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Foto von Amy Hirschi
Bundesarbeitsgericht vom 21.04.2010 – 10 AZR 163/09

Sachverhalt

Die Parteien streiten über einen von der Klägerin gegenüber der Beklagten geltend gemachten Jahresbonus für das Jahr 2007. Von 1998 bis 2007 war die Klägerin bei der Beklagten als Führungskraft beschäftigt. Für die Jahre 2000 bis 2006 erhielt die Klägerin zu ihrem jeweiligen Dezembergehalt jeweils einen Jahresbonus ausbezahlt; in den Jahren 2000 bis 2005 in ansteigender Höhe, im Jahre 2005 und 2006 in gleichbleibender Höhe. Einer der Gesellschafter der Beklagten informierte die Klägerin stets telefonisch über die Höhe der jeweiligen Jahresbonuszahlung – ohne damit jemals ein Freiwilligkeitsvorbehalt zu verbinden. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin endete nach zunächst arbeitgeberseitiger Kündigung durch gerichtlichen Vergleich am 31.12.2007. Für das Jahr 2007 erhielt die Klägerin keinen Jahresbonus. Hiergegen wendet sie sich gerichtlich.

Die Entscheidung

Das ArbG und das LAG haben die Klage abgewiesen. Das BAG gab der Revision der Klägerin statt und verwies den Rechtsstreit an das LAG zurück. Es verneinte zwar das Vorliegen einer sogenannten betrieblichen Übung auf Zahlung eines Jahresbonus zugunsten der Klägerin. Da nur der Klägerin und nicht auch weiteren Mitarbeitern der Beklagten eine Sonderzahlung auf diese Weise in der Vergangenheit zugekommen sei, fehlt es der Ansicht des entscheidenden Senats zufolge an der Voraussetzung des kollektiven Elements. Aus gleichem Grund scheitere auch ein Anspruch aus dem Gesichtspunkt des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes.

Das BAG kam aber zu dem Schluss, dass die Beklagte durch ihr tatsächliches Verhalten im Zusammenhang mit den Äußerungen ihres Gesellschafters der Klägerin ein Angebot gemacht haben könnte, jährlich einen Bonus an sie zu leisten. Dieses Angebot könnte die Klägerin durch schlüssiges Verhalten angenommen haben. Es sei daher möglich, dass aufgrund „konkludenter individualvertraglicher Abrede“ zwischen den Parteien ein Anspruch auf Zahlung eines Jahresbonus dem Grunde nach gegeben sei, auch wenn der Arbeitgeber die Zahlung des Jahresbonus nicht in einer bestimmten Höhe zugesagt habe. Dass der Bonus abhängig von verschiedenen Komponenten sei, wie zum Beispiel dem Betriebsergebnis und/oder einer persönlichen Leistung, und daher schwanke, sei gerade typisch für einen Bonusanspruch.

Nach Auffassung des BAG erscheint es ohne Weiteres möglich, dass aufgrund der jährlichen Bonuszahlungen der Beklagten an die Klägerin die Annahme der Klägerin gerechtfertigt gewesen sei, die Beklagte wolle sich hinsichtlich der Bonuszahlungen in irgendeiner Weise auf Dauer binden. Denn hätte die Beklagte über den Grund des Anspruchs jedes Jahr neu entscheiden wollen, hätte sie auf die Einmaligkeit der Zahlung besonders hinweisen können.

Ergebe sich dem Grunde nach ein Anspruch, müsse die Beklagte im Rahmen einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast die Gelegenheit bekommen, vorzutragen, nach welchen Kriterien sie die Höhe der Zahlung bestimmt habe. Gegebenenfalls habe das LAG die Höhe des Bonus gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Urteil festzusetzen.

Konsequenzen für die Praxis

Selbst wenn der Arbeitgeber – vertraglich nicht vereinbarte – jährliche Bonuszahlungen jeweils in unterschiedlicher Höhe an den Arbeitnehmer leistet, ist es nicht ausgeschlossen, dass der Arbeitnehmer auch zukünftig die Zahlung einer solchen jährlichen Bonuszahlung vom Arbeitgeber verlangen kann. Dies setzt letztlich aber voraus, dass der Arbeitgeber durch sein Verhalten beim Arbeitnehmer den Eindruck erweckt, dass er auch in den Folgejahren eine Bonuszahlung leisten will.

Dieses Risiko müssen Unternehmen bei der Zahlung von Boni in Zukunft verstärkt berücksichtigen. Möchte sich ein Arbeitgeber bei der tatsächlichen Leistung einer jährlichen Bonuszahlung nicht auch für die Zukunft binden, sondern jedes Jahr neu entscheiden, muss er die Zahlung jeweils ausdrücklich unter einen sogenannten Freiwilligkeitsvorbehalt stellen. Wird ein Arbeitsverhältnis neu begründet, sollte bereits der Arbeitsvertrag an entsprechender Stelle einen solchen Freiwilligkeitsvorbehalt – bei dessen Formulierung die §§ 305 ff. BGB zu beachten sind – enthalten.

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