Viele Unternehmen sehen CSR vor allem als Teil ihrer Imagepflege. Nur für eine Handvoll ist es fester Bestandteil der Unternehmensstrategie. Das liegt daran, dass die soziale Verantwortung von Unternehmen üblicherweise als „etwas Gutes tun“ oder „das Richtige tun“ gesehen wird. Wenn Unternehmer jedoch dieselben Kriterien für ihre soziale Verantwortung anwenden wie für ihr Kerngeschäft, werden sie feststellen, dass CSR mehr ist als eine Kostenstelle oder eine karitative Nebenbeschäftigung: Es ist eine Quelle der Innovation und des kompetitiven Vorteils.

yellow ceramic mug beside gray aluminum iMac
Foto von Georgie Cobbs

Der Wirtschaftswissenschaftler Milton Friedman schrieb 1970 im New York Times Magazine: „Die einzige Verantwortung eines Unternehmens ist es, seinen Profit zu erhöhen.“ Er argumentierte, dass man es den einzelnen Individuen überlassen sollte, wie und wo sie sich sozial engagieren wollen.

So, wie die CSR-Aktivitäten vieler Unternehmen aussehen, muss man Friedman recht geben. Die Mehrheit der CSR-Programme sind diffus, ohne strategischen Fokus und spiegeln primär die persönlichen Wertvorstellungen der Geschäftsführung wider.

Friedman hatte zwei Annahmen getroffen: Die erste lautete, dass soziale und wirtschaftliche Ziele nicht kompatibel sind. Er implizierte damit, dass soziale Ausgaben eines Unternehmens lediglich den Profit reduzieren. Seine zweite Annahme war, dass Unternehmen einen geringeren sozialen Impakt erzielen, als wenn Individuen sich sozial engagieren.

Solange Corporate Social Responsibility ge-nerisch, also isoliert, betrachtet wird statt als Teil einer Firmenstrategie, hat Friedman durchaus recht. Viele CSR-Strategien sind so fragmentiert und losgelöst vom Unternehmensgeschäft, dass naheliegende Möglich-keiten verschenkt werden, der Gesellschaft zu nutzen. Das ist vor allem dann der Fall, wenn die moralische Verpflichtung des Unternehmens gegenüber der Gesellschaft im Vordergrund steht. Wenn das geschieht, handelt es sich meist nicht um CSR, sondern um Charity.

Unternehmen sehen soziale Wohlfahrt und Profitorientierung zum Teil bis heute als miteinander unvereinbar an. In einem offenen und wissensbasierten Wettbewerb ist das jedoch eine falsche Schlussfolgerung. Unternehmen funktionieren nicht isoliert von ihrem sozialen Umfeld. Tatsache ist, dass ihre Wettbewerbsfähigkeit vom Umfeld abhängt. Bildung wird zum Beispiel als ein soziales Anliegen gesehen, aber das Ausbildungsniveau von lokalen Arbeitskräften hat eine große Wirkung auf die potenzielle Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens. Die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens dagegen hängt von den Möglichkeiten ab, Arbeit, Kapital und natürliche Ressourcen zu nutzen, die Produktivität wiederum von Ausbildung, Gesundheit, Motivation der Arbeitskräfte und einer sauberen Umwelt, da Umweltverschmutzung und Abfall eine effiziente Nutzung der natürlichen Ressourcen beeinträchtigen.

CSR als Wettbewerbsvorteil nutzen

Der Ausdruck „strategisches CSR“ wird mittlerweile für praktisch jede Form des sozialen Engagements verwendet, das in irgendeinem Kontext, mag er auch noch so vage oder weit hergeholt sein, zu den Unternehmenszielen steht. Meist ist die Verbindung nur semantisch und erlaubt es den Unternehmen, ihre Beiträge in jährlichen Reports zu veröffentlichen. Diese CSR-Maßnahmen haben jedoch nichts mit der Unternehmensstrategie zu tun, sondern sollen primär den guten Willen zeigen, eine positive Wahrnehmung in der Öffentlichkeit hervorbringen und die Moral der Arbeitnehmer verbessern.

CSR als Marketinginstrument ist jedoch zu kurz gegriffen, um unter strategisches CSR zu fallen, da der Fokus nicht auf dem sozialen Impakt auf die Gesellschaft liegt und auch nicht darauf, die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu verbessern.

Strategisches CSR adressiert gleichzeitig soziale und wirtschaftliche Ziele, nutzt die Aktiva und Expertisen des Unternehmens und bringt der Gesellschaft und dem Unternehmen Vorteile. Thomas Siebel, CEO der First Virtual Group, die unter anderem im Bereich Immobilien, Agrobusiness und Asset-Management tätig ist, startete Anfang 2009 eine Initiative, die sich mit der wachsenden Energieknappheit auseinandersetzt. Seine mit 20 Millionen US-Dollar dotierte „Energy Free-Home Challenge“ hat sich als Ziel gesetzt, ein Haus mit traditionellen Baumaterialien zu bauen, das keine Energie konsumiert.

Dieses strategische CSR kombiniert das Wissen und Interesse der Holding im Immobilienbereich, bietet kreativen Köpfen eine Plattform und Finanzierungsmöglichkeit für ihre Innovationen und setzt sich mit einem der wichtigsten Probleme des 21. Jahrhunderts auseinander.

Win-win-Situation

Wenn Unternehmen ihre firmenspezifischen Fähigkeiten und Beziehungen nutzen, um den Impakt ihrer CSR-Tätigkeit und die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen, entsteht eine Win-win-Situation für die Gesellschaft und das Unternehmen. Damit wird CSR Teil der Unternehmens-DNA.

Wir wissen mittlerweile, dass die größten sozialen Probleme nur gelöst werden können, wenn die Gesellschaft und die Unternehmen gemeinsam an Lösungen arbeiten. Das bedeutet nicht, dass alle CSR-Ausgaben einen sozialen Nutzen bringen oder jeder soziale Nutzen die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen verbessert. Daher ist es entscheidend, dieselben Kriterien für CSR anzuwenden wie für das Kerngeschäft des Unternehmens, etwa Rentabilitätsrechnungen, Kosten-Nutzen- sowie Risikoanalysen etc. Das würde verdeutlichen, dass CSR mehr ist als eine Kostenstelle oder karitative Aktivität, sondern eine Quelle der Innovation und des kompetitiven Vorteils.

Ebenso wie finanzielle Indikatoren für die wirtschaftliche Performance eines Unterneh-mens verwendet werden, helfen finanzielle Bewertungen einer CSR-Maßnahme, den tatsächlichen Nutzen und Wert für das Unternehmen zu berechnen. Die Frage bei CSR ist, ob die Aktivitäten zur Veränderung und Innovation führen, wobei es nicht um den perfekten Anspruch geht.

Eine Kosten-Nutzen-Analyse anhand finanzieller Indikatoren gibt der CSR-Strategie einen stärkeren Fokus und hilft, die erbrachte Leistung objektiv zu messen. Das Unternehmen kann sich dadurch besser im Wettbewerb positionieren und sich von Mitbewerbern besser differenzieren. Durch den direkten Vergleich einzelner CSR-Aktivitäten und -Programme kann auch leichter entschieden werden, welche fortgeführt werden sollen und welche nicht. Das Unternehmen kann entscheiden, wo und wie es seine CSR-Mittel am effizientesten und effektivsten einsetzen kann.

Mit entsprechenden Methoden lassen sich die Umsätze und Free Cash Flows (FCF), also der aus der Umsatztätigkeit und sonstigen laufenden Tätigkeiten erzielten Nettozufluss liquider Mittel während einer Periode, der CSR-Projekte isolieren und messen. Den Wert einer CSR-Strategie kalkuliert zum Beispiel die Methode „Return on Sustainability – ROS®“, die 2007 von Management & Excel-lence entwickelt wurde, indem es finanzielle und extra-finanzielle Leistungsindikatoren bewertet und damit den Wertschöpfungsbeitrag einer CSR-Maßnahme für das Unternehmen kalkuliert. Dazu werden unterschiedliche mathematische Methoden, zum Beispiel Regressionsanalysen, und andere statistische Methoden verwendet.

CSR-Maßnahmen tragen unterschiedlich zum FCF bei: Während extern gerichtete CSR-Projekte den Umsatz erhöhen können, wirken interne Projekte, wie etwa Maßnahmen im Bereich Ethik und Compliance, eher kostensparend.

Abbildung 1:  CSR-Maßnahmen und ihr Beitrag zum Free Cash Flow (FCF)

Trotz identischer FCF-Beiträge sowie -Ergebnisse sind die Strukturen und Mechanismen von CSR-Projekten grundverschieden. Deshalb lassen sich die Umsätze, die CSR-Maßnahmen erzielen können, nicht pauschalisieren. Die Effektivität der Projektumsetzung sowie das kulturelle Umfeld und sogar das Timing eines CSR-Projektes kann den FCF beeinflussen.

Unabhängig davon, wie hoch das CSR-Budget ist, ist es sowohl für die Führung des Unternehmens als auch für die Investoren wichtig, welche Rendite die CSR-Projekte aufweisen. Sonst erhöhen CSR-Maßnahmen lediglich die Kosten des Unternehmens und tragen nicht zur Wertschöpfung im Unternehmen bei. Wenn CSR im Unternehmen nichts ändert und keinen Wert für das Unternehmen hat, läuft es immer Gefahr, bei knappen Budgets gestrichen zu werden.

Die CSR-Strategie

Wer seine eigene CSR-Strategie entwickeln will, sollte folgende vier Schritte beachten:

1. Die Wahl des richtigen sozialen Problems: Wenn man erfolgreich ein signifikantes soziales Problem lösen und auch das Image des Unternehmes verbessern will, ist es notwendig, das richtige Problem anzuvisieren. Der CSR-Beauftragte sollte ein Problem identiἀzieren, das sowohl wichtig als auch aktuell ist und auf den Kernkompetenzen des Unternehmens aufbaut. Ein solches Problem wird eher mediale Aufmerksamkeit generieren und eine Kooperation mit NGOs, also Nichtregierungsorganisationen, oder anderen Institutionen erleichtern.

2. Konkrete Ziele und Fortschritte definieren: Vage Aussagen, wie man ein soziales Problem lösen will, werden von niemandem mehr wirklich ernst genommen. Um aus der Menge hervorzustechen, sollte ein Unternehmen öffentlich kundtun, zu welchen messbaren Zielen es sich verpflichtet, und regelmäßig über den Fortschritt des CSR-Projektes berichten. Es ist wichtig, ambitionierte Ziele zu setzen, aber die Resultate sollten auch in einer adäquaten Zeit erbracht werden.

3. Die Kernkompetenzen des Unternehmens nutzen: Die Aktiva und Expertisen des Unternehmens – seine Güter und Dienstleistungen, seine ausgebildeten Arbeitskräfte, seine Industrieexpertise, Infrastruktur, Netzwerke, Glaubwürdigkeit und sein politischer wie medialer Einfluss werden derzeit noch selten für die eigene soziale Verantwortung eingesetzt. Aber genauso wie diese Aktiva wichtig sind in der Wertschöpfungskette des Unternehmens, können sie auch eingesetzt werden, um soziale Probleme zu lösen.

4. Der richtige Partner: Der Begriff „Partnerschaften“ wird bei CSR oft verwendet, um lose Beziehungen zu beschreiben, in denen finanzielle Beiträge in medialer Präsenz getätigt werden. Die effektivsten Lösungen für soziale Probleme sind solche, in denen sich NGOs und Unternehmen in Partnerschaften zusammenschließen und sich jeder Partner auf den Bereich konzentriert, den er am besten kann.

Quelle: personal manager 1/2011