte nützliche Wegmarken. Insbesondere zwei weitere Referate stachen heraus: 

Design Thinking

Die HRM.de Bühne hatte es sich zur Aufgabe gemacht, insbesondere Lösungen, Tools und Erfahrungsberichte vorzustellen. Die Veranstalter hatten dazu auch die Methode „Design Thinking“ ins Programm genommen; vorgestellt von den beiden Machern von ELFsights Jürgen Alexander Lehmann und Dr. Markus Wendt. Wenn es in der Organisationsentwicklung um tief wurzelnde Interessenkonflikte geht, läuft diese Methode unter Beteiligung aller Stakeholder zur Hochform auf: Zunächst wird das bestehende Problem neu formuliert und definiert. Dann treten hierarchieübergreifende Innovationsteams als kreative Beschleuniger in Aktion. Mit verschiedenen Bordmitteln entwickeln sie Prototypen, die nach einem „Rütteltest“ zur gelebten sozialen Innovation im Unternehmen werden. Aus meiner Sicht ein sehr praxisorientiertes Modell für die komplexen Herausforderungen der Arbeitswelt 4.0

Gesellschaftliches Engagement #Refugees welcome

Soziale Innovation war nicht nur eine Forderung auf vielen der Messe-Foren. Viele Besucher machten die Flüchtlingssituation zum Thema ihrer Gespräche. Schon Stefan Ries hatte gleich zu Beginn seiner Keynote über das Engagement der agilen SAP- Teams gesprochen, eine Software zur Unterstützung bei der Erstaufnahme der Flüchtlinge zu entwickeln. In der International Lounge tauschte ich mit anderen Besuchern Ideen über die Flüchtlingshilfe in Amsterdam und Hamburg aus. Einer meiner Gesprächspartner war – wie sich später herausstellte – Chef der niederländischen Personalmanager und Organisationsentwickler vom Verband NVP: Hans Brouwer. Auch ihn bewegte das Thema.

Fazit: Change ohne HR wird es nicht geben. Und ohne Change bei den Personalern selbst hat HR keine Zukunft. Mal sehen, was HR und die Personaler draus machen!

 

Petra Sorge dos Santos begleitet den kulturellen Wandel bei Führungskräften (yes, it starts from the head) und ihren Teams als Coach,Trainerin und Facilitator. http://en.clic-interculture.com/ Und seit Jahren porträtiert sie den kulturellen Wandel auch medial – als Produzentin und Ankerfrau von Radio Triangula und Transglobal (Radio) sowie Hamburgisch by Culture(TV)

You are not a sheep, stop acting like one!

… lautet eine provokative Forderung von Jef Staes aus den Niederlanden; einem Ingenieur, den es vor Jahren in die HR verschlug. Mit der seinem Berufsstand eigenen wertneutralen Akribie ging er auf Fehlersuche bei HR. Heraus kam nicht nur eine sehr umfassende Analyse von Systemfehlern, die Innovation und kulturellem Wandel entgegenstehen. Jef Staers entwickelte einen eigenen Entwurf, die Engine of Innovation als 15teiliges Mindset Map. Ein sehr spannender Ansatz des Out-of-the-Box-Denkens, dem mehr Aufmerksamkeit gebührt.

Agiler werden, Hits landen

Stefan Ries war als Redner auf der Messe recht präsent. Er hielt eine Keynote in den Praxisforen der Messe über Arbeiten 4.0 bei SAP und präsentierte im kollegialen Kreis auf der Aktionsbühne von HRM.de eine Trendstudie zum digitalen Wandel. Arbeiten 4.0 bei SAP funktioniert anhand der agilen Teamstruktur des Softwarekonzerns und ist die Matrix für Projektdesigns:

>>Eine Woche Erkunden einer Idee,
>>Präsentation,
>>Teamvotum,
>>eine Woche Pilotentwicklung,
>>Go!

Führungskräfte seien in dieser Logik als Kümmerer, nicht aber als Alleinentscheider gefragt. Ebenso dringend umdenken müssten die Personaler. Auch dazu lieferte Ries ein Beispiel: Ein Versuchsballon bei SAP – eine interne Mitarbeiter-App für die administrativen HR-Angelegenheiten – wurde in nur vier Wochen zum BelegschaftsHit. Und setzte so viel Manpower in HR frei, dass man jetzt an die strategischen Fragen des Unternehmens gehen könne: Sich als Experten für den kulturellen und mentalen Wandel zu profilieren und denselben auch richtungweisend zu gestalten.

Arbeiten 4.0 
    
Für mich startete die Messe mit der jährlichen ZP-Pressekonferenz, welche Medienleute in das Motto „Arbeiten 4.0“ einführte. Die Konferenz begnügte sich nicht mit allfälligen Theorieausführungen der geladenen Experten, wie zum Beispiel Prof. Dr. Jutta Rump, Stefan Ries als Global HR bei SAP und Prof Dr. Kühl, Soziologe an Uni Bielefeld. Arbeiten 4.0 erfordert verlangt Erfahrungsberichte, denn wer Wandel will – auch von anderen, muss ihn leben können. Es war also nur allzu konsequent, dass die Diskutanten ebenso von sich selbst sprachen: Prof. Dr. Rump verriet als Expertin für Personalstrategien im digitalen Wandel, sie forsche nicht nur über die Bedürfnisse der jungen Generation, sie lebe und arbeite wie diese selbst. Gleich zu Beginn der Pressekonferenz verriet sie, dass ihr Rollkoffer seit mehr als Jahren ihr Büro sei. Stefan Ries berichtete, dass bei der SAP derzeit fünf Generationen gleichzeitig arbeiten. Über diese und andere Erfahrungen entstand eine lebendig kontroverse  Diskussion; zum Beispiel darüber, ob  „Arbeiten 4.0“ ein angemessenes Motto ist.  Prof. Rump verwies darauf, dass Modelle zu Selbsteuerung und Verantwortung schon Mitte der 1980er entwickelt worden waren. Prof. Dr. Kühl mahnte an, dass der ständige Begriffswechsel im HR Lernchancen verbaue.

Wir stellen das gleich einmal klar: Natürlich ist das Thema Change eine alte Bekannte; und gar erst auf der Zukunft Personal (ZP). Doch jetzt kommt das große „Aber“: Nie war der Widerhall so groß wie in diesem Jahr. Besucher verlangten Antworten. Und das heißt: Der Wandel stand förmlich im Raum. Er war endlich auch am Publikum greifbar.

              “You are not a sheep,
                       stop acting like one!”
                     Jef Staes