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Nach der Systematik des AÜG sind die Leiharbeitnehmer zunächst Arbeitnehmerdes Verleihers. Gegenstand seiner wirtschaftlichen Betätigung ist jedoch die Überlassung an wechselnde Entleiher auf der Basis von mitdiesen geschlossenen Arbeitnehmerüberlassungsverträgen. Abweichendvon § 613 Satz 1 BGB arbeiten die Leiharbeitnehmer im Betrieb des Entleihers,in dessen Arbeitsorganisation sie für den Zeitraum der Überlassungeingegliedert sind. Der Entleiher nimmt ihre Arbeitsleistung entgegenund lenkt sie durch Weisungen. Durch die Überlassung des Leiharbeitnehmersgeht das arbeitgeberseitige Direktionsrecht vom Verleiherteilweise auf den Entleiher über.

Wichtig
Hieraus ergibt sich eine dem deutschen Arbeitsrecht ansonsten unbekannte Situation, in der

> die Arbeitgeberstellung und das korrespondierende disziplinarische Weisungsrecht auf der einen Seite und
> das fachliche Weisungsrecht sowie die organisatorische Eingliederung des Leiharbeitnehmers in den Betrieb auf der anderen Seite auseinanderfallen.

Zwar wird der Leiharbeitnehmer nach dem AÜG ausdrücklich dem Verleiher als Arbeitnehmer zugeordnet. Positive Aussagen über das Rechtsverhältnis zwischen dem Entleiher und Leiharbeitnehmer findet man in dem Gesetz hingegen kaum. Erst die zum 1.12.2011 in Kraft getretenen Ergänzungen des AÜG in § 13a und § 13b (Informationsanspruch und Anspruch auf Zugang zu Gemeinschaftseinrichtungen und -diensten, vgl. dazu auch Krannich/Grieser, AuA 2/12, S. 81 ff., in diesem Heft) sehen eine unmittelbare gesetzliche Regelung der Rechtsbeziehung zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer vor.

Gem. § 11 Abs. 6 AÜG ist der Entleiher, in dessen Risikosphäre der Leiharbeitnehmer arbeitet, zudem für die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Arbeitsschutzvorschriften verantwortlich. Der Verleiher hat insoweit lediglich eine Kontroll- und Überwachungsfunktion.

Nach § 11 Abs. 7 AÜG gilt der Entleiher ferner als Arbeitgeber des Leiharbeitnehmers, wenn dieser bei ihm eine Erfindung oder einen technischen Verbesserungsvorschlag i. S. d. Arbeitnehmererfindungsgesetzes macht. Weitere Regelungen zum Rechtsverhältnis Leiharbeit nehmer und Entleiher trifft das AÜG nicht.

2 Betriebsbedingte Kündigungen

Sofern man im Entleiherbetrieb betriebsbedingt Stellen abbauen muss, stellt sich die Frage, ob und inwieweit dort eingesetzte Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen sind. Die Gerichte hatten sich dabei insbesondere mit der Frage zu beschäftigen, ob der Entleiher mit Leiharbeitnehmern besetzte Arbeitsplätze für eigene Beschäftigte (Stammarbeitnehmer) freizumachen hat. Dann wären die Arbeitnehmerüberlassungsverträge über den Einsatz von Leiharbeitnehmern vorrangig zu kündigen, bevor man eine betriebsbedingte Kündigung gegenüber einem Stammarbeitnehmer aussprechen kann.

Wichtig
Gerade bei Betriebsänderungen i. S. v. § 111 BetrVG, die interessenausgleichs- und sozialplanpflichtig sind, hätte eine solche Pflicht enorme praktische Auswirkungen für die Planung und Umsetzung der Maßnahmen. Das BAG hat in einem Urteil vom 10.5.2007 (2 AZR 4/06) ausdrücklich offengelassen, ob der mit einem Leiharbeitnehmer besetzte Arbeitsplatz ein freier i. S. v. § 1 Abs. 2, 3 KSchG ist. Jedoch liegen hierzu einige jüngere Entscheidungen der LAG Köln und Rheinland-Pfalz vor.

Rechtsprechung: „Freier“ Arbeitsplatz?
Das LAG Köln hatte bereits mit Urteil vom 14.8.2009 (11 Sa 320/09) festgestellt, dass man die von Leiharbeitnehmern besetzten Stellen bei der Beachtung der unternehmerischen Organisationsfreiheit im Rahmen der Kündigung eines Stammarbeitnehmers nur dann als freie Arbeitsstellen ansehen kann, wenn die Leiharbeitnehmer nicht nur als Personalreserve zur Abdeckung eines unvorhersehbar auftretenden Beschäftigungsbedarfs beschäftigt werden, vgl. auch Shipton/Wiese, AuA 11/11, S. 646 ff.

Diese Rechtsprechung hat das LAG Köln in einer neuen Entscheidung (Urt. v. 27.6.2011 – 2 Sa 1369/10) bestätigt und sogar noch verschärft: Danach gelten mit Leiharbeitnehmern besetzte Arbeitsplätze als freie Arbeitsplätze i. S. d. KSchG. Vor Ausspruch der Kündigung eines Stammarbeitnehmers sei zunächst das Leiharbeitsverhältnis zu beenden. Maßgeblich sei dabei, ob der gekündigte Stammarbeitnehmer einen Leiharbeitnehmer ersetzen könnte oder ob seine bisherige Arbeitsaufgabe entfallen ist und er die verbliebenen Aufgaben nicht ausführen könnte. Aus dem Urteil ist auch eine Tendenz abzulesen, dass die in der Vergangenheit differenziert erfolgte Linie aufgegeben wird, wonach der mit einem Leiharbeitnehmer besetzte Arbeitsplatz nur dann ein freier im vorgenannten Sinne ist, wenn dieser auf Dauer dort eingesetzt wird, während die Abdeckung eines nur vorübergehenden Beschäftigungsbedarfs durch einen Leiharbeitnehmer nicht relevant war.

Ähnlich beurteilte das LAG Rheinland-Pfalz in einem Urteil vom 20.1.2011 (2 Sa 434/10) die Rolle von Leiharbeitnehmern bei der betriebsbedingten Be endigungskündigung von Stammarbeitnehmern: Sowohl im Rahmen eines besonderen tarifl ichen Kündigungsschutzes als auch im allgemeinen Anwendungsbereich des KSchG seien mit Leiharbeitnehmern besetzte Arbeitsplätze als frei im Verhältnis zur Kündigung anstehender Stammarbeitnehmer anzusehen. Dabei beruft sich das LAG auf einen Beschluss des BAG vom 17.2.2010 (7 ABR 89/08), in dem die Erfurter Richter allerdings zum Fall der betriebsbedingten Kündigung gar nicht Stellung genommen hatten.

3 Betriebsübergang

Die Aufspaltung des Weisungsrechts (disziplinarisch/fachlich) bei der Arbeitnehmerüberlassung und die Eingliederung des Leiharbeitnehmers in den Betrieb des Entleihers haben eine besondere Relevanz beim Betriebsübergang gem. § 613a BGB. Aufgrund der Vorschrift tritt beim Übergang eines Betriebs oder Betriebsteils auf einen neuen Inhaber dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. § 613a BGB setzt die europäische Betriebsübergangsrichtlinie 2001/23/EG um.

Für den Unternehmenserwerb aus der Insolvenz sowie für Fälle der Überlassung von Leiharbeitnehmern durch eine eigens zu Personalgestellung gegründete Tochtergesellschaft oder durch eine konzernangehörige Personalführungsgesellschaft ist die Entscheidung des BAG vom 23.9.2010 (8 AZR 567/09) relevant.

Im entschiedenen Fall hatte ein Verleiher von einem insolventen Unternehmen (Insolvenzschuldnerin) sämtliche Mitarbeiter übernommen. Zugleich hatte ein weiteres Unternehmen die wesentlichen Betriebsmittel dieses Unternehmens übernommen und plante mit diesen die Fortführung der Produktion. Das Verleihunternehmen hatte zu diesem Zweck die von der Insolvenzschuldnerin mit neuen Arbeitsverträgen übernommenen Beschäftigten als Leiharbeitnehmer an das neue Produktionsunternehmen überlassen.

Es stellte sich nun die Frage, ob die Übernahme sämtlicher Arbeitnehmer der Insolvenzschuldnerin durch den Verleiher einen Betriebsübergang gem. § 613a BGB darstellt. Wesentlich war dabei die Rechtsfrage, ob die übernommenen Mitarbeiter einen „Betrieb“ i. S. v. § 613a BGB darstellen, der auf den Verleiher hätte übergehen können.

Wichtig
Das BAG vertritt hierzu richtigerweise die Auffassung, dass die Übernahme der Mehrzahl der Arbeitnehmer eines nicht betriebsmittelarmen insolventen Unternehmens ohne gleichzeitige Übernahme der Produktionsmittel keinen Betriebsübergang nach § 613a BGB darstellt, wenn der Verleiher die übernommenen Arbeitnehmer im Wege der Arbeitnehmerüberlassung nach dem AÜG ausschließlich an den Betrieb entleiht, der die Produktion des insolventen Unternehmens mit den von diesen übernommenen Produktionsmitteln fortführt.

4 EuGH zum Übergang von Leiharbeitnehmern

Von besonderer Relevanz für das Vorliegen von Betriebsübergängen bei Unternehmen, in denen Fremdarbeitnehmer eingesetzt sind, ist das Urteil des EuGH in der Rechtssache „Albron Catering BV“ vom 21.10.2010 (C-242/09). Dabei ging es um die Frage, welche beim Veräußerer tätigen Arbeitnehmer im Falle eines Betriebsübergangs auf den Erwerber übergehen. Das deutsche Verständnis war bislang grundsätzlich, dass nur beim Betriebsveräußerer unmittelbar als Arbeitnehmer angestellte Mitarbeiter auch vom Betriebsübergang erfasst sind und auf den Erwerber übergehen. Die Konsequenz dieses Verständnisses ist, dass Arbeitsverhältnisse von Leiharbeitnehmern, die im veräußerten Betrieb des Entleihers eingesetzt sind, nicht kraft Gesetzes auf den Erwerber übergehen, da ihr Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs nicht zum Veräußerer, sondern zum Verleiher besteht (so bislang die allgemeine Meinung in Rechtsprechung und Literatur).

Eine vergleichbare Fallkonstruktion lag der Albron-Entscheidung des EuGH zugrunde. Im niederländischen Brauereikonzern Heineken gibt es eine konzerninterne Führungsgesellschaft, die Arbeitnehmer in den zahlreichen operativen Gesellschaften des Konzerns in den Niederlanden einsetzt. U. a. beschäftigte die Personalführungsgesellschaft Mitarbeiter auch in der konzerneigenen Catering-Gesellschaft. Deren Betrieb wurde sodann auf die nicht zum Heineken-Konzern gehörende Albron Catering BV übertragen. Es kam somit zur Frage, ob die Arbeitsverhältnisse von Beschäftigten, die von ihrem vertraglichen Arbeitgeber (Heineken Personalführungsgesellschaft) zur Arbeitsleistung bei einem Drittunternehmen (Heineken Catering-Gesellschaft) eingesetzt wurden, im Falle einer Übertragung des Einsatzbetriebs (Heineken Catering-Gesellschaft) auf einen Betriebserwerber (Albron Catering BV) nach der Betriebsübergangsrichtlinie übergehen können. Dies hat der EuGH bestätigt. In einer Situation, in der eine Konzerngesellschaft ständig Arbeitnehmer bei einer Betriebsgesellschaft einsetzt, kann dieser nichtvertragliche Arbeitgeber Veräußerer i. S. d. Betriebsübergangsrichtlinie sein, obwohl ihn mit den bei ihm eingesetzten Mitarbeitern kein Arbeitsverhältnis verbindet.

Wichtig
Neu ist dabei die vom EuGH geschaffene Rechtsfigur des „nichtvertraglichen Arbeitgebers“.

Wie der EuGH und ggf. das BAG mit dieser Figur künftig umgehen werden, ist sowohl für konzerninterne Überlassungssachverhalte wie auch für externe – „normale“ – Leiharbeitsfälle mit Spannung zu verfolgen. Erste Stimmen in der juristischen Literatur haben aus der Albron-Entscheidung bereits die Schlussfolgerung abgeleitet, dass künftig auch die Arbeitsverhältnisse von Leiharbeitnehmern im Entleiherbetrieb gem. § 613a BGB auf einen Betriebserwerber übergehen können.

Dagegen sprechen u. E. allerdings die Fakten und die Argumentation des EuGH in dem sehr besonderen Fall der Albron-Entscheidung, dass die Arbeitnehmer › rechtlich bei einer Konzerngesellschaft (und nicht bei einer konzernexternen Verleihergesellschaft) angestellt waren und dass sie › „ständig“ für diese andere Konzerngesellschaft tätig waren. Gleichwohl kann man nicht sicher prognostizieren, ob sich deutsche Arbeitsgerichte in ähnlichen Fallkonstellationen künftig zur Gewährung eines umfassenden Arbeitnehmerschutzes der Auffassung anschließen, dass auch Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb gem. § 613a BGB im Falle eines Betriebsübergangs auf den Erwerber übergehen, zu dem – zugegebenermaßen – aufgrund des Betriebsübergangs ja auch ihr Beschäftigungsbedarf übergeht.

5 Vermittlungsprovision für Übernahme?

Derzeit stehen nach aktuellen Statistiken die Chancen für Leiharbeitnehmer gut, nach einer gewissen Überlassungsdauer vom Entleiher übernommen zu werden (vgl. z. B. Gieseler „Gut für Zeitarbeiter: Übernahmequote steigt beachtlich“, Stuttgarter Zeitung v. 3.1.2012). Entleiher, die sich für eine Übernahme interessieren, stellen sich oft die Frage, ob sie dafür Vermittlungsprovisionen an den jeweiligen Verleiher zahlen müssen.

Die Antwort findet sich häufig in dessen Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder in einem zwischen den Parteien geschlossenen Rahmen-Arbeitnehmerüberlassungsvertrag. Gibt es dort eine Provisionsklausel, bedeutet dies jedoch nicht zugleich, dass diese wirksam und die Vermittlungsprovision tatsächlich zu zahlen ist.

Wichtig
Ob eine Provisionsklausel wirksam ist, bemisst sich nach § 9 Nr. 3 AÜG und § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB. Dabei untersagt § 9 Nr. 3 1. Halbsatz AÜG nicht nur ausdrückliche Einstellungsverbote, sondern auch Vereinbarungen, die den Wechsel des Leiharbeitnehmers zum Entleiher verhindern oder wesentlich erschweren.

Beispiel
Eine solche Verhinderung oder Erschwerung kann vorliegen, wenn die in der Provisionsklausel vorgesehene Vermittlungsprovision nicht mehr „angemessen“ i. S. v. § 9 Nr. 3 2. Halbsatz AÜG, § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, sondern so hoch ist, dass der Entleiher aufgrund der wirtschaftlichen Auswirkung der Provisionsklausel von einer Übernahme absieht.

Rechtsprechung: Angemessene Provision bei Staffelung
Der BGH hat hierzu am 11.3.2011 (III ZR 240/09, vgl. AuA 5/10, S. 307) entschieden, dass eine Provisionsklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht mehr angemessen ist, wenn die Höhe der Vermittlungsprovision nicht nach der Dauer des vorangegangenen Verleihs gestaffelt ist. Hintergrund ist insbesondere, dass die Kosten des Verleihers zur Gewinnung eines vergleichbaren Mitarbeiters (z. B. für Anzeigen, Vorstellungsgespräche, Einarbeitung und Weiterbildung) regelmäßig in der vom Entleiher für die Überlassung zu zahlenden Vergütung einkalkuliert sind und diese sich mit zunehmender Verleihdauer amortisieren. Folge ist, dass die Vermittlungsprovision nur dann angemessen ist, wenn sie über die Dauer der Verleihzeit reduziert bzw. gestaffelt wird – konkret, dass die Provision umso niedriger ist, je länger die Überlassung andauert.

In einer Entscheidung vom 10.11.2011 (III ZR 77/11) hat der BGH eine solche Staffelung der Vermittlungsprovision (i. H. v. maximal 15 % des [künftigen] Jahresbruttoeinkommens) in Staffeln von jeweils drei Überlassungsmonaten als zulässig erachtet, wobei nach Ablauf einer Verleihzeit von einem Jahr nach der Klausel keine Provision mehr anfallen sollte. Allerdings war eine Vermittlungsprovision auch dann vorgesehen, wenn der Leiharbeitnehmer einen Arbeitsvertrag mit dem Entleiher noch innerhalb von sechs Monaten nach der letzten Überlassung unterzeichnet. Nach Auffassung des BGH ist eine Provision in einem solchen Fall nur dann möglich, wenn die Klausel zwar eine Vermutung dahingehend begründet, dass der Abschluss des Arbeitsvertrags ursächlich auf die Überlassung zurückzuführen ist, der Entleiher jedoch dort zugleich die Möglichkeit erhält, diese Vermutung zu widerlegen, bspw. weil andere Umstände hinzugetreten sind.

An dieser Möglichkeit fehlte es im entschiedenen Fall, so dass der BGH die Klausel insoweit für unwirksam befand.

6 Schriftform des Arbeitnehmerüberlassungsvertrags

Der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag (vgl. dazu allg. auch Spieler/Pollert, AuA 5/11, S. 270 ff.), den Ver- und Entleiher über die Überlassung eines Leiharbeitnehmers abschließen, ist schriftlich zu schließen, § 12 AÜG.

Praxistipp
Dies bedeutet, dass ein Austausch von Unterschriften per E-Mail oder Telefax im Zuge der „Bestellung“ und Überlassung eines Leiharbeitnehmers nicht ausreicht, sondern beide Parteien auf einer Urkunde unterzeichnen müssen, da anderenfalls der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag nichtig ist, §§ 125 Satz 1, 126 Abs. 2 Satz 1 BGB.

Rechtsprechung: Kein Berufen auf fehlende Schriftform
Hierzu hat nun das OLG München am 8.12.2010 (7 U 3874/10) entschieden, dass sich der Entleiher auf den Schriftformmangel nach den Grundsätzen von Treu und Glauben in besonderen Ausnahmefällen nicht berufen kann, wenn er durch sein eigenes Verhalten die Wahrung der Form treuwidrig verhindert hat. Davon sei auszugehen, wenn der Entleiher

> mündlich die Vertragsannahme erklärt,
> die Arbeitsleistung entgegennimmt und
> Tätigkeitsnachweise des Leiharbeitnehmers unterzeichnet,
> die Vergütung zusagt sowie
> die Unterzeichnung des Vertrags ankündigt.

Selbst wenn sich ein solches – ausnahmsweise als treuwidrig einzustufendes – Verhalten nicht feststellen lässt und es daher bei der Nichtigkeit des Arbeitnehmerüberlassungsvertrags bleibt, stehe dem Verleiher jedenfalls aus dem sog. Bereicherungsrecht ein Anspruch in Höhe des Verkehrswerts der Arbeitnehmerüberlassung einschließlich des entgangenen Gewinns gem. §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 818 Abs. 2 BGB zu.

In der Praxis lässt sich dieses strenge Schriftformerfordernis nicht immer durchhalten, etwa wenn ein Stammarbeitnehmer unvorhergesehen ausfällt und durch einen Leiharbeitnehmer ersetzt werden muss. Ist der Entleiher dann z. B. mit der Leistung des überlassenen Leiharbeitnehmers unzufrieden, kommt oft die Frage auf, ob er die Überlassungsvergütung einsparen kann, indem er sich auf die nicht eingehaltene Schriftform des Arbeitnehmerüberlassungsvertrags (und die dadurch bedingte Nichtigkeit) beruft.

7 Fazit

Das AÜG war zuletzt aufgrund der zahlreichen Änderungen zur Umsetzung der europäischen Leiharbeitsrichtlinie sowie durch die Urteile zur Tarifunfähigkeit der CGZP in aller Munde. Nahezu unbemerkt haben die deutschen Arbeitsgerichte sowie der EuGH in dieser Zeit die Arbeitnehmerüberlassung durch beachtenswerte Urteile weiterentwickelt. Insbesondere die Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern bei betriebsbedingten Kündigungen sowie im Rahmen von Betriebsübergängen ist noch nicht abgeschlossen und wird weiter mit Spannung zu verfolgen sein. Auch die aktuelle Rechtsprechung zur Zahlung von Vermittlungsprovisionen hat für Entleiher, die Leiharbeitnehmer ständig einsetzen, eine große praktische Relevanz.

Quelle: Arbeit und Arbeitsrecht - 2/12
Tobias Neufeld, LL.M.,
Partner, Rechtsanwalt, Solicitor (England & Wales),
Fachanwalt für Arbeitsrecht,
Allen & Overy LLP, Düsseldorf





Vera Luickhardt,
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht,
Allen & Overy LLP, Düsseldorf