Fazit

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Alexandra Mayrs Buch stärkt das Ansehen von  Interim Management und kann dazu beitragen, den zweckmäßigen Einsatz zu verbessern. Die Autorin verzichtet auf Werbung für den eigenen Berufsstand. Sie setzt sich stattdessen intensiv mit ihrer eigenen Studie und anderen Erhebungen auseinander, um die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Voraussetzungen und Unterscheidungsmerkmalen eines erfolgreichen Interim Managements zu vergleichen.

Für Leser, die kein fundiertes Wissen über Erhebungs- und Auswertungsmethoden mitbringen und/oder keinen großen Hang zur Statistik haben, ist vor allem die umfangreiche Beschreibung der Auswertungen von Nutzen. Sie können den empirischen Teil locker durchblättern, um sich dann eingehender mit Handlungsempfehlungen für die Wirtschaft zu beschäftigen. Wehrmutstropfen sind der geringe Anteil der österreichischen Befragten und die mäßige Rücklaufquote. Die 75 Fragen umfassende Erhebung mit einer durchschnittlichen Beantwortungszeit von 30 Minuten sollte für Probanden, die zum großen Teil Manager, Eigentümer und Unternehmer sind, eigentlich eine geringe Hürde darstellen. Bleibt zu hoffen, dass für künftige Untersuchungen eine größere Anzahl von Auftraggebern von Interim Management gewonnen werden können. 

Literaturtipp

Der Beitrag von Interim Management zum Unternehmenserfolg: Eine theoretische und praktische Analyse. Springer Gabler 2017.

Checkliste

Eine auf dem Buch von Alexandra Mayr basierende Checkliste zu den Erfolgsfaktoren von Interim Management finden Sie hier.

Interim Management ist eine junge Forschungsdisziplin. Es gibt  bislang nur wenig wissenschaftliche Auseinandersetzung zu diesem Thema. Umso lobenswerter ist es, diese Forschungslücke nun schließen zu wollen und den Zusammenhang zwischen Interim Management und Unternehmenserfolg auf der Gesamtunternehmensebene zu beleuchten. 

Dissertationen haben den Nachteil, vorab immer einen erheblichen theoretischen Schwerpunkt zu setzen, bevor der empirische Teil beginnt und Ergebnisse sowie Ableitungen oder Handlungsempfehlungen zu lesen sind. So umfasst auch „Der Beitrag von Interim Management zum Unternehmenserfolg“ stattliche 400 Seiten mit einer umfangreichen Einführung zur Zielsetzung, dem Aufbau der Forschungsfrage und einem ausführlichem Abschnitt zu den Begriffen Management im Allgemeinen und Interim Management im Speziellen.

Noch intensiver ist die Auseinandersetzung mit dem Begriff Unternehmenserfolg, aber auch dieser Teil lohnt,  gelesen zu werden, um in betriebswirtschaftliches Fachwissen einzutauchen oder bereits vorhandenes Wissen wieder wachzurütteln. Eine Grafik zum Erfolgsbegriff von Jeschke (aus dem Jahre 1993) hält Ziele und Zielkategorien fest, die zum Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens führen können – Ertrag, Wachstum, Angebotsleistung, Firmenimage, Personalzufriedenheit und Stabilität. Die Erfolgsmessung erfolgt typischerweise mittels Kennzahlen, sogenannten Key Perfomance Indicators (KPIs). Bei Interim Managern wird die Erfolgsevaluation aber insofern erschwert, als sich ihre Maßnahmen oft erst in den Unternehmenskennzahlen niederschlagen, nachdem sie das Unternehmen wieder bereits verlassen haben.

Die Autorin führt eine empirische Erhebung in Unternehmen mit einschlägiger Erfahrung im Interim Management ohne Einschränkung hinsichtlich Größe oder  Branche innerhalb der DACH-Region durch, um 14 Hypothesen zum Beitrag von Interim Management zum Unternehmenserfolg zu überprüfen. Als Erhebungsverfahren wählt sie eine vollstandardisierte schriftliche Onlinebefragung.  341 Unternehmensentscheider aus Deutschland, Österreich und der Schweiz füllten den Fragebogen vollständig aus. Dabei erzielt die Autorin eine Rücklaufquote von 9,2 Prozent.

Wesentliche Erkenntnisse:

Der Beitrag von Interim Management zum Unternehmenserfolg ist umso größer, je höher die Position des Interim Managers in der Hierarchie des Einsatzunternehmens angesiedelt ist. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Kompetenzen, über die der Interim Manager im Einsatzunternehmen verfügt. Je umfangreicher die Führungsverantwortung und Personalkompetenz, desto größer der Beitrag zur Zielerreichung. Interim Manager können dann besonders gut arbeiten, wenn sie klare Informationen erhalten, gut in das Unternehmen eingebunden sind beziehungsweise von ihrem Auftraggeber aktiv unterstützt werden sowie die Ressourcen bekommen, die sie benötigen.  Grundsätzliche sollen die Rahmenbedingungen so gestaltet sein, dass Konflikte und Komplikationen so gering wie möglich ausfallen. Darüber hinaus ist eine regelmäßige Kommunikation über den Projektverlauf und die Ergebnisse  mit den Stakeholdern zu beachten, um deren Zufriedenheit sicherzustellen. Die genannten Punkte verwundern wahrscheinlich nicht, sind es doch dieselben Hebel, die jedem Projekt und jeder Aufgabe zum Erfolg verhelfen.

Vertragsregelungen mit dem Interim Manager wie die Höhe der Tagessätze oder erfolgsabhängige Vergütungskomponenten haben laut Studie nur einen geringen Einfluss auf den Unternehmenserfolg.  Nicht nachweisbar ist interessanterweise die Bedeutung von Projekt- und Berufserfahrung sowie  soziodemographischer Merkmale für den Beitrag zum Erfolg. Alter, kulturelle Herkunft oder einschlägige Branchenkenntnisse haben laut Studie ebenfalls keinen nennenswerten Einfluss. Von Bedeutung sind jedoch selbstsicheres Auftreten,  Analyse- und Konfliktfähigkeit sowie das Vertrauen des Auftraggebers. Daher wird dringlich empfohlen, auf die Passung des Interim Managers zum Unternehmen und zu den Persönlichkeiten der Entscheider mittels professionellem Auswahlverfahren zu achten.