Wie verändert sich die Rolle des Personalvermittlers im Zeitalter von KI & Automatisierung?

Künstliche Intelligenz (KI) und Automatisierung halten rasant Einzug in die Personalvermittlung. Was früher wie Science-Fiction klang, etwa Chatbots, die Bewerbungsgespräche führen, ist heute in vielen Rekrutierungsprozessen bereits Realität[1][2]. Große Tech-Investitionen befeuern diesen Trend: Start-ups wie Mercor oder Jack & Jill haben jüngst große Millionenbeträge erhalten, um KI-basierte „AI Recruiter“ zu entwickeln[3][4]. Personalvermittler stehen somit vor der Frage, wie sich ihr Rollenprofil in diesem KI-Zeitalter wandelt. Wird der Mensch als Recruiter überflüssig, oder wichtiger denn je? Dieser Fachartikel beleuchtet den Status quo von KI im Recruiting, die Erwartungen von Kandidaten und Kunden und zeigt auf, warum die menschliche Komponente zum entscheidenden Differenzierungsmerkmal wird.

KI-Recruiting bereits in vielen HR-Abteilungen im Einsatz

Zunächst ein Blick auf die aktuelle Verbreitung: KI ist im Recruiting keine Zukunftsvision mehr, sondern vielerorts gelebte Praxis. Laut dem Talent Trends Report 2025 der SHRM gaben 51% der Unternehmen an, KI-Technologien in ihrem Recruiting-Prozess einzusetzen[5]. Ähnlich zeigte eine weltweite Randstad-Studie (2024), dass bereits über ein Viertel der Firmen irgendeine Form von KI im Recruiting nutzen[6]. In Deutschland schätzt eine Umfrage den Anteil der Arbeitgeber mit KI-Erfahrung im Recruiting sogar auf über 40%[6]. KI-Tools kommen dabei vor allem bei zeitaufwendigen Routineaufgaben zum Einsatz: So nutzen schon heute 82 % der Unternehmen KI für die Lebenslauf-Sichtung, 40% setzen Chatbots für die Kommunikation mit Bewerbern ein, und rund 23 % lassen KI sogar Vorstellungsgespräche durchführen[1], Tendenz steigend. Bis Ende 2025 rechnen 68% der Firmen fest mit KI-gestützter Talentakquise[7].

Diese Zahlen verdeutlichen: Personalabteilungen experimentieren längst mit „AI Recruitern“. Die Ziele sind eindeutig: höhere Effizienz und Geschwindigkeit. Gerade vor dem Hintergrund knapp werdender Fachkräfte und vieler Bewerbungen versprechen KI-Systeme eine Entlastung. Sie können innerhalb von Sekunden Kandidatenprofile auswerten, passende Talente aus großen Datenpools filtern und unmittelbar ansprechen. Dadurch verkürzt sich die Time-to-Hire erheblich. In einer Fallstudie des Anbieters Paradox sank beispielsweise die durchschnittliche Antwortzeit an Kandidaten von 7 Tagen auf unter 24 Stunden nachdem man einen KI-Chatbot für die Bewerberkommunikation einsetzte[8]. Auch Automatisierung zahlt direkt auf den Output ein. Recruiter in Unternehmen mit hohem Automatisierungsgrad besetzen im Schnitt 64% mehr Stellen und präsentieren 33% mehr Kandidaten pro Vermittler als ihre weniger digitalisierten Kollegen[9]. Kurzum, KI und Automatisierung sind dabei, das Fundament des Recruiting-Geschäfts mitzugestalten.

KI-Recruiter auf dem Vormarsch: Beispiele Mercor und Jack & Jill

Die Dynamik spiegelt sich auch in der Start-up-Szene wider. Gleich zwei sogenannte AI-Recruiter-Plattformen sorgen derzeit für Aufsehen: Mercor aus den USA und Jack & Jill aus Großbritannien. Beide versprechen, mit KI weite Teile der Personalvermittlung vollständig zu automatisieren und wurden beträchtlich mit Venture Capital finanziert.

Mercor, 2023 von drei 21-jährigen Thiel Fellows gegründet, hat kürzlich 100 Mio. USD in einer Series-B-Runde eingesammelt und wird inzwischen mit 2 Mrd. USD bewertet[3]. Die Plattform wirbt damit, den gesamten Recruiting-Funnel für Freelancer zu streamlinen: KI filtert Lebensläufe und führt automatisierte Interviews, während der Algorithmus passende Kandidaten für offene Stellen vorschlägt[10]. Arbeitgeber laden nur noch ihre Stellenbeschreibung hoch, und Mercors System identifiziert daraufhin die vielversprechendsten Talente. Sogar die Vorab-Interviews laufen über eine KI. Bewerber durchlaufen ein 20-minütiges automatisiertes Gespräch, das ihre Fähigkeiten evaluiert und ein Profil erstellt[11]. Tech-Größen wie OpenAI nutzen Mercor bereits, und das Start-up behauptet, mittels KI bessere Kandidaten zu finden als menschliche Recruiter[12]. Auch das Thema Bias will Mercor angehen, indem die KI-Auswahl angeblich objektiver sei (wenngleich Studien zeigen, dass KI nicht automatisch frei von Vorurteilen ist[13]).

Jack & Jill wiederum setzt auf Conversational AI, also dialogfähige Chatbots, um die Jobsuche neu zu erfinden. Das Unternehmen erhielt im Oktober 2025 eine Seed-Finanzierung von 20 Mio. USD (u. a. vom VC-Investor Creandum)[4]. Ihr Ansatz: Der virtuelle Assistent „Jack“ übernimmt für Kandidaten die aktive Jobsuche. Bewerber führen einen ca. 20-minütigen Chat mit Jack, der ihre Karriereziele, Erfahrungen und Wünsche erfragt und daraus ein detailliertes Bewerberprofil erstellt[14]. Anschließend durchsucht Jack ständig tausende Stellenanzeigen und schickt dem Kandidaten eine kuratierte Auswahl passender Jobs. Sogar Mock-Interviews oder Karriere-Coaching kann Jack per Chat anbieten. Die Arbeitgeber-Seite heißt „Jill“: Hier erstellt die KI aus Unternehmensangaben ein Stellenprofil, gleicht Anforderungen mit vorhandenen Kandidaten ab und priorisiert jene Bewerber, die am besten passen[14]. Im Erfolgsfall stellt Jack & Jill den Kontakt her. Das Geschäftsmodell ähnelt also einer digitalen Personalvermittlung auf Provisionsbasis. Matt Wilson, der Gründer, sieht Chatbots als skalierbare Alternative zum klassischen Bewerbungsprozess mit Stellenanzeigen und CV-Flut[15]. Tatsächlich sind KI-gestützte Erstgespräche international schon verbreitet. In China nutzen große Konzerne seit einigen Jahren automatisierte Interviews für lokale Einstellungen[16]. Jack & Jill will diesen Trend nutzen, um sowohl Jobsuchenden als auch Unternehmen ein effizienteres Vermittlungserlebnis zu bieten.

Die Beispiele Mercor und Jack & Jill zeigen: KI-Recruiter sind keine Zukunftsmusik, sondern bereits operativ – und Investoren wetten darauf, dass sie Teile des Vermittlungsgeschäfts revolutionieren. Für traditionelle Personalvermittler bedeutet das einerseits Konkurrenz, andererseits aber auch ein Weckruf, die eigenen Prozesse zu modernisieren und KI selbst strategisch einzubinden.

Was Kandidaten und Kunden erwarten: Geschwindigkeit ja, aber mit persönlicher Betreuung

Wie stehen eigentlich die Kandidaten und Kunden zu KI im Recruiting? Akzeptieren Bewerber es, von einem Chatbot interviewt oder von einem Algorithmus ausgewählt zu werden? Und sind Firmen bereit, einen digitalen Vermittler zwischenzuschalten? Die Antwort fällt differenziert aus. Geschwindigkeit und Effizienz werden geschätzt, doch der zwischenmenschliche Faktor bleibt unverzichtbar.

Kandidatenperspektive: Studien zeichnen ein gemischtes Bild. Laut einer Umfrage von Glassdoor Economic Research (2024) sind 67% der Bewerber prinzipiell damit einverstanden, wenn KI im Auswahlprozess zum Einsatz kommt. Allerdings nur unter der Bedingung, dass am Ende ein Mensch die Entscheidung trifft[17]. KI wird also als hilfreicher Filter akzeptiert, aber nicht als Entscheider. Ein Großteil der Jobsuchenden möchte vor einer Einstellungszusage zumindest einen persönlichen Kontakt. So bevorzugen 70% der Bewerber ein persönliches (face-to-face) Vorstellungsgespräch, wie der CareerPlug Candidate Experience Report 2025 ermittelte[18]. In der gleichen Studie gaben 33% der Kandidaten an, sie hätten schon Bewerbungsprozesse abgebrochen, weil ein unpersönliches One-Way-Video-Interview verlangt wurde[19]. Das zeigt eine klare Erwartung: Technologie ja, aber nicht als Ersatz für menschliche Interaktion in kritischen Phasen. Vielen Kandidaten sind rein automatisierte Abläufe suspekt. Fast die Hälfte fühlt sich bei KI-Einsatz im Bewerbungsprozess unwohl, und 47% empfinden Chatbot-Kommunikation als unpersönlich[20]. Transparenz schafft Vertrauen: 79 % der Bewerber wollen informiert werden, wann und wofür KI im Prozess eingesetzt wird (HireVue-Studie 2024)[21]. Insgesamt erwarten Kandidaten also vor allem Tempo und Verlässlichkeit, aber ohne völligen Verzicht auf menschliche Ansprache. Sie schätzen z. B. automatisierte Status-Updates oder schnelle Terminvereinbarungen durch Bots, möchten jedoch beim Kennenlernen ihres potenziellen Arbeitgebers echte Gesprächspartner erleben.

Kundensicht (Unternehmen): Die Auftraggeber von Personalvermittlern, also HR-Abteilungen und Fachbereichsleiter in Unternehmen, fordern vor allem Schnelligkeit und Qualität. Wenn KI helfen kann, Stellen schneller und mit passenden Kandidaten zu besetzen, ist das ein klarer Vorteil. Viele Firmen setzen deshalb selbst verstärkt auf digitale Tools. Eine ResumeBuilder-Umfrage von Ende 2024 betont: Unternehmen wissen, dass ein langwieriger Einstellungsprozess das Risiko erhöht, Top-Kandidaten zu verlieren[22]. In wettbewerbsintensiven Talentmärkten kann ein Vorsprung durch Geschwindigkeit den Ausschlag geben. KI-gestützte Systeme, die rund um die Uhr arbeiten, bieten hier unschlagbare Reaktionszeiten. Kundenunternehmen erwarten von ihren Personalvermittlern also durchaus den Einsatz moderner Technologien, um effizienter zu werden. Gleichzeitig bleibt auch für sie der persönliche „Cultural Fit“ und die Beratungskompetenz wichtig. Ein Unternehmen möchte darauf vertrauen, dass der Vermittler die spezifischen Anforderungen der vakanten Rolle versteht und nur wirklich passende Kandidaten vorstellt. Vollautomatisierte Matching-Tools stoßen hier (noch) an Grenzen. Sie können fachliche Kriterien abgleichen, tun sich aber schwer mit weichen Faktoren wie Teamkultur, Führungsstil oder Motivation der Kandidaten. Gerade auf Entscheider-Ebene ist Vertrauen entscheidend: Viele Kunden möchten wissen, dass ein erfahrener Personalberater die Kandidaten persönlich eingeschätzt hat, bevor sie ins finale Gespräch gehen. Es ist also wahrscheinlich, dass KI-basierte Recruiting-Lösungen seitens der Unternehmen vor allem für Standard- und Erstkontakte eingesetzt werden. Bei Führungskräften oder hochspezialisierten Positionen hingegen bleibt der Wunsch nach menschlicher Beratung und Diskretion hoch.

Fazit in dieser Hinsicht: Kandidaten wie Kunden begrüßen die Effizienzgewinne durch KI, wie beispielsweise schnellere Abläufe, 24/7-Erreichbarkeit und weniger Leerlauf. Aber sie akzeptieren KI in der Personalvermittlung nur als Ergänzung, nicht als vollständigen Ersatz für zwischenmenschliche Kommunikation. Personalvermittler sollten diese Balance verstehen: Bots schlagen den Menschen bei Tempo und Datenmenge, aber im Aufbau von Beziehungen, im Zuhören und Überzeugen bleibt der Mensch unerreicht. Das eröffnet Vermittlern die Chance, KI gezielt für Routineaufgaben einzusetzen und sich selbst auf das zu konzentrieren, was Kandidaten und Kunden wirklich schätzen – persönliche Beratung, Empathie und Fachkenntnis.

Der große Aber-Effekt: Menschliche Beratung wird wichtiger denn je

Angesichts intelligenter Automatisierung könnte man vermuten, die Rolle des Personalvermittlers trete in den Hintergrund. Das Gegenteil ist der Fall: Je mehr KI im Spiel ist, desto deutlicher muss sich der menschliche Mehrwert zeigen. Die menschliche Note und fachliche Spezialisierung werden zum entscheidenden Differenzierungsmerkmal gegenüber rein digitalen Recruiting-Angeboten.

In der Praxis bedeutet das: Personalvermittler werden sich stärker als Berater und strategische Partner positionieren müssen, anstatt nur als „CV-Lieferanten“. KI kann viel. Daten filtern, Muster erkennen, Abläufe beschleunigen. Doch gewisse Fähigkeiten bleiben ihr verwehrt. Soft Skills erkennen, kulturelle Passung beurteilen, echte Motivation herauskitzeln, Vertrauensverhältnisse aufbauen: all das kann ein Mensch besser leisten[23][24]. Ein guter Recruiter fungiert nicht bloß als Lebenslauf-Weiterleiter, sondern als Sparringspartner für beide Seiten: Er versteht die Geschäftsstrategie des Kunden und die impliziten Anforderungen der Stelle und gleichzeitig die Wünsche und Potenziale des Kandidaten. Diese kuratorische Rolle, das Matching von Menschen und Jobs auf einer tieferen Ebene, wird wichtiger, je mehr KI die Oberflächenarbeit erledigt.

Spezialisierung ist ein weiterer Trumpf: Vermittler, die einen Nischenmarkt oder eine Branche in- und auswendig kennen, bieten einen Mehrwert, den eine generische KI-Datenbank nicht liefern kann. Ein auf IT-Security spezialisierter Headhunter etwa weiß um die feinen Unterschiede zwischen verschiedenen Zertifizierungen oder Unternehmenskulturen. Wissen, welches ein allgemeiner Algorithmus erst mühsam über Erfolge und Misserfolge lernen müsste.

Zudem verfügen Personalvermittler über jahrzehntelang aufgebaute Beziehungen und proprietäre Daten zu ihrem Kundenstamm. Sie kennen die Personalhistorie einer Firma, wissen, welche Kandidaten dort in der Vergangenheit erfolgreich waren, und haben einen direkten Draht zu Entscheidungsträgern. Diese kontextspezifische Erfahrung kann KI (noch) nicht nachbilden. So betont auch Mercor-CEO Brendan Foody in seinem Blog „Secret Master Plan“, dass sein KI-Ansatz zwar langfristig alle Arten von Jobs bedienen soll, er aber bewusst in einem eng umrissenen Bereich (kurzfristiges Contracting für KI-Projekte) startet, um Daten und Erfahrungen zu sammeln[25]. Der Grund: Bei befristeten Tech-Aufträgen ist die Messbarkeit des Erfolgs (Projekt geliefert oder nicht) innerhalb weniger Wochen gegeben, was die Modellentwicklung erleichtert. Im klassischen Permanent Placement, also der Vermittlung von Festanstellungen, dem Kerngeschäft vieler Personalberater, dauert es hingegen Monate bis Jahre, bis der „Erfolg“ eines Matches wirklich beurteilt werden kann. Hier sind Vertrauen, tiefes Verständnis der Kundenbedürfnisse und langfristige Begleitung gefragt. Eine Domäne, in der der menschliche Personalberater momentan unschlagbar ist.

Studien untermauern, dass die Rolle des Recruiters sich durch KI vom Administrator zum Berater wandelt. Routinetätigkeiten wie Lebenslauf-Screening, Terminierung oder Massen-Ansprachen werden automatisiert; Recruiter investieren die gewonnene Zeit in strategischere Aufgaben[26][27]. So können sie z. B. mit dem Fachbereich vorausschauend den Personalbedarf planen, intensiver mit Top-Kandidaten Beziehungen aufbauen und diese als Talent Advisor durch den Prozess begleiten[28]. Auch Verhandlungsführung und Onboarding-Beratung sind Felder, in denen menschliche Vermittler glänzen können. Das „Matching by Heart“ ergänzt das Matching by Algorithm. KI liefert Daten, der Mensch interpretiert und moderiert den Prozess mit Empathie.

Für Geschäftsführer von Personalvermittlungs-Agenturen bedeutet das: Sie sollten ihr Team dazu ermutigen, Beratungskompetenzen auszubauen. Fachliche Weiterbildung, aber auch Training in Gesprächsführung, Bedarfsermittlung und Problemlösung zahlen sich aus. In einer von PLACED (mein eigenes AI-Unternehmen) initiierten Diskussionsrunde mit 50 Staffing-CEOs wurde deutlich, dass Angst vor KI nicht angebracht ist, wohl aber eine proaktive KI-Strategie. Konsens war: KI wird Routineaufgaben reduzieren, dadurch steigt die Erwartung der Kunden an die Beratungsqualität. Vermittler müssen sich also noch stärker als qualitative Dienstleister positionieren, die den Einsatz von Technologie mit einem Höchstmaß an persönlicher Betreuung kombinieren.

Mehr Output durch KI-Assistenz: Fokussieren auf Kundennutzen

Neben der Qualität zählt auch die Quantität: Vermittler werden ihren Output erhöhen müssen, um mit KI-gestützter Konkurrenz Schritt zu halten, ohne die Beratungsqualität einzubüßen. Das klingt nach der Quadratur des Kreises, lässt sich aber mit klugem Einsatz von Technologie erreichen. KI und Automatisierung können in allen Phasen der Wertschöpfungskette einer Personalvermittlung unterstützen, um den Recruitern den Rücken für wertschöpfende Tätigkeiten freizuhalten:

  • Sourcing (Kandidatensuche): KI-Tools durchforsten in kürzester Zeit LinkedIn, Jobbörsen und interne Pools, identifizieren passende Profile und übernehmen initiale Kontaktaufnahmen. Moderne AI Sourcing Agents schreiben potenzielle Kandidaten oft innerhalb von Sekunden nach Veröffentlichung einer Stelle an. Damit kann kein menschlicher Recruiter in puncto Geschwindigkeit mithalten. Hier heißt es: Mensch und KI im Tandem. Während die KI breiten Erstkontakt herstellt, kann sich der Recruiter auf die qualitative Ansprache ausgewählter Kandidaten fokussieren. Wichtig ist, dass Vermittler ihre Ansprachetexte und Kriterien geschickt trainieren: KI-Systeme kontaktieren zwar schnell, aber sie treffen die Tonality nicht immer perfekt. Die Nachjustierung und Personalisierung durch den Menschen bleibt elementar, um Kandidaten nicht wie „eine Nummer im System“ anzusprechen.
  • Process Management (Verwaltung & Screening): Vom Parsing der Lebensläufe über Terminvereinbarungen bis zum Bewerber-Tracking, KI entlastet im administrativen Prozess. Chatbots können Bewerberfragen rund um die Uhr beantworten und Zwischenstände kommunizieren. Automatische Interviewplaner koordinieren Verfügbarkeiten in Sekunden. Dies führt zu einer erheblichen Effizienzsteigerung im Backoffice der Vermittler. Laut einer Indeed/Bluehorn-Studie (2024) erreichen Teams mit KI-Automation deutlich mehr in gleicher Zeit – kein Wunder, wenn etwa 90% der administrativen Tätigkeiten durch Bots abgedeckt werden können[29]. Für den Personalvermittler bedeutet das: weniger Zeitaufwand für Organisation, dafür mehr Zeit für Zwischenmenschliches. Anstatt stundenlang Kalender abzugleichen, kann er die gewonnenen Stunden nutzen, um z. B. intensiver mit dem Kunden über die Stellenanforderungen zu sprechen oder Kandidaten eingehend auf Interviews vorzubereiten. Dieser Shift der Zeitallokation, weg von Verwaltung, hin zu Beratung, erhöht die wahrgenommene Qualität des Vermittlungsservices erheblich.
  • „Selling“ (Kandidaten präsentieren und Placements abschließen): Schließlich hilft KI auch beim eigentlichen Matching und Verkaufen des Kandidaten an den Kunden. Intelligente Matching-Algorithmen analysieren die Profile und liefern Daten-basierte Argumente, warum ein Kandidat zur Vakanz passt (Skills-Matrix, Cultural Fit Scores etc.). Ein praktisches Beispiel ist die Software, die mein Unternehmen PLACED entwickelt: eine KI-gestützte Vertriebsplattform für die Personaldienstleisterbranche. Mit PLACED kann ein Vermittler den Lebenslauf eines Kandidaten hochladen (oder aus dem internen ATS importieren) und in Sekunden passende Stellenangebote identifizieren. Die KI übernimmt die Suche nach passenden Jobs für diesen Kandidaten, indem sie das Profil mit aktuellen Stellenanzeigen am Markt abgleicht. Relevanz statt Zufallssuche: Die Ergebnisse sind nach Vermittlungschance sortiert, die sowohl die inhaltliche Passung als auch die Dringlichkeit beim suchenden Unternehmen berücksichtigt. So sehen Vermittler schnell, welche potenziellen Kunden vermutlich jetzt gerade Bedarf an genau diesem Kandidaten haben. Diese Art von KI-Assistent kann wie ein Turbo im Vertrieb wirken: Vorbereitung, Recherche und Priorisierung, alles was früher stundenlange Handarbeit war, erledigt die KI in Sekunden. Der Vermittler erhält von der PLACED-KI nicht nur zusätliche Kontaktdaten, die nicht in der Stelle stehen, sondern auch automatisch aufbereitete Verkaufsargumente, etwa welche Qualifikationen seines Kandidaten besonders zum gesuchten Profil passen und wo eventuell Lücken sind. Das gibt dem Vertriebsteam mehr Telefonzeit und erhöht die Qualität jedes Kundenkontakts, weil man perfekt vorbereitet ins Gespräch geht. Das Ergebnis: Mehr Output (höherer Durchsatz an Kandidaten) bei gleichzeitig höherer Beratungsqualität pro Kontakt. Genau diese Kombination wird in Zukunft erfolgsentscheidend sein.

Fazit: Keine Angst vor KI, mit Strategie zum Preferred Partner

Die Rolle des Personalvermittlers wandelt sich im KI-Zeitalter, aber sie wird keineswegs obsolet. Im Gegenteil: KI kann zur Empowerment-Technologie für Personalvermittler werden, wenn man sie gezielt einsetzt. Routinearbeit schrumpft, zwischenmenschliche Arbeit rückt in den Vordergrund. Genau das ist es, was Kunden und Kandidaten schätzen und was den Wert professioneller Personalvermittler ausmacht.

Entscheidend ist, dass Vermittler proaktiv handeln. Anstatt KI als Bedrohung zu sehen, sollten sie eine klare KI-Strategie entwickeln, Mitarbeiter schulen und eigene Daten smart nutzen (denn die hat OpenAI nicht). Wer jetzt investiert, sei es Zeit in Weiterbildung oder Budget in Tools, wird mittelfristig sowohl in der Quantität als auch in der Qualität punkten können.

KI-Recruiter wie Mercor mögen in bestimmten Bereichen ultraschnell und effizient sein, doch kein Algorithmus ersetzt das Vertrauensverhältnis zwischen einem engagierten Personalberater, seinem Kunden und dem Kandidaten. Dieses vertrauensvolle Dreieck bleibt der Kern erfolgreicher Vermittlung. Unternehmen werden auch künftig bereit sein, für diesen Mehrwert Mensch zu zahlen, wenn der Vermittler seinerseits auf Augenhöhe mit den technologischen Möglichkeiten agiert. Das bedeutet: Preferred Partner der Kunden wird derjenige sein, der High-Tech und High-Touch vereint. Modernste KI-Unterstützung für Tempo und Präzision, kombiniert mit menschlicher Beratung, Empathie und Branchen-Know-how.

So gerüstet, braucht man den Vergleich mit AI-Recruitern nicht zu scheuen. Im Gegenteil, man wird zeigen können, dass 1 + 1 = 3 sein kann: KI plus Mensch schlägt sowohl die alleinige Maschine als auch den traditionellen Ansatz. Kurz gesagt: Die Zukunft der Personalvermittlung gehört denen, die KI als strategischen Treiber begreifen und den Menschen ins Zentrum stellen. Die Reise hat längst begonnen. Gehen wir sie mutig und mit klarem Plan an.

Quellen: Randstad-Studie (2024), SHRM Talent Trends (2025), ResumeBuilder Survey (2024)[1][5], Glassdoor Economic Research (2024)[17], CareerPlug Candidate Experience (2025)[18], TechCrunch (Feb/Okt 2025)[30][14], Mercor Blog (2025)[25], Indeed/Bluehorn Study (2024)[9], HireVue Survey (2024)[21], Paradox Case Study (2025)[8], iSmartRecruit Report (2025)[27], u.a.


[1] [2] [7] [22]  7 in 10 Companies Will Use AI in the Hiring Process in 2025, Despite Most Saying It’s Biased – ResumeBuilder.com

https://www.resumebuilder.com/7-in-10-companies-will-use-ai-in-the-hiring-process-in-2025-despite-most-saying-its-biased

[3] [10] [11] [12] [13] [30] Mercor, an AI recruiting startup founded by 21-year-olds, raises $100M at $2B valuation | TechCrunch

[4] [14] [15] [16] Jack & Jill raises $20M to bring conversational AI to job-hunting | TechCrunch

[5] A New Era of Recruiting: Becoming the Best Strategic Talent Advisor

https://www.shrm.org/enterprise-solutions/insights/new-era-of-recruiting-becoming-best-strategic-talent-advisor

[6] Fachbeitrag: Status quo von KI im Personalwesen – dgp

[8] [9] [17] [21] [29] 100 AI Recruiting Statistics for 2025 – Truffle

https://www.hiretruffle.com/blog/best-ai-recruitment-statistics

[18] [19] [20] 100+ Recruitment Statistics Every HR Should Know in 2025 – SSR

https://www.selectsoftwarereviews.com/blog/recruiting-statistics

[23] [24] Why AI Can’t Replace Human Recruiters | Career Foundations

[25] The Secret Mercor Master Plan

https://www.mercor.com:443/blog/secret-master-plan

[26] [27] [28] How AI Recruitment Agents Changing the Role of Recruiters?https://www.ismartrecruit.com/blogs/ai-recruitment-agent/changing-recruiters-role

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