Betriebsübergang berührt dynamische Verweisung auf einen Tarifvertrag grds. nicht

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War zwischen den bisherigen Arbeitsvertragsparteien eine dynamische Verweisung auf einen Tarifvertrag vereinbart, ändert sich an dieser Dynamik auch nach einem Betriebsübergang grundsätzlich nichts. Dem Betriebserwerber bleibt die Möglichkeit des Ausspruches einer Änderungskündigung oder des Abschlusses einer Änderungsvereinbarung.

BAG 30.08.2017 – 4 AZR 95/14

Einschränkung des Befristungsgrundes der Erprobung

Der in § 14 Abs. 1 TzBfG normierte Befristungsgrund der Erprobung kann dann nicht wirksam vereinbart werden, wenn der betroffene Arbeitnehmer bereits seit einigen Monaten (hier: knapp sechs Monate) identische Tätigkeiten für den Arbeitgeber erbracht hat. Es ist davon auszugehen, dass der Arbeitgeber dann auch bei besonders anspruchsvollen Aufgaben schon genügend Zeit hatte, sich über die Kenntnisse und Fähigkeiten des Mitarbeiters ein umfassendes Bild zu machen.

LAG Köln 30.06.2017 – 4 Sa 939/16

Sexuelle Motivation für Kündigung aufgrund sexueller Belästigung unerheblich

Von einer sexuellen Belästigung im Sinne des § 3 Abs. 4 AGG ist bereits dann auszugehen, wenn die Würde des Opfers aufgrund eines unerwünschten Verhaltens, das auch sexuell bestimmte Berührungen bzw. Äußerungen sexuellen Inhalts umfasst, verletzt wird. Das heißt, ob das Verhalten des Handelnden sexuell bestimmt ist, entscheidet nicht allein sein subjektiv erstrebtes Ziel.

BAG 29.06.2017 – 2 AZR 302/16

Anforderungen an rechtmäßige verdeckte Überwachungsmaßnahme

Grundvoraussetzung für die Rechtmäßigkeit einer verdeckten Überwachungsmaßnahme ist nach § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG, dass diese zur Aufdeckung eines auf Tatsachen basierenden konkreten Verdachts einer schwerwiegenden Pflichtverletzung erfolgt.

BAG 29.06.2017 – 2 AZR 597/16

Freier Dienstvertrag und Arbeitsverhältnis können nebeneinander bestehen

Grundsätzlich ist es möglich, dass ein Unternehmen mit derselben Person gleichzeitig ein Arbeitsverhältnis im Rahmen eines Teilzeitvertrages und ein freies Dienstverhältnis begründet. Erforderlich ist dann, dass sich das Weisungsrecht, welches dem Arbeitgeber im Rahmen des Arbeitsverhältnisses zusteht, nicht auch auf die Tätigkeiten erstreckt, welche nach dem Dienstvertrag geschuldet sind.

BAG 27.06.2017 – 9 AZR 851/16

Fristlose Kündigung bei Weiterleitung betrieblicher Informationen auf privaten E-Mail Account

Leitet ein Arbeitnehmer E-Mails mit betrieblichem Inhalt zur Vorbereitung der Tätigkeit bei einem neuen Arbeitgeber (hier: Konkurrenzunternehmen) an seinen privaten E-Mail-Account weiter, kann dies eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund rechtfertigen. Insbesondere ist hierin eine schwerwiegende Verletzung der vertraglichen Rücksichtnahmepflichten zu sehen.

LAG Berlin-Brandenburg 16.05.2017 – 7 Sa 38/17

Geldentschädigung wegen unrechtmäßiger Observierung

Den Arbeitgeber trifft nach § 823 Abs. 1 BGB i.V. mit Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK die Verpflichtung zur Zahlung einer Geldentschädigung (hier: 10.000 EUR), wenn er einen Arbeitnehmer (hier: zugleich Vorsitzender des Betriebsrates) rechtswidrig durch einen Detektiv überwachen lässt. Für die Frage, ob die Observation rechtmäßig ist, kommt es darauf an, ob ein konkreter Verdacht für eine schwerwiegende Pflichtverletzung bestand, wenn ja, ob die Dauer der Überwachung verhältnismäßig war und ob mildere Maßnahmen (hier: Kontrollbesuche am Arbeitsplatz) hätten in Betracht gezogen werden können.

LAG Rheinland-Pfalz 27.04.2017 – 5 Sa 449/16