Pflichten des Beschäftigers

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Foto von Parker Byrd

Den Beschäftiger trifft eine umfassende Für­sorgepflicht gegenüber den überlassenen Arbeitskräften. Er muss etwa dafür sorgen, dass sie nicht durch andere Arbeitnehmer gemobbt oder sexuell belästigt werden. Im Vertrag werden die Pflichten üblicherweise durch einen Verweis auf das AÜG und das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz betont. Er­fährt der Überlasser von einer Verletzung die­ser Pflichten seitens des Beschäftigers, muss er unverzüglich reagieren, den Beschäftiger auffordern, den gesetzwidrigen Zustand ab­zustellen, und im Notfall die Arbeitskraft ab­ziehen.

Der Beschäftiger gilt für die Dauer der Überlassung als Arbeitgeber im Sinne des technischen und persönlichen Arbeitneh­merschutzes. Vertraglich sichergestellt und festgelegt werden sollte, welche Aufklä­rungspflichten der Überlasser gegenüber dem Beschäftiger hat (zum Beispiel eine un­verzügliche Information über eine Schwan­gerschaft der Leiharbeitskraft).

Prozess, Einsatzorte und -zeiten

Der Prozess für jede Einzelbestellung vom „Abruf“ bis zur „Rückstellung“ der Leihar­beitskraft nach Einsatzende sollte transparent festgelegt werden, um einen reibungslosen Ablauf zu ermöglichen. Auch eine Definition von Ansprechpartnern und Reaktionszeiten erweist sich als vorteilhaft.

Die Vertragsparteien sollten festlegen, an welchen Orten (zum Beispiel Gemeinden, mehrere Bundesländer oder ganz Österreich) und binnen welcher Fristen (zum Beispiel An­zahl der Werktage nach Bestellung) die Leih­arbeitskräfte verfügbar sein sollen.

Die Überlassung von österreichischen Ar­beitskräften ins Ausland sowie von ausländischen Arbeitskräften nach Ös­terreich unterliegt zusätz­lichen Regeln, sodass hier besondere Vorsicht gebo­ten ist. So ist für Überlassungen außerhalb des EWR eine Bewilligung nach §16 AÜG erforderlich. Eine solche wird für eine Über­lassung in einen Nicht-EWR-Staat auf Antrag des Überlassers von der zuständigen Gewer­bebehörde nur erteilt, wenn keine arbeits­marktpolitischen oder volkswirtschaftlichen Gründe dagegen sprechen, also zum Beispiel keine qualifizierten Arbeitskräfte zur Verfü­gung stehen und der Schutz der Arbeitskraft im Ausland gewährleistet ist. Bei einer Über­lassung aus einem Nicht-EWR-Land nach Ös­terreich wird eine Bewilligung verschärfend nur befristet, widerruflich und bei Vorliegen zusätzlicher Voraussetzungen erteilt. Erfolgt eine grenzüberschreitende Überlassung ohne erforderliche Bewilligung, drohen Verwal­tungsstrafen. Überlassungen innerhalb des EWR sind von der besonderen Bewilligungs­pflicht ausgenommen (§ 16a AÜG).

In punkto Arbeitszeit sind grundsätzlich die arbeitszeitrechtlichen Vorschriften des Beschäftigerbetriebes auch für Leiharbeits­kräfte gültig, soweit nicht der Arbeitskräf­teüberlassungs-Kollektivvertrag günstigere Regelungen vorsieht. Im Vertrag sollten die generellen Arbeitszeiten des Beschäftiger­betriebs festgelegt und auf Besonderheiten (zum Beispiel Gleitzeit) hingewiesen werden. Geklärt werden sollte auch, wer Arbeitszeit­aufzeichnungen führt (zum Beispiel die Leih­arbeitskraft) und wer diese abzeichnet (zum Beispiel fachlicher Vorgesetzter im Beschäf­tigerbetrieb).

Entgelt 

Ein wesentlicher Punkt ist das Entgelt des Überlassers für die Zurverfügungstellung der Arbeitskräfte. Es sollten alle Details wie Ent­gelthöhe, Abrechnungsbasis (zum Beispiel Zeitaufzeichnungen der Einsatzzeit beim Überlasser), Fälligkeit, Abrechnungs- und Zahlungsmodalitäten sowie etwaige Rabatte oder Preiserhöhungen geregelt werden. Nicht ausreichend klar geregelt ist in der Praxis oft, welche Positionen das Entgelt erfasst – ob zum Beispiel neben allen Lohn- und Lohn­nebenkosten auch Reisegebühren und Auf­wandsentschädigungen davon abgedeckt sind.

Haftung und Gewährleistung des Überlassers

Grundsätzlich schuldet der Überlasser keine bestimmte Qualität der Arbeitsleistung oder einen bestimmten Arbeitserfolg. Darin liegt einer der wesentlichen Unterschiede zwi­schen einer Arbeitskräfteüberlassung und einem Einsatz von Arbeitnehmern zur Erfül­lung eines Werkvertrages.

Vertraglich lässt sich die Haftung und Ge­währleistung des Überlassers jedoch erwei­tern. Bei den Vertragsverhandlungen sind dabei beispielsweise oft folgende Fragen zu klären:

Für welche Kenntnisse und Fähigkeiten der Leiharbeitskraft leistet der Überlasser Gewähr?
Kann der Beschäftiger für den Fall, dass die Arbeitskraft der vereinbarten Qualifikationen nicht entspricht, Ersatz verlangen – und binnen welcher Frist?
► Wer trägt die dem Beschäftiger entste­henden Kosten, wenn eine Leiharbeitskraft erfolgreich behauptet, sie steht in einem faktischen Arbeitsverhältnis zum Beschäftiger, und Ansprüche direkt gegen den Beschäftiger geltend macht?

Wer haftet für Schäden, welche die über­lassene Arbeitskraft beim Beschäftiger oder Dritten verursacht? Welche Regressmög­lichkeiten hat der Beschäftiger? Wessen Betriebshaftpflichtversicherung ist für die Arbeitskräfte verantwortlich? Während der Überlasser in der Regel nur für ein sogenann­tes Auswahlverschulden (fahrlässige oder vorsätzliche Auswahl einer erkennbar für die vom Beschäftiger angeforderten Arbeitsleis-tungen untauglichen Leiharbeitskraft) haften möchte, fordern Beschäftiger oft eine umfas­sendere Haftung des Überlassers, etwa auch für Verlust, Diebstahl oder Beschädigung von Eigentum des Beschäftigers.

Vertragsdauer und Beendigung

Beginn und Laufzeit des Vertrages sowie vorzeitige Beendigungsmöglichkeiten gehö­ren zum Standardrepertoire von Verträgen. Geregelt werden sollten einerseits Fristen und Form der Beendigung des einzelnen Ein­satzes, andererseits des gesamten Vertrages. Es können auch besondere Gründe verein­bart werden, die zur sofortigen Auflösung berechtigen (zum Beispiel Nichterfüllung der vertraglichen Pflichten, Verstöße gegen gel­tendes Recht).

Konventionalstrafen bei Übernahme

Vereinbarungen, wodurch die Arbeitskraft in ihrer Erwerbstätigkeit beschränkt wird, sind nichtig, da sie den Schutzzweck des AÜG umgehen (§ 11 Abs. 2 AÜG). Trotz dieses um­fassenden gesetzlichen Verbots finden sich in AGBs und Vertragsmustern immer noch (teils hohe) Konventionalstrafen oder Reugelder, die der Beschäftiger dem Überlasser zahlen soll, wenn er eine überlassene Arbeitskraft im Rahmen eines Dienst- oder Werkvertrages direkt beschäftigen will.

Solche Übernahmeverbote erschweren durch direkte oder indirekte Strafen die Möglichkeit der freien Selbstkündigung der Arbeitskraft. Auf der anderen Seite haben Überlasser ver­ständlicherweise ein Interesse daran, dass Kunden ihre Arbeitskräfte nicht (vor allem nicht systematisch) auf ihre Kosten abwer­ben.

Oft ist schwer oder gar nicht nachweisbar, ob das Beschäftigerunternehmen systema­tisch und aktiv abwirbt oder den Arbeits­kräften bloß vereinzelt und nach längerer Einsatzdauer Jobangebote macht. Während Letzteres erlaubt sein muss und nicht unter Strafe gestellt werden darf, kann das plan­mäßige Abwerben mit dem Hintergedanken des Einsparens von Rekrutierungskosten un­erlaubt sein. Verleitet etwa der Beschäftiger überlassene Arbeitskräfte planmäßig unter Zahlung eines Bonus zum Verstoß gegen das Nebenbeschäftigungsverbot, zur fristwid­rigen Kündigung oder wirbt der Beschäftiger systematisch die überlassenen Arbeitskräfte direkt nach einem Probeeinsatz ab, so kann dies ein wettbewerbswidriges Verhalten dar­stellen und den Beschäftiger schadenersatz­pflichtig machen.

Sonstiges

Weitere wichtige Regelungsbereiche für Ar­beitskräfteüberlassungsverträge sind Ver­traulichkeit, Datenschutz, Einsatz von Sub­überlassern, Nachweispflichten beim Einsatz ausländischer Arbeitskräfte, Zahlung der Auf­lösungsabgabe, Durchführung von Kontrol­len über die Einhaltung der gesetzlichen und vertraglichen Pflichten sowie Mindest- und Maximalzahlen von Einsätzen.

Vertrag kommt von vertragen

Da es bei der Arbeitskräfteüberlassung um den Einsatz dritter Personen geht und sich aus dem Dreiecksverhältnis „Überlasser – Be­schäftiger – Arbeitskraft“ zahlreiche Fragen ergeben, sollte ein Vertrag die Bedürfnisse aller Beteiligten berücksichtigen – und sorg­fältig gestaltet sein.

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zuletzt geprüft und aktualisiert: 1. September 2016

 

Während manche Unternehmen Leihar­beitskräfte nur vereinzelt, auf Tagesbasis beziehungsweise zur Überbrückung unvor­hergesehener Bedarfe oder nur in gewissen Bereichen beschäftigen, sind sie in anderen Unternehmen in vielen Abteilungen und manchmal mehrere Jahre in ein- und dersel­ben Position eingesetzt. Das österreichische Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG) sieht weder eine Minimal- noch eine Maximal­dauer für die Arbeitskräfteüberlassung vor. Die Ermittlung der Vor- und Nachteile des Einsatzes von Leiharbeitskräften erfolgt in erster Linie aus der betriebswirtschaftlichen Perspektive. Nach oder in Zusammenhang mit der Auswahl des Arbeitskräfteüberlassers kommt der Vertragsgestaltung besondere Be­deutung zu.

Vertrag, Allgemeine Geschäftsbedin­gungen
oder Rahmenvereinbarung?

Für die Rechtsbeziehung zwischen Überlasser und Beschäftiger enthält das österreichische Recht weder hinsichtlich Form noch Inhalt besondere Vorgaben. Achtung: Anderes gilt für den Vertrag zwischen Beschäftiger und überlassener Arbeitskraft, für den das Ar­beitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG) einen zwingenden Mindestinhalt regelt. Wenn­gleich das Recht für die Vereinbarung zwi­schen Überlasser und Beschäftiger keine zwingenden Vorgaben macht, ist die Schrift­form ratsam und auch üblich.

Nicht selten kommt es vor, dass Beschäftiger Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) von Arbeitskräfteüberlassern mit der Auftragser­teilung oder Bezahlung unbewusst, ungeprüft und/oder ungewollt mitakzeptieren. Wenn Beschäftiger AGBs lediglich überfliegen, können sie jedoch später eine Bruchlandung erleiden, da die vorformulierten Vertragsbe­dingungen des Partners ihre Besonderheiten und Bedürfnisse möglicherweise nicht aus­reichend berücksichtigen. Das soll keinesfalls heißen, dass AGBs schlecht oder automatisch nachteilig sind – das ungeprüfte Akzeptieren kann aber zu Auseinandersetzungen füh­ren, die durch vorherige Verhandlung eines ausgeglichenen Vertrages verringert werden können.

Besonders wenn Beschäftiger eine längere und regelmäßige Zusammenarbeit mit einem oder mehreren Arbeitskräfteüberlassern planen, sollten sie den Arbeitskräfteüberlas­sungsvertrag beziehungsweise die Rahmen­vereinbarung verhandeln. Typischerweise wird dabei die Geltung der AGBs sowohl des Überlassers als auch des Beschäftigers ein­vernehmlich ausgeschlossen.

Vertragsverhandlungen sollen grundsätz­lich dazu dienen, einen Interessensausgleich zwischen Geschäftspartnern herzustellen. Das AÜG sieht eine Reihe von Rechten und Pflichten für Beschäftiger und Überlasser vor, die sich auch in einem gemeinsamen Ver­trag nicht zum Nachteil der Leiharbeitskraft abändern lassen. Die gesetzlichen Verpflich­tungen der Vertragspartner werden hier nicht geschildert. Der Fokus liegt auf Überlegungen zu Aspekten, die Überlasser und Beschäftiger bei den Vertragsverhandlungen besprechen und schriftlich festlegen sollten. 

Pflichten des Überlassers

Zusätzlich zu einem Verweis auf die Pflichten nach dem AÜG sollte der Vertrag klarstellen, dass der Überlasser der arbeitsvertragliche Arbeitgeber ist und bleibt. Er muss daher ins­besondere garantieren, dass er den überlas­senen Arbeitskräften das ihnen zustehende Entgelt zahlt und seinen sozialversicherungs­rechtlichen Pflichten nachkommt. Vertraglich sollte aus Sicht des Beschäftigers festgelegt werden, dass er vom Überlasser Nachweise über die Erfüllung seiner diesbezüglichen Pflichten verlangen kann und in welcher Form diese Nachweise zu erbringen sind. Möglich sind zum Beispiel Kopien der Anmel­dung zur Sozialversicherung, der Unbedenk­lichkeitsbescheinigung des Finanzamtes und der entsprechenden Beschäftigungsbewilli­gung bei ausländischen Arbeitskräften. Eine Übertragung der Entgeltzahlungs- und Versi­cherungspflicht auf den Beschäftiger wider­spräche den Grundsätzen des AÜG.

Der Beschäftiger könnte auch einen Nach­weis verlangen, dass ein gesetzeskonformer Vertrag mit der Leiharbeitskraft abgeschlos­sen wurde (zum Beispiel durch Vorlage einer Kopie des Überlassungsvertrages). Weiters könnte der Überlasser vertraglich verpflichtet werden, gewisse Punkte mit der Leiharbeits­kraft zu vereinbaren. Typische Beispiele sind eine Treue- und Verschwiegenheitspflicht der Leiharbeitskraft gegenüber dem Beschäftiger (Pflicht, die Interessen des Beschäftigers zu wahren, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sowie sonstige vertrauliche Daten geheim zu halten und das Eigentum des Beschäftigers zu schützen).

„Lesen macht vielseitig,
Verhandeln geistesgegenwärtig
und Schreiben genau.“
(Francis Bacon)

Um eine Doppelanstellung oder ein faktisches Anstellungsverhältnis zum Beschäftiger zu vermeiden, sollte die­ser den eingesetzten Leiharbeitskräften, ab­gesehen von den ihnen gesetzlich zustehen­den Ansprüchen, direkt keine zusätzlichen Leistungen gewähren. Tut er dies doch, muss er jedenfalls bei jeder Gewährung darauf hin­weisen, dass es sich um einmalige Leistungen ohne Rechtsanspruch handelt, die nicht in Zusammenhang mit einem Dienstverhältnis stehen.