„Wie eine Berufskrankheit“

Ist eine Erkrankung nicht in der Berufskrankheitenliste verzeichnet, gibt es die Möglichkeit, in Einzelfällen eine Erkrankung „wie eine Berufskrankheit“ anerkennen zu lassen. Dazu müssen allerdings neue Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft darüber vorliegen, dass eine bestimmte Personengruppe in erheblich höherem Maße als die übrige Bevölkerung durch ihre berufliche Tätigkeit den besonderen schädigenden Einwirkungen ausgesetzt ist. Es reicht nicht aus, dass die Krankheit durch die Arbeit verursacht wird.


Das muss festgestellt werden

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Foto von Arlington Research

Eine Berufskrankheit wird als solche anerkannt, wenn sie durch die gesundheitsschädlichen Einwirkungen am Arbeitsplatz verursacht worden ist. Dies haben die Unfallversicherungsträger zu prüfen. Für die Anerkennung muss Folgendes festgestellt werden:

■ Bei den Versicherten liegt eine der in der BKV
   aufgeführten Krankheiten vor.

■ Die Versicherten waren an ihrem Arbeitsplatz den
   entsprechenden schädigenden Einwirkungen ausgesetzt.

■ Zwischen der Tätigkeit am Arbeitsplatz, den Einwirkungen
   und der Entstehung der Krankheit besteht ein
   ursächlicher Zusammenhang.

Diese Pflichten hat der Arbeitgeber

Ärzte und Arbeitgeber sind verpflichtet, bei einem Verdacht auf Vorliegen einer Berufskrankheit eine entsprechende Meldung zu machen – die so genannte Anzeige bei Verdacht einer Berufskrankheit. Auch die Krankenkassen sollen entsprechende Hinweise an den Unfallversicherungsträger geben. Natürlich kann der Betroffene seine Erkrankung auch selbst – und zwar einfach und formlos – bei der für ihn zuständigen Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse melden. Wird ein Arbeitnehmer durch eine Berufskrankheit arbeitsunfähig, so hat er zunächst Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bis zur Dauer von sechs Wochen. Das Arbeitsverhältnis bleibt bei bestehender Berufskrankheit erhalten. Ist ein Arbeitnehmer auf Dauer krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage, die geschuldete Arbeit auf seinem bisherigen Arbeitsplatz zu leisten, so muss er auf einem so genannten „leidensgerechten Arbeitsplatz“ im Betrieb weiterbeschäftigt werden, damit eine Kündigung vermieden werden kann. Das gilt allerdings nur dann, wenn ein solcher gleichwertiger oder zumindest zumutbarer Arbeitsplatz frei ist. Ein eigener oder neuer Arbeitsplatz muss nicht eingerichtet werden.

So läuft das Verfahren Nach Eingang einer solchen Meldung nimmt die Berufsgenossenschaft mit dem Betroffenen Kontakt auf, um den Sachverhalt genauer zu ermitteln. Dabei werden sowohl die Krankengeschichte als auch die Arbeitsvorgeschichte geklärt. Es werden z.B. Arbeitsplätze besichtigt und Messungen von Belastungen durchgeführt. Der betroffene Beschäftigte und der Arbeitgeber müssen Fragebögen ausfüllen, für persönliche Befragungen zur Verfügung stehen, Unterlagen vorlegen usw. Auch andere auskunftsfähige Personen (z.B. betriebsärztlicher Dienst, Betriebsrat, Sicherheitsbeauftragte, Arbeitskollegen) können mit einbezogen werden. Für die Prüfung, ob die Erkrankung durch die berufliche Tätigkeit verursacht wurde, kann ein fachärztliches Gutachten durch einen unabhängigen Sachverständigen erforderlich sein. Die Unfallversicherungsträger verfügen über keine eigenen ärztlichen Gutachter, sondern vergeben Gutachtenaufträge an externe Fachärzte der Chirurgie, Orthopädie, Neurologie etc. Den Versicherten muss der Unfallversicherungsträger mindestens drei Gutachter zur Auswahl stellen.

Die Anerkennung oder Ablehnung der Berufskrankheit wird den Versicherten durch schriftlichen Bescheid mitgeteilt. Wird eine Berufskrankheit festgestellt, besteht das vorrangige Ziel darin, mit allen geeigneten Mitteln die Folgen der Berufskrankheit zu mildern und eine Verschlimmerung zu vermeiden. Um dieses Ziel zu erreichen, erbringt die Unfallversicherung Leistungen, die von der medizinischen Versorgung bis hin zu beruflichen Maßnahmen reichen können. Verbleiben trotz qualifizierter Reha-Maßnahmen körperliche Beeinträchtigungen (mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20%), wird dem Betroffenen eine Rente gezahlt. Über die Rentenzahlung entscheidet der Rentenausschuss des Unfallversicherungsträgers.

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Foto Copyright: Thorben Wengert | www.pixelio.de
Quelle: Lohnpraxis | Mai 2015 | www.lohnpraxis.de

Hautkrebs – Probleme der Definition

Potenziell betroffen von der neuen Regelung zum „weißen Hautkrebs“ sind vor allem Menschen, die viel im Freien arbeiten. Voraussetzung ist, dass die Betroffenen in besonderem Maße während ihrer Arbeit der Sonneneinstrahlung ausgesetzt waren. Hierzu gehören Personen, die z.B. langjährig in der Land- und Forstwirtschaft, im Baugewerbe, im Straßenbau oder in der Fischerei und Seefahrt gearbeitet haben. Aber auch andere Tätigkeiten im Freien können darunter fallen. Durch die Tätigkeit im Freien haben sie ein höheres Risiko, an Hautkrebs zu erkranken als die übrige Bevölkerung. Die neue Berufskrankheit stellt Berufsgenossenschaften und Unfallkassen aber vor eine besondere Herausforderung, da die Betroffenen dem Sonnenlicht ja nicht nur bei der Arbeit, sondern auch in ihrer Freizeit ausgesetzt sind. Hier wird es also besonders schwer werden, berufliche Krankheitsverursacher von anderen zu unterscheiden.

Prävention ist alles

Wichtig ist es, die Prävention weiter zu stärken, um zu verhindern, dass die Hautkrebserkrankungen arbeitsbedingt entstehen. Zum Schutz der Beschäftigten müssen Arbeitgeber gemeinsam mit den Berufsgenossenschaften wirksame Lösungen zum Sonnenschutz entwickeln. Allen voran ist das konsequente Tragen von geeigneter Kleidung wichtig. Man kann aber auch über die Verlagerung von Arbeitszeiten nachdenken. Schon jetzt gibt es für die Therapie viele Möglichkeiten, und im Vergleich zu anderen Tumorerkrankungen gilt der weiße Hautkrebs als gut behandelbar. Wichtig ist auch hier, die Erkrankung früh zu erkennen.

Was als Berufskrankheit zählt

Berufskrankheiten sind Erkrankungen, die Versicherte durch ihre berufliche Tä- tigkeit erleiden und die in der BKV aufgeführt sind. Aktuell sind in der Liste der anerkennungsfähigen Berufskrankheiten 77 Krankheitsbilder aufgeführt. Die erste Liste wurde im Jahr 1925 erstellt und wird seitdem entsprechend dem wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt ergänzt. Seit 1995 erstellt der Sachverständigenbeirat zu jeder neuen Berufskrankheit eine wissenschaftliche Empfehlung, die mit einer ausführlichen wissenschaftlichen Begründung veröffentlicht wird. Ursache für eine Berufskrankheit können verschiedenste gesundheitsschädliche Einwirkungen sein. Insbesondere kommen bestimmte Chemikalien, physikalische Einwirkungen wie Druck, Vibrationen oder das Tragen schwerer Lasten und Arbeiten unter Lärm oder Staub in Betracht. Als Berufskrankheit kommen nur solche Erkrankungen in Frage, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht werden. Diesen Einwirkungen müssen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sein.

Folgende vier Krankheitsbilder sind seit Januar 2015 in der Liste der Berufskrankheiten aufgenommen:

■ Spezifische Formen des weißen Hautkrebses hervorgerufen durch jahrelange Sonneneinstrahlung. Die Fachbegriffe lauten Plattenepithelkarzinom und aktinische Keratosen. Letztere sind Vorstufen des weißen Hautkrebses.

■ Das Carpaltunnelsyndrom, das durch eine Druckschädigung des im Unterarm befindlichen Nervs (nervus medianus) verursacht wird. Es kann durch bestimmte manuelle Tätigkeiten hervorgerufen werden.

■ Das Thenar-Hammer-Syndrom, das hervorgerufen wird, wenn die Hand beziehungsweise der Daumenballen (Thenar) als Hammer benutzt wird. Dabei kann es zu einer arteriellen Verletzung und Taubheitsgefühlen bis hin zu starken Schmerzen kommen.

■ Durch die Exposition von Schwefelsäuredämpfen ausgelöster Kehlkopfkrebs.

Die Aufnahme der vier genannten Krankheitsbilder in die „Liste der Berufskrankheiten (BKV)“ erfolgt auf Empfehlung des wissenschaftlichen Beirats „Berufskrankheiten“ beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS). Da diese neu anerkannten Berufskrankheiten in den Katalog aufgenommen wurden, können sich Betroffene nun an die Berufsgenossenschaften und Unfallversicherungsträger wenden und die Erkrankung anerkennen lassen.